COVID-19-Impfung bei Multipler Sklerose: Aktuelle Empfehlungen und wichtige Aspekte

Trotz klarer Impfempfehlungen bleiben viele Patienten mit Multipler Sklerose (MS) unzureichend geschützt. Eine neue Beobachtungsstudie des Jenaer Uniklinikums, die in sechs deutschen MS-Zentren durchgeführt wurde, zeigt, dass nur etwa die Hälfte der MS-Patienten die von Fachgesellschaften empfohlenen Standardimpfungen vollständig erhalten haben. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Impfberatung zu verbessern und Unsicherheiten bei Ärzten und Patienten abzubauen.

Warum Impfungen für MS-Patienten wichtig sind

Impfungen sind ein wesentlicher Bestandteil der MS-Therapie, um Infektionsrisiken zu verringern, insbesondere bei immunsuppressiven Behandlungen. MS-Patienten haben oft ein erhöhtes Infektionsrisiko, besonders wenn sie mit immunmodulierenden Therapien (DMTs) behandelt werden. Diese Therapien können das Immunsystem schwächen, was die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. Ziel der Impfungen ist es, Infektionsrisiken zu minimieren und so die Krankheitskontrolle zu verbessern.

Die Leitlinien zu Impfungen bei MS empfehlen eine vollständige Basisimpfstoffabdeckung sowie zusätzliche indikationsspezifische Impfungen, die vom Grad der Immunsuppression abhängen. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG), das krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) und der Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) betonen, dass weder MS noch Immuntherapien Kontraindikationen für eine Impfung darstellen.

Impfquoten bei MS-Patienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung

Die Jenaer Studie zeigte, dass die Impfquote von MS-Patienten (n = 397) tendenziell niedriger war als bei gesunden Kontrollpersonen (n = 300). Ein Impfindex, der die Abdeckung von acht Standardimpfungen misst, lag bei MS-Betroffenen bei durchschnittlich 0,58, verglichen mit 0,62 in der Kontrollgruppe. Bei den Standardimpfungen - mit Ausnahme der COVID-19-Impfung - war die Impfquote bei MS-Patienten niedriger als in der Kontrollgruppe. Bei den indikationsspezifischen Impfungen gegen Pneumokokken, Influenza, Herpes Zoster und Frühsommer-Meningoenzephalitis war die Impfquote bei MS-Patienten hingegen insgesamt höher als in der Kontrollgruppe.

Standard- und Indikationsimpfungen

Die Wissenschaftler unterteilten die Impfungen in Standardimpfungen und indikationsspezifische Impfungen.

Lesen Sie auch: Ursachen von Demenz nach Corona

Standardimpfungen sind Impfungen, die für alle Erwachsenen empfohlen werden. Dazu gehören:

  • Tetanus
  • Diphtherie
  • Polio
  • Keuchhusten
  • Masern
  • Mumps
  • Röteln
  • COVID-19

Indikationsspezifische Impfungen werden nur für Erwachsene mit bestimmten prädisponierenden Erkrankungen oder unter Immunsuppression empfohlen. Dazu gehören:

  • Pneumokokken
  • Meningokokken
  • Hepatitis A und B
  • Saisonale Grippe
  • Herpes Zoster
  • Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Gründe für niedrige Impfquoten bei MS-Patienten

Eine wachsende Impfskepsis in der Allgemeinbevölkerung stellt eine der größten Herausforderungen dar. Ein weiterer relevanter Faktor sind sogenannte „Impfmythen“, wie die Annahme, dass Impfungen MS-Schübe auslösen könnten. Solche Mythen beeinflussen nicht nur die Patienten selbst, sondern auch die Empfehlungen von Hausärzten, die oft unsicher in Bezug auf Impfungen bei MS sind.

Die aktuelle Studie konnte allerdings keine signifikanten Unterschiede bei der allgemeinen Impfzurückhaltung zwischen den Gruppen feststellen. Allerdings gaben 82 % der befragten Hausärzte an, dass sie bei MS-Patienten zögern, Impfungen zu empfehlen. Häufige Gründe waren Unsicherheiten bezüglich möglicher Nebenwirkungen (42,5 %) und möglichen Wechselwirkungen mit MS-Therapien (40,7 %). Rund 28 % der Hausärzte glauben, dass Impfungen MS-Schübe auslösen können, während 24 % neutral bleiben.

Trotz dieser Bedenken empfehlen 76-95 % der Ärzte regelmäßig Standardimpfungen für MS-Patienten, unabhängig von deren Therapie. Indikationsspezifische Impfungen empfehlen Ärzte insgesamt seltener. Während Pneumokokken-Impfungen mit 86 % noch am häufigsten vorgeschlagen werden, liegt die Empfehlung für HPV-Impfungen nur bei 16 %.

Lesen Sie auch: Auswirkungen neurologischer Symptome bei Long-COVID

Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Impfquoten

Die Studienautoren betonen die Notwendigkeit, die Impfberatung zu verbessern und Unsicherheiten bei Ärzten durch gezielte Aufklärung zu reduzieren. Studienleiter PD Dr. Florian Rakers betont, dass es keine Belege dafür gibt, dass Impfungen Schübe auslösen oder den Verlauf der MS verschlechtern könnten. Er schlägt vor, einige MS-Behandlungszentren als spezialisierte Impfzentren zu etablieren. Einheitliche Impfempfehlungen und besser geschulte Ärzte könnten dazu beitragen, die Impfquoten in dieser Risikogruppe nachhaltig zu verbessern.

COVID-19-Impfung bei MS-Patienten: Spezifische Empfehlungen

Patienten mit Multipler Sklerose wird eine Impfung gegen COVID-19 ausdrücklich empfohlen. Fachgesellschaften sind sich einig, dass das Risiko für einen Schub oder eine Krankheitsverschlechterung durch eine SARS-CoV-2-Infektion deutlich höher ist als durch eine Impfung.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch Instituts (RKI) empfiehlt in ihrem Epidemiologischen Bulletin vom 25. Januar 2024 die Grippe und die Corona Impfung unter anderem allen Menschen mit chronisch neurologischen Erkrankungen - wozu auch die Multiple Sklerose zählt.

Impfantwort unter krankheitsmodifizierenden Therapien (DMTs)

Eine Auswertung des internationalen Registers MS PATHS (Multiple Sclerosis Partners Advancing Technology and Health Solutions) analysierte die IgG-Antwort von 322 vollständig geimpften MS-Patienten unter verschiedenen DMTs. Die Ergebnisse zeigen, dass sechs der acht untersuchten MS-Therapien die IgG-Antwort nicht beeinträchtigen. So wurden bei 100 % aller mit Fumaraten, Glatirameracetat, Interferonen, Natalizumab, Teriflunomid oder Alemtuzumab behandelten Patienten IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Blut nachgewiesen. Das gleiche Ergebnis zeigte sich auch in der Gruppe ohne DMTs.

Unter Anti-CD20-Antikörpern und S1P-Modulatoren ließ sich dagegen nur bei 40 bzw. 41 % der Patienten eine IgG-Antwort nachweisen. Dies bestätigt frühere Erkenntnisse, wonach Anti-CD20-Therapien und S1P-Modulatoren die IgG-Antwort auf eine Impfung gegen SARS-CoV-2 beeinträchtigen können.

Lesen Sie auch: Behandlung von Nervenschmerzen nach Covid

Empfehlungen zum Booster

Wegen der abgeschwächten Antikörperantwort raten KKNMS, DMSG und BDN Patienten unter Therapie mit Anti-CD20-Antikörpern oder S1P-Modulatoren zu einer Auffrischimpfung schon vier Wochen nach der zweiten Impfung anstatt wie üblich nach frühestens drei Monaten. Grundsätzlich empfehlen die drei Fachorganisationen in Übereinstimmung mit der Ständigen Impfkommission (STIKO) allen MS-Patienten eine Auffrischimpfung gegen SARS-CoV-2 mit einem mRNA-Impfstoff.

Impfzeitpunkt in Bezug auf MS-Therapie

Vor Beginn einer MS-Therapie sollte immer der Impfstatus kontrolliert und ggf. fehlende Impfungen nachgeholt werden. Zeitlich sollten die Impfungen ca. zwei bis vier Wochen vor Beginn einer langfristigen Immuntherapie abgeschlossen sein, wenn die MS-Therapie entsprechend verschiebbar ist. Je nach Krankheitsaktivität kann individuell eine frühere Einleitung der MS-Therapie erwogen werden. Ein Herauszögern des Beginns einer MS-Therapie aufgrund einer (anstehenden) Covid-19-Impfung oder aktuell der Boosterung ist je nach Wirkstoff der MS-Therapie, der Schwere der MS-Erkrankung bzw. der MS-Krankheitsaktivität und der individuellen Risikoabschätzung einer Infektion mit SARS-CoV-2 abzuwägen.

Während der Immuntherapie empfiehlt das RKI, dass bei einer anstehenden Impfstoffgabe immunsupprimierende oder immunmodulierende Therapien weitergeführt werden können. Für die bestmögliche Impfwirksamkeit sollte der Zeitpunkt der Impfung mit einer möglichst geringe Immunsuppression gewählt werden. D.h., dass der Impfzeitpunkt zum Beispiel in die Mitte der Verabreichungsintervalle der immunsupprimierenden oder immunmodulierenden Medikation gelegt werden sollte.

Ein Schub sollte, mit und ohne hochdosierte Schubtherapie, mindestens sechs Wochen zurückliegen bevor eine Impfung gegen Covid-19 erfolgt. Dies gilt auch, wenn in einer MRT-Kontrolle, auch ohne neue Symptome, Kontrastmittel aufnehmende Herde nachgewiesen wurden.

Impfempfehlungen für spezifische MS-Therapien

  • Alemtuzumab (Lemtrada): In den ersten sechs Monaten nach einem Therapiezyklus der Therapie erfolgen noch abgeschwächte Impfantworten, von daher sollte der Abstand mindestens sechs Monate betragen.
  • Azathioprin (Imurek): Abgeschwächte Immunantworten in Abhängigkeit von der Dosierung.
  • B-Zell depletierende Therapien (Ocrelizumab/Ocrevus, Ofatumumab/Kesimpta, Rituximab/Mabthera u.a. (off-Label), Ublituximab/Briumvi usw.: Erste Antikörperbestimmungen nach erfolgter Corona-Schutzimpfung bei MS-Erkrankten, die mit B-Zell depletierenden Therapien behandelt wurden, zeigen, dass nach Impfungen mit dem BioNTech-Impfstoff, geimpft vier bis sechs Monate nach der letzten Infusion, nur ein 20-prozentiges Ansprechen bezüglich des Impftiters erfolgt. Empfohlen werden kann eine Impfung am besten vier Monate nach der letzten Infusion. Sollten keine ausreichenden Titer festgestellt werden, werden weitere Impfungen empfohlen.
  • Cladribin (Mavenclad): Bisherige Daten zeigen ein Impfansprechen auf den Corona-Impfstoff von BioNTech, ca. drei bis vier Monate nach der letzten Tabletteneinnahme. Die Impfung erfolgt am günstigsten dann, wenn sich die Lymphozytenzahl weitgehend normalisiert hat, in der Regel drei Monate nach der letzten Tablettengabe.
  • Cortison-Therapie: Die übliche Schubtherapie beeinflusst Impfantworten. Impfungen sollten frühestens zwei Wochen, besser vier Wochen nach einer Hochdosistherapie erfolgen.
  • Dimethylfumarat (Tecfidera) und Diroximelfumarat (Vumerity): Keine Hinweise auf verminderten Impfschutz.
  • Glatirameracetat: (Copaxone 20 und 40, Clift): Impfreaktion gegen Grippe etwas geringer, aber ausreichend; gegen Corona ähnlich erwartet.
  • Interferon-beta (Avonex, Betaferon, Extavia, Plegridy, Rebif 22 und 44): Impfungen gegen Grippeviren zeigten eine gegenüber nicht Interferon-beta Behandelten vergleichbare Impfantwort. Bezüglich der Covid-19-Impfungen gibt es vereinzelt Hinweise, dass eine Therapie mit Interferon-Präparaten keinen Einfluss auf die Impfantwort hat.
  • Mitoxantron (Novantron, Ralenova): Aufgrund des Wirkungsmechanismus ist während der Therapiezyklen eine verminderte Impfantwort zu erwarten, die auch nach Beendigung des letzten Zyklus, der langfristige Blutbildveränderungen mit sich bringt. Es sollte mindestens ein Abstand von sechs Monaten nach der letzten Gabe zur Durchführung einer Corona-Schutzimpfung eingehalten werden.
  • Natalizumab (Tysabri): Impfantworten gegen Grippeviren waren etwas vermindert, aber ausreichend. Bzgl. der Covid-19-Impfungen gibt es vereinzelt Hinweise, dass eine Therapie mit Natalizumab keinen Einfluss auf die Impfantwort hat, sodass die regelmäßigen Infusionen mit der Corona-Schutzimpfung auch zeitnah einhergehen können.
  • Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor Modulatoren (Fingolimod/Gilenya, Ozanimod/Zeposia, Siponimod/Mayzent und Ponesimod/Ponvory): Unter der Therapie mit Fingolimod ist ein reduzierter Impferfolg zu berücksichtigen. Bei den Neuen Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor Modulatoren (Siponimod, Ozanimod, Ponesimod) kommt es in den meisten Studien zu einem guten Impferfolg. Eine Unterbrechung einer Therapie mit Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulatoren zur Durchführung der Corona-Schutzimpfung ist aufgrund der bekannten, ungünstigen „Rebound-Effekte“ aus unserer Sicht nicht zu empfehlen.
  • Autologe Knochenmarkstransplantation (sog. Stammzelltherapie): Es sind mindestens sechs Monate Abstand zwischen Stammzelltransplantation und Impfung zu empfehlen, um eine ausreichende Impfantwort zu erreichen.
  • Teriflunomide (Aubagio): Unter Aubagio kann der Impferfolg bei üblichen Impfungen reduziert sein, wird aber im Allgemeinen als ausreichend angesehen.

Die Bedeutung von Auffrischungsimpfungen

Auch nach drei oder vier COVID-19-Impfungen bilden Menschen mit MS, die mit Anti-CD20-Therapien behandelt werden, weniger Antikörper gegen SARS-CoV-2 als gesunde Impflinge. Dennoch entwickelte jeder fünfte Betroffene, der nach zwei Impfungen keine Antikörper im Blut hatte, diese doch noch nach einer dritten Impfung. Interessanterweise verbesserte sich auch die Funktionalität der vorhandenen SARS-CoV-2-Antikörper nach einer dritten oder vierten Impfung - die Antikörper banden stärker an das Virus und neutralisierten neuere SARS-CoV-2-Varianten besser.

Diese Ergebnisse unterstützen die Leitlinien-Empfehlungen für zusätzliche Auffrischungsimpfungen bei dieser Personengruppe.

Impfstoffe und ihre Wirkungsweisen

Die für die Grundimmunisierung und die Auffrischimpfung gegen COVID-19 in der Europäischen Union (EU) zugelassenen Impfstoffe verschiedener Technologien (mRNA Impfstoffe, Vektor-basierte Impfstoffe, adjuvantierte Protein-basierte Impfstoffe und inaktivierte Ganzvirus-Impfstoffe) sind allesamt Totimpfstoffe, das heißt, sie enthalten abgetötete Erreger, Erreger-Bestandteile oder im Fall von mRNA-Impfstoffen „Baupläne“ von Erregerbestandteilen, die sich weder vermehren noch eine COVID-19 Erkrankung auslösen können. Die STIKO präferiert den Einsatz von Varianten-adaptierten mRNA Impfstoffen.

Klassische Impfstoffe

Beide „klassischen“ Impfstoffe verwenden seit langer Zeit gut etablierte Biotechnologien und stellen für viele gegenwärtig in praxi eingesetzte Impfstoffe die Basis dar. Während bei den inaktivierten Impfstoffen das genetische Material des Infektionserregers funktionsunfähig, d. h. nicht mehr replikationsfähig, ist, sind bei den attenuierten Lebendimpfstoffen die Infektionserreger zwar abgeschwächt, aber noch replikationsfähig. Bei beiden Impfstoffen werden nach Applikation eine Reihe von Immunprozessen initiiert, die zur Aktivierung von T‑Helfer-Zellen (CD4+-T-Zellen), CD8+-T-Zellen und B‑Zellen mit konsekutiver Antikörperproduktion führen und im Endeffekt ein immunologisches Gedächtnis sowohl in T‑ als auch in B‑Lymphozyten (T- und B‑Memory-Zellen) zur Folge haben können.

In der Regel sind Lebendimpfungen immunogener als inaktivierte Impfstoffe, sodass einerseits Zusatzfaktoren (Adjuvanzien - z. B. Aluminiumsalze) in den Impfstoff integriert werden müssen oder andererseits Booster- bzw. Auffrischungsimpfungen notwendig sind, um eine klinisch relevante aktive Immunisierung zu erreichen.

Proteinbasierte Impfstoffe (Subunit-Impfstoffe)

Zu dieser Impfstoffgruppe zählen Virus-like-particles(VLP)-Impfstoffe und Subunit-(Proteinuntereinheiten‑)Impfstoffe. Da viele der als Antigen verwendeten hoch aufgereinigten Proteine meist nicht ausreichend immunogen wirken, müssen diesen Impfstoffen Adjuvanzien (Wirkverstärker) zugesetzt werden. So werden Komponenten des angeborenen „unspezifischen“ Immunsystems in die Nähe der eigentlichen Impfantigene gelockt und führen hier zu einer lokalen Verstärkung der Impfreaktion. Die Influenzavakzine sind typische proteinbasierte (Split‑, Subunit‑)Impfstoffe.

Diese Impfstoffe verwenden Teile des Infektionserregers, häufig Proteinfragmente, um die aktive Immunisierung zu initiieren. Der Vorteil ist die Minimierung von Nebenwirkungen, insbesondere des Infektionsrisikos. Aus diesem Grund müssen diesen Impfstoffen häufig Adjuvanzien zur Verstärkung der Immunreaktion beigefügt werden. Alle Subunit-Impfstoffe werden mithilfe moderner Biotechnologien unter Verwendung von Bakterien oder Hefen im Rahmen strenger Hygienevorschriften hergestellt.

Vektorimpfstoffe

Bei den Vektorimpfstoffen wird mithilfe viraler Vektoren („Taxi“, Transporter) die genetische Information für das Impfantigen in Körperzellen eingeschleust und wie bei den Nukleinsäureimpfstoffen konsekutiv von diesen gebildet. Im Genaueren führt die intramuskuläre Injektion eines rekombinanten Adenovirusimpfstoffs zu einer Infektion der Muskelzellen, gefolgt von der Expression des Transgens innerhalb von 24 h, mit konkomitanter Auslösung einer angeborenen Immunantwort. Die exprimierten Proteine werden konsekutiv proteasomal abgebaut und anschließend über MHCI CD8+-T-Zellen präsentiert oder von professionellen antigenpräsentierenden Zellen (APC) aufgenommen. Schließlich wandern antigenbeladene APC zu den drainierenden Lymphknoten, wo sie in der Lage sind, CD8+-, CD4+-T-Zellen und B‑Zellen zu aktivieren, und so eine aktive Immunisierung bewirken.

Prinzipiell unterscheidet man replizierende und nichtreplizierende Vektorimpfstoffe. Nichtreplizierende Vektorimpfstoffe können keine neuen Viruspartikel (virale Vektoren) herstellen. Sie produzieren nur das Impfantigen. Im Gegensatz hierzu können replizierende Vektorimpfstoffe neue Viruspartikel in primär infizierten Körperzellen bilden, die nachfolgend weitere Zellen befallen und gemeinsam das Impfantigen bilden. Durch die hierbei induzierte Immunreaktion kommt es nachfolgend zur Limitierung der Viruspartikelreplikation.

Sicherheit von Impfungen

Impfungen gelten im Allgemeinen als sicher. In diesem Zusammenhang sollte zwischen Impfreaktionen, Impfnebenwirkungen und Impfschäden unterschieden werden. Impfreaktionen sind häufig, harmlos und passagere Beschwerden, welche von Lokalreaktionen über grippeähnliche Symptome bis hin zu „Impfmasern“ im Falle der Masernimpfung reichen können. Im Gegensatz dazu wird eine Impfnebenwirkung durch eine schädliche und unbeabsichtigte Reaktion auf eine Impfung definiert. Der Begriff des Impfschadens leitet sich aus dem Infektionsschutzgesetz ab und ist definiert durch „gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen einer über das übliche Ausmaß hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch eine Schutzimpfung“. Insgesamt sind Impfnebenwirkungen und -schäden sehr selten.

Trotz zahlreicher epidemiologischer Studien konnte bis heute keine Verursachung oder Auslösung von Multipler Sklerose durch Impfungen nachgewiesen werden, genauso wenig wie das Auslösen eines Schubes (außer in einigen Fallserien zur Gelbfieberimpfung). Bezüglich der Typhusimpfung wurde sogar ein potenziell positiver Einfluss auf den Erkrankungsverlauf der MS hypothetisiert. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Impfen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden ist, innerhalb der nächsten 5 Jahre an MS zu erkranken.

tags: #covid #impfung #bei #multiple #sklerose #empfehlungen