Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und betrifft Millionen Menschen weltweit. In Deutschland erkranken täglich etwa 900 Menschen neu an Alzheimer, was durchschnittlich 300.000 Menschen pro Jahr entspricht. Eine weltweite Datenanalyse der University of Washington prognostiziert, dass sich die Zahl der Menschen, die an Alzheimer und anderen Formen der Demenz erkranken, von etwa 57 Millionen im Jahr 2019 auf 152 Millionen im Jahr 2050 nahezu verdreifachen wird. Diese alarmierenden Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit, die Risikofaktoren besser zu verstehen und wirksame Präventionsstrategien zu entwickeln.
Was ist Alzheimer-Demenz?
Die Alzheimer-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der sich Eiweiß im Gehirn ablagert und Nervenzellen absterben. Dies führt zum Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Erinnern, Denken, Lernen und Beurteilen. Auch Orientierung, emotionale Fähigkeiten und Sprachvermögen sind beeinträchtigt. Typische erste Anzeichen sind Wortfindungs- und Orientierungsstörungen, ein schwindendes Kurzzeitgedächtnis und sogar Persönlichkeitsveränderungen. Je nach Krankheitsbild erkennen Betroffene so teilweise nicht mal mehr ihre engsten Vertrauten.
Risikofaktoren für Alzheimer
Mehrere Faktoren können das Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz erhöhen. Einige davon sind nicht beeinflussbar, während andere durch den Lebensstil beeinflusst werden können.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren
- Alter: Ab dem 60. Lebensjahr verdoppelt sich die Demenzhäufigkeit alle fünf Jahre. Das Altern ist der wichtigste Risikofaktor.
- Geschlecht: Frauen sind eher demenzgefährdet als Männer.
- Genetische Faktoren: Eine bestimmte Variante des ApoE-Gens (wichtig für den Cholesterintransport im Blut) beeinflusst die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer-Demenz zu erkranken. Bei Trägern von ApoE4 treten Krankheitssymptome besonders früh auf. Veränderungen an einzelnen Genen, die zur so genannten familiären Form der Alzheimer-Demenz führen, sind allerdings nur bei weniger als einem Prozent der Patienten verantwortlich.
Beeinflussbare Risikofaktoren
Die US-Langzeitstudie „The Chicago Health and Aging Project“ hat fünf variable Lebensstilfaktoren definiert, welche den Eintritt einer Alzheimer-Demenz begünstigen können:
- Ernährung: Eine schlechte Ernährung kann das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung erhöhen.
- Kognitive Aktivität im späteren Leben: Mangelnde geistige Aktivität kann den Gehirnverfall beschleunigen.
- Körperliche Aktivität: Bewegungsmangel ist ein Risikofaktor für Alzheimer. Körperlich aktive Menschen mit präklinischem Alzheimer zeigten einen geringeren kognitiven Abbau.
- Rauchen: Rauchen hat starke Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit einer Alzheimer-Erkrankung.
- Alkoholkonsum: Alkoholkonsum hat starke Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit einer Alzheimer-Erkrankung.
Jeder Faktor entspricht einem Gesundheitswert von 0 bis 5: Je höher der Wert, desto gesünder der Lebensstil eines Studienteilnehmers. Erfüllt ein Teilnehmer vier oder fünf der Kategorien, wird ihm ein gesunder Lebensstil zugeschrieben. Faktoren wie Alter, Ethnie, Familienstand, Bildungsstatus und genetische Risiken wurden hierbei herausgerechnet.
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Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein gesunder Lebensstil nicht nur die Lebenserwartung erhöht, sondern auch die zusätzlichen Lebensjahre ohne Demenz verbracht werden.
Demenz und Lebenserwartung bei Frauen im Alter von 65 Jahren:
- Gesunder Lebensstil (Punktzahl 4 oder 5): Durchschnittliche zusätzliche Lebenserwartung: 24,2 Jahre; Durchschnittliche Anzahl an Jahren mit Demenz: 2,6 Jahre (10,8% der letzten Lebensjahre)
- Ungesunder Lebensstil (Punktzahl 0 oder 1): Durchschnittliche zusätzliche Lebenserwartung: 21,1 Jahre; Durchschnittliche Anzahl an Jahren mit Demenz: 4,1 Jahre (19,3% der letzten Lebensjahre)
Demenz und Lebenserwartung bei Männern im Alter von 65 Jahren:
- Gesunder Lebensstil (Punktzahl 4 oder 5): Durchschnittliche Lebenserwartung: 23,1 Jahre; Durchschnittliche Anzahl an Jahren mit Demenz: 1,4 Jahre (6,1% der letzten Lebensjahre)
- Ungesunder Lebensstil (Punktzahl 0 oder 1): Durchschnittliche Lebenserwartung: 17,4 Jahre; Durchschnittliche Anzahl an Jahren mit Demenz: 2,1 Jahre (12,0% der letzten Lebensjahre)
Weitere Risikofaktoren
Neben den genannten Faktoren gibt es weitere Aspekte, die das Demenzrisiko beeinflussen können:
- Depressionen: Depressionen im Alter gelten als ein Faktor in Zusammenhang mit der Entstehung von Alzheimer. Es gibt Hinweise, dass bestimmte Antidepressiva die Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung verzögern können.
- Schwerhörigkeit: Interessanterweise gingen Forscher zuletzt für Deutschland davon aus, dass insbesondere eine mögliche Schwerhörigkeit das Demenz-Risiko stark erhöht.
- Diabetes: Eine Diabetes-Erkrankung lässt sich glücklicherweise behandeln. Lassen Sie sich bei Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin untersuchen und steuern Sie gegebenenfalls mit Medikamenten gegen.
- Luftverschmutzung: Eine Studie der Uniklinik Bonn hat gezeigt, dass Menschen, die zu Hause mehr PM2,5-Partikeln ausgesetzt waren, eine längere kognitive Verarbeitungszeit (CPT) aufwiesen als Personen, die weniger Feinstaub eingeatmet hatten. Die Studie zeigt damit zwei verschiedene Wege auf, wie das Gehirn unter Feinstaubeinfluss abbaut: Direkt über lokale Entzündungen und indirekt über von Monozyten vermittelte, ganzkörperliche Entzündungen.
Prävention von Alzheimer
Obwohl die Alzheimer-Krankheit noch immer als unheilbar gilt, gibt es Möglichkeiten, das Risiko zu senken und den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen. Forscher gehen davon aus, dass 40 Prozent aller Demenz-Fälle verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten - wenn wir auf bestimmte Präventionsmaßnahmen setzen.
Lebensstiländerungen
Ein gesunder Lebensstil kann einen großen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, haben. Dazu gehören:
- Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
- Regelmäßige körperliche Aktivität: Bereits 3.000 Schritte am Tag können dazu beitragen, dass sich im Gehirn weniger schnell schädigende Tau-Proteinklumpen ansammeln. Einen noch größeren Effekt haben 5.000 bis 7.500 Schritte. Intensive körperliche Aktivität wie Joggen oder Tanzen könne mit großer Wahrscheinlichkeit zusätzliche Effekte auslösen.
- Geistige Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig durch Lesen, Kreuzworträtsel, Sudoku oder andere geistig anregende Aktivitäten heraus.
- Soziale Interaktion: Pflegen Sie soziale Kontakte und bleiben Sie aktiv in Ihrer Gemeinschaft.
- Nichtrauchen: Verzichten Sie auf das Rauchen.
- Moderater Alkoholkonsum: Trinken Sie Alkohol nur in Maßen.
- Gesunde Psyche: Achten Sie auf eine gesunde Psyche.
Frühzeitige Diagnose und Intervention
Um die Kosten zu senken, ist vor allem eine möglichst frühzeitige Diagnose vonnöten. Die Forschenden haben sich vorgenommen, die Alzheimer-Diagnostik neu auszurichten. Ihr Projekt „ASPIRE“ soll langfristig die Therapiechancen für an Alzheimer erkrankte Menschen verbessern. Schon sechs Jahre vor der finalen Diagnose kann es Hinweise darauf geben, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Alzheimer-Erkrankung entwickeln wird. Möglich macht das schon heute die KI-gestützte Auswertung der oben beschriebenen PET-Bilder.
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Medikamentöse Therapie
Leqembi bzw. Lecanemab, das 2023 in den USA für die Alzheimer-Therapie zugelassen wurde, kann das Fortschreiten der Erkrankung in einem frühen Krankheitsstadium verzögern. Sobald eine wirksame Alzheimer-Therapie verfügbar ist, muss man möglichst frühzeitig die Krankheit entdecken können, um dann die Behandlung zu beginnen.
Frühe Anzeichen von Demenz
Es ist wichtig, die frühen Anzeichen von Demenz zu erkennen, um frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Zu den frühen Anzeichen von Demenz zählen:
- Sie vergessen zunehmend Verabredungen.
- Sind mehrere Menschen an einem Gespräch beteiligt, haben Sie Schwierigkeiten zu folgen.
- An den Inhalt von Gesprächen können Sie sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr erinnern. Ereignisse, die länger zurückliegen, sind Ihnen dagegen noch sehr präsent.
- Sie haben Probleme, sich in Ihrer eigenen Wohnung oder im altbekannten Supermarkt zurechtzufinden.
- Sie finden sich an einem Ort oder in einem Zimmer wieder und haben vergessen, was Sie dort eigentlich tun wollten.
- Es fällt Ihnen schwer, eine Mahlzeit zuzubereiten, die mehrere einzelne Schritte erfordert.
- Beim Lesen müssen Sie Abschnitte mehrmals wiederholen, um sie zu verstehen, und können sich nicht mehr so gut konzentrieren.
- Sie sind schusseliger und nachlässiger geworden.
Die Geschichte der Alzheimer-Forschung
Die Geschichte der Alzheimer-Krankheit ist über 100 Jahre alt. Sie beginnt 1901 mit der Einlieferung von Auguste Deter in die „Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main. Die Patientin leidet unter Vergesslichkeit und Wahnvorstellungen. Das Gesprächsprotokoll, das der zuständige Psychiater daraufhin anfertigt, schreibt Wissenschaftsgeschichte: Es markiert den Forschungsbeginn einer Krankheit, die unter dem Namen des Psychiaters in die Medizin einging: Alois Alzheimer. 1907 veröffentlichte Alois Alzheimer eine Abhandlung über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde. 1910 wurde die Krankheit das erste Mal unter dem Namen „Alzheimer‘sche Krankheit“ erwähnt.
In den folgenden Jahrzehnten wurden wichtige Entdeckungen gemacht, die das Verständnis der Alzheimer-Krankheit vertieften:
- 1976 identifizierte Robert Katzman die Alzheimer-Krankheit als die mit 60 Prozent der Demenzen am weitesten verbreitete Demenzerkrankung überhaupt.
- 1984 veröffentlichten George Glenner und Caine Wong Ergebnisse, wonach ein Peptid namens Beta-Amyloid Hauptbestandteil der Plaques ist.
- 1986 publizierten Inge Grundke-Iqbal und Kollegen vom staatlichen New Yorker Institut für Grundlagenforschung zu Entwicklungsstörungen (OPWDD) eine sehr interessante Arbeit. Nach ihren Erkenntnissen ist ein mit bestimmten Zellskelett-Proteinen, den Mikrotubuli, verbundenes Protein namens „Tau“ Bestandteil der Neurofibrillen, der fädigen Strukturen innerhalb der Zellen.
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