Im Verlauf der Corona-Pandemie wurde immer deutlicher, dass viele Patienten auch neurologische Beschwerden entwickeln. Diese reichen von relativ milden Symptomen wie Kopfschmerzen und Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns bis hin zu schwerwiegenderen Erkrankungen wie Enzephalitis, Myelitis und Meningitis. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den Zusammenhang zwischen COVID-19 und Meningitis, beleuchtet die zugrunde liegenden Mechanismen und diskutiert die therapeutischen Optionen.
Neuroimmunologische Beteiligung bei COVID-19
Viele neurologische Krankheitsbilder, die im Zusammenhang mit COVID-19 auftreten, entstehen durch neuroimmunologische Ursachen. Dazu gehören Enzephalitiden, Myelitiden, Meningitiden und demyelinisierende Erkrankungen. Es wird vermutet, dass sowohl hyperinflammatorische als auch durch spezifische Antikörper vermittelte Mechanismen in ihrer Entstehung eine Rolle spielen, während eine direkte Schädigung des Zentralnervensystems (ZNS) durch SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“) nachrangig zu sein scheint.
Etliche Beschwerden können die pulmonale Akutphase der Erkrankung weit überdauern oder erst im Verlauf dazutreten. Dazu gehören (chronische) Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Veränderung der Stimmung sowie Schlafstörungen, an deren Entstehung neuroimmunologische Mechanismen möglicherweise beteiligt sind.
Die aktuelle Arbeit gibt eine Übersicht über die neuroimmunologische Beteiligung bei Patienten mit COVID-19 („coronavirus disease 2019“), aber auch über den Einfluss der Viruserkrankung auf eine bereits existierende neurologische Autoimmunkrankheit. Dazu gehört auch die Frage, ob immunmodulierende oder immunsuppressive Therapien im Falle einer COVID-19-Erkrankung weitergeführt werden können.
Enzephalopathie und Enzephalitis
In einer retrospektiven Untersuchung von 509 Patienten mit COVID-19 wurde bei 31,8 % aller Patienten eine Enzephalopathie beschrieben, bei Patienten mit einem schweren Verlauf sogar in 84,3 % (113/134 Patienten) aller beatmungspflichtigen Patienten [36]. In dieser Kohorte war das Auftreten einer Enzephalopathie mit einem höheren Lebensalter und einer bereits bestehenden neurologischen oder systemischen Vorerkrankung assoziiert. Patienten mit einer Enzephalopathie wurden dreimal länger stationär behandelt und zeigten einen ungünstigeren Krankheitsverlauf mit erhöhter Sterblichkeitsrate [36].
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Die klinische Präsentation einer Enzephalitis bzw. Meningitis kann der einer Enzephalopathie sehr ähnlich sein und sich ebenfalls durch das Auftreten von Kopfschmerzen, meningitischen Reizzeichen und eines Delirs äußern, gekennzeichnet durch eine Bewusstseinsstörung und begleitende neuropsychiatrische Symptome. Das Delir scheint insbesondere bei geriatrischen Patienten auch als primäres und alleiniges Symptom in der frühen Phase von COVID-19 aufzutreten [32].
Wesentliches Unterscheidungskriterium der Enzephalitis von den zahlenmäßig häufiger beschriebenen Enzephalopathien ist jedoch der Nachweis eines entzündlichen Liquorsyndroms mit Pleozytose sowie fokalen Läsionen in der Bildgebung. Ausgesprochen selten gelang dabei der Nachweis von SARS-CoV‑2 im Liquor [42].
Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) und Myelitis
Mehrere Fallberichte dokumentieren das Auftreten einer akuten disseminierten Enzephalomyelitis (ADEM), häufig bei auch pulmonal schwer betroffenen Patienten und vereinzelt zusammen mit einer Myelitis [38, 46, 47]. Sowohl die disseminierten Veränderungen in der Magnetresonanztomographie (MRT) als auch die Liquorbefunde mit starker Eiweißerhöhung ohne relevante Pleozytose entsprechen dabei den charakteristischen diagnostischen Kriterien einer ADEM, in einigen Fällen auch mit hämorrhagischen Läsionen.
Akute Myelitiden im Rahmen von COVID-19 sind selten und wurden bisher überwiegend als Fallberichte publiziert [1, 2, 44]. Es wurden sowohl jüngere als auch ältere Patienten mit gleicher Geschlechterverteilung beschrieben, die progrediente Lähmungen in Verbindung mit einer Blasenentleerungsstörung entwickelten. Etwa die Hälfte wies keine weiteren Erkrankungen auf. Bei den meisten Patienten zeigte sich in der spinalen MRT eine langstreckige, mehr als 3 Segmente betreffende T2-Hyperintensität sowohl im zervikalen als auch im thorakalen Myelon. Bis auf wenige Ausnahmen fand sich in der kraniellen MRT-Bildgebung ein unauffälliger Befund und die Analyse des Liquors blieb hinsichtlich des Nachweises oligoklonaler Banden negativ. Obwohl die Läsionen an eine Erkrankung wie die Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD) denken lassen, waren nur vereinzelt Aquaporin-4- oder MOG(Myelinooligodendrozytenglykoprotein)-Antikörper nachweisbar.
Therapieansätze bei neuroimmunologischen Komplikationen
Aufgrund mangelnder Erfahrung mit SARS-CoV‑2 und der Vorsicht vor möglichen Komplikationen als Folge einer Immunsuppression erfolgten die Therapien sehr heterogen [8]. Bei den genannten neuroimmunologischen Krankheitsbildern sind vor allem Steroide sowohl hoch- als auch niedrigdosiert, intravenöse Immunglobuline (IVIG) und therapeutische Apheresen eingesetzt worden. In einer retrospektiven Fallserie von 5 COVID-19-Patienten mit Enzephalopathie hatten IVIG zu einer klinischen Besserung geführt, insbesondere hinsichtlich der Bewusstseinsstörung, sowie zu einer Besserung in der zusatzdiagnostischen Untersuchung mittels Elektroenzephalographie [43]. Etwa die Hälfte der Patienten mit Myelitiden erholte sich nur unvollständig und benötigte eine weitere Rehabilitation. Wenige Betroffene verstarben an kardialen Komplikationen. Besonders schwer war der Verlauf eines 3‑jährigen Mädchens mit einer langstreckigen Myelitis, welches sich trotz einer Kombinationsbehandlung aus Steroiden, IVIG, Plasmapherese und Rituximab von den schweren Lähmungen nicht erholte [31].
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Pathophysiologie der COVID-19-assoziierten neuroimmunologischen Erkrankungen
Für die Pathophysiologie der COVID-19-assoziierten neuroimmunologischen Erkrankungen wird das Zusammenspiel mehrerer Faktoren vermutet, insbesondere die Schwere der systemischen Erkrankung, (hyper)inflammatorische Prozesse, Koagulopathie und postinfektiöse Autoimmunmechanismen. Die Mortalität von COVID-19 wird hauptsächlich durch die respiratorische Insuffizienz als Folge eines akuten Lungenversagens bestimmt. Patienten mit schweren oder sogar tödlichen Krankheitsverläufen weisen eine spezielle Konstellation an Zytokinen, Chemokinen und anderen Entzündungsfaktoren im Blut auf.
Die Analyse einer der ersten COVID-19-Kohorten aus Wuhan ergab, dass u. a. erhöhte Interkeukin(IL)-2-, IL-7-, MIP(„macrophage inflammatory proteins“)-1-α- und Tumornekrosefaktor(TNF)-α-Konzentrationen mit einem schlechteren Outcome assoziiert waren [27]. Auch erhöhte Ferritin- und IL-6-Werte wurden als Prädiktoren für eine erhöhte Sterblichkeit identifiziert [54]. Ähnliche Veränderungen finden sich bei der sekundären hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH), einem Hyperinflammationssyndrom, das zu einer fulminanten Hyperzytokinämie mit konsekutivem Multiorganversagen führen kann. Auf Grundlage dieser Beobachtungen wurde postuliert, dass die Mortalität von COVID-19 durch die virusinduzierte Hyperinflammation bedingt sein könnte.
Für einen Zusammenhang zwischen dem sog. Zytokin-Sturm und neurologischen Symptomen spricht der bei Enzephalopathie, Enzephalitis, ADEM und Myelitis häufig gleichzeitig rasch ansteigende Serumspiegel von Akute-Phase-Proteinen (z. B. C‑reaktives Protein [CRP] und Ferritin; [19]). Auffällig ist der oft normale Liquor mit allenfalls leichter Schrankenfunktionsstörung trotz der beobachteten leptomeningealen Kontrastmittelanreicherungen [24]. Das Fehlen einer Liquorpleozytose schließt also die Möglichkeit einer COVID-19-assoziierten entzündlichen ZNS-Erkrankung nicht aus.
Auswirkungen der peripheren Hyperinflammation auf das ZNS
Die periphere Hyperinflammation mit einem Anstieg proinflammatorischer Zytokine kann sich auf das ZNS ferner über eine Erhöhung der Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke und die Aktivierung von Mikroglia auswirken [29]. Dadurch wird die funktionelle und strukturelle Integrität der Blut-Hirn-Schranke weiter gestört, was zu persistierender Neuroinflammation, neuronaler Exzitotoxizität und zur Schädigung des neurovaskulären Endothels mit verminderter zerebraler Perfusion führen kann.
Die Hyperinflammation und die mit ihr einhergehende beeinträchtigte T‑Zell-Antwort wurde als Angriffspunkt für mögliche COVID-19-Therapien diskutiert. Neben dem positiven Effekt einer Immunsuppression durch Glukokortikoide wurden Therapieansätze mit dem IL-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab und dem IL-1-Rezeptor-Antagonisten Anakinra evaluiert, allerdings ohne Nachweis einer Besserung.
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Rolle von Autoantikörpern
Die Abwesenheit von SARS-CoV‑2 im Liquor lässt an eine indirekt vermittelte Affektion des ZNS denken, die durch Immunzellen oder Autoantikörper vermittelt sein könnte, gestützt auch durch die teils deutliche klinische Besserung unter therapeutischer Apherese [10, 53]. Die Untersuchung von Liquor mittels eines breiten Panels bekannter ZNS-Autoantikörper gegen intrazelluläre und Oberflächenantigene bei COVID-19-Patienten mit neurologischen Syndromen konnte GD1b- und Caspr2-Antikörper (Ak; [23]) nachweisen. Bei eigenen Untersuchungen einer Patientengruppe mit einer schweren COVID-19-Erkrankung auf der Intensivstation und neurologischen Symptomen zeigte sich im Liquor eine hohe Frequenz von Autoantikörpern. Neben einigen etablierten Antikörpern (z. B. Anti-Yo) fand sich in der indirekten Immunfluoreszenz auf unfixierten murinen Hirnschnitten eine starke Immunglobulin(Ig)-G-Bindung gegen astrozytäre Proteine, Gefäßendothel, perinukleäre Antigene oder Neuropil der Basalganglien, des Hippokampus sowie des Bulbus olfactorius [21].
Die Entstehung von Autoantikörpern nach einer Virusinfektion ist prinzipiell seit längerem bekannt. Ein besonders gut verstandenes Beispiel aus der Neurologie ist die hohe Inzidenz von N‑Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Rezeptor-Enzephalitiden nach einer durchgemachten Herpes-simplex(HSV)-1-Enzephalitis [5, 52]. Prospektive Studien belegen ein Auftreten in fast einem Drittel aller Fälle [6]. Aufgrund der Vielzahl der Viren und der möglichen postviralen Autoantikörper wird angenommen, dass es zu einer unspezifischen Stimulation von B‑Zellen und Plasmazellen kommt. Plausibel ist die Kostimulation von B‑Zellen durch virale Partikel oder zugrunde gegangenes Hirngewebe über sog. PAMPs („pathogen-associated molecular patterns“; [55]).
Ein interessanter neuer Ansatz ist die Möglichkeit eines molekularen Mimikrys, also die Kreuzreaktivität von antiviralen Antikörpern mit Oberflächenstrukturen des eigenen Körpers und Gehirns. So konnte kürzlich in einer Studie gezeigt werden, dass etwa 20 % der hocheffektiv virusneutralisierenden SARS-CoV-2-Antikörper zusätzlich auch an körpereigene Proteine binden [34]. Dabei fiel auf, dass zahlreiche dieser Antikörper gegen wichtige anatomische Strukturen im Gehirn reagierten, beispielsweise gegen Hippokampusneuropil, Astrozyten (Abb. 1) oder zerebrale Gefäße, was gut mit kreuzreaktiven Antikörpern im Sinne des molekularen Mimikrys vereinbar wäre [35]. Ein solcher Krankheitsmechanismus ist bereits für andere neuroimmunologische Erkrankungen beschrieben, allen voran das Guillain-Barré-Syndrom mit der Entstehung kreuzreaktiver postinfektiöser Antikörper gegen Glykolipide auf peripheren Nerven [56], aber auch für nichtneurologische Krankheiten wie nekrotisierende Glomerulonephritiden [30].
Immunologische Aspekte und Risikofaktoren
Da insbesondere zu Beginn der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie wenig Daten zu Krankheitsverläufen bzw. zum Infektionsrisiko bei immunsupprimierten Patienten vorlagen und auch aktuell die Datenlage noch unvollständig ist, lohnt sich ein Blick auf die immunologischen Mechanismen im Zusammenhang mit den früheren SARS-1- und MERS(„middle east respiratory syndrome“)-CoV-Pandemien.
Als Risikofaktoren für eine Infektion bzw. einen schweren Krankheitsverlauf während der SARS- und MERS-CoV-Ausbrüche ergaben sich ein fortgeschrittenes Alter, männliches Geschlecht und das Vorhandensein von Komorbiditäten (z. B. Adipositas, Diabetes mellitus, Herzerkrankungen, arterielle Hypertonie, Lungenerkrankungen; [60]). Nur in wenigen Studien wurden Patienten mit reduziertem Immunstatus beschrieben [7].
Während des ersten SARS-CoV-Ausbruchs 2002 bis 2003, der 916 Todesfälle bei mehr als 8098 infizierten Patienten in 29 Ländern zur Folge hatte, entwickelten die Infizierten eine leichte bis tödliche Lungenerkrankung mit einer Sterblichkeitsrate von mehr als 10 % [49]. Eine eingeschränkte bzw. verzögerte Virusausscheidung als Folge einer suboptimalen T‑ und B‑Zell-Reaktion wurde als Ursache für schwere Krankheitsverläufe postuliert. Patienten mit schlechtem Outcome zeigten eine eingeschränkte humorale Immunität [49]. Gleichzeitig stellte sich eine robuste zelluläre Immunität durch zytotoxische T‑Zellen als protektiv heraus [58].
Das MERS-Coronavirus wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien beschrieben [9]. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat seit 2012 in 27 Ländern 2279 Fälle von Infektionen des Menschen mit MERS-Coronavirus bestätigt, wobei die Mortalitätsrate bis Februar 2019 bei 35 % lag. Es hat sich gezeigt, dass MERS-CoV eine Immunsuppression induziert, um der Immunantwort des Wirts zu entgehen, teilweise durch Förderung der T‑Zell-Apoptose. MERS-CoV weist auch Strategien zur Hemmung der angeborenen Immunität und der Interferonproduktion auf [3].
Chronisch kranke neuroimmunologische Patienten und COVID-19
Eine der Herausforderungen der SARS-CoV-2-Pandemie stellt der Umgang mit chronisch kranken neuroimmunologischen Patienten dar, die einerseits auf eine regelmäßige medizinische Versorgung angewiesen sind, andererseits aber als Risikogruppe zählen, z. B. Patienten mit Multipler Sklerose (MS), Myasthenia gravis oder einer Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD). Wie groß ist dabei das Risiko für diejenigen Patienten, deren Immunsystem medikamentös beeinträchtigt ist, sich mit SARS-CoV‑2 zu infizieren bzw.
Die Literatur zu MS-Patienten und ihrem potenziellen Risiko im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie unterliegt einem Publikationsbias, da mehr Ergebnisse zu Patienten unter hochwirksamen MS-Therapeutika wie der Anti-CD20-Therapie publiziert werden als zu Patienten, die mit Basistherapeutika behandelt werden. Bisher wurden Daten zu insgesamt 873 MS-Patienten publiziert, die an COVID-19 erkrankten bzw. SARS-CoV‑2 positiv waren. Die Sterblichkeitsrate lag bei 4 % [41]. In der Gruppe der Patienten mit Anti-CD20-Therapien betrug die Rate der gemeldeten Todesfälle 3 %, der Anteil schwerer Krankheitsverläufe blieb mit 6 % verhältnismäßig niedrig. Ähnliche oder sogar bessere Outcomeergebnisse wurden für Patienten berichtet, die mit anderen MS-Therapeutika behandelt wurden. Auffällig ist, dass die Gruppe der unbehandelten MS-Patienten im Vergleich ein deutlich schlechteres Outcome zeigt (Abb. 2). Von den 83 bisher publizierten unbehandelten SARS-CoV-2-positiven MS-Patienten starben 17 % an COVID-19 und weitere 7 % benötigten eine Beatmung.
Fallbeispiel: Meningitis durch SARS-CoV-2
Seit einigen Tagen wird in den Fachmedien über einen neuralen Infektionsweg von SARS-CoV2 berichtet, der als sehr wahrscheinlich angenommen wurde und die neurologische Symptomatik vieler Covid-19-Patienten erklären könnte. Ein Fallbericht aus Japan [1] liefert nun den Beweis. Der junge Mann erlitt eine durch den neuen Erreger ausgelöste Hirnhaut- und Hirnentzündung: Im Nervenwasser wurde SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen, der Nasen-Rachen-Abstrich hingegen war negativ.
Aus jüngsten Veröffentlichungen [2] weiß man, dass SARS-CoV-2 wie die bereits bekannten Coronaviren SARS und MERS auch in das zentrale Nervensystem (ZNS) bzw. in das Gehirn eindringen können, insbesondere in den Hirnstamm. Das könnte erklären, warum bei COVID-19-Erkrankungen zusätzlich zu den typischen Krankheitszeichen Fieber, Halsschmerzen und Husten - übrigens in einigen Fällen auch ganz ohne respiratorische Beschwerden - neurologische Symptome wie der Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen auftreten.
Besonderes Aufsehen erregte nun ein Fallbeispiel aus Japan [1], bei dem SARS-CoV-2 bei einem jungen Mann eine Hirnhautentzündung (Meningitis) ausgelöst hat. „Wie nach den Erfahrungen bei SARS und MERS zu erwarten war, zeigt diese Kasuistik eindrücklich, dass das Nervensystem bei COVID-19-Erkrankungen befallen sein kann, und zwar auch bei sehr jungen Patienten“, erklärt Professor Peter Berlit, Essen, Generalsekretär der DGN.
Details des Fallberichts
In der aktuell publizierten Kasuistik [1] wird berichtet, dass der betroffene 24-jährige Mann in den ersten acht Tagen seiner Erkrankung wegen Müdigkeit, Kopfschmerz, Übelkeit und Fieber zweimal einen Arzt aufgesucht hatte. Dieser hatte eine Grippe vermutet und ihm ein Influenzamedikament (Laninamivir) und fiebersenkende Medikamente verordnet. Eine Lungenröntgenuntersuchung war unauffällig gewesen. Am neunten Tag der Erkrankung wurde der junge Mann von der Familie bewusstlos aufgefunden. Während des Krankentransports kam es zu mehreren epileptischen Anfällen, so dass er intubiert und beatmet werden musste. In der Klinik wurde eine ausgeprägte Nackensteifigkeit diagnostiziert, ein Hauptsymptom der Hirnhautentzündung (Meningitis). Die bildgebende Untersuchung mit MRT zeigte den Befund einer Meningoenzephalitis (Hirnhaut- und Hirnentzündung) mit Hyperintensitäten entlang der rechten lateralen Ventrikelwand sowie rechts mesiotemporal und in der Hippocampusregion. Im Thorax-CT fanden sich zusätzlich Hinweise auf eine virale Pneumonie. Dennoch war der Nasen-Rachen-Abstrich auf SARS-CoV-2-negativ, im Nervenwasser (Liquor) jedoch konnte spezifische SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen werden. Die Diagnostik auf andere Meningitis-auslösende Viren war negativ.
„Das Besondere an diesem Fall ist, dass der Virusnachweis im Nervenwasser positiv war, aber nicht im Nasenrachenabstrich. Das weist darauf hin, dass das neuartige Coronavirus sich hier offensichtlich über den neuralen Infektionsweg ausgebreitet hat“, so der Experte. Tierexperimentell konnte der neurale Infektionsweg bei anderen Coronaviren bereits nachgewiesen werden [2]. Die Viren werden dabei von Neuron zu Neuron über die Synapsen weitergegeben (über den Transportweg der Endo-/Exozytose).
„Durch die neue Datenlage verdichten sich die Hinweise, dass Covid-19 kein rein pneumologisches, Krankheitsbild ist“, so Berlit.
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