Epileptische Anfälle im Neugeborenenalter stellen einen der häufigsten neurologischen Notfälle dar. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, und eine frühzeitige Diagnose sowie gezielte Behandlung sind entscheidend für die Prognose der betroffenen Kinder. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen der Burst-Suppression-Epilepsie, insbesondere im Neugeborenenalter, und gibt einen Überblick über Diagnose- und Therapieansätze.
Einführung in die Epilepsie im Neugeborenenalter
Epilepsie, definiert als das wiederholte Auftreten unprovozierter epileptischer Anfälle, ist eine neurologische Erkrankung, die durch plötzliche, abnormale elektrische Aktivität im Gehirn gekennzeichnet ist. Bei Neugeborenen manifestieren sich Anfälle oft anders als bei älteren Kindern oder Erwachsenen, was die Diagnose erschweren kann. Die Inzidenz von Anfällen in der Neugeborenenperiode liegt in Ländern mit hohem durchschnittlichem Einkommen bei 1 bis 3 pro 1000 Lebendgeburten und ist in Ländern mit mittlerem bis niedrigem Einkommen deutlich höher. Bei Frühgeborenen kann die Inzidenz sogar zwischen 1 und 10 % liegen.
Ursachen von Anfällen im Neugeborenenalter
Die Ursachen für Anfälle bei Neugeborenen sind vielfältig. Im Gegensatz zu Anfällen im Kindes- und Erwachsenenalter handelt es sich bei Neugeborenen in den allermeisten Fällen um akut symptomatische Anfälle bei Hirninsult. Obwohl viele Ursachen zu Anfällen bei Neugeborenen führen können, sind nur wenige Ätiologien für den Großteil der Fälle verantwortlich.
Häufige Ursachen
- Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (HIE): Bei Reifgeborenen ist die HIE, die typischerweise 6-24 Stunden nach dem hypoxischen Insult auftritt, die häufigste Ursache.
- Intrakraniale Blutung: Insbesondere bei Frühgeborenen stellen Blutungen eine häufige Ursache dar.
- Infektionen: Meningitis und Sepsis können ebenfalls Anfälle auslösen.
- Fokaler Hirninfarkt: Ein Schlaganfall kann auch bei Neugeborenen zu Anfällen führen.
- Angeborene Stoffwechselstörungen: Diese können sich durch verschiedene Symptome manifestieren und Anfälle auslösen.
- Angeborene kortikale Fehlbildungen: Fehlbildungen des Gehirns können ebenfalls Anfälle verursachen.
Seltenere Ursachen
- Mütterlicher Drogenentzug: Der Entzug von Drogen bei der Mutter kann beim Neugeborenen Anfälle verursachen.
- Genetische Ursachen: In weniger als 15 % der Fälle stellen Neugeborenenanfälle den Beginn einer frühkindlichen und dann meist genetisch verursachten Epilepsie dar.
Die Burst-Suppression-Epilepsie
Die Burst-Suppression-Epilepsie ist eine besonders schwere Form der Epilepsie, die durch ein charakteristisches Muster im EEG gekennzeichnet ist. Dieses Muster besteht aus Phasen hoher elektrischer Aktivität (Burst), gefolgt von Phasen der Inaktivität (Suppression).
Ohtahara-Syndrom
Das Ohtahara-Syndrom, auch bekannt als "frühe infantile epileptische Enzephalopathie mit Burst-Suppression", ist eine sehr seltene Erkrankung, die sich meist innerhalb der ersten drei Lebensmonate manifestiert. Die Ursachen können vielfältig sein, darunter:
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- Strukturelle Hirnfehlbildungen: Das Syndrom kann das ganze Gehirn oder nur Teile davon betreffen und ist meistens im Kernspintomogramm zu erkennen.
- Metabolische Störungen: Verschiedene Stoffwechselstörungen können mit dem Ohtahara-Syndrom einhergehen.
- Genetische Mutationen: Mutationen im Gen STXBP1 wurden bei einem Teil der Patienten mit Ohtahara-Syndrom identifiziert. Dieses Gen spielt eine essentielle Rolle in der synaptischen Vesikelfreisetzung und Neurotransmittersekretion. Auch Mutationen des X-chromosomalen Gens ARX wurden bei männlichen Patienten mit Ohtahara-Syndrom beschrieben.
Die Anfälle beim Ohtahara-Syndrom sind oft therapierefraktär und können verschiedene Formen annehmen, darunter tonische Anfälle, fokale Anfälle und Myoklonien. Das EEG zeigt das typische Burst-Suppression-Muster sowohl im Schlaf als auch im Wachzustand. Die Prognose ist in der Regel ungünstig, mit einer schweren Entwicklungsretardierung und einer relativ hohen Mortalitätsrate in der Kindheit.
Frühe Myoklonische Enzephalopathie
Die frühe myoklonische Enzephalopathie ist ein weiteres Syndrom, das oft im Rahmen angeborener Stoffwechselstörungen auftritt. Dazu gehören:
- Nonketotische Hyperglycinämie
- Amino- und organische Azidopathien
- Harnstoffzykluserkrankungen
- Kongenitale Erkrankungen der Glykosylierung
- Mitochondriopathien
- Vitamin-B6-abhängige Epilepsien (mit Pyridoxinabhängigkeit oder auch Pyridoxal-5-Phosphat-Abhängigkeit, selten auch Arnitin-Palmitoyl-Transferase-Mangel)
- Molybdänkofaktormangel
- Sulfitoxidasemangel
- Menkes-Syndrom
- Zellweger-Syndrom
Der Epilepsiebeginn liegt fast immer im ersten Lebensmonat. Typischerweise treten ein fragmentierter Myoklonus oder massive Myoklonien auf, manchmal auch fokale motorische Anfälle. Die EEG-Hintergrundaktivität ist immer abnorm mit einem Burst-Suppression-Muster, das sich sowohl im Wachen als auch im Schlaf darstellt. Das EEG entwickelt sich später in Richtung einer atypischen Hypsarrhythmie. Die Anfälle sind nahezu immer medikamentenresistent.
Diagnose von Anfällen im Neugeborenenalter
Die Diagnose von Anfällen bei Neugeborenen erfordert eine sorgfältige Anamnese, klinische Untersuchung und den Einsatz verschiedener diagnostischer Verfahren.
Anamnese und klinische Untersuchung
Eine detaillierte Anamnese, einschließlich Informationen über Schwangerschaft, Geburt und familiäre Vorbelastung, ist entscheidend. Die klinische Untersuchung kann Hinweise auf mögliche Ursachen liefern, wie z. B. neurologische Defizite oder Anzeichen einer Infektion.
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Elektroenzephalogramm (EEG)
Das EEG ist ein wesentliches Instrument zur Diagnose von Anfällen bei Neugeborenen. Es misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann abnorme Muster wie das Burst-Suppression-Muster erkennen. Die polygraphische Ableitung sollte mindestens 10 EEG-Kanäle, EKG (Elektrokardiogramm), Ableitung von Atmung und Oberflächen-Elektromyographie (EMG) von beiden Deltoidmuskeln und das synchrone Video als Goldstandard einschließen. Nach Definition durch die American Clinical Neurophysiology Society sind elektrographische Anfälle gekennzeichnet durch ein plötzlich abnormes EEG mit repetitiven Mustern, die eine Evolution zeigen und eine Amplitude von mindestens 2 µV und eine Dauer von mindestens 10 s haben.
Bildgebung
Eine kraniale Ultraschalluntersuchung ist schnell verfügbar und nicht invasiv und daher oft die Bildgebung der ersten Wahl. Allerdings ist in den meisten Fällen eine Magnetresonanztomographie (MRT) indiziert, um andere klinisch wichtige Pathologien wie z. B. Hirninfarkt, subdurale und subarachnoidale Blutung oder zerebrale Fehlbildungen zu erkennen.
Laboruntersuchungen
Laboruntersuchungen sind wichtig, um metabolische und infektiöse Ursachen auszuschließen. Dazu gehören:
- Blutuntersuchungen: Glukose, Elektrolyte, Blutbild, Entzündungsmarker, Leber- und Nierenwerte, Stoffwechselparameter (Aminosäuren, Ammoniak, Laktat, Pyruvat, überlangkettige Fettsäuren, Biotinidase, Pipecolinsäure)
- Urinuntersuchungen: Organische Säuren, Ketone
- Liquoruntersuchung: Zellzahl, Glukose, Protein, Laktat, Aminosäuren, Pyridoxal-p-Phosphat, Erregerdiagnostik
Therapie von Anfällen im Neugeborenenalter
Die Therapie von Anfällen bei Neugeborenen zielt darauf ab, die Anfälle zu stoppen und die zugrunde liegende Ursache zu behandeln.
Akuttherapie
Die Akuttherapie umfasst die Stabilisierung des Neugeborenen und die Behandlung von Hypoglykämie oder Elektrolytentgleisungen. Medikamentöse Therapien umfassen:
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- Phenobarbital: Ist weltweit das Medikament der 1. Wahl zur Behandlung von Neugeborenen. Es gibt Hinweise darauf, dass Phenobarbital eine elektroklinische Dissoziation begünstigt, da die Anzahl der klinischen Anfälle ab- und die der elektrographischen Anfälle zunimmt.
- Levetiracetam: Eine Alternative, die in einigen Ländern bevorzugt wird.
- Phenytoin: Kann als zweite Wahl in Betracht gezogen werden.
- Midazolam: Wird im Vereinigten Königreich bevorzugt. Midazolam hat eine kürzere Halbwertszeit als Clonazepam, was mit einer geringeren Ausprägung der oropharyngealen Sekretion einhergeht.
- Lidocain: Wird in den skandinavischen Ländern häufig als Mittel der zweiten Wahl eingesetzt.
Langzeittherapie
Die Langzeittherapie hängt von der Ursache der Anfälle ab. Bei angeborenen Stoffwechselstörungen kann eine spezifische Behandlung, wie z. B. die Gabe von Pyridoxin oder Biotin, erforderlich sein. In einigen Fällen kann eine ketogene Diät hilfreich sein.
Spezifische Therapien bei Burst-Suppression-Epilepsie
Bei der Burst-Suppression-Epilepsie, insbesondere beim Ohtahara-Syndrom, ist die Behandlung oft schwierig. Antikonvulsiva sind oft nicht wirksam, und die Prognose ist in der Regel schlecht. In einigen Fällen wurde eine Behandlung mit adrenokortikotropem Hormon (ACTH) versucht, jedoch mit begrenztem Erfolg.
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