Epileptische Anfälle können das Leben Betroffener und ihrer Familien grundlegend verändern. Die Angst vor dem nächsten Anfall überschattet oft den Alltag. Für viele Menschen mit Epilepsie, deren Anfälle trotz medikamentöser Behandlung unkontrolliert bleiben, bietet medizinisches Cannabis, insbesondere Cannabidiol (CBD), eine vielversprechende Option zur Kontrolle der Erkrankung und zur Steigerung der Lebensqualität. In Deutschland sind etwa 1 von 100 Menschen von epileptischen Anfällen ohne erkennbaren Auslöser betroffen. Werden Gelegenheitsanfälle mitberücksichtigt, erleiden schätzungsweise 10 von 100 Menschen mindestens einen Anfall im Laufe ihres Lebens.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch unprovozierte, wiederkehrende Anfälle gekennzeichnet ist, die durch abnorme elektrische Entladungen im Gehirn verursacht werden. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und können genetische Veränderungen, Hirnschäden durch Schlaganfall oder Tumore umfassen. Die Diagnose basiert auf der Anamnese, Berichten von Angehörigen und verschiedenen Tests wie EEG, CT/MRT oder Lumbalpunktion.
Cannabidiol (CBD) im Fokus der Epilepsiebehandlung
Medizinisches Cannabis, insbesondere das Cannabinoid CBD, zeigt in der Epilepsiebehandlung vielversprechende Ergebnisse. CBD hat in Studien gezeigt, dass es die Häufigkeit und Schwere von Anfällen reduzieren kann, insbesondere bei schweren Formen wie dem Dravet-Syndrom oder dem Lennox-Gastaut-Syndrom. Im Gegensatz dazu wird THC bei Epilepsie nicht als wirksam anerkannt, und Studien deuten darauf hin, dass THC Nebenwirkungen wie eine mögliche Verschlimmerung von Anfällen verursachen kann.
CBD interagiert mit dem Endocannabinoid-System, das die neuronale Aktivität reguliert. Dadurch kann Cannabidiol Epilepsie-Anfälle dämpfen und die Anfallshäufigkeit reduzieren.
Epidyolex: Ein zugelassenes CBD-Öl
Epidyolex, ein zugelassenes CBD-Öl zur Behandlung von Epilepsie, wird in Form einer oralen Lösung verabreicht. Die Dosierung wird individuell angepasst, abhängig von Gewicht und Verträglichkeit des Patienten, wobei die Therapie mit einer niedrigen Dosis beginnt. Es ist wichtig, dass die Dosierung und die Therapie von einem Arzt überwacht werden.
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THC bei Epilepsie: Umstritten
Während die Wirkung von CBD bei Epilepsie gut belegt ist, bleibt die Verwendung von THC bei Epilepsie umstritten. Einige Untersuchungen aus den 1970er Jahren schrieben dem Cannabinoid zwar eine krampflösende Wirkung zu, andere Studien konnten jedoch keine entsprechende Wirkung beobachten oder kamen zu dem Schluss, dass THC Krampfanfälle sogar begünstigen könnte. Vor diesem Hintergrund wird eine Verwendung von THC bei Epilepsie aktuell nicht empfohlen.
Studienlage zu Cannabis und Epilepsie
Die Studienlage zu Cannabis bei Epilepsie ist vielversprechend, aber unterschiedlich je nach Patientengruppe. Bei Kindern mit seltenen Epilepsieformen wie dem Dravet- oder Lennox-Gastaut-Syndrom zeigen Studien klare Vorteile von CBD bei Epilepsie, mit einer signifikanten Reduktion der Anfälle. Bei Erwachsenen ist die Evidenz schwächer, da groß angelegte Studien fehlen. Cannabis-Studien zu Epilepsie bei Erwachsenen zeigen zwar positive Einzelfälle, aber keine breite Bestätigung.
Fallbeispiel
Eine 35-jährige Patientin mit therapieresistenter Epilepsie litt seit Jahren unter wöchentlichen Anfällen. Nach einem Gespräch mit einem Neurologen begann sie eine Therapie mit Epidyolex. Die Dosis wurde langsam gesteigert, und nach drei Monaten sank die Anfallshäufigkeit um die Hälfte. Regelmäßige Blutkontrollen waren nötig, um Cannabis Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu überwachen. Dieser Fall zeigt, dass Cannabis Erfahrungen bei Epilepsie positiv sein können, aber Geduld und ärztliche Begleitung erfordern.
Ergebnisse von Studien
Eine CBD-Epilepsie-Studie aus dem Jahr 2015 untersuchte, ob die Einnahme von CBD zusätzlich zu einer bestehenden Antiepileptika-Therapie bei behandlungsresistenter Epilepsie sicher, verträglich und wirksam ist. Als Begleiterscheinungen der Behandlung traten Somnolenz (Benommenheit) (25 %), verminderter Appetit (19 %), Durchfall (19 %), Müdigkeit (13 %) und Krampfanfälle (11 %) auf. Die Wissenschaftler kamen zum Schluss, dass Cannabidiol gut verträglich sei. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Durchfall und Sedierung. Bei der Einnahme von CBD traten vermehrt Erhöhungen der Aspartat-Aminotransferase und der Alanin-Aminotransferase auf, was auf eine Schädigung der Leberzellen hindeuten kann. Darüber hinaus weisen Daten darauf hin, dass es Wechselwirkungen zwischen CBD und den Medikamenten Rufinamid, Zonisamid, Topiramat und Eslicarbazepin gibt.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
CBD Nebenwirkungen bei Epilepsie umfassen Schläfrigkeit, Appetitverlust, Durchfall oder selten eine Zunahme von Anfällen. Cannabis Wechselwirkungen mit Medikamenten wie Clobazam oder Valproat sind häufig, da CBD deren Blutspiegel erhöhen kann. Regelmäßige Kontrollen von Leberwerten und Medikamentenspiegeln sind unerlässlich.
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Kosten und Kostenübernahme
Die Kosten für Epidyolex oder andere Cannabis-Medikamente können 2000-3000 Euro monatlich betragen. In Deutschland ist eine Cannabis Kostenübernahme durch Krankenkassen möglich, erfordert aber einen Antrag mit ärztlicher Begründung.
Rechtliche Situation in Deutschland
Medizinisches Cannabis unterlag in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und wurde durch das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) ersetzt. Seit April 2024 kann es auf ein einfaches Rezept von qualifizierten Ärzten, meist Neurologen, verschrieben werden, ohne die bisher erforderliche Betäubungsmittelrezeptierung. Die Cannabis Verschreibung bei Epilepsie setzt eine genaue medizinische Indikation voraus, etwa für zugelassene Präparate wie Epidyolex bei seltenen Epilepsieformen. Das Cannabisgesetz (CanG) und das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) von 2024 haben den Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtert. Cannabis auf Rezept ist nun schneller verfügbar, da Ärzte es auf ein einfaches Rezept verschreiben können und Telemedizin für Beratungen anerkannt ist. Dennoch bleibt eine ärztliche Diagnose entscheidend, um die richtige Cannabis-Therapie bei Epilepsie sicherzustellen.
Selbstmedikation birgt Risiken
Selbstmedikation über den Schwarzmarkt birgt hohe Risiken: Ungeprüfte Produkte können Verunreinigungen wie Pestizide oder Schwermetalle enthalten und unklare Wirkstoffgehalte aufweisen, was die Anfallskontrolle gefährden kann. Epilepsie und Selbstmedikation mit frei verkäuflichem CBD-Öl oder Hanföl bei Epilepsie ist gefährlich. Diese Produkte sind nicht standardisiert, nicht medizinisch geprüft und können unwirksam oder schädlich sein.
Mythen und Realität
Ein häufiger Mythos ist, dass Cannabis jede Epilepsie heilt oder THC genauso wirksam wie CBD ist. Tatsächlich ist CBD bei Epilepsie nur für bestimmte Formen zugelassen, und THC zeigt keine Vorteile.
Alkoholkonsum und Cannabis
Ein riskantes Trinkverhalten sollte von Epilepsiepatienten vermieden werden. Alkohol kann epileptische Anfälle akut provozieren.
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