Borreliose-Meningitis: Ein umfassender Überblick über Unterschiede, Diagnose und Behandlung

Die Borreliose ist eine durch Zecken übertragene bakterielle Infektionskrankheit, die in der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet ist. Verursacht durch Bakterien der Familie Borreliaceae, insbesondere Borrelia burgdorferi sensu lato, kann sie verschiedene Organsysteme befallen und unterschiedliche Krankheitsstadien durchlaufen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Neuroborreliose, bei der das Nervensystem betroffen ist und die sich als Meningitis manifestieren kann.

Was ist Borreliose?

Borreliose, auch Lyme-Borreliose oder Lyme-Krankheit genannt, ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die durch den Stich infizierter Zecken auf den Menschen übertragen wird. Die Bakterien der Familie Borreliaceae, insbesondere Borrelia (Borreliella) burgdorferi sensu lato, sind die Verursacher. Zecken infizieren sich, indem sie Blut von Tieren aufnehmen, die die Bakterien in sich tragen, und können die Erreger anschließend auf den Menschen übertragen.

Die Lyme-Borreliose ist eine entzündliche Multisystem-Erkrankung, die insbesondere Haut, Nervensystem und Gelenke betreffen kann. Sie wird durch verschiedene Arten von Borrelia burgdorferi verursacht und gehört zu den Vektor-assoziierten Infektionen; Überträger sind Schildzecken.

Verbreitung und Häufigkeit

Die Lyme-Borreliose ist eine der bedeutendsten durch Vektoren übertragenen Infektionskrankheiten der nördlichen Hemisphäre und tritt in Nordamerika, Europa sowie Asien auf. In Europa stellt sie die mit Abstand häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung dar. In Deutschland ist das Infektionsrisiko stark von den Witterungsbedingungen abhängig. Die wichtigsten Vektoren sind Schildzecken der Art Ixodes (I.) ricinus. Diese sind, abhängig von der vorherrschenden Witterung, ganzjährig aktiv, weisen ihre größte Aktivität jedoch meist im Frühling und Herbst auf.

Untersuchungen aus Deutschland und der Schweiz belegen, dass nach einem Zeckenstich bei 2,6 bis 5,6 % der Betroffenen eine Serokonversion erfolgt. Klinisch manifeste Krankheitsverläufe treten jedoch nur bei etwa 0,3 bis 1,4 % der Personen mit dokumentierten Zeckenstichen auf. Die exakte Inzidenz der Lyme-Borreliose in Deutschland ist nicht bekannt. Es bestehen deutliche regionale Unterschiede, die auf Unterschiede im Zeckenvorkommen und in der regionalen Exposition zurückzuführen sind.

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Übertragung der Borreliose

In Mitteleuropa erfolgt die Übertragung der Lyme-Borreliose primär durch den Stich der Schildzecke Ixodes ricinus. Diese sind, abhängig von den klimatischen Bedingungen, ganzjährig aktiv, weisen ihre größte Aktivität jedoch im Frühjahr und Herbst auf. Damit es zu einer Infektion kommt, ist in der Regel eine längere Saugdauer erforderlich - mindestens mehrere Stunden. Diese Tatsache erklärt, warum eine frühzeitige Entfernung von Zecken das Infektionsrisiko deutlich senken kann.

Die Zecke muss daher eine längere Zeit (zumindest mehrere Stunden) gesaugt haben, damit Borrelien übertragen werden können. In der nüchternen Zecke befinden sich die Borrelien im Darm. Nach Beginn des Saugaktes wandern die Borrelien in die Speicheldrüsen, von wo sie mit dem Zeckenspeichel auf den Gestochenen übertragen werden. Unter Stress, z.B. durch unsachgemäßes Entfernen der Zecke, entleert die Zecke ihren Mageninhalt in die Einstichstelle. Die FSME-Viren werden durch den Speichel der Zecken in die Wunde übertragen.

Die Inkubationszeit der Lyme-Borreliose variiert erheblich in Abhängigkeit von der klinischen Erstmanifestation. Beim Erythema migrans beträgt sie in der Regel drei bis 30 Tage, mit einem Median von etwa sieben bis zehn Tagen. Für die frühe Neuroborreliose ist die Inkubationszeit im Mittel nur geringfügig länger. Demgegenüber können späte Manifestationen wie die Acrodermatitis chronica atrophicans, die Lyme-Arthritis oder die späte Neuroborreliose erst Monate bis Jahre nach der Infektion auftreten.

Symptome der Borreliose

Die Mehrzahl der Infektionen mit Borrelia burgdorferi verläuft asymptomatisch. Entwickelt sich eine klinisch manifeste Erkrankung, können verschiedene Organsysteme betroffen sein: Haut, Nervensystem, Gelenke oder Herz. Die klinische Vielfalt spiegelt sich in den Krankheitsstadien wider, die von einer frühen lokalisierten über eine disseminierte bis hin zu einer späten Manifestation reichen.

Hautmanifestationen

Das Erythema migrans ist die häufigste und zugleich typische Manifestation. Es präsentiert sich als randbetonte, nicht erhabene Rötung (> 5 cm Durchmesser) mit zentrifugaler Ausbreitung. Häufig findet sich im Zentrum die Zeckeneinstichstelle. Zwischen Zeckenstich und Beginn des Erythems besteht ein symptomfreies Intervall von mindestens drei Tagen. Atypische Verläufe erfordern oftmals eine dermatologische Differenzialdiagnose. In disseminierten Stadien können multiple Erythemata migrantia auftreten, die besonders bei Kindern auch ringelrötelähnlich imponieren. Begleitend können unspezifische Symptome wie Fieber, Myalgien, Arthralgien oder Lymphknotenschwellungen bestehen. Persistiert die Läsion über Wochen bis Monate, spricht man von einem Erythema chronicum migrans.

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Das Borrelien-Lymphozytom tritt bevorzugt bei Kindern auf, meist an Ohrläppchen, Mamillen oder im Genitalbereich. Die Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) ist durch ein ödematös-infiltratives Frühstadium charakterisiert, das in ein atrophes Stadium mit Gewebsverlust, Haarverlust und prominenten Gefäßen übergeht. Häufig sind Gelenke und Nerven der betroffenen Extremität zusätzlich involviert.

Neuroborreliose

Ein Großteil neurologischen Manifestationen betreffen die frühe Neuroborreliose, die wenige Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich auftritt. Typisch ist die Meningoradikulitis mit brennenden, meist nächtlich betonten Schmerzen, oft in Kombination mit einer Fazialisparese (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom). Kinder entwickeln häufiger eine lymphozytäre Meningitis oder isolierte Fazialisparesen. Die späte Neuroborreliose ist selten und präsentiert sich als chronisch-progrediente Enzephalomyelitis mit spastisch-ataktischer Gangstörung und Blasenfunktionsstörung oder als zerebrale Vaskulitis und periphere Neuropathie (insbesondere im Zusammenhang mit ACA).

Neuroborreliose Symptome beim Kind

Bei Kindern mit einer Borreliose äußern sich neurologische Symptome oft intensiver als bei Erwachsenen. Sie haben Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Kribbeln oder Taubheitsgefühle.

Gelenkmanifestationen

Die Lyme-Arthritis tritt schubweise oder chronisch auf und manifestiert sich typischerweise als mono- oder oligoartikuläre Arthritis großer Gelenke, vor allem der Knie, seltener Sprung- und Ellenbogengelenke. Der Befall kleiner Gelenke oder des Achsenskeletts einschließlich Iliosakralgelenke gilt nicht als charakteristisch.

Gelenkprobleme bei Kindern

Eines der ersten Symptome bei Kindern mit Borreliose ist die Lyme-Arthritis. Besonders betroffen sind bei Kindern die Knie- und Ellenbogengelenke. Sie schmerzen und sind geschwollen.

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Kardiale Manifestationen

Die Lyme-Karditis ist selten, aber klinisch relevant. Häufigste Manifestation sind Reizleitungsstörungen, insbesondere AV-Blockierungen unterschiedlichen Grades. Auch Perimyokarditis, intraventrikuläre Blockbilder, ventrikuläre Extrasystolen, Vorhofflimmern oder Tachykardien können auftreten.

Diagnose der Borreliose

Die Borreliose bleibt in erster Linie eine klinische Verdachtsdiagnose. Insbesondere das Erythema migrans ist eine rein klinische Diagnose und bedarf keiner laborchemischen Bestätigung. In allen anderen Verdachtsfällen stellt die serologische Untersuchung auf borrelienspezifische Antikörper den wichtigsten Baustein der Diagnostik dar - wenngleich stets im Kontext der klinischen Symptomatik und weiterer Befunde.

Serologische Stufendiagnostik

Da kein optimaler Einzeltest verfügbar ist, erfolgt die Serodiagnostik nach dem Prinzip der zweistufigen Testung:

  1. Suchtest (z.B. ELISA)
  2. Bestätigungstest (Immunoblot) bei positivem oder grenzwertigem Ergebnis

Die Serologie zur Diagnostik der Lyme-Borreliose unterliegt wichtigen Einschränkungen, die bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen: So können falsch-positive Ergebnisse auftreten, etwa im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen, Syphilis oder Infektionen durch Epstein-Barr- und andere Herpesviren. Zudem ist zu beachten, dass IgM- und IgG-Antikörpertiter nach durchgemachter Infektion über Jahre persistieren können, ohne dass dies auf eine aktuelle Krankheitsaktivität hinweist. Umgekehrt besteht in der Frühphase der Infektion eine diagnostische Lücke, da serologische Tests in den ersten Tagen nach Infektion noch negativ ausfallen können. Aus diesen Gründen sollte eine serologische Untersuchung nur bei ausreichendem klinischem Verdacht veranlasst werden und erfordert stets eine sorgfältige Interpretation im klinischen Kontext.

Diagnostik der Neuroborreliose

Für die Sicherung einer Neuroborreliose ist der Nachweis einer intrathekal gebildeten borrelienspezifischen Antikörperproduktion erforderlich. Dazu werden Liquor- und Serumproben desselben Tages im Paar untersucht. Der Antikörper-Index (AI) dient zum Nachweis der intrathekalen Antikörperbildung und wird typischerweise sechs bis acht Wochen nach Krankheitsbeginn positiv. Zusätzlich finden sich häufig entzündliche Liquorveränderungen (lymphozytäre Pleozytose, Blut-Liquor-Schrankenstörung). Der Nachweis des Chemokins CXCL13 im Liquor korreliert mit dem Auftreten von Symptomen der Neuroborreliose und kann bei der Diagnose unterstützend sein.

Therapie der Borreliose

Eine frühzeitige antibiotische Behandlung ist der entscheidende Faktor für einen günstigen Krankheitsverlauf bei Lyme-Borreliose. Patient:innen, die im Frühstadium mit geeigneten Antibiotika therapiert werden, erholen sich in der Regel rasch und vollständig. Dadurch lassen sich schwere Krankheitsverläufe und Spätmanifestationen effektiv verhindern.

Eingesetzt werden:

  • Oral: Doxycyclin oder Amoxicillin gelten als Mittel der Wahl, als Alternativen Cefuroximaxetil oder Azithromycin
  • Intravenös (bei schweren oder disseminierten Manifestationen): Ceftriaxon, Cefotaxim, Penicillin G

Die Therapiedauer variiert in Abhängigkeit von Art, Dauer und Schwere der Erkrankungsmanifestation sowie vom eingesetzten Antibiotikum. Sie bewegt sich üblicherweise zwischen zehn und 30 Tagen. Eine routinemäßige antimikrobielle Prophylaxe nach Zeckenstich wird nicht empfohlen. Der potenzielle Nutzen steht in keinem Verhältnis zu den Risiken: Während nur ein geringer Anteil der Gestochenen tatsächlich erkrankt, ist die Nebenwirkungsrate durch eine flächendeckende Antibiotikagabe erheblich.

Prognose der Borreliose

Die Prognose der Lyme-Borreliose ist im Frühstadium unter rechtzeitiger antibiotischer Therapie insgesamt sehr günstig. Die überwiegende Mehrheit der Patient:innen erholt sich vollständig und erreicht den ursprünglichen Gesundheitszustand. Entscheidend hierfür sind eine frühe klinische Diagnose und eine unverzügliche Einleitung der leitliniengerechten Therapie. Bei verzögerter Diagnosestellung oder verspätetem Therapiebeginn verschlechtert sich die Prognose deutlich. Verzögerungen erhöhen das Risiko für komplexe Krankheitsverläufe sowie für späte Manifestationen an Haut, Nervensystem, Gelenken und Herz.

Post-Treatment Lyme Disease (PTLD)

Trotz adäquater Behandlung entwickeln einige Patient:innen anhaltende oder rezidivierende Symptome, die unter dem Begriff Post Treatment Lyme Disease (PTLD) zusammengefasst werden. PTLD ist durch ein Symptomcluster gekennzeichnet, das mindestens sechs Monate nach Therapieende persistiert: schwere Fatigue, muskuloskelettale Schmerzen, Schlafstörungen, kognitive Defizite, psychische Belastungen. Diese Symptome werden im Alltag von Außenstehenden oft nicht wahrgenommen, führen aber bei den Betroffenen zu erheblichen Einschränkungen in Lebensqualität und Funktionsfähigkeit.

Prävention der Borreliose

Die Prävention der Lyme-Borreliose stellt nach wie vor eine besondere Herausforderung für den öffentlichen Gesundheitsschutz dar. Gründe hierfür sind das Fehlen eines zugelassenen Impfstoffs in Europa, die bislang nicht mögliche effektive Vektorkontrolle sowie der Umstand, dass es keinen absolut sicheren Schutz vor Zeckenstichen gibt. Die heterogenen Manifestationen der Erkrankung und die begrenzte Aussagekraft labordiagnostischer Verfahren erschweren zusätzlich die Krankheitsüberwachung. Die wichtigste präventive Maßnahme bleibt die Aufklärung von Patient:innen über Risiken, Expositionsorte und individuelle Schutzmöglichkeiten.

Ein Zeckenstichrisiko besteht insbesondere bei Freilandaufenthalten mit Kontakt zu bodennaher Vegetation (Gras, Kraut, Strauchwerk). Empfohlene Maßnahmen sind:

  • Schützende Kleidung: lange Hosen, langärmelige Hemden, festes Schuhwerk.
  • Repellents: Icaridin oder Diethyltoluamid (DEET) bieten einen begrenzten, zeitlich variablen Schutz. Angaben der Hersteller zu Wirkdauer und Anwendung sind zu beachten.
  • Imprägnierte Kleidung: Behandlung von Schuhwerk oder Textilien mit Insektiziden oder die Nutzung vorbehandelter Ausrüstung kann zusätzlichen Schutz bieten.
  • Kontrolle nach Aufenthalt im Freien: Körper und Kleidung sollten sorgfältig nach Zecken abgesucht werden
  • Zeckenentfernung: Die schnelle Entfernung der Zecke ist eine zentrale Präventionsmaßnahme, da das Infektionsrisiko in den ersten Stunden des Saugaktes noch gering ist.

Borreliose und Meningitis: Der Zusammenhang

Die Neuroborreliose, bei der die Borrelien das Nervensystem befallen, kann sich in verschiedenen Formen manifestieren. Eine davon ist die Meningitis, eine Entzündung der Hirnhäute.

Borreliose-Meningitis: Symptome und Diagnose

Die Symptome einer Borreliose-Meningitis können denen anderer Meningitis-Formen ähneln und umfassen:

  • Starke Kopfschmerzen
  • Nackensteifigkeit
  • Fieber
  • Lichtempfindlichkeit
  • Übelkeit und Erbrechen

Bei Kindern äußert sich die Neuroborreliose häufiger in Form einer nichteitrigen Hirnhautentzündung, die mit starken Kopfschmerzen oder plötzlichen Gesichtslähmungen einhergehen kann.

Die Diagnose einer Borreliose-Meningitis erfordert eine Lumbalpunktion (Entnahme von Nervenwasser), um Entzündungszeichen und borrelienspezifische Antikörper im Liquor nachzuweisen.

Borreliose-Meningitis: Behandlung und Prognose

Die Behandlung der Borreliose-Meningitis erfolgt mit intravenösen Antibiotika, um die Borrelien im Nervensystem zu eliminieren. Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend, um bleibende Schäden zu vermeiden.

Die Prognose der Borreliose-Meningitis ist bei rechtzeitiger Behandlung in der Regel gut. Allerdings können in einigen Fällen neurologische Defizite zurückbleiben.

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