Wale und Delfine faszinieren die Menschen seit jeher. Ihre Intelligenz, ihr komplexes Sozialverhalten und ihre beeindruckende Anpassung an das Leben im Wasser machen sie zu besonderen Forschungsobjekten. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Anatomie ihres Gehirns, die sich in vielerlei Hinsicht von der anderer Säugetiere unterscheidet.
Wale: Meeressäugetiere mit bemerkenswerten Anpassungen
Wale gehören neben den Seekühen zu den einzigen Säugetieren, die vollständig an das Leben im Wasser angepasst sind. Sie sind nicht in der Lage, an Land zu überleben. Ihr Körperbau ist optimal auf ihren Lebensraum abgestimmt, dennoch weisen sie Merkmale auf, die auch bei anderen Säugetieren zu finden sind. Wale atmen Luft und besitzen Lungen. Je nach Art können sie zwischen wenigen Minuten und über zwei Stunden unter Wasser bleiben. Sie haben ein besonders leistungsfähiges Herz, das den Sauerstoff im Blut effizient im Körper verteilt. Wale haben eine konstante Körpertemperatur und gebären voll entwickelte Kälber, die im Mutterleib durch eine Plazenta ernährt werden.
Wale gibt es in verschiedenen Größen, vom riesigen Blauwal bis zu kleineren Delfinarten. Einige Walarten können sehr alt werden, wie der Grönlandwal, dessen Alter auf über 200 Jahre geschätzt wurde.
Körperbau der Wale: Anpassung an das Wasserleben
Der Körper der Wale ist glatt und stromlinienförmig, was ihnen eine schnelle Fortbewegung im Wasser ermöglicht. Anstelle von Vorderfüßen haben sie Brustflossen, die als Flipper bezeichnet werden. Die meisten Walarten haben eine Rückenflosse, die Finne, die je nach Art unterschiedlich geformt und groß sein kann oder auch ganz fehlt. Die Flipper und die Finne dienen der Steuerung und Stabilisierung im Wasser. Die Schwanzflosse, die Fluke, ermöglicht den Walen, ihre Geschwindigkeit und Fortbewegung zu steuern. Wale haben keine Hinterbeine, Ohren oder Haare, und ihre Genitalien sowie Brustdrüsen sind im Körper versenkt, um den Wasserwiderstand zu minimieren.
Die Haut und der Blubber
Die Haut der Wale besteht aus einer äußeren Schicht, der Lederhaut, die durch Papillen, Lamellen und feine Muster gute Strömungseigenschaften aufweist. Eine Schleimschicht auf der Haut schützt vor Mikroorganismen und ermöglicht hohe Geschwindigkeiten im Wasser. Unter der Haut befindet sich eine dicke Fettschicht, der Blubber, der den Wal vor Auskühlung schützt. Die Dicke des Blubbers variiert je nach Größe des Wals und der Kälte der Region, in der er lebt. Trotz der Dicke der Haut können Wale kleinste Berührungen und Temperaturunterschiede wahrnehmen, da viele Nervenenden durch die Haut verlaufen. Verletzungen der Haut heilen schnell, möglicherweise aufgrund der dicken Fettschicht und einer körpereigenen Substanz, die gegen Mikroben schützt. Einige Walarten haben einen natürlichen Sonnenschutz auf der Haut, der sie vor Sonnenbrand schützt. Die Hautfarbe der Wale variiert je nach Art und kann sogar rosa sein.
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Das Skelett
Das Skelett der Wale unterscheidet sich von dem der Landsäugetiere. Es ist leichter und poröser, da es nicht die gleiche Stabilität benötigt wie an Land. Das Knochenmark befindet sich nur in den Wirbelkörpern der Lenden- und Schwanzwirbel. Wale haben etwa 190 Knochen, im Vergleich zu etwa 50 bei einem Hund. Das Brustbein ist breit und plattenförmig, und die Rippen sind durch Bänder an den Wirbeln befestigt, was die Luftaufnahme erleichtert. Die Halswirbelsäule besteht aus sieben engstehenden und teilweise verwachsenen Wirbeln, was sie sehr stabil macht, aber die Kopfbeweglichkeit einschränkt. Der Schädel ist relativ klein, aber die Ober- und Unterkiefer sind sehr lang. Die Schwanzflosse ist skelettfrei, während die Brustflossen einen Skelettaufbau haben, der dem eines verkürzten und verwachsenen Ober- und Unterarms ähnelt. Die Brustflossen dienen der Steuerung im Wasser und werden auch für Streicheleinheiten bei Artgenossen verwendet.
Zahnwale und Bartenwale
Die Ordnung der Wale wird in Zahnwale und Bartenwale unterteilt. Diese unterscheiden sich nicht nur in Bezug auf ihre Zähne, sondern auch in Bezug auf ihre Nahrungsaufnahme, Größe, Ortung und Blaslöcher. Bartenwale haben keine Zähne, sondern Barten, Hornplatten, die vom Oberkiefer herabhängen und wie fransige Haare oder Borsten aussehen. Sie filtern ihre Nahrung, die aus Plankton, Krill und kleinen Fischen besteht, aus dem Wasser. Bartenwale haben zwei Blaslöcher. Zahnwale haben Zähne, die sich nach einigen Wochen bei den Kälbern ausbilden. Sie behalten ihr Gebiss ihr Leben lang. Die Anzahl der Zähne variiert je nach Art. Zahnwale nutzen ein Sonarsystem, um ihre Nahrung oder Feinde zu finden, und haben ein Blasloch.
Das Gehirn der Wale: Größe, Struktur und Funktion
Wale und Delfine haben im Vergleich zu ihrer Körpergröße ein relativ großes Gehirn. Das Gehirn der Wale ist in der Dorsalansicht breiter als lang. Endhirn und Kleinhirn sind lateral ausladend und die deutlich größten Teilsysteme. Die Cortexoberfläche des stark gefurchten Telencephalon von Tursiops truncatus wird mit 3745 cm2 angegeben, verglichen mit 2275 cm2 beim Menschen. Die Dicke des Cortex beträgt beim Wal 1,3 mm und beim Menschen 1,8 mm. Daraus ergibt sich für das Cortexvolumen eines Delphins etwa 80 Prozent des menschlichen Cortex. Histologisch ähnelt der große Cetaceencortex dem basaler Insektivoren. Eine Lamina-IV-Region ist bei Cetaceen nicht abzugrenzen. Wie sich aus Untersuchungen an fossilen Walschädeln ergibt, zeichnet sich das große Cerebellum schon bei den Urwalen ab, während das Endhirn noch nicht annähernd das Volumen der rezenten Cetaceen zeigt. Bei Durodon (Archaeoceti) ist die Nasenöffnung noch rostral und ein Bulbus olfactorius noch vorhanden. Auch in der Ontogenese sind diese frühen Zustände vorübergehend zu sehen, allerdings mit dem Unterschied, dass sich hier das Kleinhirn deutlich später entfaltet als das Telencephalon. Bulbus olfactorius, Riechnerv und Tractus olfactorius werden normal angelegt, Nasenöffnung und Telencephalon sind noch abwärts gerichtet. Die volle Reifung des Gehirns dauert bei Tursiops einige Jahre. Das Gehirngewicht von ca. 1500 g ist bei der Geburt zu 42 %, nach 18 Monaten zu 80 % und nach fünf bis zehn Jahren zu 100 % erreicht. Die Asymmetrie des Schädels mit mehr oder weniger deutlicher Verstärkung der Strukturen auf der rechten Seite lässt sich zumindest bei einigen Delphinen auch am Gehirn zeigen, ohne dass sich dies bislang schlüssig erklären ließe. Denkbar sind Zusammenhänge mit dem Richtungshören. Noch interessanter sind vorübergehende Asymmetrien in der Hirnfunktion. Während die peripheren Teile des Riechapparates bei Zahnwalen ganz verschwinden, bleibt der Tractus olfactorius sichtbar. Interessant ist aber, dass zentraler gelegene Anteile des Riechhirns, wie Tuberculum olfactorium und Septumkerne bei allen Walgehirnen erhalten bleiben. Ein feiner Nervus terminalis bleibt ebenfalls nachweisbar. Die Riechnervreduktion wirkt sich auch auf den Schädelbau aus, wie der Vergleich eines Tümmlers mit dem eines Makrosmatikers, z. B. einem Reh oder einem Rind, zeigt. Über die Ausprägung des Geschmacksinnes gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Geschmacksknospen an der Delphinzunge in fünf bis acht V-förmigen Vertiefungen sind zwar nachweisbar, aber ohne deutliche Nervenversorgung. Gehirnnerven VII und IX sind nicht reduziert und ein entsprechender Thalamuskern ist ebenfalls vorhanden. Bis auf weitgehende Reduktion bei Flussdelphinen (der Gangesdelphin ist so gut wie blind) sind die Augen der Cetaceen gut entwickelt. Besonders bei tieftauchenden Arten sind sie zum Schutz vor großem Druck von kräftigen Bindegewebskapseln umgeben. In der Retina sind sehr große Ganglienzellen mit starken Fortsätzen weit verbreitet. Die optische Projektion von der Retina verläuft offenbar ausschließlich kontralateral. Der Nervus occulomotorius ist eher schwach entwickelt. Der laterale Kniehöcker im Zwischenhirn hat keinen Schichtenbau. Im Mittelhirn ist der Nucleus superior (optisches Projektionsgebiet) kleiner als der Nucleus inferior (akustisches Projektionsgebiet). Die starke Entwicklung des akustischen Systems ist ein wichtiger Impuls sowohl für die Vergrößerung des Walgehirnes insgesamt als auch für die Ausbildung des Cortex. Im Vergleich zur Situation beim Menschen sind im Delphingehirn die Stationen der Hörbahn deutlich vergrößert: der mediale Kniehöcker ist siebenmal so stark, der Colliculus inferior zwölfmal und der laterale Lemniscus 250-mal so stark. Der VIII. Hirnnerv ist mehrfach so stark wie der des Menschen. Das Gehörorgan enthält die für Säugetiere typischen Bestandteile. Das Hören unter Wasser wird aber durch einige Spezialisierungen verbessert. Dazu gehört die Unterbringung der Rezeptoren in einer Kapsel, die andere Schwingungseigenschaften hat als die Schädelknochen. Dieses Ohrskelett (Petrosum und Tympanicum) ist aus schwerem porzellanartigem Knochenmaterial aufgebaut und vom Schädel durch Fett und Bindegewebshüllen abgesetzt. Die Schallleitung entsteht bei Zahnwalen über den Unterkiefer, insbesondere eine Zone dünneren Knochens (pan bone), der den Schall an den im Unterkiefer eingebetteten Fettkörper überträgt. Dieser leitet die Schallwellen bis ans Ohr. Die Gehörknöchelchen und Trommelfell sind ähnlich denen der Landsäuger ausgebildet. Die Zahnwale haben ein Sonarsystem. Dies gibt es offenbar bereits bei den Squaolodontiden im Oligozän, aber noch nicht bei Durodon. Sie können Töne im Bereich von 20 bis 150 kHz hören und aussenden. Nach Ansicht einiger Beobachter werden die ausgesandten Ultraschalltöne durch die Melone gebündelt. Die Leistungen diese Echoortungssystems sind erstaunlich. Von Tursiops wird berichtet, dass er 10 cm große Metallkugeln auf 150 m Entfernung nicht nur orten, sondern auch unterscheiden kann, ob diese hohl oder gefüllt sind. Die Bartenwale, die kein Sonarsystem entwickelt haben, hören im niederen Frequenzbereich um 100 Hz und senden entsprechende Töne mit großer Lautstärke aus, die für Artgenossen über 100 km hörbar sind. Die Art der Lauterzeugung ist noch unklar, sehr wahrscheinlich werden die Töne in bestimmten Partien der Nasengänge gebildet. Gegen Lauterzeugung im Kehlkopf spricht das Fehlen von Stimmbändern. Die Blaslochmuskulatur wird vom Facialis -Nerv versorgt, dessen Kern neben der oberen Olive liegt.
Funktionelle Aspekte des Walgehirns
Die Größe und Struktur des Walgehirns deuten auf eine hohe Intelligenz und komplexe kognitive Fähigkeiten hin. Wale nutzen ihr Gehirn für verschiedene Zwecke, darunter:
- Kommunikation: Wale sind soziale Tiere, die komplexe Kommunikationssysteme entwickelt haben. Sie nutzen Laute, Gesten und Körperhaltungen, um miteinander zu interagieren. Buckelwale sind bekannt für ihre komplexen Gesänge, die sie zur Partnersuche und zur Kommunikation mit anderen Walen einsetzen.
- Echoortung: Zahnwale nutzen die Echoortung, um ihre Umgebung wahrzunehmen und Beute zu finden. Sie senden Schallwellen aus und analysieren die Echos, die von Objekten in ihrer Umgebung zurückgeworfen werden.
- Navigation: Wale legen oft lange Wanderungen zurück und müssen sich dabei in den Ozeanen zurechtfinden. Sie nutzen verschiedene Hinweise, wie das Erdmagnetfeld, die Sonne und die Sterne, um sich zu orientieren.
- Soziales Verhalten: Wale leben oft in komplexen sozialen Strukturen und zeigen ein breites Spektrum an sozialem Verhalten, wie Kooperation, Altruismus und Spielverhalten.
Forschung zu Walintelligenz
Die Erforschung der Walintelligenz ist ein aktives Forschungsgebiet. Wissenschaftler untersuchen das Verhalten von Walen in freier Wildbahn und in Gefangenschaft, um mehr über ihre kognitiven Fähigkeiten zu erfahren. Dabei werden verschiedene Methoden eingesetzt, wie die Beobachtung von Walen, die Analyse von Walgesängen und die Durchführung von Experimenten.
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Einige Studien haben gezeigt, dass Wale in der Lage sind, Probleme zu lösen, Werkzeuge zu benutzen und sich selbst im Spiegel zu erkennen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Wale über ein hohes Maß an Intelligenz und Selbstbewusstsein verfügen.
Ethische Aspekte der Walforschung
Die Walforschung ist nicht ohne ethische Bedenken. Es ist wichtig, dass die Forschungsmethoden die Wale nicht schädigen oder stören. Einige Forscher setzen sich für einen respektvollen Umgang mit Walen ein und fordern, dass ihre Rechte als intelligente Lebewesen anerkannt werden.
Neue Technologien und Forschung
Die moderne Forschung nutzt fortschrittliche Technologien, um das Verständnis der Walanatomie und -physiologie zu vertiefen. Computertomographie (CT) ermöglicht die detaillierte Untersuchung von Walkadavern, was zur Entdeckung neuer Sinnesorgane und zur Klärung rätselhafter Verhaltensweisen beiträgt.
Tiefe Hirnstimulation und künstliche Synapsen
In der Humanmedizin werden innovative Ansätze wie die Tiefe Hirnstimulation (THS) zur Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Parkinson eingesetzt. Dabei werden Elektroden tief ins Gehirn implantiert, um bestimmte Hirnareale elektrisch zu stimulieren. Katarzyna Krukiewicz forscht an künstlichen Synapsen, die als Ersatz für beschädigte Nervenzellen dienen könnten. Diese Technologien könnten in Zukunft auch für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen bei Walen relevant werden.
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