Dämonen und Neuronen: Eine Reise durch die Geschichte der Psychiatrie

Die Ausstellung "Dämonen und Neuronen" nimmt Besucher mit auf eine Reise durch die Geschichte der Psychiatrie und beleuchtet den Umgang mit psychischen Erkrankungen von der Antike bis zur Gegenwart. Sie versucht, das Tabu zu brechen, das psychische Erkrankungen oft umgibt, und bietet Einblicke in Krankheitsbilder, Diagnosen und Therapien.

Eine Ausstellung entsteht: Von Uchtspringe in die Welt

Die Wanderausstellung "Dämonen und Neuronen. Psychiatrie gestern-heute-morgen" wurde erstmals am 18. Dezember 2010 im Landtag Sachsen-Anhalt durch ihren Schirmherrn Herbert Grönemeyer eröffnet. Ihren "Heimathafen" hat die Ausstellung im Besucherzentrum des Psychiatrie-Standorts Uchtspringe in der Altmark.

Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Kooperation des SALUS-Instituts in Sachsen-Anhalt mit Professor Tögel und seinem Institut. Gemeinsam führten sie Patienteninterviews mit geheilten und erkrankten Personen, um ihre Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen zu dokumentieren.

Die Ausstellung erzählt vom Umgang mit psychischen Erkrankungen in verschiedenen Epochen und stellt einzelne Krankheitsbilder, Diagnosen und Therapien vor. Sie erzählt Geschichten aus der 4.000 Jahre alten Historie der Seelenkunde und aus der Sicht der Betroffenen. Die Ausstellung bietet Hintergründe zu Krankheiten, zeigt moderne Wege zur Förderung der seelischen Gesundheit und deren Perspektiven.

Die Ausstellung wird auf Anfrage verliehen, hat in Uchtspringe aber ihren "Heimathafen" und wird durch ein Multimediaterminal virtuell auch dann "vor Ort" sein, wenn die Wanderausstellung unterwegs ist.

Lesen Sie auch: Neuronen einfach erklärt

Psychiatrie im Wandel der Zeit: Eine Doppelausstellung in Uchtspringe

Am 7. September 2011 wurden in Uchtspringe mehrere Investitionsprojekte der SALUS gGmbH abgeschlossen, darunter der Umbau und die Sanierung des Gesellschaftshauses sowie die Inwertsetzung der Kirche als Besucherzentrum. Im Rahmen der Festveranstaltung wurde die Doppelausstellung "Psychiatrie im Wandel der Zeit" eröffnet, die aus zwei Teilen besteht: dem mobilen Teil "Dämonen und Neuronen" und dem regionalspezifischen Modul "Vom Gut Modderkuhl zum Fachklinikum Uchtspringe".

Die Dauerausstellung in der Kirche zeigt am Beispiel von Uchtspringe die Geschichte der Krankenhauspsychiatrie in Deutschland seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Sie schlägt den Bogen von der baulichen Geschichte des Fachklinikums bis hin zur Entwicklung der medizinisch-therapeutischen Konzepte. Ein Einführungsfilm, ein Modell des Klinikums und Infoterminals mit Audiozugang präsentieren ein modernes Museumskonzept, das von der Berliner Gesellschaft "beier+wellach projekte" entwickelt wurde. Erstmals wird auch über das dunkelste Kapitel der Krankenhausgeschichte informiert.

Dämonen und Neuronen: Zwischen Besessenheit und Wissenschaft

Der Titel der Ausstellung, "Dämonen und Neuronen", verweist auf die unterschiedlichen Erklärungsmodelle für psychische Erkrankungen im Laufe der Geschichte. Während früher übersinnliche Kräfte und Dämonen für psychische Auffälligkeiten verantwortlich gemacht wurden, sieht die moderne Medizin die Ursachen in somatischen Faktoren, insbesondere in den Neuronen und der Funktionsweise des Gehirns.

Die Ausstellung versucht, diese unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und zu zeigen, wie sich das Verständnis von psychischen Erkrankungen im Laufe der Zeit gewandelt hat. Sie geht der Frage nach, woher die Einschätzung, psychisch krank zu sein, überhaupt kommt und wie diese in verschiedenen Gesellschaftsformen und Kulturen unterschiedlich interpretiert wurde.

Vom Tempelschlaf zur Psychoanalyse: Ein Blick in die Geschichte der Behandlung

Die Ausstellung zeigt anhand von Beispielen, wie in verschiedenen Kulturen mit psychischen Erkrankungen umgegangen wurde. So wird beispielsweise das Asklepios-Heiligtum in Epidaurus in Griechenland mit einem Modell und 3D-Simulationen rekonstruiert, um zu veranschaulichen, wie Kranke dort behandelt wurden. Der Tempelschlaf, eine Art Vorläufer der Psychoanalyse, spielte dabei eine wichtige Rolle.

Lesen Sie auch: Nervenzellen: Eine einfache Erklärung

Im Gegensatz dazu standen im christlichen Abendland lange Zeit Vorstellungen von Besessenheit und Sündhaftigkeit im Vordergrund. Psychisch Kranke wurden als von Dämonen besessen angesehen, die ausgetrieben werden mussten. Diese Vorstellung hielt sich bis in die Neuzeit und verhinderte lange Zeit einen wissenschaftlichen Zugriff auf psychische Erkrankungen.

Das dunkle Kapitel: Euthanasie im Dritten Reich

Ein wichtiger Schwerpunkt der Ausstellung ist die Auseinandersetzung mit der Euthanasiepolitik im Dritten Reich. Die Ausstellung informiert über die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen im Rahmen der "Aktion T4" und der Kinder-Euthanasie. Dieses dunkle Kapitel der Geschichte hat zu einem tiefen Misstrauen gegenüber der Psychiatrie geführt und ist einer der Gründe, warum psychische Erkrankungen in Deutschland noch immer mit einem Tabu belegt sind.

Aufklärung über Krankheitsbilder: Depressionen, Schizophrenie und mehr

Ein zentraler Teil der Ausstellung widmet sich der Aufklärung über verschiedene Krankheitsbilder wie Depressionen und Schizophrenie. Die Ausstellung stellt die Symptome, Diagnosekriterien und Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankungen vor und möchte so dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und das Verständnis für psychisch Kranke zu fördern.

Die Ausstellung zeigt auch Beispiele von Prominenten, die offen über ihre psychischen Erkrankungen sprechen, wie David Beckham mit seiner Zwangsstörung oder der ehemalige katalanische Präsident Pasqual Maragall mit seiner Demenzerkrankung. Diese Beispiele sollen Mut machen, über psychische Probleme zu reden und sich Hilfe zu suchen.

Der Weg zur Entstigmatisierung: Eine gesellschaftliche Aufgabe

Die Ausstellung "Dämonen und Neuronen" möchte einen Beitrag zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen leisten. Sie will dazu anregen, offen über psychische Probleme zu sprechen und sich mit den Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.

Lesen Sie auch: Überblick: Verschaltung und Erregung

Die Ausstellung betont, dass psychische Erkrankungen jeden treffen können und dass es wichtig ist, Betroffenen mit Verständnis und Respekt zu begegnen. Sie zeigt, dass es viele Wege zur Förderung der seelischen Gesundheit gibt und dass psychische Erkrankungen heute gut behandelbar sind.

Die Geschichte der Psychiatrie: Ein Überblick

Die Geschichte der Psychiatrie ist lang und wechselhaft. Schon in der Antike und im Mittelalter gab es erste Ansätze, Geisteskrankheiten zu erklären und zu behandeln. Im christlichen Abendland wurden psychische Erkrankungen jedoch lange Zeit als Ausdruck dämonischer Mächte oder als Strafe Gottes interpretiert.

Die neuzeitliche Psychiatrie-Geschichte beginnt mit Philippe Pinel, der im Zuge der Französischen Revolution die "Irren von ihren Ketten" befreite und eine humanere Behandlung psychisch Kranker forderte. Im 19. Jahrhundert entstanden in Europa weitflächig psychiatrische Anstalten, doch die Zustände in diesen Einrichtungen blieben oft menschenverachtend.

Emil Kraepelin schuf mit seinem Lehrbuch "Psychiatrie" die Grundlagen für die moderne psychiatrische Diagnostik. Im 20. Jahrhundert führten die Eugenik-Bewegung und die nationalsozialistische Rassenhygiene zu Massenmorden an psychisch Kranken und Behinderten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mit der Entdeckung der Psychopharmaka neue Wege in der Behandlung psychischer Erkrankungen beschritten. Die Antipsychiatrie-Bewegung kritisierte die Zustände in den psychiatrischen Einrichtungen und forderte eine Reform der Psychiatrie.

Heute stehen eine Vielzahl von Psychopharmaka und psychotherapeutischen Verfahren zur Verfügung. Die Forschung konzentriert sich auf die Erforschung der biologischen und psychologischen Ursachen psychischer Erkrankungen und die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden.

tags: #Dämonen #und #Neuronen