Die neurologische Ambulanz bietet ein breites Spektrum an Spezialsprechstunden an, darunter auch eine Sprechstunde für die Behandlung mit Botulinumtoxin. Diese Therapie ist ein wichtiger Behandlungsstandard bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen und wird vor allem zur Behandlung von Spastik und Dystonien eingesetzt.
Überblick über die neurologische Ambulanz
Die neurologische Ambulanz umfasst verschiedene Spezialsprechstunden, um eine umfassende Versorgung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen zu gewährleisten:
- Allgemeine Klinikambulanz
- Sprechstunde für Multiple Sklerose
- Sprechstunde für kognitive Neurologie
- Spezialambulanz für neuromuskuläre Erkrankungen (ASV Ambulanz)
- Sprechstunde für neurologische Ultraschalldiagnostik
Zusätzlich werden alle internen und externen Konsilanfragen durch die Ambulanz bearbeitet.
Multiple Sklerose Sprechstunde
In der Sprechstunde für Multiple Sklerose werden Patienten, die an Multipler Sklerose leiden, umfassend versorgt. Im Rahmen der Sprechstunde ist auch die Gabe von intravenösen MS-Therapeutika (z.B. Ocrelizumab) möglich und wird regelmäßig durchgeführt.
Botulinumtoxin-Sprechstunde: Indikationen und Behandlung
In der Sprechstunde für Botulinumtoxin können alle Patienten mit entsprechender Indikation für diese Therapie behandelt werden. Die Leitung der Sprechstunde übernehmen Frau Heiß, Frau Dr. Becker und Herr Petrakogiannis.
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Indikationen für die Botulinumtoxin-Therapie
Die Anwendungsgebiete für Botulinumtoxin sind vielfältig und umfassen unter anderem:
- Jede Art von spastischer Tonuserhöhung (z.B. nach Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose)
- Dystonien (unwillkürliche Muskelbewegungen an bestimmten Körperregionen wie z.B. dem Hals und dem Gesicht)
- Torticollis (Schiefhals)
- Blepharospasmus (Lidkrampf)
- Migräne
- Vermehrtes Schwitzen (Hyperhidrosis)
- Vermehrtem Speichelfluss (Hypersalivation)
Einige der Erkrankungen, die in der Sprechstunde behandelt werden, sind:
- Blepharospasmus (Lidkrampf)
- Spasmus hemifacialis (einseitige Verkrampfung der Gesichtsmuskulatur)
- Zervikale Dystonie ("Schiefhals")
- Schreibkrampf
- Fokale, also auf eine Körperregion begrenzte, Spastik
Ablauf der Behandlung
- Erstvorstellung: Zunächst erfolgt eine klinische Untersuchung und die Festlegung der entsprechenden Botulinumtoxin-Substanz und Dosis.
- Aufklärung: Nach regelrechter Aufklärung wird in einem zweiten Termin die Behandlung durchgeführt.
- Behandlung: Die Injektion von Botulinumtoxin erfolgt mit einer dünnen Nadel direkt in die betroffenen Muskeln. Zur besseren Lokalisation der zu injizierenden Muskeln können Ultraschall und Elektromyografie (EMG) verwendet werden.
- Wirkung: Der Effekt setzt nach etwa einer Woche ein und ist nach zwei bis drei Wochen am stärksten zu spüren.
- Wiederholung: Eine nachlassende Wirkung des Botulinumtoxins nach ca. 6 bis 12 Wochen ist völlig normal, sodass Patienten in der Regel über einen langen Verlauf zu der Sprechstunde kommen und bereits im Rahmen der Behandlung Folgetermine erhalten, um einen optimalen Behandlungserfolg sicherzustellen. Die Therapie muss in der Regel alle 10-16 Wochen wiederholt werden, wofür langfristig Wiedervorstellungstermine vergeben werden.
Wirkmechanismus von Botulinumtoxin
Der primäre Wirkmechanismus von Botulinumtoxin ist eine Hemmung der Signalübertragung vom Nerven auf den Muskel. Dies führt zu einer, je nach eingesetzter Dosis, mehr oder weniger stark ausgeprägten Lähmung des injizierten Muskels. Die Wirkung ist in der Regel nur in dem injizierten Muskel vorhanden, so dass eine sehr gezielte lokale Behandlung ohne größere systemische (Neben-) Wirkung möglich ist.
Mögliche Nebenwirkungen
Die Botulinumtoxin-Therapie wird in der Regel sehr gut vertragen. In seltenen Fällen können Nebenwirkungen im Injektionsbereich wie etwa blaue Flecke auftreten, vor allem bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente. Zudem kann eine übermäßige Schwäche der Muskulatur auftreten, die jedoch nicht von Dauer ist.
Behandlungsspektrum an der UMG
Die Therapie mit Botulinumtoxin wird für eine ganze Reihe von Indikationen angeboten:
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- Torticollis spasmodicus (Schiefhals): Drehung (Torticollis), eine Seitneigung (Laterocollis), eine Vorneigung (Anterocollis), eine Rückneigung (Retrocollis)
- Spastik nach Schlaganfall: Armbeugspastik, Hemispastik, Spitzfuß, Krallenhand, Lumbrikalhand, Paraspastik, Adduktorenspastik bei Multipler Sklerose
- Blepharospasmus (unwillkürlicher Augenschluss, Lidkrampf)
- Oromandibuläre Dystonie inklusive Meige-Syndrom
- Tic-Störungen (z.B. Blinzeltic, Augentick, Zwanghaftes Augenzwinckern)
- Bruxismus (z.B. nach Schädel-Hirn-Trauma oder Hirnblutung bzw. SAB)
- Schreibkrampf (Graphospasmus)
- Fokale Dystonien: Kieferschlussdystonie, Fussdystonie, Painful-leg- und Moving toes Syndrom, Psoassyndrom
- Generalisierte Torsionsdystonien, Myoklonus Dystonie (meist zusätzlich zur Tiefen-Hirn-Stimulation)
- Hemispasmus fazialis (unerwünschte, einseitige Kontraktion der Gesichtsmuskeln)
- Syndyskinesien nach Fazialisparese, Krokodilstränen, Frey-Syndrom bzw. Aurikulotemporales Syndrom, Gustatorisches Schwitzen und Gustatorische Hyperhidrose
- Hypersalivation (Sialorrhea: vermehrter Speichelfluss) bei Morbus Parkinson, Amyotropher Lateralsklerose (ALS) oder Multisystematrophie
- Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen): axilläre oder palmare Hyperhidrose
- Chronische Migräne
- Regionale oder fokale Schmerzsyndrome: Narbenschmerzen, Stumpfschmerzen
- Seltene urogenitale Syndrome: Vulvodynie, Vaginismus, Anismus, Priapismus (in Zusammenarbeit mit gynäkologischen, urologischen und psychiatrischen Kollegen)
- Engpassyndrome: Piriformis-Syndrom, akzessorische Muskeln bei Karpaltunnel-Syndrom oder Sulcus-ulnaris-Syndrom, Thoracic-outlet-Syndrom
- Kosmetische Behandlung (z.B.
Individualisierte Therapie
Da die Behandlung mit Botulinumtoxin eine sehr individualisierte Therapie ist, erhält in der Regel jeder Patient / jede Patientin einen eigenen Injektionsplan. Hierfür sind klinische Untersuchungen und Bewegungsanalysen notwendig, sodass Sie bei Ihrer ersten Vorstellung genügend Zeit einplanen sollten (ca.
Zusätzliche Therapien
Darüber hinaus ist jedoch bei einigen Patienten eine zusätzliche Behandlung der Dystonie oder der Spastik mit Medikamenten wie beispielsweise Tizanidine (Sirdalud), Baclofen (Lioresal), Gabapentin (Neurontin), Tetrabenazin (Nitoman), Biperiden (Akineton) nötig. Wichtig ist ein guter interdisziplinärer Austausch mit der Physiotherapie.
Studien
Die Ambulanz nimmt aktiv an klinischen Studien zur Patientenzufriedenheit und Effektivität sowie zur Weiterentwicklung von Botulinumtoxinpräparaten teil.
Kognitive Neurologie Sprechstunde
In der Sprechstunde für kognitive Neurologie können alle Patienten mit Fragestellungen rund um die Themen Gedächtnis, Aufmerksamkeitsfunktion, Konzentrationsfähigkeit und räumliche Vorstellung vorgestellt werden. Bei Einschränkungen in den entsprechenden Bereichen oder bei dem Verdacht auf solche besteht die Möglichkeit zu einer ausführlichen neuropsychologischen Diagnostik und Beratung. Die neuropsychologische Diagnostik erfolgt nach standardisierten Kriterien, ist etabliert und zertifiziert.
ASV Ambulanz neuromuskuläre Erkrankungen
In der Sprechstunde für neuromuskuläre Erkrankungen können alle Patient:innnen mit Fragestellungen rund um die Themen entzündlicher oder erblicher neuromuskulärer Erkrankungen vorgestellt werden. Aufgrund der Zulassung als ASV Ambulanz ist eine ambulante Betreuung und Anbindung inklusive der Rezeptierung von Medikamenten und Heil- sowie Hilfsmitteln möglich.
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Ultraschalldiagnostik Sprechstunde
In der Sprechstunde für Ultraschalldiagnostik können alle Patienten mit besonderen gefäßdiagnostischen Fragestellungen vorgestellt werden. In der Regel handelt es sich um Verengungen (Stenosen) der arteriellen Gefäße im Bereich des Halses und des Gehirns, die sehr gut mit der Ultraschalldiagnostik erkannt und gemessen werden können. Der Vorteil der Ambulanz ist der direkte Kontakt zur neurovaskulären Konferenz der Klinik. Das bedeutet, dass ein auffälliger Befund im Rahmen einer interdisziplinären Konferenz (mit Kolleg:innen aus der Neuroradiologie, Gefäßchirurgie, Neurologie und Neurochirurgie) besprochen wird und somit eine optimale Versorgung sichergestellt ist.
Konsilanfragen
Wenn eine andere Klinik bei der Diagnostik, Behandlung und Therapie von Patient:innen zusätzlich die Expertise eines Facharztes bzw. einer Fachärztin benötigt, wird eine Beratung, also ein Konsil angefordert. Neben allgemeinen Konsilanfragen werden auch ausführliche und zum Teil elektrophysiologische Konsile aus dem Bereich der Berufsgenossenschaftlichen (BG) Versorgung behandelt. Bei den BG-Fällen handelt es sich ganz überwiegend um Patient:innen, die aufgrund eines Arbeits- oder Wegeunfalles in der Klinik für Unfallchirurgie oder Neurochirurgie behandelt werden. Hier finden sich oft auch traumatische Läsionen peripherer Nerven oder Nervenbündel (Plexus), die ein hohes Maß an diagnostischer Genauigkeit erfordern. Auch chronische Schmerzsyndrome nach Unfällen oder Verletzungen (z.B. das Komplexe regionale Schmerzsyndrom) können in enger Abstimmung mit der Klinik für Schmerztherapie in der Ambulanz diagnostiziert und behandelt werden.
Neurologische Funktionsdiagnostik
Die neurologische Funktionsabteilung ist der Dreh- und Angelpunkt der neurophysiologischen Diagnostik. Hier können (fast) alle elektrophysiologischen und neurosonographischen Untersuchungen durchgeführt werden. Dazu gehören u.a.:
- Test zu visuell, akustisch und motorisch evozierten Reaktionen, hervorgerufen durch verschiedenen Reize.
- EEG-Diagnostik inklusive Videomonitoring
- Elektroneuro- und Elektromyographie
- Elektrophysiologische Diagnostik
- Neurologische Diagnostik einschließlich der Bestimmung der zerebralen Reservekapazität, der Kontrastmittelsonographie intrakranieller Gefäße sowie der Nervensonographie (Periphere Nerven, Plexus)
Aufgrund der hohen Zahl an durchgeführten Untersuchungen sowie der häufig komplexen Fragestellungen wird die Funktionsabteilung durch zwei Oberärzt:innen betreut. Es werden zudem im Rahmen der Funktionsrotation regelmäßig 1-2 Assistenzärzt:innen der Klinik weitergebildet.
Dystonien und Spastik: Häufige Anwendungsgebiete der Botulinumtoxin-Therapie
Dystonien und Spastik sind zwei häufige neurologische Erkrankungen, bei denen die Botulinumtoxin-Therapie erfolgreich eingesetzt wird.
Dystonien
Dystonien sind durch unwillkürliche, anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die verschiedene Körperregionen betreffen können. Sie stellen eine Gruppe von klinisch und genetisch sehr unterschiedlichen Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen dar. Die häufigen Formen von Dystonie, v. a. Torticollis (Schiefhals) und Blepharospasmus (Lidkrampf), sind die nach der Parkinson-Erkrankung und dem Tremor dritthäufigste Bewegungsstörung, an der in Deutschland mehr als 160.000 Menschen leiden.
Spastik
Spastik ist ein häufiges Syndrom, da Schädigungen motorischer Bahnen als Ursache der Spastik bei vielen neurologischen Erkrankungen auftreten können. Häufige Erkrankungen, die mit Spastik einhergehen, sind die Multiple Sklerose, der Schlaganfall, Schädel-Hirn-Traumata, hypoxische Hirnschädigungen und Rückenmarksläsionen. Neben der Möglichkeit der oralen medikamentösen Behandlung mit antispastischen Medikamenten können spastische Syndrome durch intramuskuläre Injektionen von Botulinumtoxinen behandelt werden. Diese Substanz wird in den betroffenen Muskel gespritzt und führt zur reversiblen schlaffen Lähmung des Skelettmuskels.
Kontakt und Terminvereinbarung
Nach erfolgter Anmeldung erhält die Patientin/der Patient üblicherweise innerhalb von 2-3 Wochen einen ambulanten Termin. Hierzu bring sie/er eine Überweisung von Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt mit.
Ansprechpartner
- Oberarzt PD Dr. Fabian Maass
- Oberarzt Prof.
Sprechzeiten
Die Spezialambulanz für Botulinumtoxin findet regulär donnerstags von 09.00 bis 17.00 Uhr sowie nach Vereinbarung statt. Neben der Hauptsprechstunde durch PD Dr. C. Kamm wird die Behandlung von Patienten mit einer Beschäftigungsdystonie donnerstags von 14.00 bis 16.00 Uhr (Prof. U.
Kontakt & Standort (Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS))
Klinik für NeurologieBotulinumtoxin-AmbulanzGebäude 90, Erdgeschoss, Poliklinik66421 Homburg
Sprechstunden & Terminvergabe (Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS))
Sprechstundenzeiten Montag bis Freitag 8 - 14 UhrTerminvergabe Montag bis Freitag 12 - 14:30 Uhr+49 6841 16-24138
Hinweise für Ihren Termin (Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS))
Bitte bringen Sie zu Ihrem Termin, soweit vorhanden, folgende Unterlagen mit:
- Europäische Versichertenkarte
- Medizinische Vorbefunde, inklusive Laborbefunde
- Aktuellen Medikationsplan
- Röntgen-, CT- und MRT-Bilder (wenn vorhanden)
- Betreuungsurkunde (wenn vorhanden)
- Seh- und Hörhilfe (wenn benötigt)
Ansprechpartner Spezialsprechstunde für Botulinumtoxin-Therapie (Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS))
- Leitung Botulinumtoxin-Ambulanz: Priv.-Doz. Dr. med. Nils Schröter, Oberarzt Leitung Bereich Bewegungsstörungen & Neurodegeneration
- Dr. Wenlin Hao, Oberärztin, Ansprechpartnerin des Neuroonkologischen Zentrums, Zusatzqualifikation: intensivmedizin
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