Mehr Platz im Gehirn: Wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Anwendungen

Wie funktioniert das menschliche Denken? Neurowissenschaftler haben eine Theorie entwickelt, wonach all unsere Erfahrungen und all unser Wissen im Gehirn räumlich organisiert sind.

Das räumliche Orientierungssystem im Gehirn

Wenn wir uns in unserer Umgebung orientieren, geschieht dies vor allem durch die Arbeit von Ortszellen im Hippocampus und Rasterzellen im benachbarten entorhinalen Kortex. Diese Zellen bilden gemeinsam einen Schaltkreis zur räumlichen Orientierung. Es wird vermutet, dass dieses innere Orientierungssystem für mehr als nur Navigationsprozesse zuständig ist.

Wissenschaftler um Jacob Bellmund vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig gehen davon aus, dass darin der Schlüssel zu grundlegenden Denkprozessen liegen könnte.

Die Entdeckung der Orts- und Rasterzellen

Ausgangspunkt waren zwei später mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Entdeckungen aus den Jahren 1971 und 2005. Damals stellte man fest, dass die Orts- und Rasterzellen im Gehirn von Nagetieren jeweils ein einzigartiges Aktivitätsmuster zeigen, wenn diese nach Futter suchen - und zwar abhängig davon, wo in einem Raum sich die Tiere gerade aufhalten. Demnach entsteht für jeden Ort, den ein Nager einmal betreten hat, ein charakteristisches Muster an aktiven Zellen im Gehirn.

Mentale Karten im menschlichen Gehirn

Weitere Untersuchungen zeigten, dass solche regelmäßigen Aktivitätsmuster auch beim Menschen auftauchen. Die mentalen Karten werden nicht nur aktiviert, wenn wir durch geografische Räume navigieren, sondern auch wenn wir uns geistige Konzepte erschließen. Dies offenbarte 2016 eine Studie, bei der Teilnehmer lernen sollten, neue gedankliche Zusammenhänge zu bilden.

Lesen Sie auch: Was Sie über "Nerve" wissen sollten

Konkret bekamen sie dabei Bilder von Vögeln gezeigt, die sich in der Länge ihres Halses und ihrer Beine unterschieden. Parallel dazu wurden verschiedene Symbole eingeblendet, etwa ein Baum oder eine Glocke. Als die Probanden anschließend in einem Gedächtnistest angeben sollten, welches Symbol jeweils zu dem eingeblendeten Vogel einer bestimmten Hals- und Beinlänge gehört, zeigte ihr entorhinaler Kortex im Magnetresonanztomographen (MRT) die gleichen Aktivitätsmuster wie beim Orientieren in einer echten Umgebung.

Kognitive Räume

Unser Denkorgan scheint sämtliche Informationen, mit denen es konfrontiert wird, in sogenannten kognitiven Räumen anzuordnen. „Unsere Gedankengänge werden dem Modell zufolge wie Pfade durch einen Raum und entlang von geistigen Achsen verarbeitet“, erklärt der Neurowissenschaftler. Dabei ordnen wir Personen oder Gegenstände abhängig von ihren Eigenschaften bestimmten Positionen zu.

Nach Ansicht des Forscherteams dienen diese Prozesse vermutlich vor allem dazu, sich neue Objekte und Situationen möglichst schnell zu erschließen. Ein Beispiel: Kennen wir etwa Tiger oder Panther, haben aber noch nie einen Leoparden gesehen, dann würden wir dieses Tier wegen seines Aussehens an eine ähnliche Position in unserem kognitiven Raum setzen wie die anderen Raubkatzen und auch entsprechend ähnlich darauf reagieren.

Unser soziales Gehirn

Die renommierte Neurobiologin Nicole Strüber erklärt die erstaunlichen Prozesse unseres Gehirns und verdeutlicht, warum Nähe zu anderen Menschen so wichtig ist. Unser Gehirn benötigt diesen Austausch. Wir synchronisieren uns, und es werden Botenstoffe wie Oxytocin ausgeschüttet. All dies fördert unsere Entspannung, unsere Gesundheit, unsere Bereitschaft zu Veränderung, unsere Empathie und unser Vertrauen in andere. Und es lässt uns im Miteinander andere verstehen und mit ihnen kooperieren. Miteinander fördert Miteinander: Let's sync! Nicole Strüber vereint neuestes Forschungswissen mit der aktuellen Situation - und fordert ein politisches und gesellschaftliches Umdenken.

Mehr Platz im Gehirn durch Gedächtnistraining

Mit seinem im April erschienenen Buch „Mehr Platz im Gehirn“ hat Gedächtnistrainer Dr. Boris Nikolai Konrad einen Platz auf der Spiegel-Bestsellerliste ergattert. Boris Nikolai Konrad, der an verschiedenen Universitäten lehrt und sich seit vielen Jahren mit der Gedächtnisleistung des menschlichen Gehirns auseinandersetzt, hat es bereits mehrfach aufgrund seiner außergewöhnlichen Merkfähigkeit ins Guiness-Buch der Rekorde geschafft. Er tritt in verschiedensten TV-Shows auf und überrascht sein Publikum auf den Bühnen der Welt immer wieder mit verblüffenden Experimenten und seiner ansteckenden Begeisterung für Lernmethoden, Lernfähigkeit und Gedächtnistraining.

Lesen Sie auch: Männliches Gehirn: Eine Zusammenfassung

Sein Buch zeigt in klaren und nachvollziehbaren Schritten auf, wie jeder sein Gehirn unterstützen kann, sich in der Flut von Informationen zu orientieren und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, um so „Ordnung im Gehirn“ zu schaffen.

Entspannt mit der Informationsflut umgehen

Die meisten Menschen schaffen es immer weniger, von ihrem täglichen Stresslevel im privaten als auch im beruflichen Umfeld runterzukommen. Doch was für Möglichkeiten gibt es, Raum in seinem Kopf zu schaffen und damit stressfrei durchs Leben zu gehen? Der 5-Sterne-Redner und Hirnforscher Dr. Boris Nikolaus Konrad beschäftigt sich in seinen Studien schon seit vielen Jahren mit dieser wichtigen Frage.

In seinem Vortrag gibt der Gedächtnisweltmeister seinen Zuhörern nun wertvolle Tipps an die Hand, wie es jedem gelingen kann, mit der täglichen Informationsflut entspannt umzugehen. Wer kennt das nicht? Der Kopf ist bis zum Anschlag voll und nicht selten wirkt sich das auf die Konzentration aus. Viele Menschen fühlen sich deshalb geistig überfordert und finden keine Lösung. Ihr Kopf füllt sich mit unruhigen Gedanken, sie schlafen schlechter, vergessen häufiger Dinge und somit steigt ganz automatisch der Stresslevel.

Hirnforscher Boris Nikolai Konrad teilt in seinem Vortrag leicht umsetzbare Tipps und Techniken, die nicht nur dabei helfen, das Gedächtnis gesund zu halten, sondern vor allem dabei unterstützen, mit der täglichen Informationsflut entspannt umzugehen. Das Hirn braucht Energie, um seine Produktivität zu steigern. Mitarbeiter, die effizienter arbeiten wollen, müssen in ihrem Alltag für mehr Entspannung und Entlastung sorgen. Hier empfiehlt es sich, Wege zu lernen sein Gehirn und sein Gedächtnis besser zu benutzen, um damit mehr Raum zum Verarbeiten der vielen Informationen zu schaffen.

Ordnung im Kopf ist der Schlüssel für ein effizienteres und stressfreieres Arbeiten und leben. Gerade die Trennung von Privatleben und der Arbeit sind essenziell, um Ruhe und Raum im Kopf zu schaffen. In Zeiten von Wirtschaftskrise und Homeoffice fällt dies vielen schwer, umso wichtiger sind die richtigen Strategien für ein besseres Gedächtnis und den Umgang mit der Informationsflut.

Lesen Sie auch: Ausgeglichenheit und Wohlbefinden

Künstliche Intelligenz und die Zukunft des Denkens

Viele Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz haben Menschen und Firmen beeindruckt bis erschüttert. Wo geht es noch hin? Spekulationen gibt es viele, aber wozu sind Roboter wirklich in der Lage und was werden sie noch lernen? Ist eine KI, die beeindruckende Bilder, gar Kunstwerke generiert, selbst kreativ - oder plagiiert sie nur Kunstschaffende? Welche Chancen und welche Risiken künstliche Intelligenzen bergen, davon berichtet der charismatische Informatiker und Hirnforscher Dr. Boris Nikolai Konrad. Er ist hautnah am aktuellen Stand der Forschung dran und kann sein Publikum durch spannende Einsichten in seinen Bann ziehen.

Gedächtnistraining mit einem Weltmeister

Namen, Zahlen, Vorträge spielend einfach einprägen: wer das kann, ist eindeutig im Vorteil - privat und beruflich. Die Methoden hierfür sind für jeden erlernbar. Lernen Sie Sie die Gedächtnistechniken von Dr. Boris Nikolai Konrad kennen und nutzen Sie das Trainingstalent des mehrfachen Weltrekordhalters und des Siegers der TV-Show "Deutschlands Superhirn" dazu, sich motivieren zu lassen, das eigene Gedächtnis neu zu erkunden.

Wie die Technik unser Denken verändert

Wie werden zukünftige Technologien unsere Denk- und Merkfähigkeit verändern? Wie können wir unser Gedächtnis optimieren? Und wie angreifbar ist unser Gehirn? Der promovierte Hirnforscher und 5-Sterne-Redner Dr. Boris Nikolai Konrad gibt in seinem Vortrag einen richtungsweisenden Überblick über die neuesten Fragestellungen und Erkenntnisse in der Hirnforschung, die schon bald unser Leben im Privaten und im Berufsalltag beeinflussen werden.

Die Bedeutung von Diversität für Innovation und Lernen

Das Gedächtnis benötigt Vielfalt, um sich effektiv weiterzuentwickeln. Gelebte Diversität in Unternehmen führt folglich zu deutlichen Wettbewerbsvorteilen. Das zeigt dieser Vortrag. 5-Sterne-Redner und Neurowissenschaftler Dr. Boris Nikolai Konrad erklärt eindrucksvoll, warum unser Gehirn in einem vielfältigen Arbeitsumfeld leistungsstärker arbeitet.

Workshop: Mehr Platz im Gehirn

Wie lassen sich Namen, Zahlen und Fakten mühelos merken? Wie gelingt freies Sprechen ohne Notizen? Gedächtnisweltmeister Dr. Boris Nikolai Konrad zeigt in diesem interaktiven Workshop, wie Sie Ihr Gedächtnis gezielt trainieren und Wissen effizient speichern. Mit bewährten Techniken und sofort anwendbaren Strategien verbessern Sie Ihre Merkfähigkeit nachhaltig - ein echter Vorteil im Berufs- und Alltagsleben. Lassen Sie sich überraschen, wie viel mehr in Ihrem Kopf steckt!

Wie funktioniert unser Gedächtnis?

Schon diese Frage bereitet weltweit Tausenden Menschen Kopfzerbrechen. Klar ist: Es gibt nicht nur ein Gedächtnis, sondern verschiedene Gedächtnissysteme. Das führt dazu, dass Erinnerungen beispielsweise in unserem Gehirn anders abgespeichert werden als der Wortschatz oder die Fähigkeit, ein Auto zu fahren.

Wenn wir etwas Neues lernen, bilden sich neue Verbindungen zwischen unseren Nervenzellen. In unserem Gehirn gibt es eine bestimmte Region, die dabei als Schaltzentrale agiert. Sie registriert, wenn neuer "Input" ankommt und koordiniert diesen anschließend. Um tatsächlich im Langzeitgedächtnis zu landen, müssen die Informationen von unserem Gehirn als wichtig erkannt werden. Und genau diesen Prozess kann man mit gezielten Techniken unterstützen. Besonders gut hilft das Denken in mentalen Bildern, denn diese kann sich unser Gehirn viel besser einprägen als bloße Worte.

Warum vergessen wir?

Aus evolutionsbiologischer Sicht ist das Gehirn nicht dafür geschaffen, sich Passwörter, Namen oder Vokabeln zu merken. Deshalb fällt es uns schwer, uns diese in der modernen Zeit wichtigen Dinge zu merken. Anders verhält es sich mit Ohrwürmern oder alten Kinderliedern. Diese können wir oft noch nach Jahrzehnten mitsingen, obwohl wir sie schon lange nicht mehr gehört haben. Grund dafür ist die emotionale Verknüpfung mit der Musik, die dafür sorgt, dass die Songtexte ganz besonders gut abgespeichert wurden. Denn Gefühle und Gedächtnis sind stark miteinander verbunden, weshalb wir uns an Dinge, die starke Emotionen in uns auslösen, besser erinnern können als an triviale Alltagssituationen.

Vergesslichkeit: Wann sollte man sich Sorgen machen?

Das ist schwer zu sagen. Ein Warnsignal könnte sein, wenn man von anderen darauf hingewiesen wird, dass die Vergesslichkeit deutlich zugenommen hat. Auf jeden Fall ist es immer ratsam, sich selbst und mögliche Veränderungen zu beobachten. Als Faustregel gilt: Wer ab und zu den Schlüssel verlegt, muss sich keine Sorgen machen.

Ist ein gutes Gedächtnis lernbar?

Ja, jeder gesunde Mensch kann seine Gedächtnisleistung verbessern. Wenn jemand natürlich eine diagnostizierte Demenzerkrankung hat, dann sind die meisten Gedächtnistechniken zu komplex. Zur Prävention vor solchen Krankheiten spielt mentales Training aber sicherlich eine große Rolle. Dementsprechend würde ich sagen: Je früher man damit anfängt, desto besser.

Kann man mit Gehirntraining Demenz vorbeugen?

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft ist das leider nicht möglich. Allerdings kann Gedächtnistraining Demenz-Symptomen vorbeugen. Studien haben gezeigt, dass gut ausgebildete Menschen im Durchschnitt später beziehungsweise in einem höheren Alter eine Demenz-Diagnose bekommen. Dies lässt vermuten, dass trainierte kognitive Fähigkeiten den Ausbruch der Krankheit etwas hinauszögern können. Eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht.

Was halten Sie von Gehirnjogging, Schach, Puzzle oder Kreuzworträtseln?

Im Prinzip kann man mit Kreuzworträtseln und Co. durchaus einen Nutzen erzielen. Nur nicht auf Dauer: Dann stellt sich nämlich der Gewöhnungseffekt ein und die Aufgaben sind für das Gehirn keine Herausforderung mehr. Dieses braucht immer wieder neue Reize, deswegen ist es wichtig, sich immer wieder neue Aufgaben zu suchen.

Welche Gedächtnistechniken gibt es?

Eine sehr bekannte Mnemotechnik - zu deutsch Gedächtnistechnik - ist die sogenannte Loci-Methode, auch Gedächtnispalast oder Routenmethode genannt. Mit dieser Technik kann man sich mehrere Dinge wie eine Einkaufsliste ganz einfach merken. Die Idee dahinter: Informationen mit einem bekannten Raum oder Weg verbinden, beispielsweise mit einem Gang durch die eigene Wohnung. Dabei werden bestimmte Wegpunkte wie die Haustür, das Sofa oder der Spiegel mit den Punkten auf der Einkaufsliste verknüpft. Wenn man sich dann im Supermarkt daran erinnert, was man kaufen wollte, genügt es, den Weg vor seinem geistigen Auge durchzugehen.

Schwierig wird es allerdings mit Zahlen wie beispielsweise Telefonnummern. Da unterstützt das sogenannte Major-System besser: Mithilfe eines speziellen Codes werden die Zahlen in Buchstaben und Bilder umgewandelt und so besser abgespeichert. Das zu lernen, ist erstmal etwas kompliziert, aber in wenigen Stunden hat man es dann drauf.

Und dann gibt es noch die Schlüsselwortmethode, die das Erlernen einer Fremdsprache erleichtert. Bei dieser Gedächtnistechnik werden neue Begriffe und Vokabeln mit vorhandenem Wissen, also einem bekannten deutschen Wort und einer bildhaften Assoziation verknüpft. Ein Beispiel: Das englische Wort "cow" (deutsch: Kuh) klingt wie das deutsche Wort "kauen". Nun kann man sich eine Kuh auf der Weide vorstellen, die genüsslich Gras kaut.

Wie lässt sich Mind Sports in den Alltag integrieren?

Das Wichtigste ist, offen für Neues zu sein und sich selbst immer neue Herausforderungen zu suchen. Das funktioniert auch im Kleinen beispielsweise wie eben erwähnt, indem man sich die Einkaufsliste merkt. Wer sich das nicht zutraut, kann sich zur Sicherheit einen Zettel zum Spicken einpacken. Außerdem empfehle ich, im Alltag hin und wieder auf ein paar technische Hilfsmittel zu verzichten: Einfach mal wieder eine Telefonnummer auswendig lernen, statt sie bloß im Smartphone aufzurufen oder sich selbst mit einer Landkarte orientieren, statt sich von einem Navi führen zu lassen.

Bewegung und Sport für das Gedächtnis

Körperliche Gesundheit und Wohlbefinden tragen zu guter Kognition bei. Das ist erwiesen und auch nicht verwunderlich: Denn Bewegung kurbelt die Durchblutung im Gehirn an und versorgt es somit mit Sauerstoff. Studien zeigen, dass sich die Gedächtnisleistung nach einer Sporteinheit verbessert.

Bereits Spazierengehen soll einen positiven Effekt auf das Gedächtnis haben. Denn bei körperlicher Aktivität werden neuronale Wachstumsfaktoren, so genannte Neurotrophine, ausgeschüttet. Das schützt Nervenzellen und fördert gleichzeitig die Bildung neuer Neuronen und Synapsen.

Achtsamkeit und Mind Sports

Dass ein achtsamer Umgang mit sich selbst einen positiven Effekt hat, ist wissenschaftlich belegt. Bei Mind Sports passiert im Grunde etwas Ähnliches wie bei Achtsamkeitstechniken, wie etwa bei einer Meditation: Man lernt dabei, die Aufmerksamkeit ein bisschen besser zu lenken und Kontrolle über die eigenen Denkprozesse zu gewinnen. Das ist für viele Lebensbereiche sehr wertvoll.

Das Gedächtnis ist trainierbar

In einer Welt, in der wir uns zunehmend auf Technologie und digitale Hilfsmittel verlassen, rückt das eigene Gedächtnis manchmal in den Hintergrund. Telefonnummern, Geburtstage, Einkaufslisten und Termine werden inzwischen einfach auf unserem universellen Wissensspeicher in der Hosentasche, dem Smartphone, abgespeichert.

Warum unser eigenes Gedächtnis weiterhin unerlässlich ist und wie wir es mit gezieltem Gedächtnistraining trainieren können, erklärt Dr. Boris Nikolai Konrad im Interview. Der Neurologe und Autor von "Mehr Platz im Gehirn" erforscht die neurowissenschaftlichen Grundlagen und Anwendungen von Gedächtnistraining und Technologien zur Verbesserung der Denkleistung.

Das Gehirn ist nicht für moderne Informationsverarbeitung gemacht

Den modernen Menschen gibt es je nach Schätzung etwa 200.000 bis 300.000 Jahre, aber wir sprechen erst seit 100.000 Jahren. Schrift gibt es wenige Tausend Jahre und moderne Medien sind im Laufe unseres Lebens erfunden worden. Unser Gehirn konnte sich, was evolutionäre Entwicklungen angeht, gar nicht an das anpassen, was heute da ist.

Vorteile des Gedächtnistrainings

Viele. Die aus meiner Sicht wichtigsten sind, das Gedächtnis bewusst einsetzen zu können, Methoden zu haben mit Informationsflut und -vielfalt umzugehen und das Gedächtnis langfristig fit zu halten.

Wer Gedächtnistechniken übt, erweitert seinen gedanklichen Methodenkoffer, seine Toolbox. Anders als beim Fitnesstraining geht es nicht darum, dreimal die Woche eine Stunde zu üben. Es geht darum zu wissen, wie man das eigene Gedächtnis zielgerichtet und sicher einsetzt. Auch sehr nützliche Leistungen wie das Merken von Namen, das freie Präsentieren, das Behalten von Inhalten aus Meetings etc. basieren darauf. Das führt dann langfristig auch zu mehr Ideen, mehr Verständnis und mehr Selbstvertrauen. Zugleich ist durch die Anwendung das bewusste Üben weniger wichtig.

Und fit bleiben sollten wir nicht nur körperlich. Der Spruch "use it or lose it" gilt da für Muskeln wie das Gedächtnis. Wer sein Gedächtnis trainiert, verbessert die eigenen Chancen auch im hohen Alter ein gesundes Gedächtnis zu haben, weil die so genannte kognitive Reserve aufgebaut wird.

Gedächtnissport ist für jeden etwas

Jeder kann trainieren, das eigene Gedächtnis enorm zu verbessern, gerade beim Namen merken. In unseren Studien mit Gedächtnissportlern waren selbst die schwächsten im Namen merken besser als die besten Untrainierten.

In den Studien, in denen wir Menschen die Techniken beigebracht haben und diese dann trainierten, haben unsere Teilnehmenden im Schnitt in nur sechs Wochen ihre Leistung in Aufgaben wie dem Wörter merken rund verdreifacht. Alle Teilnehmende hatten deutliche Verbesserungen.

Die Routenmethode für Einkaufslisten

Am besten mit der Routenmethode: Hierzu wird ein Weg mit festen Punkten durch die eigene Wohnung vorbereitet. Zum Beispiel in der Küche: Kühlschrank, Ofen, Kaffeemaschine, Spüle, Mikrowelle. Möchte ich mir nun Milch, Bananen, Radieschen, Gurken und Seife merken, stelle ich mir lustige, absurde und im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdige Bilder vor: Aus dem Kühlschrank laufen große Mengen Milch, im Ofen stinken die verbrannten Bananen, die ich darin vergessen habe, ein Scherzkeks hat Radieschen statt Kaffeebohnen in die Maschine getan, lustige Gurken tanzen in der Spüle und in der Mikrowelle schäumt ein Stück Seife über. Bei mehr als fünf Dingen, gehe ich einfach länger durch die Wohnung.

Namen merken in sozialen Situationen

Im ersten Schritt sollte man sich wieder vornehmen, sich die Namen auch zu merken. Bei jedem Namen sollte man diesen dann einmal aussprechen: "Monica, schön dich kennen zu lernen." "Herr Jauch, hallo!", "Frau Gradistan, habe ich das richtig verstanden?"

Im nächsten hilft auch hier das Denken in Bildern. Monica stelle ich mir vor, wie sie verträumt den Mond ansieht. Herrn Jauch zusammen mit Günther Jauch und bei Frau Gradistan teile ich es auf und stelle mir vor: Sie schaut auf ein Thermometer, um zu sehen wie viel "Grad ist" draußen. Da es kalt ist, zieht sie noch eine Jacke an. Grad ist an. Gewöhnt man sich dies so an, kommen entsprechende Ideen auch immer schneller. Dann ist auch eine große Party kein Problem mehr!

Gehirntraining in den Alltag integrieren

Die Techniken sind für das Langzeitgedächtnis. Tatsächlich haben wir in unseren Studien auch mit wissenschaftlichen Methoden zeigen können, dass direkt ins Langzeitgedächtnis gelernt wird. Das heißt leider trotzdem nicht für immer.

Der entscheidende Punkt für die Langfristigkeit ist richtiges Wiederholen. Klingt langweilig, ist aber faszinierend, da fast alle völlig überschätzen wie viel Wiederholung nötig wäre. Am wichtigsten: Wiederholung sollte immer heißen, sich selbst abzufragen. Nicht es noch mal lesen. Auch bei Namen muss ich die Menschen nicht nochmal sehen. Aber es für mich noch einmal durchgehen - und zwar schnell. Die sogenannte Gedächtniskonsolidierung passiert vor allem in den ersten Nächten nach dem Lernen im Schlaf. Daher sollte noch am gleichen Tag und am Tag danach alles, was wirklich dauerhaft ins Hirn soll, wiederholt werden.

Gibt es Übungen, die jeder täglich in den Alltag einbauen kann, um das Gedächtnis zu trainieren? Ein paar kurze Tipps sind, sich selbst Herausforderungen stellen, also z.B. mal beim Lesen einer Zeitung oder eines Magazins die Namen der interviewten oder vorgestellten Personen lernen. Wer wirklich was tun möchte, dem empfehle ich dann die genannten Gedächtnistechniken sehr, wie die Routenmethode. Mit ein paar Minuten am Tag kann das Gedächtnis dann stark verbessert werden.

Demenz vorbeugen?

Gedächtnistraining ist meiner Überzeugung nach sehr gut zur Prävention geeignet, aber ein paar Grenzen sind wichtig. Es sollte dabei um Gedächtnistraining mit Gedächtnistechniken gehen, Strategien das Gehirn sinnvoll zu fordern. Das Training des Arbeitsgedächtnisses hatte eine Zeit lang einen Boom, hat aber in einigen Studien nicht wirklich überzeugen können. Und dann ist wichtig so ehrlich zu sein, dass die Krankheit wohl nicht verhindert wird. Wie wir das Gehirn einsetzen, ändert nicht die Pathologie, also krankhafte Veränderungen im Gehirn. Aber wir bauen durch Gedächtnistraining eine sogenannte kognitive Reserve auf. Mögliche Symptome einer Demenzerkrankung können so deutlich verschoben werden, treten eventuell erst Jahre später auf.

Auch wenn die Krankheit also nicht gestoppt wird, so kann doch viel Lebensqualität gewonnen werden. Das bringt aber vor allem in der Vorsorge etwas. Ist die Krankheit schon diagnostiziert, ist es zu spät.

Wann mit Gedächtnistraining anfangen?

Solange wir gesund sind, gilt: Es ist nie zu spät! Ich würde mich freuen, wenn alle Menschen schon in der Kindheit Gedächtnistechniken kennen lernen. Aber auch wer Schule, Ausbildung oder Studium schon hinter sich gelassen hat, profitiert sehr von einem trainierten Gedächtnis, von den Methoden das Gehirn so einzusetzen, wie es am besten funktioniert. Darum sage ich: Jetzt ist immer das beste Alter, etwas für sein Gedächtnis zu tun und mit dem Gedächtnistraining anzufangen. Das Schönste ist: Es macht ja auch noch richtig viel Spaß. Mir zumindest.

tags: #buch #mehr #platz #im #gehirn #wissenschaft