Demenz: Informationen, Ursachen, Symptome und Umgang

Demenz ist ein Begriff, der den fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten und Persönlichkeitsveränderungen beschreibt. Diese Erkrankung beeinträchtigt Wahrnehmung, Verhalten und Erleben der Betroffenen und führt zu einem hohen Verlust an Lebensqualität und eigenständiger Lebensführung. Die Belastung für die Angehörigen ist ebenfalls erheblich.

Epidemiologie und Ursachen von Demenz

Aktuelle Schätzungen für das Jahr 2021 gehen von 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Aufgrund der Alterung der Gesellschaft wird erwartet, dass diese Zahl in den kommenden Jahren deutlich ansteigen wird. Die Alzheimer-Demenz ist mit einem Anteil von etwa 60 bis 65 Prozent die häufigste Form irreversibler Demenz. Gefäßbedingte Demenzen (vaskuläre Demenzen) folgen mit etwa 20 bis 30 Prozent. In etwa 15 Prozent der Fälle liegt eine Kombination aus beiden Demenzformen vor.

Demenzerkrankungen haben unterschiedliche Ursachen, wobei zwischen primären und sekundären Formen unterschieden wird. Sekundäre Demenzen, die etwa 10 Prozent aller Fälle ausmachen, können durch Intoxikationen (z.B. Arzneimittelvergiftung), Vitaminmangel oder Schilddrüsenfehlfunktionen ausgelöst werden und sind teilweise heilbar. Bei diesen sekundären Demenzen ist oft eine Rückbildung der Symptome möglich. Da Demenz nicht kurativ therapierbar ist, kommt der Prävention von demenzrelevanten Faktoren über die gesamte Lebensspanne eine besondere Bedeutung zu. Zu diesen Faktoren gehören soziale und umweltassoziierte Determinanten der Gesundheit (niedrige Bildung, soziale Isolation, Luftverschmutzung), gesundheitsrelevante Verhaltensweisen (Bewegungsmangel, riskanter Alkoholkonsum, Rauchen) und bestimmte Vorerkrankungen (Adipositas, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Depression, Diabetes Mellitus, Sehstörung, Hörverlust, Schädel-Hirnverletzungen).

Alzheimer-Demenz im Detail

Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen unwiderruflich zerstört werden. Der Verlauf dieser Demenzform ist bei jedem Menschen unterschiedlich, lässt sich aber grundsätzlich in drei Stadien einteilen, die fließend ineinander übergehen.

Charakteristisch ist ein schleichender, kaum merklicher Beginn. Anfangs treten leichte Gedächtnislücken und Stimmungsschwankungen auf, die Lern- und Reaktionsfähigkeit nimmt ab. Hinzu kommen erste Sprachschwierigkeiten. Betroffene verwenden einfachere Wörter und kürzere Sätze, stocken mitten im Satz oder können ihre Gedanken nicht mehr zu Ende bringen. Örtliche und zeitliche Orientierungsstörungen machen sich bemerkbar. In diesem Stadium nehmen die Betroffenen die Veränderungen bewusst wahr.

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Im weiteren Krankheitsverlauf werden die Symptome unübersehbar. Spätestens jetzt müssen Beruf und Autofahren aufgegeben werden. Bei alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege, Toilettengang oder Essen und Trinken sind die Betroffenen zunehmend auf die Unterstützung anderer angewiesen.

Im Spätstadium sind Menschen mit Demenz vollkommen auf Pflege und Betreuung angewiesen. Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt, eine verbale Verständigung ist unmöglich. Vermehrt treten körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörungen auf. Die Kontrolle über Blase und Darm nimmt ab. Vereinzelt kann es auch zu epileptischen Anfällen kommen. Bettlägerigkeit erhöht die Gefahr von Infektionen.

Die Ursachen der Alzheimer-Demenz sind bislang noch nicht ausreichend erforscht. Bekannt ist aber eine Reihe von Veränderungen im Gehirn, die bei Menschen mit Alzheimer-Demenz auftreten. So kommt es bei der Demenz zu einem Absterben von Nervenzellen und der Zerstörung ihrer Verbindungen untereinander. Darüber hinaus werden Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques bzw. Fibrillen) sowie die Verminderung eines für das Gedächtnis wichtigen Botenstoffs (Acetylcholin) beobachtet. Diese Veränderungen geben aber noch keine Auskunft darüber, warum die Demenz entsteht. Genetische Faktoren als alleinige Ursache liegen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle vor. Insgesamt betrachtet spielen sie daher bei der Entstehung von Alzheimer eine untergeordnete Rolle.

Je älter die Menschen werden, umso größer ist bei ihnen das Risiko für das Auftreten von Demenzerkrankungen. Auch wenn die Ursachen der Alzheimer-Demenz noch nicht hinreichend bekannt sind, lässt sich aus entsprechenden Studien ableiten, dass neben nicht veränderbaren Faktoren (wie Alter, Geschlecht und Genetik) und Vorerkrankungen auch Verhaltensweisen und Lebensumstände das Risiko beeinflussen, daran zu erkranken. Das Risiko sinkt beispielsweise durch körperliche Aktivität und ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Teilhabe. Neuere Untersuchungen weisen zudem auf ein erhöhtes Risiko durch folgende Faktoren hin: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischer Stress sowie das Vorliegen einer Hör- oder Sehminderung, erhöhte Cholesterinwerte.

Vaskuläre Demenz

Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form vaskulärer Demenz ist die „Multiinfarktdemenz“. Hierbei führen wiederholte kleine örtliche Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oftmals kommen jedoch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten hinzu.

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Symptome und Verhaltensweisen bei Demenz

Eine Demenz geht weit über den Verlust der geistigen Fähigkeiten hinaus. Sie beeinträchtigt die Wahrnehmungen, das Verhalten und Erleben der Betroffenen - das gesamte Sein des Menschen. In der Welt, in der sie leben, besitzen die Dinge und Ereignisse oft eine völlig andere Bedeutung als in der Welt der Gesunden. Niemand weiß wirklich, wie es in einem Menschen mit Demenz aussieht, denn nur im Anfangsstadium der Demenz können sich die Betroffenen selbst mitteilen. Für die Betreuenden bedeutet das, dass sie sich in die Welt der Betroffenen begeben müssen, um von ihnen verstanden zu werden. Der Schlüssel für etliche Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz liegt in ihrer Biografie verborgen. Einschneidende Erlebnisse, persönliche Ängste und Charaktereigenschaften der Betroffenen zu kennen, heißt, sie auch im Verlauf der Demenz besser zu verstehen.

Die Schwierigkeit, sich Dinge zu merken, steht in der Regel am Beginn einer Demenzerkrankung. Den Betroffenen gelingt es nicht mehr, neue Informationen im Langzeitgedächtnis zu speichern - sie vergessen Termine, verlegen Gegenstände oder erinnern sich nicht an die Namen entfernter Bekannter. Von einer Demenz Betroffene bemerken ihre Leistungsverluste meist schneller als alle anderen. Oft geraten sie aufgrund ihrer Gedächtnislücken völlig durcheinander und fühlen sich gedemütigt und beschämt. Mithilfe von Merkzetteln oder durch Zurückhaltung in Gesprächen versuchen sie, ihre Vergesslichkeit zu verbergen. Im weiteren Verlauf der Demenz sind sich die Betroffenen ihrer Gedächtnisprobleme immer weniger bewusst. Das Leiden an den Folgen, wie beispielsweise dem Verlust von Unabhängigkeit, bleibt aber bestehen.

Zur schwindenden Merkfähigkeit tritt ein fortschreitender Gedächtnisabbau, zunehmend verblassen auch bereits eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses. In der Folge wird das logische Denken beeinträchtigt, gehen erworbene Fähigkeiten verloren und nimmt das Sprachvermögen ab.

Entstehen im Gedächtnis immer mehr Lücken, leidet auch das Denkvermögen. Menschen mit Demenz sind dadurch immer weniger in der Lage, mithilfe ihres Verstandes die auf sie einströmenden Informationen und Eindrücke zu ordnen oder zu bewerten. Deshalb fällt es den Betroffenen immer schwerer, Entscheidungen zu treffen oder Probleme durch logische Schlussfolgerungen zu lösen. Verbrennt sich beispielsweise ein Mensch mit Demenz die Zunge, gelingt der Rückschluss, dass der Tee zu heiß war, unter Umständen nicht mehr.

Logische Erklärungen versteht die betroffene Person häufig nicht mehr, genauso wenig kann sie Fragen nach Gründen für ihr Verhalten oder ihre Gefühlsäußerungen beantworten. Deshalb ist es nicht zielführend, sich mit Menschen mit Demenz auf Streitereien oder Diskussionen einzulassen und dabei zu versuchen, die betroffene Person durch logische Argumente zu überzeugen. Oftmals leidet die betroffene Person unter Dingen, die sie nicht mehr nachvollziehen kann. Kommen Besucherinnen und Besucher vorbei, drängt sich die Befürchtung auf, sie könnten ihr vertraute Angehörige wegnehmen, raschelndes Laub deutet auf gefährliche Einbrecher hin, ein knackendes Heizungsrohr wird zu Gewehrschüssen. Menschen mit Demenz empfinden die Trauer über ihren Verlust an Fähigkeiten und Unabhängigkeit umso stärker, weil sie nicht in der Lage sind, ihren Gefühlen mit dem Verstand zu begegnen. Versagt ein gesunder Mensch in einer bestimmten Situation, kann er sich darauf besinnen, dass dieses Versagen eine Ausnahme darstellt oder dass er gestern eine ähnliche Situation erfolgreich bewältigt hat. Vor diesem Hintergrund schöpft er neue Hoffnung und bewältigt seine Krise. Das häufige Erleben von Misserfolgen führt bei Menschen mit Demenz zu Angst vor der eigenen Leistungsunfähigkeit. Viele vereinsamen innerlich, da ihnen niemand in ihre eigene Welt zu folgen vermag. Verlustängste prägen ihr Dasein besonders stark, da ihr Leben mehr und mehr als eine Reihe von Verlustsituationen erscheint. Das Zurechtfinden auch in vertrauter Umgebung wird immer schwieriger, Autofahren ist nicht mehr möglich, Telefonieren gerät zur Qual, Schlüssel werden verlegt, Bargeld wird nicht mehr gefunden. Die Betroffenen sehnen sich in dieser Situation danach, nicht noch mehr Einschränkungen und Verluste zu erleiden.

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Umgang mit Demenz und Unterstützung für Angehörige

Die gesamte Familie ist gefordert, die betroffene Person zu verstehen, sich in sie einzufühlen und sie kompetent zu betreuen. Als Argument, einen betroffenen Menschen nicht über seine Demenzerkrankung aufzuklären, wird häufig angeführt, dass er unter Umständen stark depressiv und mit massiven Ängsten reagieren könnte. Die Aufklärung erschöpft sich in der Regel nicht in einem einmaligen Gespräch, sondern stellt einen länger andauernden Prozess dar, der sich in Art und Umfang an der individuellen Situation des Menschen mit Demenz orientiert. Auf diese Weise hat sie die Möglichkeit, sich an der Organisation der Pflege aktiv zu beteiligen und kann zudem die wichtigsten finanziellen Entscheidungen noch selbst treffen oder entscheiden, wer sich später um diese kümmern soll. Hat die Person erfahren, woran sie leidet, sollte ihr dabei geholfen werden, die Diagnose anzunehmen und gegebenenfalls auch mit Emotionen wie Wut, Angst oder Niedergeschlagenheit zurechtzukommen. Eine psychologische Beratung oder die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann hilfreich sein, solange die Demenz noch nicht zu weit fortgeschritten ist.

Die Diagnose „Demenz“ kann bei den Angehörigen eine Reihe widersprüchlicher Gefühle hervorrufen. Das Untersuchungsergebnis selbst löst oft einen Schock aus. Hinzu kommen Wut auf die Krankheit, Schuldgefühle oder Angst. Es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass alle diese Gefühle normale Reaktionen auf eine äußerst belastende Situation sind. Betroffene Angehörige sollten daher versuchen, sie zu akzeptieren und - eventuell mithilfe professioneller Beratung - Schritt für Schritt zu verarbeiten.

Häufig wird die Entscheidung, ein Familienmitglied mit Demenz zu betreuen, unbewusst getroffen. Das hängt mit dem schleichenden Charakter von Demenzerkrankungen zusammen. In beiden Fällen ist es ratsam, wenn der Entschluss zur Betreuung nicht von der Hauptpflegeperson allein getroffen wird. Es hilft, wenn alle Familienmitglieder gemeinsam überlegen, wer für welchen Part verantwortlich sein wird und wie die unterschiedlichen Aufgaben gerecht verteilt werden. Das trägt auch zur Solidarität unter den Angehörigen bei. Um spätere Enttäuschungen oder Missverständnisse zu vermeiden, sollten Hilfeleistungen anderer nach Möglichkeit schriftlich festgehalten werden. Ebenso ratsam ist es, von Beginn an ambulante Pflegedienste, die möglicherweise Entlastung bringen können, in die Überlegungen miteinzubeziehen. Egal wie und für welche Dauer: Wenn Angehörige die häusliche Betreuung übernehmen, verdient diese Entscheidung Respekt und Anerkennung.

Es ist wichtig, die betroffene Person so anzunehmen, wie sie ist, und das zu akzeptieren, was sie tatsächlich leisten kann. Menschen mit Demenz fällt es zunehmend schwer, sich in ihrem alltäglichen Umfeld zu orientieren. Das Risiko wächst, dass sie sich und andere in Gefahr bringen. Deshalb ist es wichtig, die Lebensumstände - soweit möglich - an ihre Bedürfnisse anzupassen. Die Demenz raubt den Betroffenen zunehmend die Möglichkeit, vertrauten Tätigkeiten nachzugehen und ihre Freizeit wie gewohnt zu gestalten. Menschen mit Demenz verlieren nach und nach die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen.

Vermeiden Sie vermeintliches „Gehirntraining“ durch regelmäßiges Abfragen. Halten Sie biografische Erinnerungen des Menschen mit Demenz lebendig. In fehlenden Erinnerungen liegt häufig der Grund für das unverständliche Verhalten der Menschen mit Demenz: Wer sich nicht mehr an die Person erinnert, die einem gerade aus den Kleidern helfen möchte, wird sie als Zumutung für seine Intimsphäre empfinden - und sie unter Umständen beschimpfen oder sich weigern, sich auszuziehen. Versetzt man sich in die Welt der betroffenen Person, ist dies also durchaus eine verständliche Verhaltensweise.

Prävention

Da Demenz nicht heilbar ist, kommt der Prävention von demenzrelevanten Faktoren über die gesamte Lebensspanne eine besondere Bedeutung zu. Zu den beeinflussbaren Faktoren gehören:

  • Soziale und umweltassoziierte Faktoren: Niedrige Bildung, soziale Isolation, Luftverschmutzung.
  • Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen: Bewegungsmangel, riskanter Alkoholkonsum, Rauchen.
  • Vorerkrankungen: Adipositas, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Depression, Diabetes Mellitus, Sehstörung, Hörverlust, Schädel-Hirnverletzungen.

Fazit

Demenzerkrankungen stellen eine große Herausforderung für Betroffene, Angehörige und das Gesundheitssystem dar. Ein besseres Verständnis der Ursachen, Symptome und des Verlaufs von Demenz ist entscheidend für eine adäquate Versorgung und Unterstützung. Präventive Maßnahmen, die auf einen gesunden Lebensstil und die Vermeidung von Risikofaktoren abzielen, können dazu beitragen, das Demenzrisiko zu senken. Die Anpassung der Lebensumstände an die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und die Unterstützung der Angehörigen sind wichtige Aspekte im Umgang mit dieser komplexen Erkrankung.

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