Sauna und Schlaganfall: Studienlage und potenzielle Vorteile

Ein nasskalter Winterabend in Deutschland. Im Ruhebereich riecht es nach Holz, der Aufguss zischt, die Luft wird trocken-heiß. Minuten später, beim Abkühlen im Freien, fühlt sich der Puls ruhig und der Kopf klar an. In Finnland ist dieses Ritual mehr als Wellness. Über Jahrzehnte verfolgte Kohortenstudien verknüpfen häufiges Saunieren mit weniger tödlichen Herz-Kreislauf-Ereignissen - und sogar mit einem niedrigeren Schlaganfallrisiko. Doch was steckt wirklich dahinter? Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Studienlage, mögliche Mechanismen und gibt Hinweise zur sicheren Nutzung der Sauna.

Traditionelle Sauna vs. Moderne Anwendungen

Die traditionelle finnische Sauna bedeutet trockene Hitze bei ungefähr 80-100 °C und niedriger Luftfeuchte (ca. 10-20 %), in kurzen Durchgängen mit großzügigen Abkühlphasen. In Labor‑ und Feldstudien lagen die typischen Expositionen oft bei rund 73-80 °C. Es ist wichtig zu beachten, dass Meta-Analysen zu Herzinsuffizienz häufig Infrarot/Waon-Protokolle nutzen - ein anderer Modus, eine andere Temperatur. Akute Effekte (z. B. leichter Blutdruckabfall) können auch bei anderen Wärmetherapien auftreten, aber die großen Hazard‑Reduktionen lassen sich nicht automatisch auf Infrarot/Dampf übertragen. Aufgüsse, Kaltbecken und Ruhebereiche gehören hierzulande dazu.

Studienlage: Evidenz aus Finnland

Die Daten sind stark, aber beobachtend. Kuopio - Finnische Männer und Frauen, die mehrmals in der Woche in die Sauna gehen, erleiden einer prospektiven Kohortenstudie in Neurology (2018) zufolge seltener einen Schlaganfall. Zu dieser Erkenntnis gelangen Peter Willeit, Neurologe und Epidemiologe an der Medizin Uni Innsbruck und Jari A. Laukkanen von der Universität Ostfinnland anhand vergleichender Analysen aus Daten der finnischen KIHD-Studie (Kuopio Ischaemic Heart Disease Risk Factor Study). Darin werden Daten von 1688 Männern und Frauen (51%) zwischen 53 und 74 Jahren seit Mitte der 1980er erhoben und ausgewertet.

Schlaganfallrisiko

Untersucht wurde, inwiefern die Anzahl an Saunabesuchen mit der Reduktion eines Schlaganfallrisikos korreliert. Es wurden die Daten der „Kuopio Ischaemic Heart Disease Risk Factor (KIHD)- Studie“ verwendet. Die Umfrage umfasste eine Teilnehmeranzahl von 1628 Frauen und Männern zwischen 53-74 Jahren, welche regelmäßig eine finnische Sauna besuchen. Für jene ist ein niedriger Luftfeuchtigkeitsanteil zwischen 10-20% und hohe Temperaturen zwischen 80 und 100 Grad charakteristisch. Die Studienteilnehmer wurden nach der Häufigkeit der Saunabesuche in drei Gruppen eingeteilt (einmal pro Woche, 2-3 Mal pro Woche oder 4-7 Mal wöchentlich).

In den 14,9 Jahren der Nachbeobachtung ist es zu 155 Schlaganfällen gekommen. Bei den Finnen, die nur einmal in der Woche die Sauna besuchten, kam es zu 8,1 Schlaganfällen pro 1.000 Personenjahre. Unter den Finnen, die 2- bis 3-mal pro Woche saunierten, kam es zu 7,4 Schlaganfällen pro 1.000 Personenjahre und bei den Finnen, die auf 4 bis 7 Saunagänge die Woche kamen, waren es nur 2,8 Schlaganfälle pro 1.000 Personenjahre.

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Für die häufigsten Saunabesucher ermittelt Laukkanen eine Hazard Ratio von 0,38 (95-%-Konfidenzintervall 0,18 bis 0,81). Das Risiko war also um 62 % vermindert. Die Analyse berücksichtigt eine Reihe von Störgrößen wie Alter, Geschlecht, Diabetes, Body-Mass-Index, Blutfette, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität und sozioökonomischen Status. Die Assoziation war bei Männern und Frauen gleich stark.

Personen mit bei 4-7 Saunagängen pro Woche haben ein um 61 % erniedrigtes Risiko im Vergleich zu jenen, die einmal pro Woche die Sauna besuchten. Diejenigen Personen, die 2-3 Mal pro Woche die Sauna besuchten, hatten gegenüber jenen, die einmal in die Sauna gingen, ein 14 % vermindertes Schlaganfallrisiko. Für eine protektive Wirkung wären demnach häufigere, wenn nicht sogar tägliche Saunabesuche erforderlich. Es ist durchaus möglich, dass eine niedrigere „Dosis“ ausreichen könnte. In der Studie fehlte eine Vergleichsgruppe ohne Saunabesuch. Eine solche Gruppe gab es nicht, da in Ostfinnland praktisch alle erwachsenen Finnen regelmäßig die Sauna besuchen.

Weitere positive Effekte

Häufiges Saunieren senkt nicht nur das Schlaganfallrisiko erheblich, sondern hat auch andere positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Finninnen und Finnen, die vier bis sieben Mal wöchentlich die Sauna besuchten, hatten ein um 70% geringeres Risiko, im Beobachtungszeitraum an einer Herz-Kreislauferkrankung zu versterben; bei jenen, die zwei bis drei Mal wöchentlich saunierten, war dieses Risiko immerhin noch um 29% reduziert. Wer länger als 45 Minuten pro Woche in der Sauna schwitzt, hat das vergleichsweise niedrigste kardiovaskuläre Risiko.

Mortalität & große kardiovaskuläre Endpunkte (Männer, 42-60 J.): vs. 1×/Woche war 4-7×/Woche mit 63 % niedrigerem Risiko für plötzlichen Herztod, 50 % niedrigerer CVD‑Mortalität und 40 % niedrigerer Gesamtmortalität assoziiert; 2-3× zeigte mittlere Effekte. Längere Sitzungen (>19 min) schnitten ebenfalls besser ab. Neu auftretende Hypertonie (Männer): 4-7×/Woche war mit ~46 % niedrigerem Risiko für Hypertonie vs. 1×/Woche assoziiert (Ø‑Follow‑up ~22-25 J.). CVD‑Mortalität (beide Geschlechter): In 1.688 Erwachsenen (51 % Frauen) war 4-7×/Woche mit deutlich weniger fatalen CVD‑Ereignissen verknüpft; Sauna‑Daten verbesserten die Risikoprädiktion. Gehirngesundheit (Männer): 4-7×/Woche war mit 66 % geringerem Demenz‑ und 65 % geringerem Alzheimer‑Risiko vs. 1×/Woche assoziiert (20 J. Follow‑up).

Höhere cardiorespiratorische Fitness und höhere Saunafrequenz zeigen jeweils unabhängige Zusammenhänge mit geringerer CVD‑ und Gesamtmortalität - zusammen sind die Effekte am stärksten. Generell ist zu sagen, dass Saunabesuche nicht lediglich das Schlaganfallrisiko senken, sondern zudem eine positive Wirkung auf die allgemeine körperliche Gesundheit ausüben.

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Wichtiger Hinweis zur Interpretation der Studien

Wichtiger Hinweis: Das Muster einer Dosis‑Wirkungs‑Beziehung (v. a. über die Frequenz) ist robust - die Evidenz ist jedoch beobachtend. Assoziation ≠ Kausalität. Es ist wichtig, die Ergebnisse der Studien richtig zu interpretieren. Die Daten sind stark, aber beobachtend. Trotz aller Adjustierungen für Begleitfaktoren sind die Resultate also mit Vorsicht zu genießen.

Physiologische Mechanismen

Die günstige, regulierende Wirkung häufiger Saunagänge auf den Blutdruck und die Herzfrequenzvariabilität dürften der Kausalität von Saunafrequenz und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit zugrunde liegen.

Der Besuch einer finnischen Sauna kann durchaus Herz und Kreislauf beanspruchen. Der Körper reagiert auf die Hitze mit einer vermehrten Hautdurchblutung, die durch eine Erhöhung des kardialen Schlagvolumens sichergestellt wird. Während eines Saunagangs kann der Puls deutlich ansteigen. Beim Blutdruck ist sowohl ein Anstieg als auch ein Abfall möglich. Nach dem Abkühlen normalisieren sich Puls und Herzfrequenz rasch wieder. Bei Menschen mit vorgeschädigtem Herz-Kreislauf-System kommt es nach dem Saunagang sogar zu einer vorübergehenden Senkung des Blutdrucks und einer Entspannung der Blutgefäße.

Hämodynamik: Während der Hitze weiten sich die Blutgefäße, der Herzschlag steigt in Bereiche moderater Bewegung; direkt nach der Sitzung sinken systolischer und diastolischer Blutdruck und die arterielle Steifigkeit messbar ab - Effekte, die mindestens 30 Minuten anhalten. Breitere Physiologie: Diskutiert werden u. a. Hitzeschockproteine, antiinflammatorische Effekte und autonome Balance.

Sicherheitshinweise und Empfehlungen

Viele profitieren von regelmäßiger Sauna. Für Leserinnen und Leser mit kardiovaskulären Risiken gilt: Kälte‑Immersion graduell angehen (Frischluft, kalte Dusche - erst später optionales Tauchbecken).

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Wer sollte vorsichtig sein?

In einem Editorial geben Neurologen um Dr. Josef Heckmann von der Klinik in Landshut jedoch zu bedenken, dass die Sauna nicht für jeden geeignet ist. Mit Vorsicht/ärztlicher Rücksprache: Instabile Angina, frischer Myokardinfarkt, schwere Aortenstenose, dekompensierte Herzinsuffizienz, unkontrollierte Hypertonie, Neigung zu orthostatischer Hypotonie. Alkohol vermeiden; auf Medikamenten‑Timing achten (z. B. Antihypertensiva, Nitrate).

Praktische Tipps

Wie oft, wie lange, wie heiß? Auf Hydration und Elektrolyte achten (vor allem bei hoher Frequenz). In den Kohorten war die Frequenz der stärkste Faktor. In der Sauna: Bei Schwindel sitzen (nicht stehen), pro Runde meist max. Abkühlung: Graduell ist besser.

Empfehlungen: 2-3×/Woche; 10-12 Min. Zusätzlich täglich 0,5-1 L Wasser inkl. 3-5×/Woche; 15-20 Min.

Möglichkeiten zur häufigen Nutzung

Gute Nachricht: Viele Studios/Thermen und Fitnessketten erlauben häufige Nutzung - 3-4 Sessions pro Woche sind im Winter realistisch, ohne eine eigene Sauna zu besitzen.

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