Die Lyme-Borreliose ist eine durch Zeckenstiche übertragene Infektionskrankheit, die eine Vielzahl von Symptomen beim Pferd verursachen kann. Ein großer Teil der Pferde ist infiziert, ohne jemals an der Lyme-Borreliose zu erkranken. Die Forschung ist noch nicht weit fortgeschritten, aber es gibt Fortschritte in Diagnostik und Therapie.
Zecken als Überträger der Borreliose
Weltweit gibt es 950 Zeckenarten, in Deutschland leben immerhin 20 verschiedene Arten. Zecken lauern im Gestrüpp und an Grashalmen und reagieren auf Vibrationen, Gerüche und Wärme. Sie können die gefürchtete Lyme-Borreliose übertragen, die durch den Erreger Borrelia burgdorferi hervorgerufen wird. In Deutschland sind 15-20% der Zecken mit Borrelien infiziert.
Wie viele Pferde betroffen sind, ist schwer zu sagen, da die Diagnose schwierig ist. Serologische Studien zeigen, dass bei 16 % der Pferde Antikörper im Blut nachgewiesen werden konnten, aber ein Großteil dieser Pferde verläuft symptomfrei. Die winzigen, schraubenförmigen Borreliose-Bakterien werden über den Speichel der Zecke an ihren Wirt weitergegeben. Die Bakterien können sich eigenständig bewegen und in Gewebe und Zellen eindringen. Wenn das Immunsystem sie nicht außer Kraft setzt, breiten sich die Bakterien im gesamten Pferdekörper aus und können Organe und das zentrale Nervensystem schädigen.
Symptome der Borreliose beim Pferd
Ein typisches Borreliose-Symptom gibt es nicht. Die Symptome sind vielfältig und entsprechen denen anderer Infektionskrankheiten. Es gibt Symptome, die auf eine Borreliose hinweisen könnten, aber keine gesicherte Diagnose ermöglichen.
Stadien der Borreliose und ihre Symptome
Zunächst erfolgt die Infektion, bei der es an der Stelle des Zeckenbisses zu einer lokalen Entzündung kommt. Beim Menschen würde man die sogenannte „Wanderröte“ erkennen, aber beim Pferd verhindern das Fell und die Pigmentierung der Haut diese frühe Einsicht.
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In der zweiten Phase, der akuten Infektion, können unspezifische Symptome auftreten, die selten einer Infektion mit Borrelien zugeordnet werden. Erst wenn die dritte Phase eintritt, die chronische Borreliose, schöpfen manche Pferdehalter oder Tierärzte Verdacht. Bis dahin kann der Zeckenbiss schon zwei bis drei Jahre zurückliegen. Hier können sich Gelenksentzündungen und neurologische Symptome zeigen.
- Frühstadium:
- Die charakteristische „Wanderröte“ mit einer Hautrötung rund um die Bissstelle (bleibt aber aufgrund des dichten Pferdefells meist unbemerkt)
- Mattigkeit
- Fieber
- Lahmheit
- Geschwollene Lymphknoten
- Appetitlosigkeit
- Fortgeschrittenes Stadium:
- Koliken
- Gelenkschwellungen
- Wiederkehrende Lähmungen
- Augenentzündungen
- Chronische Borreliose:
- Dauerhafte Gelenk- und Muskelentzündungen
- Rheumatische Beschwerden
- Degenerative Hautveränderungen
- Hirnhautentzündung
- Schäden an den inneren Organen
- Ataxie
- Headshaking
- Verändertes Verhalten
- Wasseransammlungen (Ödeme)
- Durchfall
- Hautveränderungen
- Futterverweigerung
- Fieber
- Lethargie
- Schwäche
Neurologische Symptome im Detail
Bei schweren Verläufen können Pferde starke neurologische Probleme zeigen, darunter Hahnentritt, spinale Ataxie oder das Wobbler-Syndrom. Im chronischen Stadium können Ataxie (Koordinationsstörungen), Headshaking und Verhaltensänderungen wie Aggressivität oder Rennen im Kreis auftreten.
Diagnose der Borreliose beim Pferd
Mittels eines Antikörpertests ist es leicht festzustellen, ob ein Pferd Kontakt mit den Bakterien hatte, welche Borreliose übertragen. Da allerdings bis zu 30% der Pferde Borreliose-Antikörper aufweisen, ein Großteil davon aber völlig symptomlos durchs Leben trabt, heißt ein positiver Antikörpertest nicht, dass das Pferd tatsächlich auch erkrankt ist. Es bedeutet nur, dass der Vierbeiner zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt mit Borrelien hatte. Deswegen wird bei Verdacht auf eine Infektion einige Wochen nach dem ersten Blutbild oft ein zweiter Antikörpertest durchgeführt. Ist der Titer dann im Vergleich zum ersten Test erhöht, kann das ein Hinweis auf eine akute Infektion beim Pferd sein. Allerdings liefern die Tests manchmal falsch-positive Ergebnisse.Die unspezifischen Symptome alleine sind nicht ausreichend, um eine eindeutige Diagnose zu stellen. Der Tierarzt kann mittels Antikörpertiter-Test den Kontakt mit Borreliose-Erregern im Blutserum nachweisen. Das allein ist aber auch kein zuverlässiger Indikator für eine akute Infektion bzw. Erkrankung. Wird der Antikörpertiter nach drei bis vier Wochen erneut bestimmt und ist im Vergleich zum ersten Titer erhöht, liegt zumindest ein Hinweis auf eine akute Infektion des Pferdes vor.
Eine weitergehende Blutuntersuchung ist das Western-Blot-Verfahren, bei dem borreliosespezifische Proteinbanden der Antikörper im Blutserum nachgewiesen werden können, was ein deutliches Anzeichen für eine akute und / oder aktive Borreliose ist. Sicher beweisen lässt sich eine aktuelle Infektion nur durch einen direkten Erregernachweis aus Liquor (Rückenmarksflüssigkeit), Synovia (Gelenksflüssigkeit) oder Hautbiopsien.
Schwierigkeiten bei der Diagnose
Die Diagnose von Borreliose bei Pferden ist komplex, da Symptome oft unspezifisch sind und erst Monate nach dem Zeckenstich auftreten, was die eindeutige Identifikation erschwert. Professor Bettina Wagner entwickelte den Equine Lyme Multiplex Assay in den USA, der nicht nur auf das Vorliegen einer Infektion hinweist, sondern auch das Stadium der Krankheit durch die Messung der Antikörpertiter bestimmt. In Deutschland erfolgt die Diagnose häufig durch Bluttests wie IFA oder ELISA, die auf Antikörper gegen Borrelien prüfen, und wird durch den spezifischeren Western-Blot-Test ergänzt, um eine Borreliose zu bestätigen.
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Behandlung der Borreliose beim Pferd
In der Regel lässt sich die Borreliose sehr gut mit Antibiotika behandeln. Das Problem dabei ist aber: Einige der Antibiotika, die auf die Borreliose anschlagen, sind nicht zugelassen. Teilweise sind Nebenwirkungen möglich. Bei einer antibiotischen Therapie kann zum Beispiel eine Kolik beim Pferd die Folge sein. Daher ist die Therapie nicht ganz einfach, vor allem, wenn sie über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen erfolgt. Die antibiotische Behandlung darf deshalb nur erfolgen, wenn tatsächlich die Borreliose nachgewiesen wird. Eine engmaschige Überwachung des Pferdes ist in den ersten sieben Tagen absolut notwendig. Verbessert sich der Gesundheitszustand, kannst Du die Behandlung absetzen, allein schon, um Nebenwirkungen zu vermeiden.
Bestimmte Antibiotika können unter bestimmten Bedingungen, nämlich nur in der Wachstumsperiode und Vermehrungsphase einer Borreliose, Einhalt gebieten. Die korkenzieherähnlichen Spirochäten weisen aber tückischerweise immer wieder Perioden der Inaktivität auf, in denen Antibiotika unwirksam sind. Borrelien vermehren sich schubartig und können unter dem Einfluss einer Antibiotika-Therapie zellwandfreie Formen bilden, die vom Immunsystem nicht mehr als Erreger erkannt und bekämpft werden. In der "Ruhephase" wirken Antibiotika also nicht. Allerdings gefährden sie die gesunde Darmflora des Pferdes, die einen wesentlichen Bestandteil der körpereigenen Abwehr bildet. Nach der ungezielten Vernichtung zahlreicher "guter" sowie auch krankheitserregender Darmbakterien entsteht ein freier Platz, welcher sofort von Pilzen wie zum Beispiel Candida albicans eingenommen werden kann. Auch allergische Krankheiten bis hin zum - zwar seltenen, aber möglichen - anaphylaktischen Schock sind dadurch möglich. Schon geheilt geglaubte Infektionen flammen immer wieder auf.
Alternative Behandlungsansätze
Zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung mit Antibiotika gibt es auch alternative Ansätze, die unterstützend eingesetzt werden können.
- Naturheilkunde: Als Prophylaxe kann man mit Permethrin-haltigen Pflegeprodukten (z.B. Wellcare® Emulsion) arbeiten. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass das Mittel vor allem an Kopf, Hals, Bauch, Beinen und unter der Schweifrübe aufgetragen wird. Neemöl und Kokosnussöl können auch ein wirkungsvolles Prophylaktikum sein.
- Homöopathie: Borreliose beim Pferd lässt sich ebenfalls gut mit Homöopathie unterstützen. Das Hauptmittel zur Behandlung ist, wie bei allen Insektenbissen, Ledum. Bei Gelenkschwellungen sind oft Rhododendron oder Kalmia angezeigt. Treten zusätzlich Fieber und Schmerzen auf, sollte an Bryonia gedacht werden.
- Magnetfeldtherapie: Eine Magnetfeldtherapie kann Einfluss auf die Durchblutung und den Zellstoffwechsel nehmen. So können krankmachende Störungen im körpereigenen Stoff-, Energie-, Informationsfluss beeinflusst werden.
- Akupunktur: Der Akupunkteur Wilhelm Auerswald hat über den Einsatz der Akupunktur bei Infektionskrankheiten berichtet. Dabei ermöglichte die Akupunktur bei den erkrankten Tieren zum Teil die gleichen Ergebnisse wie der Einsatz von Antibiotika. In Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass es durch Akupunktur zu einer Steigerung der zellulären- und humoralen Immunität kommt.
Bedeutung der Immunstärkung
Nicht jedes infizierte Pferd entwickelt Symptome, da ein intaktes Immunsystem in der Lage ist, die Borrelien zu besiegen oder zumindest unter Kontrolle zu halten. Die Unterstützung und Stärkung des Immunsystems ist also eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung und zugleich der beste vorbeugende Schutz vor Borreliose.
Zur Unterstützung des Immunsystems können verschiedene Futterergänzungen eingesetzt werden, wie z.B. GladiatorPLUS, BorreLos E und ESTELLA Immunsaft.
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Impfung gegen Borreliose für Pferde
Lange Zeit war die Impfung gegen Borreliose Hunden vorbehalten. Mittlerweile ist klar: Jedes Pferd kann auf der Weide oder bei einem Ausritt von Zecken befallen werden. Und auch andere Parasiten beim Pferd, wie Mücken oder Fliegen, können die für Borreliose verantwortlichen Spiralbakterien übertragen. Daher gibt es nun auch eine Impfmöglichkeit. Der Impfrhythmus muss allerdings peinlichst genau eingehalten werden, damit der Antikörperspiegel konstant hochgehalten wird. Das Pferd bekommt zwei Impfungen im Abstand von drei bis fünf Wochen. Zwei weitere Impfungen erfolgen dann im Abstand von ungefähr sechs Monaten, sodass nach einem Jahr die Prozedur wiederholt werden muss, allerdings ohne die anfänglichen Impfungen, die im kurzen Wochenabstand vorgenommen wurden.
Die Schutzwirkung der Impfung beginnt direkt im Körper der Zecke: Beim Blutsaugen gelangen die Antikörper in die Zecke. Dort wird die Borreliose gebunden und kann nicht auf das Pferd übertragen werden. Nebenwirkungen sind bisher keine bekannt, lediglich Reizungen im kleinen Umfang rund um die Impfstelle können auftreten.
Vorbeugung von Borreliose bei Pferden
Vorbeugung ist der beste Schutz: Regelmäßiges Absuchen nach Zecken, intensive Weidepflege und eine ausgewogene Ernährung stärken das Immunsystem des Pferdes.
- Wichtig ist, das Pferd regelmäßig zu putzen und zu striegeln. Dabei fällt eine dicke und vollgesogene Zecke ohne weiteres auf. Entfernt wird sie wie bei Menschen oder Hunden mit der Zeckenzange. Blutsauger, die sich noch nicht auf der Haut festgesetzt haben, kannst Du beim Striegeln abwischen. Daher ist es wichtig, dass Pferd nach dem Weidegang oder Ausritt zu putzen, da der Erreger in den meisten Fällen erst nach 24 Stunden übertragen wird.
- Daneben hilft es, wenn Du auf der Koppel Buschwerk rundherum zurückschneidest. Ebenso musst Du nach einem Ausritt im Wald genau hinschauen, ob sich Dein Pferd nicht einen dieser Plagegeister eingefangen hat.
- Du musst Dir bewusst sein, dass eine einzige Zecke reicht, um eventuell die Borreliose auf Dein Pferd zu übertragen.
- Durch eine artgerechte, ausgewogene Fütterung des Pferdes und regelmäßige Bewegung kannst Du es außerdem im Erhalt beziehungsweise in der Stärkung seiner natürlichen Abwehrkräfte unterstützen. Ein intaktes Immunsystem ist wichtig, um Krankheitserregern Einhalt bieten zu können.
- Zecken können sich grundsätzlich überall festsaugen, stechen Pferde aber mit Vorliebe an schwach behaarten, dünnhäutigen Körperstellen. Wer eine Zecke frühzeitig am Pferd entdeckt und entfernt, kann damit einer Infektion mit einigen Erregern vorbeugen. Zecken lassen sich am besten mit einer Zeckenzange oder spitzen Pinzette entfernen. Dazu fasst man die Zecke direkt an der Hautoberfläche und zieht, dreht oder hebelt sie langsam heraus. Dabei sollte man sie möglichst nicht quetschen. Wenn Teile der Mundwerkzeuge der Zecke stecken bleiben, ist dies in der Regel kein Problem. Zeigt das Pferd nach einem Zeckenstich Veränderungen an der Haut oder Symptome einer möglichen Infektion, sollten Halter einen Tierarzt aufsuchen.
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