Neurodegenerative Erkrankungen stellen eine erhebliche Belastung für Betroffene und ihre Angehörigen dar. Zu diesen Erkrankungen gehört auch die Chorea Huntington (Huntington-Krankheit), eine genetisch bedingte neurologische Störung. Neben der klassischen Chorea Huntington gibt es auch Huntington-ähnliche Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen, aber andere Ursachen haben. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Chorea Huntington-ähnliche Krankheiten, ihre Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Neurodegenerative Erkrankungen: Wenn das Gehirn abbaut
Neurodegenerative Erkrankungen sind durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet. Dieser Prozess führt zu einem kontinuierlichen Abbau von Funktionen, was sich in motorischen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen äußern kann. Zu den bekanntesten neurodegenerativen Erkrankungen gehören Demenz, Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS).
Im Alter kann das Gehirn nachlassende Funktionen normalerweise ausgleichen. Bei einer neurodegenerativen Erkrankung werden kontinuierlich Nervenzellen zerstört, bis ganze Hirnbereiche ihre Funktionen verlieren.
Ursachen und Risikofaktoren
Während einige neurodegenerative Erkrankungen wie Chorea Huntington eindeutig genetisch bedingt sind, spielen bei anderen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle. Das Alter ist ein weiterer wichtiger Risikofaktor, da das Risiko für viele neurodegenerative Erkrankungen mit zunehmendem Alter steigt.
Diagnose
Die Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen kann komplex sein und erfordert eine sorgfältige Bewertung der Symptome, eine neurologische Untersuchung und bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT). In einigen Fällen können auch genetische Tests durchgeführt werden, um die Diagnose zu bestätigen oder das Risiko für bestimmte Erkrankungen zu bestimmen.
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Therapieansätze
Bisher sind die meisten neurodegenerativen Erkrankungen unheilbar. Die Behandlung konzentriert sich daher in erster Linie auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Zu den gängigen Therapieansätzen gehören Medikamente, Physio- und Ergotherapie, Logopädie und psychologische Unterstützung. In einigen Fällen kann auch eine tiefe Hirnstimulation in Betracht gezogen werden.
Chorea Huntington: Ursachen, Symptome und Diagnose
Die Huntington-Krankheit ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch eine Mutation im Huntingtin-Gen verursacht wird. Diese Mutation führt zur Bildung eines verlängerten Huntingtin-Proteins, das sich in den Nervenzellen ansammelt und diese schädigt.
Symptome
Die Huntington-Krankheit manifestiert sich typischerweise im mittleren Lebensalter (30-50 Jahre) mit einer Trias aus motorischen, kognitiven und psychiatrischen Symptomen. Die motorischen Symptome umfassen unwillkürliche, choreatische Bewegungen, Steifheit, langsame Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen. Kognitive Symptome können Gedächtnisprobleme, Aufmerksamkeitsdefizite und Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung umfassen. Zu den psychiatrischen Symptomen gehören Depressionen, Angstzustände, Reizbarkeit und Persönlichkeitsveränderungen.
Die Betroffenen zeigen ausladende Bewegungen, die wie ein Tanz wirken können. Da viele Hirnbereiche an mehr als nur einer Aufgabe beteiligt sind, verändert sich bei der Huntington-Krankheit oft auch das Sozialverhalten der Betroffenen.
Diagnoseverfahren
Die Diagnose der Huntington-Krankheit basiert in der Regel auf der Familienanamnese, den klinischen Symptomen und einem Gentest, der die Mutation im Huntingtin-Gen nachweist. Bildgebende Verfahren wie MRT können ebenfalls eingesetzt werden, um Veränderungen im Gehirn zu erkennen.
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Chorea Huntington-ähnliche Erkrankungen: Eine differenzialdiagnostische Herausforderung
Neben der klassischen Chorea Huntington gibt es eine Reihe von anderen Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen können. Diese Huntington-ähnlichen Erkrankungen (HDL) stellen eine differenzialdiagnostische Herausforderung dar, da sie klinisch schwer von der Huntington-Krankheit zu unterscheiden sind.
Ursachen und genetische Grundlagen
HDL-Erkrankungen können verschiedene Ursachen haben, darunter genetische Mutationen in anderen Genen als dem Huntingtin-Gen, Stoffwechselstörungen, Infektionen und Autoimmunerkrankungen. Zu den bekannten genetischen Ursachen von HDL gehören Mutationen im Prionprotein(PRNP)-Gen (HDL1), im Junctophilin-3(JPH3)-Gen (HDL2) und im TATA-box-bindendes-Protein(TBP)-Gen (Synonym SCA17, HDL4).
Diagnostische Abklärung
Bei Verdacht auf eine HDL-Erkrankung ist eine umfassende diagnostische Abklärung erforderlich, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren. Dazu gehören eine detaillierte Familienanamnese, eine neurologische Untersuchung, bildgebende Verfahren, Stoffwechseluntersuchungen und genetische Tests.
Differenzialdiagnostische Überlegungen
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die gelegentlich mit einem HD-Phänotyp imponieren, auch wenn i. d. R. andere Symptome vorherrschen. Diese Erkrankungen (u. a. spinozerebelläre Ataxien (SCA), dentatorubrale-pallidoluysiale Atrophie (DRPLA), Neuroferritinopathie, Chorea-Akanthozytose, benigne Chorea) müssen differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden, wenn die HD bei einem Indexpatienten mit typischer Symptomatik molekulargenetisch nicht bestätigt werden kann.
Behandlungsmöglichkeiten bei Chorea Huntington und HDL-Erkrankungen
Die Behandlung von Chorea Huntington und HDL-Erkrankungen zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da die zugrunde liegenden Ursachen oft nicht heilbar sind, konzentriert sich die Therapie auf die Behandlung der motorischen, kognitiven und psychiatrischen Symptome.
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Medikamentöse Therapie
Zur Behandlung der choreatischen Bewegungen können Medikamente wie Tetrabenazin und Deutetrabenazin eingesetzt werden. Diese Medikamente wirken, indem sie die Dopamin-Freisetzung im Gehirn reduzieren. Bei psychiatrischen Symptomen wie Depressionen und Angstzuständen können Antidepressiva und Anxiolytika eingesetzt werden.
Nicht-medikamentöse Therapien
Physio- und Ergotherapie spielen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der motorischen Fähigkeiten, der Koordination und des Gleichgewichts. Logopädie kann bei Sprach- und Schluckbeschwerden helfen. Psychologische Unterstützung kann den Betroffenen und ihren Familien helfen, mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen der Erkrankung umzugehen.
Tiefe Hirnstimulation
In ausgewählten Fällen kann eine tiefe Hirnstimulation in Betracht gezogen werden, um die motorischen Symptome zu lindern. Bei der Tiefen Hirnstimulation werden mittels eines neurochirurgischen Eingriffs Stimulationselektroden in bestimmte Hirngebiete platziert. Die Indikation zur Tiefen Hirnstimulation besteht hauptsächlich für neurologische Bewegungsstörungen. Im Allgemeinen kommt diese Therapieform erst in Frage, wenn alle medikamentösen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, es zu Wirkfluktuationen oder medikamentösen Nebenwirkungen kommt.
Innovative Therapieansätze
Die Forschung im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen schreitet kontinuierlich voran. Neue Therapieansätze wie Gentherapie und RNA-basierte Therapien bieten Hoffnung auf zukünftige Behandlungen, die möglicherweise die zugrunde liegenden Ursachen der Erkrankungen angehen können. Anastasia Khvorova erhält den Else Kröner Fresenius Preis für Medizinische Forschung 2025 für ihre wegweisende Forschung zu RNA-basierten Therapien. Khvorova will das Preisgeld nutzen, um neue RNA-Therapien gegen genetische und neurodegenerative Krankheiten wie Chorea Huntington zu entwickeln. Ziel von Khvorovas Arbeit ist es, die zugrundeliegenden Veränderungen im Erbgut zu verhindern und damit die Produktion der krankmachenden Proteine zu hemmen. Das würde erstmals einen gezielten Therapieansatz gegen die Huntington-Krankheit ermöglichen.
Spezialisierte Versorgung und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Behandlung von Chorea Huntington und HDL-Erkrankungen erfordert eine spezialisierte Versorgung und eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachdisziplinen. Neurologische Kliniken und Zentren für seltene Bewegungsstörungen bieten eine umfassende Diagnostik und Therapie an. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit umfasst Neurologen, Neurochirurgen, Humangenetiker, Psychologen, Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden.
Zentrum für Seltene Bewegungsstörungen
Im Rahmen des Zentrums für Seltene Bewegungsstörungen arbeiten wir dabei interdisziplinär mit anderen Abteilungen zusammen. Folgende seltenen Bewegungsstörungen werden behandelt:
- seltene Dystonie-Formen
- verschiedene seltene Zitterformen (Tremor)
- Chorea
- Myoklonus-Erkrankungen
- Tic-Störungen
- Ataxien
- seltene genetische Varianten der Parkinson-Krankheit
- atypische Parkinson-Syndrome inklusive Multisystematrophie (MSA-P, MSA-C), progressive supranukleäre Blickparese (PSP) und corticobasale Degeneration (CBD)
- seltene Demenz-Erkrankungen, die mit Bewegungsstörungen kombiniert sein können (zum Beispiel Lewy-Körperchen-Demenz oder frontotemporale Demenzen)
Diagnostische Verfahren
Die neurologische Untersuchung ist ausschlaggebend für die Diagnose. Dabei ist die Erfahrung der Fachärztin oder des Facharztes von großer Bedeutung. Zudem können wir, auch in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, alle erforderlichen diagnostischen Verfahren anbieten:
- elektrophysiologische Untersuchungen
- neuroradiologische Untersuchungen (MRT, funktionelles MRT)
- nuklearmedizinische Untersuchungen (SPECT, PET)
- genetische Abklärung der erblichen Bewegungsstörungen und Beratung zu Risiken der Vererbung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Humangenetik
Therapieansätze
Je nach Krankheitsbild können physio- und ergotherapeutische Verfahren, Medikamente, Botulinumtoxin-Therapie sowie operative Behandlungsmethoden wie die Tiefe Hirnstimulation zum Einsatz kommen.
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