Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist ein komplexes Krankheitsbild, das Fehlregulationen und Fehlfunktionen der Kiefergelenke umfasst. Dies kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die oft nicht direkt mit dem Kiefer in Verbindung gebracht werden. Eines dieser Symptome ist das Taubheitsgefühl im Gesicht. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von CMD, insbesondere im Zusammenhang mit Taubheitsgefühlen im Gesicht.
Was ist CMD?
CMD steht für Craniomandibuläre Dysfunktion. Der Begriff leitet sich von den lateinischen Wörtern "cranium" (Schädel) und "mandibula" (Unterkiefer) ab. CMD beschreibt eine strukturelle oder funktionelle Störung im Zusammenspiel von Oberkiefer und Unterkiefer. Es handelt sich um eine Fehlfunktion der Kiefergelenke, der Verbindung zwischen dem beweglichen Unterkiefer und dem Schädel, der Kaumuskulatur oder des Zusammenbisses.
Ursachen von CMD
Die Ursachen von CMD sind vielfältig und oft nicht eindeutig zu identifizieren. Es wird vermutet, dass ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren das Risiko erhöht. Zu den möglichen Ursachen gehören:
- Zahnfehlstellungen: Zahnfehlstellungen, fehlende Zähne, durchbrechende Weisheitszähne oder schlecht sitzender Zahnersatz können zu einer CMD führen. Wenn zum Beispiel eine Füllung, Teilkrone oder Krone zu hoch oder zu tief ist, verändert dies über die Zeit das Zusammenspiel von Ober- und Unterkiefer.
- Fehlhaltungen: Ein Schiefhalten des Kopfes, Nackens und Rückens (vor allem bei „Schreibtischtätern“), eine Beckenschiefstellung, sogar instabile Knie oder Sprunggelenke verursachen ein muskuläres Ungleichgewicht. In einer „Kettenreaktion“ kann diese sich bis auf den Kiefer übertragen.
- Seelische Belastung: Starke emotionale Belastung mit Bruxismus (= unbewusstes Zähneknirschen und Zähnepressen) bedingen eine schiefe Bisslage und können durch stetes „Abschleifen“ die Zahnsubstanz erheblich schädigen. Stress äußert sich bei den meisten Menschen in körperlicher Anspannung. Diese Dauerspannung führt zu einer Verhärtung der Muskulatur, die so ständig Zug an oder Druck auf Knochen und Gelenke ausübt.
- Erkrankungen, Unfälle, OPs: Rheumatische und Erkrankungen des Bindegewebes, hormonelle Faktoren, Unfälle mit Schleudertrauma (mit Wirbelverschiebungen), Verletzungen und OPs haben häufig eine CMD zur Folge.
Symptome von CMD
CMD hat kein eindeutiges Symptombild. Zwar gibt es Beschwerden, die typisch für CMD sind, vor allem, wenn sie in Kombination auftreten, trotzdem können zwei CMD-Patienten über ganz unterschiedliche Probleme klagen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Schmerzen: Kiefergelenksschmerzen, Kauschmerzen, Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Rückenschmerzen, Gesichtsschmerzen, Ohrenschmerzen, Gliederschmerzen.
- Funktionsstörungen: Knacken im Kiefergelenk beim Öffnen und Schließen des Mundes, eingeschränkte Mundöffnung, Schluckbeschwerden, Sprechstörungen.
- Weitere Symptome: Ohrgeräusche (Tinnitus), Schwindelgefühl, Sehstörungen, Lichtempfindlichkeit, steifer Nacken, Muskelverspannungen, Schulterschmerzen, Beckenschiefstellung, Taubheitsgefühle in Händen und Füßen, Schlafstörungen, chronischer Stress, Zähneknirschen (Bruxismus).
Taubheitsgefühl im Gesicht als CMD-Symptom
Im fortgeschrittenen Stadium der CMD kann es zu Sensibilitätsstörungen im Gesicht kommen. Typischerweise treten diese Sensibilitätsstörungen einseitig auf, können aber auch beidseitig auftreten. Die Patienten beschreiben dies als prickelndes Gefühl, als Ziehen oder als spinnenwebenartiges Gefühl. Auch eine Taubheit in einem größeren Gesichtsbereich (ohne operativen Voreingriff) wird relativ häufig beschrieben. Die Störungen reichen bis in die Kinn- oder Nasenspitze oder in die Lippen.
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Ursachen für Taubheitsgefühle im Gesicht bei CMD
Die Taubheitsgefühle im Gesicht bei CMD entstehen durch die Verspannungen und Fehlstellungen im Kieferbereich. Der Unterkiefer ist an zwei parallel geschalteten Gelenken aufgehängt und über die Schädel sowie die Nacken- und Schultermuskulatur mit der Wirbelsäule verbunden. Dysbalancen, wie sie etwa bei einer Kieferfehlstellung auftreten, wirken sich somit schnell auf den ganzen Körper aus. Die verspannte Muskulatur im Hals-, Schulter-, Nackenbereich kann Nervenverläufe irritieren und so zu Sensibilitätsstörungen im Gesicht führen.
Abgrenzung zur atypischen Trigeminusneuralgie
Oft wird bei Taubheitsgefühlen im Gesicht fälschlicherweise eine atypische Trigeminusneuralgie diagnostiziert. Die typische Trigeminusneuralgie ist jedoch durch folgende Charakteristika gekennzeichnet:
- Triggerzone
- Im Zusammenhang mit einer Arteriosklerose
- Erkrankung typischerweise jenseits des 60. Lebensjahres
Diagnose von CMD
Bei Symptomen, die für eine CMD sprechen können, sollte zunächst ein Zahnarzt aufgesucht werden. Die zahnärztliche Diagnostik umfasst:
- Sorgfältige Anamnese der Krankheitsgeschichte: Erfassen der gesamten aktuellen Schmerzsymptomatik.
- Klinische Funktionsdiagnostik: Untersuchung der Kaumuskulatur, Kieferbewegungen, Okklusion.
- Instrumentelle Funktionsdiagnostik: Simulation der Kiefergelenksbewegung mittels Artikulator; Gesichtsbogen zum Übertragen individueller Messdaten in den Artikulator.
- Digitales Röntgen: Zur Beurteilung der Kiefergelenke und der Zahnstellung.
Behandlung von CMD
Eine craniomandibuläre Dysfunktion muss ursächlich behandelt werden, es reicht nicht aus, nur die Symptome zu therapieren. Die Behandlung von CMD ist oft interdisziplinär und erfordert die Zusammenarbeit von Zahnärzten, Physiotherapeuten, Orthopäden und anderen Fachärzten. Zu den möglichen Behandlungsformen gehören:
- Zahnärztliche Behandlung: Zahnkorrektur, Zahnersatz, Implantologie. Sind Zahnfehlstellungen, Zahnverlust oder schlecht angepasste Füllungen, Kronen oder Prothesen die Ursache der craniomandibulären Dysfunktion?
- Funktionstherapie, Schienentherapie: Aufbissschienen („Knirscherschienen“ oder „Knirschschienen“) arbeiten symptomatisch: Sie entspannen die Kiefermuskeln und schützen die Hartsubstanz der Zähne, weil sie Knirschen und Pressen abmildern. Das entspannt auch Gesichts, Kopf- und Nackenmuskeln. IPR-Schienen ermöglichen eine ursächliche Therapie. Durch Abstellen der Ursachen der Verspannungen und Beschwerden wird eine weitere Schienentherapie überflüssig. Sie beheben die Kiefergelenkfehlstellung und werden vor allem dann eingesetzt, wenn Haltungsschäden vorliegen.
- Physiotherapie: Manuelle Therapie, Ergotherapie oder klassische Physiotherapie / Krankengymnastik können helfen, Verspannungen im Kiefer-, Nacken- und Schulterbereich zu lösen. Durch spezielle Übungen, Massagen und Manuelle Therapie soll die Muskulatur gelockert werden. Betroffene lernen, auf eine richtige Körperhaltung zu achten und Übungen selbstständig zu Hause durchzuführen.
- Medikamentöse Behandlung: Verschiedene Medikamente können dabei helfen, akute Beschwerden im Rahmen einer CMD zu lindern. Zum Einsatz kommen können beispielsweise entzündungshemmende Schmerzmittel, Muskelrelaxantien oder Antidepressiva in niedriger Dosis.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation können dabei helfen, Stress zu reduzieren und verspannten Muskeln entgegenzuwirken.
- Psychotherapeutische Hilfe: In manchen Fällen kann eine psychotherapeutische Beratung hilfreich sein. So lassen sich beispielsweise Stressfaktoren ausfindig machen, die etwa auch nächtliches Knirschen mit den Zähnen fördern.
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