Die Betreuung von Menschen mit Demenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Herkömmliche Pflegeansätze stoßen hier oft an ihre Grenzen. Das Böhm-Konzept, entwickelt von dem Wiener Professor Erwin Böhm, bietet einen innovativen und umfassenden Ansatz zur aktivierenden Pflege von Menschen mit Demenz. Es zielt darauf ab, die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten oder wiederherzustellen.
Aktivierende Pflege: Ein grundlegendes Konzept
Die aktivierende Pflege beschreibt einen Pflegegrundsatz, der das Ziel verfolgt, die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Pflegebedürftigen zu fördern. Vor dem Hintergrund eines möglichst selbstbestimmten Lebens unterscheidet sich die aktivierende Pflege von der versorgenden bzw. kompensatorischen Pflege. Es wird Betroffenen nicht alles abgenommen, was sie selbst nicht mehr können. Im Gegenteil wird je nach Vorhandensein von Fähigkeiten der Fokus darauf gesetzt, diese zu erhalten, zu verstärken und zu reaktivieren. Nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ gewinnen pflegebedürftige Menschen durch aktivierende Pflege an Selbstvertrauen. Nicht nur kranke, sondern auch alte Menschen profitieren von dem modernen Pflegeverständnis. Mit dem Alter schwinden Energie und Kraft. Alltagsaufgaben und Handgriffe, die ein Leben lang eigenständig ausgeführt wurden, fallen zunehmen schwer oder sind gar nicht mehr möglich. Der damit verbundene Verlust der Selbstständigkeit ist schwer zu ertragen und führt zu Resignation und Antriebslosigkeit. Durch die aktivierende Pflege soll dem entgegengewirkt werden, damit die Lebensqualität möglichst lange erhalten bleibt.
Wesentliche Grundgedanken der aktivierenden Pflege
Der Grundsatz der aktivierenden Pflege ist wichtiger Bestandteil des neuen Pflegeverständnisses. Hiernach werden drei wesentliche Grundgedanken verfolgt:
- Pflegebedürftige sollen Hilfe bei der Bewältigung von Krankheitsfolgen und funktionellen Beeinträchtigungen erhalten: Durch eine direkte oder indirekte Unterstützung sollen Auswirkungen von Gesundheitsproblemen in verschiedenen Lebensbereichen bewältigt werden. Gefördert werden Bereiche der Mobilität, während emotionale und kognitive Prozesse aktiviert werden. Menschen mit Demenz erhalten Hilfen für den Alltag. Durch die Verbesserung der Selbstpflegekompetenzen lassen sich psychische und körperliche Erscheinungen wie beispielsweise Inkontinenz bewältigen. Pflegende Angehörige werden im Umgang mit herausforderndem Verhalten von Pflegebedürftigen geschult.
- Förderung und Erhalt der Selbstständigkeit: Durch bestimmte Bewegungsübungen sollen Pflegebedürftige durch aktivierende Pflege sowohl körperliche als auch geistige bzw. seelische Kräfte beibehalten oder wiedergewinnen.
- Beratung, Aufklärung und Anleitung von Betroffenen und Angehörigen: Die Unterstützung im Umgang mit Krankheitsfolgen und Beeinträchtigung soll durch Selbstpflegekompetenz und Pflegekompetenz fokussiert werden. Durch Aufklärung und Anleitung zu individuellen Tagesplanungen, zu erwartenden Veränderungen in der Selbstständigkeit, zur Befähigung in der Kommunikation und durch Sensibilisierung für gesundheitliche Veränderungen sollen Kompetenzen erworben und vertieft werden.
Anwendungsbereiche der aktivierenden Pflege
Aktivierende Pflege wird von Pflegepersonen in allen Pflegebereichen angewendet. Pflegekräfte in Altenheimen, Pflegeheimen oder geriatrischen Stationen nutzen die Vorteile des Pflegeverständnisses für Senioren, Hochbetagte, Demenzpatienten und Pflegebedürftige. Menschen, die von Angehörigen gepflegt werden, können auch von der aktivierenden Pflege profitieren. Pflegende Angehörige können entsprechende Pflegekurse belegen und sich so fachliches sowie praktisches Wissen aneignen. Die Kosten für Pflegekurse werden in vielen Fällen von der Pflegekasse übernommen. Wichtig dabei ist, dass alle aktivierenden und therapeutischen Maßnahmen individuell auf Pflegebedürftige mit individuellen Einschränkungen, Fähigkeiten und nicht mehr durchführbaren Tätigkeiten zugeschnitten sind. Risikofaktoren wie beispielsweise eine erhöhte Sturzgefahr müssen im Pflegekonzept berücksichtigt werden.
Das Böhm-Konzept: Ein psychobiografischer Ansatz
Das psychobiografische Pflegemodell von Erwin Böhm nimmt einen besonderen Stellenwert in der aktivierenden Pflege ein. Hier geht es in erster Linie um Menschen mit Demenz, die so lange wie möglich selbstständig denken und handeln sollen. Dabei wird von Böhm angenommen, dass es sich bei demenziellen Erkrankungen um seelische Prozesse handelt, die sich in Verhaltensauffälligkeiten äußern. Nach dem Böhm-Konzept sollen diese Auffälligkeiten verstanden werden, um angemessen darauf reagieren zu können. Ein besserer Zugang zu Demenzpatienten ist über deren persönliche Biographie möglich. Eine reaktivierende Pflege soll dabei helfen, gewohnte Fähigkeiten zurück zu erlangen. Menschen mit Demenz profitieren besonders von Ansätzen der aktivierenden Pflege. Hier sind es festgelegte Tagesstrukturen, die nach der Eingewöhnung zu einer besseren Zeiteinschätzung und damit zu mehr Kontrolle über den eigenen Tagesablauf führen.
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Grundlagen des Böhm-Konzepts
Erwin Böhm's psychobiographisches Modell basiert auf einem Reaktivierungsmodell, das an die teilweise verschütteten Fähigkeiten der Betroffenen anknüpfen will. Danach sollen Pflegende nicht alles für den zu Pflegenden übernehmen, sondern mit der Hand in der Hosentasche so Unterstützung anbieten, dass der Betroffene in die Lage versetzt wird, früher gewohnte und vertraute Tätigkeiten wieder selbst auszuführen. Grundvoraussetzung für die Pflege und Betreuung nach Böhm ist die Arbeit mit der Biographie des Betroffenen.
Nach Böhm fällt der Mensch mit Beginn des geistigen Abbaus zurück in die Prägungsphase seiner ersten 25-30 Lebensjahre. Mit zunehmendem Alter und wachsenden kognitiven Störungen wird die Prägung des Menschen für die Pflegenden relevant.
Für das Verständnis eines Menschen mit Demenz ist es von Bedeutung, was er in seiner Kinder- und Jugendzeit erlebt hat, aus welchem Zuhause er kommt, was für ihn normal war und ist (Normalitätsprinzip).
Durch die Kenntnis dieses psychobiographischen Hintergrundes des Lebens lassen sich demnach viele Verhaltensmuster von Menschen mit Demenz erklären. Die psychogeriatrische Pflege nach Böhm berücksichtigt alte Gewohnheiten und die persönliche Art, wie diese Menschen mit dem Leben fertig geworden sind (Coping oder Lebensbewältigungsstrategien).
Das Modell lässt sich in die Kategorie der biographie- und personenorientierten Modelle einordnen, zu denen auch die Ansätze von Naomi Feil und Tom Kitwood gehören. Diesen Modellen ist gemeinsam, dass sie versuchen, auf der Grundlage eines verstehenden, hermeneutischen Vorgehens die psychosozialen Bedürfnisse der betroffenen Menschen zu erkennen, um auf dieser Basis eine bedürfnisorientierte Pflege zu erreichen. Hierbei spielt die Gefühls- und Beziehungsarbeit zwischen Pflegepersonen und Menschen mit Demenz eine zentrale Rolle. Naomi Feil sieht die im Rahmen einer Demenzerkrankung auftretenden Verhaltensstörungen als Ausdruck eines psychischen Hospitalismus. Tom Kitwood wendet sich gegen die ausschließliche Sichtweise der Demenz als einem hirnorganischen Geschehen.
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Feil und Böhm interpretieren psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen als Antwort auf Belastungen und/oder unerträgliche Lebenssituationen und damit als einen Versuch der Anpassung an die soziale Umwelt. Böhm verwendet hierfür den Begriff des regressiven Bewältigungshandelns. Durch Kenntnis der Lebensgeschichte des Menschen mit einer Demenz vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund soll eine Rückeroberung der Vergangenheit erfolgen können. Theoretische Grundlagen des Modells von Böhm sind unter anderem die Individualpsychologie von Adler, die Tiefenpsychologie von Freud und die Verhaltenstherapie.
Die Umsetzung solcher Pflege stellt hohe Anforderungen an die Reflexionsfähigkeit und die soziale Kompetenz der beruflich Pflegenden, die durch ein professionelles Management unterstützt werden müssen. In Veröffentlichungen wird immer wieder die hohe Praxisrelevanz des Modells hervorgehoben.
Die sieben Erreichbarkeitsstufen nach Böhm
Böhm unterscheidet in seinem Modell sieben Erreichbarkeitsstufen des Betroffenen, die jeweils spezifische Interventionen erfordern. Für die Begleitung eines Menschen mit Demenz sei es wichtig, die Stufen klar zuzuordnen um den Menschen psychisch zu erreichen, ihn besser zu verstehen, Regression zu verhindern, angemessene Maßnahmen der Pflege und Betreuung anbieten zu können.
Ein Einstufungsraster der Interaktionsbogen enthält folgende Kategorien, mit denen eine durchschnittliche Erreichbarkeit ermittelt wird: Gefühlsstörungen, Psychomotorik, formale Denkstörungen, inhaltliche Denkstörungen, Gedächtnis, Orientierung und Kontaktfähigkeit.
Die sieben Erreichbarkeitsstufen nach Böhm sind:
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- Stufe 1: SozialisationEntspricht der Erwachsenen - Stufe. Zur Erreichbarkeit des alten Menschen benötigen die Pflegenden Wissen über die regionale Geschichtsprägung. In Stufe 1 ist noch ein kognitives Gespräch möglich. Das Milieu, die Familie und die nähere Umgebung sind hier von Bedeutung, auch Kindergarten, Schule, gleichaltrige Kollegen und Freunde, Berufskollege, Vorgesetzte; aber auch das Daheim Gefühl wird hier geprägt.
- Stufe 2: MutterwitzEntspricht der Stufe von Jugendlichen. Unter Mutterwitz versteht er Formen des Volkstums, eine Sprache wie einem der Schnabel gewachsen ist. Humor als Therapeutikum, Reden im Dialekt sind hier die Stichworte. Menschen in Stufe 1 oder 2 sind verbal und mittels aktivierender Pflege erreichbar.
- Stufe 3: seelische soziale GrundbedürfnisseDie individuellen wichtigen Bedürfnisse im Leben, deren (Nicht-) Befriedigung (wie sich zuhause fühlen) sind wichtig. Die Impulse dürfen weder geistig, noch körperlich überfordern.
- Stufe 4: PrägungenRituale, die Sicherheit geben, die individuellen und eingespielten Eigenarten, Macken stehen im Fokus der Pflege.
- Stufe 5: höhere AntriebeTriebe, Triebwünsche, Tagträume und Phantasien als Antriebskräfte des Menschen.
- Stufe 6: IntuitionEntspricht der Stufe des Säuglings zum Kleinkind. Hier spielen Märchen, Aberglaube, religiöse Bilder usw. eine Rolle.
Umsetzung des Böhm-Konzepts in der Praxis
Die Umsetzung des Böhm-Konzepts erfordert ein hohes Maß an Empathie, Beobachtungsgabe und Fachwissen seitens der Pflegenden. Es geht darum, die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Menschen mit Demenz zu erkennen und in die Pflegeplanung einzubeziehen.
Ein wichtiger Aspekt ist die Milieugestaltung. Die Umgebung sollte so gestaltet sein, dass sie dem Betroffenen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Dies kann durch den Einsatz von vertrauten Gegenständen, Farben und Düften erreicht werden.
Auch die Biographiearbeit spielt eine zentrale Rolle. Durch Gespräche mit dem Betroffenen und seinen Angehörigen werden Informationen über seine Lebensgeschichte, seine Interessen und seine Gewohnheiten gesammelt. Diese Informationen dienen als Grundlage für die individuelle Pflegeplanung.
Die aktivierende Pflege nach dem Böhm-Konzept umfasst verschiedene Maßnahmen, die darauf abzielen, die Selbstständigkeit und Lebensqualität des Betroffenen zu erhalten oder wiederherzustellen. Dazu gehören beispielsweise:
- Förderung der Mobilität: Durch gezielte Bewegungsübungen und Spaziergänge wird die körperliche Fitness erhalten und die Sturzgefahr reduziert.
- Aktivierung der geistigen Fähigkeiten: Durch Gedächtnistraining, Vorlesen oder gemeinsame Spiele werden die kognitiven Fähigkeiten gefördert.
- Förderung der sozialen Kontakte: Durch gemeinsame Aktivitäten, Gespräche und Besuche wird die soziale Isolation vermieden.
- Unterstützung bei der Alltagsbewältigung: Durch Hilfestellung bei der Körperpflege, der Nahrungsaufnahme und anderen alltäglichen Aufgaben wird die Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten.
Vorteile und Grenzen des Böhm-Konzepts
Das Böhm-Konzept bietet zahlreiche Vorteile für die Betreuung von Menschen mit Demenz. Es ermöglicht eine individuelle und bedürfnisorientierte Pflege, die die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen fördert. Durch die Berücksichtigung der Biographie und der individuellen Vorlieben wird ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.
Allerdings hat das Böhm-Konzept auch seine Grenzen. Die Umsetzung erfordert ein hohes Maß an Zeit, Personal und Fachwissen. Zudem ist es nicht für alle Menschen mit Demenz geeignet. In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kann es schwierig sein, die Biographie des Betroffenen zu rekonstruieren oder ihn zu aktivieren.
Vorteile der aktivierenden Pflege
Wenn nach dem Sinn und Zweck der aktivierenden Pflege gefragt wird, kann es nur eine eindeutige Antwort geben: Jeder Mensch möchte so lange wie nur möglich selbstbestimmt leben sowie aktiv am Leben teilnehmen. Die Vorteile des Pflegegrundsatzes liegen also auf der Hand:
- Erhaltung der Selbstständigkeit oder weitgehende Reaktivierung der Selbstständigkeit
- Förderung von geistigen Fähigkeiten für einen längeren Erhalt
- Förderung von körperlichen Fähigkeiten zur Beibehaltung oder Wiedererlangung
- Zunahme der Lebensqualität
- Verbesserung des Gesundheitszustandes
Grenzen der aktivierenden Pflege
Von Nachteilen der aktivierenden Pflege kann eigentlich nur gesprochen werden, wenn die Zeit knapp ist. Pflegehandlungen dauern in der Regel länger, wenn Pflegebedürftige selbst dazu beitragen oder mit anpacken sollen. Manchmal sehen Angehörige oder Patienten nicht ein, warum sie aktiv selbst bei der Pflege mitmachen sollen. Pflegemaßnahmen können beschwerlich sein, weshalb sie auf Pflegekräfte übertragen werden. Hier müssen die Vorteile der aktivierenden Pflege klar kommuniziert werden, um zu zeigen, warum sich der Aufwand lohnt.
Aktivierende Pflege kann jedoch auch an ihre Grenzen stoßen, die in folgenden Fällen eintreten:
- Pflegebedürftige liegen im Sterben
- Pflegebedürftige sind akut erkrankt oder leiden unter starken Schmerzen
- Pflegebedürftige sind nicht mehr in der Lage, zu kommunizieren
Aktivierende Maßnahmen im Alltag
Wie funktioniert aktivierende Pflege? Aktivierende Pflege wird auf verschiedenen Bereichen angewandt. Unterschieden wird zwischen
- körperlicher bzw. motorischer Aktivierung
- geistiger bzw. kognitiver Aktivierung
- alltagspraktischer Aktivierung
- sinnlicher bzw. sensorischer Aktivierung
Bei der motorischen Aktivierung geht es darum, die Bewegungsfähigkeit zu erhalten oder aber wiederzuerlangen. Bei Senioren und Hochbetagten kann zum Beispiel ein gezieltes Training mit vorsichtigen Bewegungen durchgeführt werden, was das Gleichgewicht zur Vermeidung von Stürzen schult. Muskelkraft und Gleichgewichtssinn können auch im hohen Alter trainiert werden. Im Bereich der kognitiven Maßnahmen geht es hingegen darum, das Gedächtnis und die geistigen Fähigkeiten zu trainieren. So lassen sich im Anfangsstadium demenzielle Erkrankungen verlangsamen und Krankheitsfortschritte herauszögern. Bei der alltagspraktischen Unterstützung wird darauf geachtet, dass sich Menschen in Bereichen wie Nahrungsaufnahme, Körperpflege oder Kontaktpflege möglichst lange selbstständig verhalten können. Hier wird oft auf Hilfsmittel zurückgegriffen. Bei der aktivierenden Pflege von schwachen Menschen oder Parkinson-Patienten können Haltegriffe, Anziehhilfen und Spezialbestecke dabei helfen, den Alltag eigenständig zu bewältigen. Bei schwer beeinträchtigten oder bettlägerigen Menschen wird auf sensorische Maßnahmen gesetzt, um ein Verkümmern der Wahrnehmungsfähigkeit zu verhindern.
Beispiele für aktivierende Maßnahmen
Die aktivierenden Maßnahmen hängen immer davon ab, welche Voraussetzungen und Fähigkeiten die zu pflegende Person mit bringt. Folgende Beispiele sollen als Orientierung dienen:
- Aktivierung durch Waschung: Wasser wirkt psychisch und körperlich belebend, weshalb bei Menschen mit Bewusstseinseintrübung, Durchblutungsstörungen oder Antriebslosigkeit gerne auf eine erfrischende Waschung gesetzt wird. Diese Waschung dient zur Aktivierung und nicht zur Körperpflege. Bei der Waschung wird die Haut des Pflegebedürftigen mit einem rauen und tropfnassen Waschlappen entgegen der Haarwuchsrichtung gewaschen. Dabei ist auf den angemessenen Druck zu achten, damit Pflegebedürftige die Körpergrenzen wieder gut spüren. Bei der Wassertemperatur werden etwa 27 Grad Celsius empfohlen, was kühl - aber nicht zu kalt - empfunden wird und geeignet ist, Körper und Geist anzuregen. Eine aktivierende Waschung darf nicht für Menschen mit erhöhtem Blutdruck oder Hirndruck angewendet werden, weil sie den Blutdruck erhöhen kann.
- Körperpflege in Seitenlage: Sehr schwache oder bettlägerige Menschen können dann bei der Körperpflege mithelfen, wenn sie sich in einer geeigneten Position dafür befinden. Hierfür empfiehlt sich die stabile Seitenlage. So kann die Waschschüssel unmittelbar vor dem Oberkörper platziert werden und befindet sich in Greifnähe. Im Idealfall können Pflegebedürftige so mit einem Waschlappen selbst ihren Kopf, Oberkörper, den Intimbereich und Oberschenkel eigenständig reinigen. Ist das nicht möglich, können Pflegekräfte während dieser Tätigkeiten die Hand führen.
- Gedächtnistraining bei Demenz: Menschen mit demenziellen Erkrankungen profitieren insbesondere im Anfangsstadium von gezielten Gedächtnistrainings. Aber auch körperliches Training ist wichtig, um Mobilität und Stimmung zu fördern. Beide Trainings sind geeignet, den Krankheitsverlauf zu verzögern und den Abbazu verlangsamen.
Tipps für pflegende Angehörige
Auch pflegende Angehörige können den Grundsatz der aktivierenden Pflege zu Hause in der Versorgung umsetzen. Bei der Körperpflege könnte beispielsweise die notwendigen Hilfsmittel bereitgestellt werden, um zum selbstständigen Waschen zu motivieren. Bei Bedarf müssen Abläufe erklärt werden. Ist ein eigenständiges Waschen nicht mehr möglich, bietet es sich an, die Hand des Pflegebedürftigen zu führen. Gleiches gilt für den Toilettengang und die Intimhygiene. Hier sollte möglichst darauf geachtet werden, dass die Intimsphäre gewahrt wird; beispielsweise durch das Begleiten zur Toilette und einem kurzfristigen Verlassen des Raumes, bis wieder Hilfe benötigt wird. Aktivierende Pflege bedeutet auch ein respektvoller Umgang. Beim An- und Ausziehen sollten Wünsche und die Auswahl der Kleidung berücksichtigt werden. Beim An- oder Auskleiden kann auf Hilfsmittel wie Schuhanzieher oder aber praktische Unterstützung zurückgegriffen werden. Bei der Ernährung ist es wichtig, für ausreichend Zeit zum Essen und Trinken zu sorgen. Da die Eigenständigkeit im Vordergrund steht, darf eine potenzielle Tischetikette in den Hintergrund rücken. Teller mit hohem Rand, angewinkeltes Besteck und Schnabeltassen sind geeignet, dass Pflegebedürftige weitestgehend eigenständig agieren können. Ansonsten gilt auch hier, dass die Hand geführt werden kann. Zur aktivierenden Pflege gehört nicht zuletzt, dass Pflegebedürftige zu Beschäftigungs- und Bewegungsangeboten motiviert werden sollten.
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