In unserer modernen Gesellschaft suchen viele Menschen nach Wegen zu einer gesunden Psyche, Entspannung und Harmonie im Familienkreis. Die Frage ist jedoch, welche Methoden wirklich wirksam sind. Dank der Fortschritte in der Gehirnforschung haben wir heute die Möglichkeit, präziser zu bestimmen, was uns hilft. Der US-amerikanische Psychologe Alan Lesher betont, dass wir in den letzten zwanzig Jahren mehr über das Gehirn gelernt haben als in der gesamten bisherigen Geschichte. Diese Erkenntnisse eröffnen uns die Chance, Glück, Ausgeglichenheit, Mitgefühl und Weisheit in unserem Leben zu stärken und unsere Ziele zu verwirklichen.
Die Formbarkeit des Geistes und des Gehirns
Rick Hanson, ein renommierter Neuropsychologe und Meditationslehrer, spricht von einem co-abhängigen „Geist-/Gehirnsystem“. Er erklärt, dass der materielle und der geistige Aspekt nicht voneinander zu trennen sind. „Was durch Ihren Geist strömt, formt Ihr Gehirn. Folglich können Sie Ihren Geist dazu nutzen, Ihr Gehirn zu verbessern.“ Hanson betont, dass die Annahme eines transzendenten Aspekts des Geistes nicht notwendig ist, um das eigene Gehirn positiv zu beeinflussen. „Der Geist ist das, was das Gehirn tut“, sagt Hanson. „Folglich bedeutet ein erwachender Geist auch ein erwachendes Gehirn.“
Die Quelle des Leidens im Gehirn
Unser Gehirn ist aufgrund seiner Komplexität auch eine Quelle von Leid. Im Vergleich zu Tieren ist unser Gehirn anfälliger für Sorgen um die Zukunft, Bedauern der Vergangenheit und Vorwürfe in der Gegenwart. Hanson erklärt, dass der größte Teil unseres Leidens durch unser Gehirn konstruiert wird. Es ist erfunden.
Unsere Vorfahren entwickelten im Laufe der Evolution drei Überlebensstrategien. Leid und Schmerzen, die von bestimmten neuronalen Netzwerken erzeugt werden, warnen uns vor Irrtümern und zwingen uns zu lebensfördernden Maßnahmen. Allerdings leiden wir in vielerlei Hinsicht an unserem Menschsein an sich. Alles, was beginnt, muss auch enden. Alles, was zusammenkommt, muss sich auch zerstreuen. Erfahrungen sind folglich nicht dazu in der Lage, gänzlich befriedigend zu sein. Sie sind eine unzuverlässige Basis für wahres Glück.
Wir sind darauf programmiert, auf Bedrohungen stärker zu reagieren als auf Chancen. Zu den realen Gefahren kommen noch „Simulationen“ hinzu: Kleine Filme, die wir innerlich abspielen, um mögliche unangenehme Situationen in der Zukunft vorwegzunehmen oder quälende Erlebnisse aus der Vergangenheit zu rekapitulieren. Nur etwa 20 Prozent der Impulse, die unser Sehzentrum erreichen, kommen direkt aus der äußeren Welt; der Rest kommt aus dem Gedächtnis oder beruht auf der Verarbeitung von inneren Eindrücken. „Ihr Gehirn simuliert die Welt - jeder von uns lebt in einer virtuellen Realität, die ausreichende Ähnlichkeit mit der echten hat, um zu verhindern, dass wir gegen Möbel laufen.“ Diese Simulationen potenzieren unser Leiden und torpedieren die Lebensfreude.
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Es liegt in der Natur des Simulators, dass er uns aus dem gegenwärtigen Augenblick reißt. Wir leiden nicht nur direkt, sondern auch indirekt, indem wir an unserem Leiden leiden. Die zweite, indirekte Art des Leidens nimmt einen weit größeren Raum in unserem Leben ein. Die erste „edle Wahrheit“ des Buddha - das Leben im Daseinskreislauf ist leidvoll - erfährt durch die Gehirnforschung eine eindrucksvolle Bestätigung.
Strategien zur Förderung von Glück, Liebe und Weisheit
Um Glück, Liebe und Weisheit zu nähren, können wir verschiedene Strategien anwenden. Anstatt unangenehme Gefühle zu bekämpfen, können wir zunächst achtsam bei ihnen verweilen. Gleichzeitig sollen wir angenehme Erfahrungen bewusst wahrnehmen, sie verstärken und kultivieren. Es ist wichtig, das Angenehme bewusst zu fördern, während sich das Unangenehme von selbst aufdrängt. „Stellen Sie sich vor, dass die positiven Inhalte Ihres Gewahrseins in alte Wunden eindringen, wunde und verletzte Stellen wie eine warme, goldene Salbe beruhigen, Hohlräume auffüllen, langsam negative Gefühle und Überzeugungen durch positive ersetzen.“ Dies hat nichts mit den eher platten Formen des „positiven Denkens“ oder mit der Verleugnung der Schattenseiten des Lebens zu tun.
Eine andere Technik nennt Hanson „das Feuer kühlen“. Es geht um die bewusste Aktivierung des parasympathischen Nervensystems. Hierzu gibt es eine Reihe von Methoden, die vielen Lesern schon bekannt sein dürften: Meditations- und Entspannungstechniken. Schon wer sich regelmäßig an einen stillen Ort setzt, tief ein- und ausatmet und sich dabei vorstellt, dass der Atem durch das Herz ein- und ausströmt, hat einen kleinen Schritt getan, um das „Gehirn eines Buddha“ aufzubauen. Tiefe Gefühle von Frieden, Dankbarkeit und Liebe können mit dieser einfachen Meditation einhergehen.
Wir können Zuflucht an Orten suchen, die uns in der Vergangenheit Geborgenheit schenkten. Das können äußere Orte sein wie Kirchen oder unsere Lieblingsbank am Wildbach. Es können spirituelle Meister sein, die für jene Werte stehen, denen wir vertrauen: Jesus, Buddha oder ein Lehrer, den wir persönlich kennen. Das kann auch ein innerer Bezirk in unserem eigenen Herzen sein.
Wichtig dabei ist das Entwickeln von Gleichmut. Das gleichmütige Gehirn schafft einen Puffer zwischen uns und dem Bewusstseinsstrom unserer Erfahrung. Wir nehmen gleichsam die Position eines Zeugen ein, der sich mit Freude und Leid nicht mehr vollständig identifiziert. „Gleichmut bedeutet, dass Sie nicht auf Ihre Reaktionen reagieren.“ Diese tauchen vielmehr wie verschiedenfarbige Wolken am Bewusstseinshimmel auf und verschwinden wieder, ohne dass der Himmel selbst davon berührt wird. „Der Raum des Gewahrseins erlaubt es jedem Geistesinhalt, zu sein oder nicht zu sein, zu kommen und zu gehen. Auch der im Buddhismus sehr wichtige Begriff der Achtsamkeit erhält durch die moderne Gehirnforschung neue Nahrung. „Was durch Ihre Aufmerksamkeit strömt, formt Ihr Gehirn. Deshalb ist das Steuern Ihrer Aufmerksamkeit möglicherweise der effektivste Weg, Ihr Gehirn und folglich Ihren Geist zu prägen. (…) Achtsamkeit ist gut kontrollierte Aufmerksamkeit.“
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Wenn wir täglich Maßnahmen ergreifen, die Tugend, Achtsamkeit und Weisheit in unserem Leben stärken, können wir gleichsam den Bezirk des Guten und Heilsamen immer mehr ausweiten - ohne das Schmerzliche zu verleugnen und ihm, indem wir es bekämpfen, immer noch mehr Energie zu geben. Dabei sollten wir uns ganz bewusst einer Politik der vielen kleinen Schritte bedienen.
Die Illusion des Selbst und der Weg zum Erwachen
Eine der geheimnisvollsten und am schwersten zu akzeptierenden Erkenntnisse des Buddhismus ist die These, dass unser Gefühl eines separaten Selbst eine Illusion sei. Auch die wird aber von der Gehirnforschung bestätigt. Unsere Identität erscheint in diesem Licht geradezu wie eine perfekte Simulation im Gehirn. Wenn wir aus dieser „Matrix“ aussteigen, droht nicht etwa Verlorenheit und Desorientierung. Im Gegenteil: „Paradoxerweise sind Sie umso glücklicher, je weniger Ihr ‚Ich’ da ist.“ Diese Erkenntnis ist bedeutsam, zumal sich viele Ratgeber gerade die Stärkung des Ego zum Ziel gemacht haben.
„Wenn Sie Dinge persönlich nehmen, sich mit Dingen, die unweigerlich enden, identifizieren oder versuchen, sie zu besitzen, oder wenn Sie sich von allen Dingen absondern, leiden Sie. Der Pfad des Erwachens besteht nicht darin, unserem Wesen etwas Neues hinzuzufügen; vielmehr geht es um die Freilegung unserer „grundlegenden Natur“. Hanson behauptet: „Mag Ihre wahre Natur auch gegenwärtig hinter Stress und Sorge, Wut und unerfüllten Sehnsüchten verborgen liegen, so existiert sie doch weiterhin.
Praktische Anwendungen und Werkzeuge
Rick Hanson bietet in seinem Buch "Das Gehirn eines Buddha" wirksame Wege, wie wir Liebe, Weisheit und wahres Glück in unserem Leben erfahren können, und erklärt uns auch physiologisch, wie und warum das funktioniert. Der Strom unserer Gedanken formt unser Gehirn und vermag uns so, neue Möglichkeiten, Handlungsräume und Gefühlswelten zu eröffnen - oder auch zu verschließen. Demgemäß lautet die grundlegende Botschaft aktueller neurobiologischer Forschung: "Indem du dein Gehirn verändern kannst, kannst du dein Leben ändern."
Gestützt auf jüngste Forschungsergebnisse zeigt Hanson, wie wir unser Gehirn stimulieren und stärken können, um zu erfüllenderen Beziehungen und zu einem stärkeren Gefühl von innerem Vertrauen und Wert zu finden. Er unterrichtet u. a. an der Stanford University, am California Institute for Integral Studies und am New York Insight Meditation Center.
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Achtsamkeit als Schlüssel zur Veränderung
Wie können wir das Gute in uns wachsen lassen und es anderen weitergeben? fragt Rick Hanson im Vortrag "Das Gehirn eines Buddha". Zwar ist längst bekannt, was gut für uns ist, doch selten erfahren wir, wie wir dorthin gelangen können; hier jedoch werden Wege aufgezeigt. Worauf buddhistische Traditionen längst verwiesen, belegen jetzt auch wissenschaftliche Forschungen zu Glück und Achtsamkeit: Dass wir mittels Achtsamkeit positiv auf unser Befinden wie auch unsere Beziehungen einwirken können. Je öfter wir etwas erleben, desto mehr wird es im Gehirn verankert; das gilt ebenfalls für Glückserlebnisse und positive Erfahrungen, so Rick Hanson in "Hardwiring Happiness: Werkzeuge für andauernde innere Stärke, inneren Frieden und Wohl".
Über unsere Gedanken gestalten wir unser Gehirn und können uns neue Optionen und Handlungsmöglichkeiten erschließen. Neurobiologische Studien belegen: Unser Leben verändert sich, wenn wir unser Gehirn verändern. So hilft es schon, sich Positives möglichst lebhaft und körperlich spürbar vorzustellen, da das im Gehirn wie erlebt registriert wird.
E-Books und digitale Möglichkeiten
Das Buch "Das Gehirn eines Buddha" ist auch als E-Book verfügbar. E-Books bieten interaktive Möglichkeiten und Funktionen. Sie sind jederzeit und an jedem Ort verfügbar. Um E-Books auf einem E-Book-Reader zu lesen, benötigt man ein Lesegerät. Anstatt herkömmlicher LCD-Displays wird eine sog. E-Ink-Technologie verwendet, die ein augenschonenderes Lesen ermöglicht.
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