Chinin, ein Stoff aus der Rinde des Chinarindenbaums, ist bekannt für seinen bitteren Geschmack und seine medizinischen Eigenschaften. Es findet Verwendung in Medikamenten gegen Malaria, Fieber und Muskelkrämpfe, sowie als Bitterstoff in Erfrischungsgetränken wie Tonic Water, Bitter Lemon und Bitter Orange. Doch wie wirksam und sicher ist Chinin wirklich bei der Behandlung von Wadenkrämpfen? Und welche Alternativen gibt es?
Chinin: Ursprung, Wirkung und Verwendung
Chinin ist ein natürlich vorkommender Stoff, der aus der Rinde des Chinarindenbaums gewonnen wird. Ursprünglich stammt dieser Baum aus Mittelamerika. Der Name Chinin leitet sich von der Bezeichnung der Ureinwohner ab: "quina-quina", was "Rinde der Rinden" bedeutet. Chinin schmeckt bitter und wird in der Medizin zur Behandlung von Malaria, Fieber und Muskelkrämpfen eingesetzt.
Verwendung in Lebensmitteln und Getränken
Wegen seines bitteren Geschmacks wird Chinin einigen alkoholfreien Erfrischungsgetränken (Tonic Water) und den fruchtsafthaltigen Limonaden Bitter-Orange und Bitter-Lemon zugesetzt. Des Weiteren findet es in Bitterspirituosen Verwendung. Erlaubt ist der Zusatz von Chinin, Chininhydrochlorid oder Chininsulfat bis maximal 100 mg/l in alkoholfreien Erfrischungsgetränken, bis maximal 250 mg in Spirituosen. Die Höchstmengen sind ausgedrückt als reines Chinin. Tonic Water ist das am stärksten bitter schmeckende Erzeugnis. Nach Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) enthält es von den Erfrischungsgetränken die höchsten Chininmengen, die im Mittel bei 61 mg/l liegen. Der höchste ermittelte Wert lag bei 75 mg/l. Deutlich weniger Chinin ist in "Bitter-Lemon" und "Bitter-Orange", die mit ca. 3 - 12 % Zitronen- oder Orangensaft hergestellt werden, enthalten. Hier liegen die Chiningehalte im Mittel bei nur 29 mg/l.
Vorverpackte Getränke, die Chinin und/oder dessen Salze als Aromen enthalten, müssen im Zutatenverzeichnis die Angabe „Aroma Chinin“ tragen.
Medizinische Verwendung von Chinin
Als Fertigarzneimittel ist in Deutschland nur ein Chinin-Präparat zugelassen, das zur Vorbeugung und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe angewendet wird. Die Tabletten enthalten den Wirkstoff in Form von Chininsulfat. Weiterhin wird der Wirkstoff in Form einer Injektionslösung bei der Behandlung der komplizierten Malaria tropica eingesetzt. Diese muss von der (Krankenhaus-)Apotheke selbst hergestellt werden, es stehen keine Fertigarzneimittel zur Verfügung. In der Schweiz hingegen ist Chinin in Tablettenform zur Behandlung der komplizierten Malaria tropica als Fertigarzneimittel zugelassen. In Österreich befinden sich weder Präparate gegen Wadenkrämpfe noch gegen Malaria im Handel. Allerdings kann auch hier der Wirkstoff bestellt beziehungsweise in der (Krankenhaus-)Apotheke hergestellt werden. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfiehlt nach wie vor Chinin als Mittel der Wahl bei unkomplizierter Malaria tropica im ersten Trimenon schwangerer Frauen. In Industrienationen stehen allerdings besser wirksame Arzneistoffe zur Verfügung, die in Abhängigkeit der Schwangerschaftsphase und der Art der Malaria ausgewählt werden.
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Die Wirkung von Chinin auf Muskelkrämpfe
Chinin wirkt an unterschiedlichen Orten im Körper. So führt es beispielsweise über verschiedene Mechanismen zu einer Muskelentspannung. Es sorgt dafür, dass die Muskelfasern nach einer Anspannung längere Zeit brauchen, bis sie wieder auf Nervenreize zum Anspannen reagieren. Andererseits hemmt der Wirkstoff die Übertragung dieser Nervenreize auf die Muskeln, wodurch diese ebenfalls vermindert reagieren. Außerdem beeinflusst Chinin die Kalzium-Verteilung im Muskel, die ebenfalls wichtig für die Kontraktion ist. In Summe leitet sich hieraus seine Anwendung bei schweren Wadenkrämpfen ab.
Dosierung und Anwendung bei Wadenkrämpfen
Zur Behandlung nächtlicher Muskelkrämpfe wird bei leichten Beschwerden nach dem Abendessen eine Tablette mit einer Dosis von 200 Milligramm Chinin eingenommen. Bei mittelschweren bis schweren Beschwerden werden abends zwei Tabletten - eine nach dem Abendessen, eine vor dem Schlafengehen - eingenommen. Die Therapiedauer sollte nicht länger als zwei bis drei Wochen andauern, da sich der Wirkstoff im Körper anreichern kann.
Risiken und Nebenwirkungen von Chinin
Die Nebenwirkungen werden zusammengefasst als Cinchonismus bezeichnet und treten bei langfristiger oder hoch dosierter Gabe relativ häufig auf. Sie umfassen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Ohrgeräusche (Tinnitus), Sehstörungen, Hautausschläge, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Nierenschäden, Blutbildungsstörungen und Überempfindlichkeitsreaktionen. Der Großteil der Nebenwirkungen ist dosisabhängig und verschwindet nach dem Absetzen der Chinin-Therapie wieder.
Erhöhte Sterblichkeit bei langfristiger Einnahme
Eine Studie der Université Paris Est Créteil hat untersucht, ob der Genuss Chinin-haltiger Getränke Einfluss auf die Sterberate hat. Sie werteten die britische Datenbank "The Health Improvement Network" aus, welche Angaben zu rund 12 Millionen britischen Patienten enthält. Die Ärzte fanden knapp 11.600 Personen, die wegen Muskelkrämpfen oder RLS (Restless Legs Syndrom) seit 1990 mindestens über ein Jahr Chininpräparate in einer Dosierung von mindestens 100 mg eingenommen hatten. Zum Vergleich herangezogen wurde die dreifache Zahl von Patienten, welche kein Chinin eingenommen hatten. Die ausgewerteten Patienten waren im Durchschnitt 70 Jahre alt. In einer Nachbeobachtungszeit von etwa sechs Jahren starben auf 1000 Personenjahre bezogen 42 Patienten in der Chiningruppe, 32 Patienten in der Kontrollgruppe. Unter Berücksichtigung aller Begleiterkrankungen zeigte sich mit Chininpräparaten eine 24% erhöhte Mortalität. Bei Patienten über 70 Jahren gab es kaum Unterschiede. Ein deutlicher Zusammenhang zeigte sich auch mit der Chininmenge: die Sterberate lag bei 200 - 300 mg/d um 25%, bei 300 - 400 mg/d um 83 % und über 400 mg um 124% höher. Die genaue Todesursache konnte aus den vorhandenen Daten nicht ermittelt werden. Aufgrund dieser Ergebnisse halten es die Forscher für wahrscheinlich, dass tatsächlich Chinin für die erhöhte Sterberate als ursächlich anzunehmen ist.
QT-Zeit-Verlängerung und Herzrhythmusstörungen
Chinin kann das QT-Intervall im EKG verlängern, was zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen kann. Relativ viele Medikamente können zu einer Verlängerung der QT Zeit führen, auch Parkinson-Medikamente bzw. Medikamente, welche bei Patienten mit Morbus Parkinson häufig eingesetzt werden. Hier sind insbesondere Amantadin, Budipin, Domperidon und die Antidepressiva Citalopram und Escitalopram zu nennen. In den Beipackzetteln dieser Medikamente wird vor der gemeinsamen Gabe mit anderen QT-Zeit verlängernden Mitteln gewarnt, nicht jedoch vor dem Genuss von Tonic Water.
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Weitere Gegenanzeigen und Wechselwirkungen
Chinin darf nicht eingenommen werden bei:
- Bekannter Überempfindlichkeit oder Allergie gegenüber Chinin oder Chinin-haltigen Getränken
- Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (angeborener Enzymmangel)
- Myasthenia gravis (erblich bedingte Muskelkrankheit)
- Tinnitus
- Vorschädigung des Sehnervs
- Hypokaliämie (zu niedriger Kalium-Blutspiegel)
- Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) oder andere Herzrhythmusstörungen
- Schwerer Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
- Angeborener oder erworbener QT-Intervall-Verlängerung
- Gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern können
Die gleichzeitige Einnahme von magnesium- oder aluminiumhaltigen Mitteln gegen eine Magenübersäuerung kann die Aufnahme von Chinin beeinträchtigen. Abgeraten wird von der gleichzeitigen Anwendung von weiteren Wirkstoffen, die zu einer Veränderung des Herzrhythmus führen (speziell zu einer sogenannten QT-Zeit-Verlängerung). Chinin kann die Wirkung von Digitalis-Präparaten (Herzmedikamente), muskelentspannenden Mitteln (Muskelrelaxantien) und Gerinnungshemmern verstärken.
Rezeptpflicht und eingeschränkte Indikation in Deutschland
Aufgrund seiner gefährlichen Nebenwirkungen ist Chinin in Deutschland seit 2015 rezeptpflichtig. Vorher war es auch ohne Rezept in Apotheken verfügbar. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medikamente (BfArM) rät Ärzt:innen zudem, das Medikament nur unter besonderen Umständen zu verschreiben. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist die Einnahme von Chinin nicht geeignet. Grundsätzlich sollte man die Chinin-Therapie sofort stoppen, wenn man Symptome wie Ohrensausen, Hör- oder Sehstörungen oder Hautausschlag feststellt.
Das BfArM hat zudem die Indikation eingeschränkt und einige Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen. Limptar ist nur noch zur „Therapie und Prophylaxe nächtlicher Wadenkrämpfe bei Erwachsenen“ zugelassen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Krämpfe “sehr häufig oder besonders schmerzhaft sind und behandelbare Ursachen der Krämpfe ausgeschlossen wurden und nicht-pharmakologische Maßnahmen die Beschwerden nicht ausreichend lindern können.“
Ursachen von Wadenkrämpfen
Obwohl fast jeder von uns weiß, was ein Wadenkrampf ist und wie er sich anfühlt, gestaltet sich die Suche nach den Ursachen mitunter kompliziert. Die Auslöser nächtlicher Krämpfe sind nämlich vielfältig und meist findet der Arzt keine konkrete Ursache. In diesen Fällen spricht die Medizin von gewöhnlichen oder idiopathischen Wadenkrämpfen.
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Eine mögliche Ursache gewöhnlicher Krämpfe können Wadenmuskeln sein, die zu hohen Spannungen unterliegen und daher unflexibel sind. Wer wenig Sport treibt und viel sitzt, tut seinen Waden keinen Gefallen. Wie alle Muskeln deines Körpers ist auch dieser mächtige Wadenmuskel für seine Vitalität darauf angewiesen, dass du ihn vielfältig bewegst und dehnst. Die daran beteiligten Faszien und Muskelfasern passen sich diesem einseitigen (Nicht-)Bewegungsmuster mit der Zeit an. Sie werden spröde und unnachgiebig.
Nicht nur ein monotones Bewegungsprofil, auch die täglichen Sorgen und Nöte können deinen Wadenmuskel vor ein biomechanisches Problem stellen. Wenn die psychische Anspannung länger anhält, können Nervenimpulse an den Muskel nicht mehr gezielt weitergegeben werden. Mitunter haben deine Wadenkrämpfe auch eine ganz greifbare Ursache: falsches Schuhwerk. Zwängen beispielsweise zu enge Schuhe den Fuß stundenlang in eine Fehlstellung, kann die Reaktion deines Körpers über das Fersenbein bis in die Wade reichen.
Muskuläre Überbeanspruchungen beim Sport können einen Wadenkrampf ebenfalls auslösen. Gerade Sportler oder Fitness-Treibende verbrauchen sehr viele Mikronährstoffe. Genauso schwer wie die muskuläre Belastung wiegt aber meist der Flüssigkeitsverlust und ein dadurch bedingter Mangel an Mineralstoffen. Dabei schwitzt er auch reichlich Elektrolyte aus - in Körperflüssigkeit gelöste Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium oder Kalzium. Hinzu kommt: Viele trinken zu wenig - und mit Alkohol oft auch das Falsche. Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht auch das Risiko eines Magnesiummangels und damit nachweislich die Gefahr von Wadenkrämpfen. Alkohol wirkt harntreibend, was den Elektrolythaushalt zusätzlich durcheinander bringt.
Besonders bedenklich: Wadenkrämpfe gibt es quasi auch auf Rezept. Während einer Schwangerschaft hat der Organismus besondere Bedürfnisse, vor allem weil er Nährstoffe und Vitamine für zwei zur Verfügung stellen muss. Selten sind Grunderkrankungen innerer Organe, Muskeln, Nerven oder Blutgefäßen der Auslöser für Wadenkrämpfe. So kann eine Reihe internistischer Krankheiten, die den Stoffwechsel und den Hormon- und Elektrolythaushalt beeinflussen, die Verkrampfung der Muskulatur begünstigen. Auch Nervenschäden (Störungen im zentralen und peripheren Nervensystem) kommen als Ursache eines Wadenkrampfes in Betracht.
Alternativen zu Chinin bei Wadenkrämpfen
So vielfältig die Ursachen für einen Wadenkrampf auch sind: In den meisten Fällen kann man selbst dafür sorgen, dass die Muskelpartien an der Wade weniger oft und weniger stark krampfen. Die Mehrzahl der gewöhnlichen Wadenkrämpfe nimmt ihren Ausgangspunkt in einer gestressten und verkürzten Wadenmuskulatur.
Dehnübungen und Faszien-Rollmassage
Mit der Zeit setzen sich Abfallstoffe im Gewebe fest und es bilden sich kleinste Verklebungen im Faszien-Gewebe. Mithilfe einer Faszien-Rollmassage kann man diese Negativspirale durchbrechen. Rezeptoren im Gewebe registrieren bei Schmerzen oft hohe Muskelspannungen. Durch das gezielte Ansteuern dieser Punkte können Muskeln und Faszien entspannen.
Magnesium
Magnesiumpräparate gelten gemeinhin als das Wundermittel bei der Behandlung und Vorbeugung von Wadenkrämpfen. Richtig ist: Magnesium stellt eines der wichtigsten Mineralien für unseren Organismus dar und ist für einen reibungslosen Stoffwechsel unerlässlich. Allerdings wird allein die ausreichende Zufuhr an Magnesium wahrscheinlich nicht ausreichen, um deine Wadenkrämpfe dauerhaft in den Griff zu bekommen.
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