Die Demenzforschung ist ein wichtiges Feld, um das Verständnis für diese komplexe Erkrankung zu vertiefen und Betroffenen sowie ihren Angehörigen zu helfen. Birgit Mai ist eine Expertin auf diesem Gebiet, die mit ihrer langjährigen Erfahrung und ihrem Engagement einen wertvollen Beitrag leistet.
Aktionstage Demenz in Kaiserslautern: Ein vielfältiges Programm zur Aufklärung und Unterstützung
Rund um den Welt-Alzheimertag fanden vom 2. September bis zum 27. Oktober die Aktionstage Demenz in Stadt und Landkreis Kaiserslautern statt. Das Netzwerk Demenz, das seit 2004 besteht, und seine Akteure boten ein vielfältiges und informatives Programm auf mehreren Veranstaltungen. Ziel war es, über das Krankheitsbild Demenz zu informieren, Entlastungsmöglichkeiten für Angehörige aufzuzeigen und der Isolierung und Ausgrenzung Demenzbetroffener entgegenzuwirken.
Die Aktionstage wurden am 2. September mit dem Start eines Demenzkurses für Angehörige eröffnet. Die Kursreihe „Entspannter Umgang mit Demenz“ fand an vier Freitagnachmittagen im Awo-Seniorenhaus „Alex-Müller“ statt. Ein Filmabend im Union-Kino Kaiserslautern am 4. September zeigte die Tragikomödie „Am Ende ein Fest“, die sich mit schwarzem Humor den Themen Sterbehilfe, Demenz und Tod annahm. Professor Georg Adler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Vorsitzender der Alzheimer-Gesellschaft Rheinland-Pfalz, führte in den Film ein. Fachkräfte aus dem Netzwerk Demenz standen am Infostand im Kinofoyer für Gespräche zur Verfügung.
Ein weiterer Höhepunkt war die Lesung von Helga Rohra, Deutschlands bekanntester und selbst von einer Demenzerkrankung betroffener Aktivistin, am 6. September im Theodor-Zink-Museum Kaiserslautern. Musikalisch wurde die Lesung von Florian Lapport, Schüler der Emmerich-Smola-Musikschule, am Klavier umrahmt. Der Buchladen „Blaue Blume“ aus Kaiserslautern bereicherte die Veranstaltung mit einem Büchertisch.
Drei stationäre Pflegeeinrichtungen aus Kaiserslautern beteiligten sich mit Vortragsangeboten an den Aktionstagen. Fachberaterin Birgit Mai referierte am 9. September im Alten- und Pflegeheim Zoar zum Thema „Umgang mit Aggressionen“. Am 12. September folgte ein Vortrag zum Thema „Möglichkeiten der Ergotherapie bei Demenz“ mit der Referentin Selina Anger von der Ergotherapie Lüdicke im Awo-Seniorenhaus „Alex-Müller“. Das Wohn- und Pflegeheim Kessler-Handorn griff am 15. September das Thema „Demenz und Sucht“ auf.
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Die Eröffnungsfeier der Tagespflege Pfeifertälchen des Arbeiter-Samariter-Bundes Kaiserslautern fand am 16. September statt. Die Einrichtung bietet 24 Betreuungsplätze und soll Angehörige von Menschen mit Demenz entlasten und den Betroffenen einen Ort der Entspannung und Begegnung bieten. Im Landkreis Kaiserslautern wurde am 21. September der Dokumentationsfilm „Viele Abschiede“ gezeigt, der das Leben alter Menschen mit Demenzerkrankung und ihrer Angehörigen durch persönliche Porträts und authentische Geschichten darstellt.
Den Abschluss der Aktionstage bildete ein Vortrag von Professor Tobias Hartmann, dem Leiter des Deutschen Instituts für Demenzprävention der Universitätsklinik des Saarlandes, am 27. Oktober. Er referierte zum Thema „Prävention von Demenz“ und ging der Frage nach, ob und wie sich das Risiko einer Demenzerkrankung mindern lässt.
Birgit Mai: Expertin für Demenz und ihre Schwerpunkte
Birgit Mai, geboren 1959 in Sachsen, absolvierte eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin und verfügt über langjährige Erfahrung in der Arbeit mit schwerst- und mehrfachbehinderten Menschen. Sie war als Betreuerin, stellvertretende Hausleitung und Hausleitung tätig und arbeitete im Bereich Betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen. Seit 2001 lebt sie in Mainz und arbeitet als Altenpflegerin in einem Altenheim der AWO.
Mai absolvierte 2003 eine Ausbildung zur Mentorin Demenz im Rahmen eines Pilotprojekts in Rheinland-Pfalz und 2007 eine Ausbildung zur Praxisanwenderin psychobiografisches Pflegemodell. Seit 2005 ist sie nebenberuflich als freiberufliche Dozentin in der Fachrichtung Demenz tätig. Ebenfalls seit 2005 leitet sie die Beratungsstelle Demenz der Arbeiterwohlfahrt Rheinland in Mainz mit den Schwerpunkten Angehörigenberatung, Teambegleitung und Krisenintervention. Von 2005 bis 2007 war sie Mitarbeiterin im Expertenteam der GOS (Gesellschaft für Organisationsberatung in der sozialen Arbeit) beim Pilotprojekt Demenz. Seit 2013 bietet sie Beratung und Fortbildung für Angehörige von Menschen mit Demenz in der „Demenzwerkstatt Alte Schreinerei“ in Gödenroth an.
Vortrag von Birgit Mai in St. Ingbert: Entlastung für Angehörige von Demenzkranken
In St. Ingbert hielt Birgit Mai einen Vortrag für Angehörige von Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Die Malteser boten den Vortrag am 9. September im Caritaszentrum St. Barbara an. Das Seminar richtete sich an alle, die mit Demenzkranken zu tun haben, wie Besuchsdienste, Entlastungsdienste, Pflegedienste oder Angehörige.
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Birgit Mai zeigte in lebendiger Form auf, wie man Betroffenen und ihren Angehörigen durch Entlastungsangebote ein Stück ihres Leidensdrucks nehmen kann. Themen waren unter anderem: "Demenz ist nicht gleich Demenz", "Hier stimmt etwas nicht - erste Hinweise auf eine mögliche Demenz, was ist wichtig in der Begleitung" und "Aktivierungsmöglichkeiten in den einzelnen Phasen der Demenz".
Die Gefühlswelt eines Menschen mit Demenz: Einblicke und Perspektiven
Auch wenn der Tag eines Menschen mit Demenz voller Hürden und Hindernisse zu sein scheint, ist nie alles nur schlimm. Die Gefühlslage wechselt ständig, je nach von außen kommenden Impulsen. Manche Situation kann durch einfühlsames Handeln positiv gestaltet werden: Dies setzt jedoch ein „sich in den Gegenüber einfühlen können“ voraus.
Ein Mensch mit Demenz kann sich beispielsweise fragen: „Ich werde wach und frage mich wo ich bin. Jeden Tag aufs Neue. Die Möbel kenne ich nicht und dennoch ist mir dieses Zimmer vertraut. Wo ist eigentlich mein Mann? Ich glaube er ist nicht mehr da. Traurigkeit steigt in mir hoch. Meine Blicke schweifen weiter und Glück wechselt dem Gefühl der Traurigkeit. Ich schaue auf das Foto meines Sohnes. Wie stolz ich auf ihn bin.“
Die Schilderung einer solchen Alltagssituation verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen Menschen mit Demenz konfrontiert sind:
- Desorientierung: Der Betroffene weiß nicht, wo er sich befindet und erkennt seine Umgebung nicht wieder.
- Verlust von Erinnerungen: Der Betroffene erinnert sich nicht an seinen Mann und ist traurig darüber. Gleichzeitig empfindet er Glück beim Anblick des Fotos seines Sohnes.
- Hilflosigkeit: Der Betroffene ist auf die Hilfe anderer angewiesen, um alltägliche Aufgaben wie Waschen und Anziehen zu bewältigen.
- Angst und Unsicherheit: Der Betroffene fühlt sich bedroht und unsicher in einer fremden Umgebung.
- Stimmungsschwankungen: Die Gefühlslage des Betroffenen wechselt ständig zwischen Trauer, Glück, Zorn und Verwirrung.
Diese Einblicke in die Gefühlswelt eines Menschen mit Demenz verdeutlichen die Bedeutung von einfühlsamer und respektvoller Betreuung. Es ist wichtig, sich in die Perspektive des Betroffenen hineinzuversetzen und seine Bedürfnisse und Ängste zu verstehen.
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Birgit Mai über den Umgang mit Demenz: Wünsche, Bedürfnisse und Ängste
Birgit Mai betont, dass Menschen mit Demenz Menschen wie jeder andere sind, mit Hoffnungen, Sehnsüchten und auch Eigenheiten. Eigenständigkeit und Selbstbestimmung waren ihr immer sehr wichtig. Sie fragt sich, wie sie in ihrer Demenz auf das Gefühl des Druckes regieren wird, wenn sie ihre Hemmschwelle für soziale Normen verliert und wie andere damit umgehen werden.
Ihre größte Angst ist, dass sie dann als „verhaltensauffällig“ abgestempelt und mit Psychopharmaka „mundtot“ gemacht wird. Das würde sie nicht wollen und auch nicht verstehen. Sie betont, dass das Wort „Du musst“ völlig aus dem Wortschatz gestrichen werden sollte, wenn man ihre Kooperation erwartet.
Mai äußert konkrete Wünsche für ihren Alltag mit Demenz:
- Ausschlafen: Morgens möchte sie gerne ausschlafen, da sie ihr Leben lang gearbeitet hat und an Zwänge gebunden war.
- Rituale: Tägliches Duschen vor dem Frühstück ist für sie Alltagsnormalität, manchmal mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette zuvor.
- Pflegemittel: Sie hat keine bevorzugten Pflegemittel, aber ein Spritzer Chanel No 5 gibt ihr das Gefühl von Luxus.
- Kleidung: Sie trägt gerne bequeme Kleidung und legt Wert darauf, dass ihre Kleidung sauber ist.
- Ernährung: Zum Frühstück isst sie gerne herzhaft, Brötchen mit Käse oder Wurst und zum Abschluss etwas Süßes. Ihren Kaffee trinkt sie schwarz und auch noch kalt.
- Ruhe: Den Vormittag verbringt sie gerne in Ruhe und mit ihren …
- Akzeptanz: Sie möchte als Mensch mit Demenz akzeptiert und respektiert werden.
Demenz braucht Dich: Aufklärung und Sensibilisierung
Viele Angehörige von Betroffenen suchen Antworten auf die Frage, wie man mit Menschen umgeht, die an Demenz erkrankt sind. Eine Demenzerkrankung stellt oft ein Stigma dar, dem man durch Vermittlung von Wissen und Handlungsempfehlungen entgegenwirken kann.
Das Sachgebiet Senioren und Inklusion im Landratsamt hat sich aus diesem Grund mit Maria Kammermeier, Vorsitzende der Deutschen Alzheimergesellschaft Oberpfalz, zusammengetan, um eine Demenzpartnerschulung anzubieten. Landrätin Tanja Schweiger betonte, dass man mit dem Kursangebot Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansprechen will, die im privaten Umfeld mit der Erkrankung konfrontiert sind. Gleichzeitig möchte man für das Thema sensibilisieren und ihnen Möglichkeiten zum Umgang mit Betroffenen und Angehörigen im Behördenalltag eröffnen.
Die Demenzpartnerschulung fand im Rahmen der Bayerischen Aktionswoche Demenz statt und wurde von Maria Reischl aus dem Sachgebiet Senioren und Inklusion organisiert. „Demenz braucht Dich“ - so lautet der Slogan der Demenz-Partner-Initiative der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Das Projekt ist eine bundesweite Aufklärungsinitiative, die über Demenzerkrankungen informieren und für die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und deren Familien sensibilisieren möchte.
Pflegeberaterin Birgit Mai unterstützt bei der Organisation von Pflege in der Häuslichkeit und vermittelt auch konkrete Hilfen wie beispielsweise Besuchsdienste für Demenzkranke durch den Helferkreis Auszeit.