Demenz nach COVID-19: Ursachen, Risiken und Präventionsansätze

Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur die Weltgesundheit, sondern auch die Forschung im Bereich der Demenz beeinflusst. Kognitive Einschränkungen gehören sowohl zum Krankheitsbild einer Demenz als auch zu den häufigen Symptomen einer COVID-Erkrankung. Wissenschaftler stellen sich deshalb die Frage nach möglichen Zusammenhängen und Wirkmechanismen.

Langzeitfolgen von COVID-19 und das erhöhte Demenzrisiko

Zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie zeichnen sich die Langzeit-Folgen von Covid-Erkrankungen im deutlicher ab: Neueste Studien zeigen, dass ca. 30% der an Corona Erkrankten auch noch ein Jahr nach der Infektion an deren Folgen leiden. Long Covid bzw. Post Covid sind eigenständige Krankheitsbegriffe geworden. Unter Long Covid versteht man in der Medizin Beschwerden, die bis zu vier Wochen nach der Erkrankung anhalten, als Post Covid definiert man langfristige Symptome, die auch drei Monate und länger andauern. Es mehren sich die Hinweise, dass COVID-19 das Risiko für neurologische Erkrankungen, einschließlich Demenz, erhöhen könnte. Eine britische Studie, die Krankenakten von etwa 2,5 Millionen Patientinnen und Patienten aus den USA, Großbritannien, Spanien, Bulgarien, Australien, Indien, Malaysia und Taiwan auswertete, zeigt, dass das Risiko für kognitive Defizite, Demenz, psychotische Störungen, Epilepsie oder Krampfanfälle selbst 2 Jahre nach der Infektion leicht erhöht bleibt im Vergleich zu anderen Atemwegserkrankungen.

Konkret ergab die Studie, dass bei Patienten im mittleren Alter von 18 bis 64 Jahren die Inzidenz für kognitive Defizite 2 Jahre nach einer COVID-19-Infektion bei 6,39 % lag, während sie in der Kontrollgruppe mit anderen Atemwegserkrankungen nur 5,50 % betrug. Bei Erwachsenen älter als 65 Jahre lag die Inzidenz einer Demenz bei 4,46 % nach einer COVID-19-Infektion und bei 3,34 % nach anderen Atemwegsinfektionen. Das entspricht 446 Fällen pro 10 000 versus 334. Es ist wichtig zu beachten, dass die Risiken für die häufigsten psychiatrischen Störungen wie Gemüts- und Angststörungen nach 1-2 Monaten auf den Ausgangswert zurückkehrten. Bei Kindern wurde keine Zunahme an Depressions- und Angstdiagnosen nach COVID-19 beobachtet.

Für einige Erkrankungen haben Kinder ein höheres Risiko. Kinder hatten nach 6 Monaten ein erhöhtes Risiko für kognitive Defizite, Schlaflosigkeit, intrakranielle Blutungen, ischämische Schlaganfälle, Nerven-, Nervenwurzel- und Plexuserkrankungen, psychotische Störungen und Epilepsie oder Krampfanfälle. Anders als bei den Erwachsenen war das Risiko für das Auftreten von kognitiven Defizite bei den Kindern aber weniger als ein Vierteljahr lang erhöht. Das Risiko für das Auftreten einer Epilepsie nach einer COVID-19-Infektion verdoppelte sich auf 263 von 10 000 innerhalb von 2 Jahren, verglichen mit 126 von 10 000 nach anderen Atemwegsinfektionen. Muskelerkrankungen traten bei 11 von 10 000 in der COVID-Gruppe auf und bei fast 6 in der Kontrollgruppe. 18 von 10 000 entwickelten eine psychiatrische Störung in den 2 Jahren nach der COVID-Infektion, in der Kontrollgruppe waren es 6.

Die Rolle der Virusvarianten

Vor und kurz nach dem Aufkommen der Alpha-Variante von SARS-CoV-2 waren die Risikoprofile noch vergleichbar. Doch kurz nach dem Aufkommen der Delta-Variante waren erhöhte Risiken für ischämische Schlaganfälle, Epilepsie oder Krampfanfälle, kognitive Defizite, Schlafstörungen und Angststörungen zu beobachten. Dies ging mit einer erhöhten Sterberate einher.

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Kritik und alternative Erklärungen

Es gibt auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass ein erhöhtes Risiko für eine Demenz bei COVID-19-Patienten nicht zwingend einen ursächlichen Zusammenhang bedeutet. Ein Top-Neurologe betont, dass eine latente Demenz häufig durch ein schwerwiegendes Ereignis, etwa eine COVID-19-Erkrankung, manifest wird, ohne dass es einen ursächlichen Zusammenhang gibt. Auch Paul Garner, emeritierter Professor für Evidenzsynthese in der Globalen Gesundheit an der Liverpool School of Tropical Medicine, erklärte: „Die COVID-19-Pandemie hat in unserer Gesellschaft zu Stress geführt - nicht nur durch die virusbedingten Erkrankungen, sondern auch durch Störungen des täglichen Lebens und Angst, was ein neuartiges Virus uns antun kann. Ich denke, die kleinen Zunahmen bei Demenz und Psychose müssen vorsichtig interpretiert werden. Diese sind meiner Meinung nach eher mit dem gesellschaftlichen Aufruhr und der Dystopie, die wir durchlebt haben, assoziiert als eine direkte Folge der Virusinfektionen“.

Mögliche biologische Mechanismen

Andererseits gibt es potenzielle biologische Mechanismen, die eine kausale Beziehung erklären würden: „Der wahrscheinlichste Mechanismus ist eine maladaptive Reaktion des Wirts - sowohl der angeborenen als auch der adaptiven Immunantwort -, die zu einer nachhaltigen neurologischen Schädigung führen kann, die sich durch erhöhte Biomarker für Hirnschädigung, speziell Tau, zeigt“, kommentiert David Menon, Direktor der Klinik für Anästhesie an der University of Cambridge, der selbst an den kognitiven Folgen von COVID-19 forscht, die Studienergebnisse.

Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass das COVID-verursachende SARS-CoV-2-Protein mit Alpha-Synuclein interagiert und so die Bildung von Amyloid-Plaques beschleunigt. Sogenannten Amyloid-Aggregate lagern sich im Gehirn ab.

Immunreaktionen und Demenz

Warum eine Corona- bzw. auch eine Influenza-Infektion dazu führt, dass später Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen wie beispielsweise Parkinson auftreten können, ist zwar noch nicht genau geklärt. Aber dass ein Zusammenhang besteht, erkennen mittlerweile viele Forscher an.

„Es gibt inzwischen viele Untersuchungen, die da einen Zusammenhang zeigen. Auch experimentelle Studien haben ergeben, dass Entzündungen zu Veränderungen in der Lern- und Gedächtnisleistung führen können“, erklärt etwa der renommierte Neurologe Michael Heneka, Direktor des Centre for Systems Biomedicine an der Universität Luxemburg, im Interview mit dem „Spiegel“.

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Die Beziehungen zwischen Immunreaktionen im Körper und Demenz seien vielfältig: „Einerseits können durch eine Infektion degenerative Prozesse, die im Gehirn sowieso schon ablaufen, beschleunigt werden“, sagt Heneka. „Mitunter könnte der geistige Verfall aber auch neu angestoßen werden. Oder normale Alterungsprozesse des Gehirns könnten durch die Infektion in krankhafte degenerative Prozesse umgewandelt werden“, mutmaßt der Forscher weiter.

So könnten beispielsweise schwere Infektionen auch vorübergehend oder dauerhaft Organe schädigen: „Allein diese Organschäden können die Gehirnfunktion nachhaltig negativ beeinflussen“, führt Heneka weiter bei „Spiegel“ aus. Ein weiteres Problem sei, dass bei Infektionen die Blut-Hirnschranke durchlässiger werde: Botenstoffe des Immunsystems und auch Immunzellen können vom Blut ins Gehirn übertreten und dort die Aktivität der sogenannten Mikroglia, der gehirneigenen Immunzellen, beeinflussen, erläutert der Forscher. Man wisse heute, dass genau diese Immunzellen eine Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielten.

Gerade in Mäuseversuchen hätte man deutlich gesehen, dass bei einer akuten Infektion es die gehirneigenen Immunzellen nicht mehr schaffen, Eiweißablagerungen im Gehirn zu eliminieren, die sich dort schon Jahre vor Ausbruch der Alzheimer-Krankheit ansammeln. Der Effekt: Die Immunreaktion läuft wie ein Schwelbrand immer weiter bis zu einem Punkt, an dem entzündliche Botenstoffe Nervenzellen immer weiter schädigen und die Verklumpung sogar vorantreibt. Ähnlich sehen das auch die Forscher der Dänischen Studie: Sie mutmaßen, dass eine Corona-Infektion eine angeborene Immunreaktion des Körpers auslöse. Durch Entzündungsprozesse könnte es dabei zu einer Anhäufung des Eiweißes β-Amyloid, kommen, genau jene Eiweißablagerungen im Gehirn, die in Zusammenhang mit Alzheimer stehen.

Weitere Viren, Pilze und Bakterien können Demenzrisiko erhöhen

Dass nicht nur Sars-CoV-2 eine Rolle bei der Entstehung einer späteren Demenz spielen könnte, bestätigt auch Haneka. „Viren, Bakterien, sogar Pilze können das Risiko für eine Demenz erhöhen“, erklärt der Wissenschaftler weiter bei „Spiegel“. Voraussetzung sei aber, dass es sich um eine schwere Infektion handele. „Bei einem Schnupfen hat man diesbezüglich nichts zu befürchten“, beruhigt Heneka.

Dennoch kann auch Heneka die Befürchtungen, wie sie auch Lauterbach geäußert hat, dass die Pandemie eine Welle von Demenzerkrankungen erzeugen könnte, nicht in Abrede stellen: „Ich halte das für denkbar, ich befürchte es sogar“, so der Mediziner. Wirklich wissen könne man es aber erst in einigen Jahren bzw. erst in Jahrzehnten.

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So sei es auch nicht überraschend, dass es nach Pandemien zu neurologischen Störungen in der Bevölkerung komme und schon aus vergangenen Ereignissen bekannt: „Nach der russischen Grippe kam es zu einer Häufung von Psychosen, nach der Spanischen Grippe vermehrt zu Bewegungsstörungen“, gibt Heneka zu bedenken.

Mikrogliazellen und Alzheimer-typische Proteinaggregate

Dr. Marius Schwabenland vom Universitätsklinikum Freiburg untersucht zusammen mit seinem Team die Gehirne von an Covid-19 Verstorbenen aus den ersten Corona-Wellen. Der Fokus lag dabei auf sogenannten Mikrogliazellen, den Immunzellen im Zentralnervensystem (ZNS). Mit einer neu entwickelten Technik, die auffällige Zellverbände mehrdimensional sichtbar macht, konnten vermehrt Mikroglia-Ansammlungen (Knötchen) im Hirnstamm identifiziert werden. Dies deutet auf eingetretene pathologische Veränderungen im Gehirn hin.

Prof. Ina Vorberg vom DZNE stellte ebenfalls ihre Ergebnisse vor. Diese weisen darauf hin, dass virale Moleküle die Ausbreitung von Alzheimer-typischen Proteinaggregaten zwischen Zellen fördern und so neurodegenerative Erkrankungen beschleunigen könnten. Zu diesen viralen Molekülen gehören insbesondere auch die Spike-Proteine der Corona-Viren und reaktivierte endogene Retroviren, die abgeschaltet in den menschlichen Erbanlagen vorliegen. Antivirale Behandlungen oder Impfstoffe könnten hierauf einen Einfluss haben und den Ausbruch oder das Fortschreiten solcher Erkrankungen verhindern beziehungsweise verlangsamen.

Auswirkungen von Long Covid auf das Gehirn

Prof. Ulrich Kalinke vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob und wie Viren bis ins Gehirn vordringen. Das Virus folgt demnach anatomischen Strukturen und dringt über die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System ins Rückenmark vor und von dort weiter bis in das Gehirn. Dies kann direkte oder indirekte neurologische Veränderungen mit sich bringen und trifft sowohl Patientinnen mit milden als auch mit schweren (Long-)Covid-Verläufen.

Prof. Gabor Petzold vom DZNE ging auf neurologische und psychiatrische Symptome bei Long-Covid ein. Dazu gehören kognitive Symptome wie Aufmerksamkeitsstörungen oder Gedächtnisschwierigkeiten, die bei etwa 50% der Betroffenen auftreten. Passend dazu wurde in einer Studie, in die auch Patienten mit milden Verläufen eingeschlossen wurden, ein Abbau des Gewebes in Hirnregionen nachgewiesen, die für Gedächtnis und Kognition relevant sind. Die europäische NeuroCOV-Studie, die vom DZNE koordiniert wird, soll hier in den nächsten Jahren neue Erkenntnisse bringen.

Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen

Die COVID-19-Pandemie hat in unserer Gesellschaft zu Stress geführt - nicht nur durch die virusbedingten Erkrankungen, sondern auch durch Störungen des täglichen Lebens und Angst, was ein neuartiges Virus uns antun kann. Ich denke, die kleinen Zunahmen bei Demenz und Psychose müssen vorsichtig interpretiert werden. Diese sind meiner Meinung nach eher mit dem gesellschaftlichen Aufruhr und der Dystopie, die wir durchlebt haben, assoziiert als eine direkte Folge der Virusinfektionen.

Weitere Risikofaktoren für Alzheimer

In Deutschland ist Alzheimer mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden. Denn im Schnitt erkranken hierzulande täglich rund 900 Menschen an dieser Form der Demenz. Auch wenn die genauen Ursachen noch nicht entschlüsselt sind, besteht Einigkeit darüber, dass auch der Lebensstil und die Ernährung eine Rolle bei der Demenzentwicklung spielen. So gelten folgende Punkte als Risikofaktoren:

  • Diabetes
  • Bluthochdruck
  • Adipositas
  • Bewegungsmangel
  • Rauchen
  • geringe Bildung
  • Depression

Nicht alle Risikofaktoren lassen sich allerdings beeinflussen.

  • Alter: Ab dem 60. Lebensjahr verdoppelt sich die Demenzhäufigkeit alle fünf Jahre
  • Geschlecht: Frauen sind eher gefährdet als Männer
  • Genetische Faktoren: Eine bestimmte Variante des ApoE-Gens (wichtig für den Cholesterintransport im Blut) beeinflusst die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer-Demenz zu erkranken. Bei Trägern von ApoE4 treten Krankheitssymptome besonders früh auf.

Wie Sie Alzheimer vorbeugen

In einem Gastbeitrag für FOCUS Online nennt die Medizinerin Franziska Rubin Methoden, mit denen Sie der Krankheit vorbeugen, darunter folgende:

Anzeichen für Alzheimer

Häufig ist bei Alzheimer die Früherkennung relevant, um rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Anzeichen für die Krankheit sind etwa folgende.

  • Sie vergessen zunehmend Verabredungen.
  • Sind mehrere Menschen an einem Gespräch beteiligt, haben Sie Schwierigkeiten zu folgen.
  • An den Inhalt von Gesprächen können Sie sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr erinnern. Ereignisse, die länger zurückliegen, sind Ihnen dagegen noch sehr präsent.
  • Sie haben Probleme, sich in Ihrer eigenen Wohnung oder im altbekannten Supermarkt zurechtzufinden.
  • Sie finden sich an einem Ort oder in einem Zimmer wieder und haben vergessen, was Sie dort eigentlich tun wollten.
  • Es fällt Ihnen schwer, eine Mahlzeit zuzubereiten, die mehrere einzelne Schritte erfordert.
  • Beim Lesen müssen Sie Abschnitte mehrmals wiederholen, um sie zu verstehen, und können sich nicht mehr so gut konzentrieren.
  • Sie sind schusseliger und nachlässiger geworden.
  • Ihnen fehlen immer häufiger die richtigen Worte.
  • Ihre Augenreaktionen verändern sich, die Pupillen weiten sich zum Beispiel schneller oder langsamer.

Impfung als Schutzmaßnahme

Die Impfung gegen das Coronavirus kann das Risiko für all diese Folgeerkrankungen senken. Das Risiko für Long-COVID-Beschwerden wird durch die Impfung ebenfalls verringert. Allerdings ist die Impfung einer Studie zufolge weniger effektiv als erhofft, wenn es darum geht, Long-COVID zu verhindern: Das Risiko sinkt nur um etwa 15 Prozent.

Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus ist weiterhin eine Impfung. Wie bei anderen Impfstoffen auch können jedoch Nebenwirkungen auftreten. Im Rahmen einer neuen Studie „TüSeRe“ untersuchte daher ein Forschungsteam um Prof. Dr. Tamam Bakchoul vom Institut für Klinische und Experimentelle Transfusionsmedizin (IKET) am Universitätsklinikum Tübingen sowie um Prof. Dr. Katja Schenke-Layland und Dr. Ziel der Studie war es, Nebenwirkungen sowie die Veränderungen des Antikörperspiegels nach der ersten, zweiten und dritten Impfung zu untersuchen. Dazu wurden 1.046 Mitarbeitende des Tübinger Uniklinikums, des Zentrums für Klinische Transfusionsmedizin und des NMI Reutlingen in die Analyse einbezogen. Mithilfe eines Online-Fragebogens konnten die Studienteilnehmenden über ihre lokalen (d.h. Schwellungen, Rötungen, Schmerzen an der Injektionsstelle, Hautempfindlichkeit) und systemischen Nebenwirkungen (d.h. Müdigkeit, Durchfall, Übelkeit, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Fieber) berichten.

Maßnahmen für Demenzkranke während der Pandemie

Die COVID-19-Pandemie trifft Demenzkranke besonders hart. Die Notwendigkeit von Kontaktbeschränkungen mit fehlendem Körper- und eingeschränktem Blickkontakt ist für Menschen mit stark reduzierten kognitiven Funktionen kaum zu verstehen und somit besonders schwer zu ertragen. Bei Menschen mit Demenz, die an COVID-19 erkranken, potenzieren sich die somatischen und psychischen Folgen beider Erkrankungen gegenseitig. Aus dem Unverständnis über die völlig veränderten Umstände resultieren Einsamkeit, Depressivität und eine Beschleunigung des kognitiven Funktionsverlusts. Das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf kommt hinzu.

Dass Kontaktbeschränkungen bis hin zur Isolation und andere notwendige Infektionsschutzmaßnahmen wie Vermeiden von Körperkontakt die zwischenmenschliche Kommunikation erheblich einschränken können, leuchtet ein. Dass Menschen mit Demenz in besonderem Maß darunter leiden, sind nicht nur naheliegende Vermutungen, sondern wurde in einer Reihe von Beobachtungsstudien bestätigt. Dies steht unter dem Vorbehalt, dass diese mit einem hohen Verzerrungsrisiko behaftet sind.

Tipps für den Umgang mit Demenz während der Pandemie

Je nachdem, wie viel Betroffene noch verstehen und verarbeiten können, muss die Antwort auf diese Frage unterschiedlich ausfallen. Die Nachrichten im Fernsehen und Radio, der veränderte Tagesablauf - auch wenn jemand nicht versteht, worum es dabei geht, wird er verunsichert sein und vielleicht immer wieder nachfragen. Versuchen Sie, soweit wie möglich die gewohnten Routinen beizubehalten. Für einen Menschen mit Demenz kann es beängstigend sein, wenn sich die Routine bzw. die üblichen Abläufe plötzlich ändern. Versuchen Sie daher, den Tag wie bisher zu strukturieren, auch wenn bestimmte Dinge wie der Besuch der Gymnastikgruppe, der Betreuungsgruppe oder des Cafés derzeit nicht möglich sind. Stattdessen können Sie vielleicht gemeinsam eine Runde sportlicher Aktivität in der Wohnung einführen.

Spaziergänge an der frischen Luft sind weiterhin möglich und tun sowohl Ihnen als auch Ihrem Angehörigen gut. Nutzen Sie dafür nach Möglichkeit Zeiten, in denen die Parks und Straßen nicht so stark besucht sind (eher morgens als am Nachmittag), damit es leichter ist, den vorgegebenen Abstand von mindestens 1,5 Metern einzuhalten. Wenn vorhanden, kann natürlich auch der Garten weiterhin genutzt werden. Auch in der Wohnung gibt es viele Möglichkeiten der Beschäftigung. Je nach Fähigkeiten und Interessen können Sie gemeinsam Gesellschaftsspiele spielen, Kreuzworträtsel lösen, gemeinsam singen oder Musik im Radio oder Fernsehen anhören. Viele Möglichkeiten bietet auch das Internet: Es gibt zum Beispiel virtuelle Rundgänge durch verschiedene Museen, ebenso sind viele Filme frei zugänglich, beispielsweise in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender.

Forschung und Studien

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und andere Forschungseinrichtungen führen Studien durch, um die langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die kognitive Gesundheit besser zu verstehen. Eine Studie des DZNE untersucht beispielsweise Personen, deren geistige Leistungsfähigkeit im zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Infektion nachgelassen hat. Die Ursachen derlei Nachwirkungen einer Corona-Infektion sind bislang ungeklärt. Das Team um Schultze verfolgt jedoch einen konkreten Verdacht. „Nach heutigem Kenntnisstand erreicht das Corona-Virus in der Regel nicht das Gehirn. Daher vermuten wir, dass es indirekt betroffen ist. Und zwar durch die Reaktion des Immunsystems auf die Corona-Infektion. Die Immunantwort setzt massenhaft entzündliche Botenstoffe frei. Diese können ins Gehirn gelangen und sozusagen Kollateralschäden auslösen, selbst wenn das Virus nicht bis dahin vordringt“, sagt Schultze. Mit modernster Technik will das Forschungsteam diesen Ursachen auf den Grund gehen.

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