Das Nervensystem: Nervenzellen, Aufgaben und Funktionen

Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das den menschlichen Körper durchzieht und eine Vielzahl von Funktionen steuert. Es ermöglicht uns, mit unserer Umwelt in Kontakt zu treten, Informationen zu verarbeiten und auf Reize zu reagieren. Es besteht aus Nervenzellen, die Signale empfangen und weiterleiten, und erfüllt lebenswichtige Aufgaben, die von bewussten Entscheidungen bis hin zu unwillkürlichen Körperfunktionen reichen.

Sensorisches und motorisches Nervensystem

Der Mensch tritt über das Nervensystem mit seiner Umwelt in Kontakt. Augen, Ohren, Nase, Zunge und Sensoren in der Haut nehmen Reize aus der Umwelt wahr, wie Temperatur und Berührung, und leiten sie zum Zentralnervensystem weiter. Auch Informationen über den Zustand des eigenen Organismus, wie die Körperstellung oder Hunger und Durst, werden registriert. Dieser Teil des Nervensystems wird als sensorisches Nervensystem bezeichnet.

Das motorische Nervensystem ermöglicht es dem Organismus, auf Signale aus der Umgebung oder vom Körper selbst zu reagieren. Es steuert die Muskulatur und ermöglicht uns, Handlungen auszuführen und uns in der Umwelt zu bewegen. Wenn wir uns beispielsweise auf ein Hindernis zubewegen, wird es vom Auge wahrgenommen. Das sensorische Nervensystem gibt diese Information an das Gehirn weiter, wo sie verarbeitet wird und die Entscheidung getroffen wird, dem Hindernis auszuweichen.

Willkürliche und unwillkürliche Kontrolle

Viele Leistungen unseres Nervensystems sind uns bewusst. Wir entscheiden, ob wir zuschauen oder wegschauen, fortgehen oder stehen bleiben, sprechen oder zuhören. Der Teil unseres Nervensystems, der daran beteiligt ist, unterliegt unserer willkürlichen Kontrolle.

Daneben hat das Nervensystem aber auch Aufgaben, die wir nicht bewusst kontrollieren können. Jeder kennt die Situation: Beim Sport oder in Stresssituationen erhöht sich automatisch der Herzschlag, die Atmung wird schneller und man beginnt zu schwitzen. Verantwortlich dafür ist das vegetative Nervensystem, das auch als autonomes oder unwillkürliches Nervensystem bezeichnet wird, weil es nicht unserem Willen unterworfen ist.

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Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem kontrolliert die Muskulatur aller Organe und regelt lebenswichtige Körperfunktionen wie Herztätigkeit, Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel, Verdauung, Ausscheidung, Schweißbildung, Körpertemperatur und Fortpflanzung. Außerhalb von Gehirn und Rückenmark besteht es aus dem Sympathikus und seinem Gegenspieler, dem Parasympathikus.

Der Sympathikus sorgt für eine Erhöhung des Herzschlages und der Atemtätigkeit, verbessert die Durchblutung in der Muskulatur und fördert das Schwitzen. Durch den Parasympathikus hingegen schlägt das Herz langsamer, die Atmung wird ruhiger und die Verdauung wird gefördert.

Das Gehirn: Die Informationszentrale

Das Gehirn ist die Informationszentrale unseres Körpers. Hier werden Informationen aus der Umwelt und über den Zustand des Organismus zusammengetragen und zu Reaktionen weiterverarbeitet. Der am höchsten entwickelte Abschnitt des Gehirns ist das Großhirn mit der Großhirnrinde. Hier liegen die Verarbeitungszentren für Signale, die von den Augen (Sehrinde), den Ohren (Hörzentrum) und anderen Sinnesorganen kommen.

Durch die Sehrinde beispielsweise erkennen wir einen Gegenstand als Auto, d.h. erst durch sie erhält das Gesehene eine Bedeutung. Auch Informationen von der Körperoberfläche werden in der Großhirnrinde verarbeitet. Dabei ist der Bereich der Großhirnrinde, der für eine bestimmte Region der Körperoberfläche zuständig ist, umso grösser, je wichtiger er für die Wahrnehmung der Umwelt ist. So ist das „Wahrnehmungsfeld“ für Informationen, die von den Händen kommen, deutlich grösser als das für die Füße. Auch das Wiedererkennen von Orten und Personen erfolgt in der Großhirnrinde. Andere Bereiche der Großhirnrinde sind für Sprache, Rechnen und Empfindungen zuständig. Der motorische Bereich der Großhirnrinde steuert und koordiniert Muskelbewegungen.

Die weiteren Abschnitte des Gehirns sind Zwischenhirn, Mittelhirn, Kleinhirn und Nachhirn. Im Zwischenhirn werden beispielsweise vegetative Funktionen wie Körpertemperatur, das Hunger- und Durstgefühl sowie das Sexualverhalten gesteuert. Hier befindet sich auch die Hypophyse, eine wichtige Hormondrüse, die Wirkstoffe (Hormone) produziert, die in die Blutbahn abgegeben werden und dann über den Blutkreislauf zu ihren Wirkorten gelangen. Die Hormone der Hypophyse steuern beispielsweise das Längenwachstum vor der Pubertät, fördern das Wachstum der inneren Organe und haben Einfluss auf den Stoffwechsel. Zudem fördern sie die Reifung der Eizellen in den Eierstöcken der Frau und die Entwicklung der Spermien beim Mann.

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Das Mittelhirn ist der kleinste Abschnitt des Gehirns. Es steuert u.a. den Wach-Schlaf-Rhythmus und kann die Aufmerksamkeit auf bestimmte Sinneseindrücke lenken. Verantwortlich für den richtigen Ablauf aller Körperbewegungen ist das Kleinhirn. Zudem ist es massgeblich an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes beteiligt. Bei einem Ausfall des Kleinhirns kommt es deshalb zu taumelnden, zielunsicheren oder zittrigen Bewegungen, wie sie bei Betrunkenheit auftreten. Auch schnell aufeinander folgende Bewegungen können nicht mehr ausgeführt werden.

Mit dem Nachhirn grenzt das Gehirn an das Rückenmark. Hier werden die Atmung, der Kreislauf und viele Abläufe in den Organen gesteuert. Das Nachhirn ist auch für den Lidschlussreflex, den Tränenfluss, den Schluckreflex, die Speichelproduktion sowie für Niesen, Husten und Erbrechen zuständig. Zudem gibt es Reflexe, an denen nur das Rückenmark beteiligt ist.

Die Nervenzellen: Signalübertragung im Nervensystem

Die Aufgabe der Nervenzellen besteht darin, Signale aufzunehmen und an andere Nervenzellen oder Muskel- und Drüsenzellen weiterzuleiten. Entlang einer Nervenzelle werden die Signale elektrisch fortgeleitet. Die Geschwindigkeit solcher Signale kann bis zu 360 km pro Stunde erreichen (100 m/sec = 6000 m/min = 360 km/h). Solche hohen Geschwindigkeiten sind notwendig, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Signale vom Gehirn bis zu der Muskulatur der Beine eine relativ große Strecke zurücklegen müssen.

Die Kontaktstelle zwischen 2 Nervenzellen ist die Synapse. Hier erfolgt die Übertragung des elektrischen Signals von einer Nervenzelle zur nächsten mit Hilfe von Botenstoffen, die auch als Transmitter bezeichnet werden. Gelangt das elektrische Signal zum Axonende einer Nervenzelle, wird dort der jeweilige Botenstoff in den winzigen Spalt zwischen den beiden Zellen ausgeschüttet. Die Funktion von Gehirn und Nervensystem basiert somit nicht nur auf einer Weiterleitung von elektrischen Signale sondern auch biochemischen Prozessen, welche die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen erst ermöglicht.

Aufbau des Nervensystems

Betrachtet man die Anatomie, hat das Nervensystem des Menschen einen ganz bestimmten Aufbau. Es wird in zwei Hauptteile unterteilt:

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  • Zentrales Nervensystem (ZNS): Gehirn und Rückenmark
  • Peripheres Nervensystem (PNS): Nervenbahnen außerhalb des ZNS

Beide Teile sind für die Übertragung von Informationen und die Koordination der Körperfunktionen zuständig. Das ZNS erhält Informationen vom PNS, verarbeitet sie und sendet Befehle mit passenden Reaktionen an das PNS zurück.

Das periphere Nervensystem besteht aus neuronalen Komponenten, die sich aus dem ZNS fortsetzen und außerhalb des ZNS befinden.

Funktionelle Unterteilung des Nervensystems

Neben der anatomischen Einteilung kann das Nervensystem auch nach seinen Funktionen unterteilt werden:

  • Somatisches Nervensystem: Steuert bewusste und willkürliche Prozesse
  • Vegetatives Nervensystem: Steuert unwillkürliche Prozesse

Das somatische Nervensystem

Das somatische Nervensystem, auch animalisches oder willkürliches Nervensystem genannt, umfasst alle bewussten und willentlichen Prozesse im Körper, die absichtlich gesteuert und beeinflusst werden können. Es steuert die Motorik der Skelettmuskulatur und damit alle bewussten, willentlichen Körperreaktionen und Reflexe, die als Reaktion auf unsere Umwelt erfolgen. Wenn wir also im Sommer nach draußen gehen und realisieren, dass es uns zu hell ist, leiten die Sinneszellen der Augen die Information über sensorische Nervenfasern an das Gehirn weiter. Dort wird die Information dann zur Entscheidung umgewandelt, eine Sonnenbrille zu tragen - und der Befehl „Sonnenbrille aufsetzen“ wird über motorische Nervenfasern an die Hand weitergeleitet.

Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem, auch viszerales oder autonomes Nervensystem genannt, steuert alle unwillkürlichen Prozesse des Körpers, die außerhalb des Bewusstseins ablaufen. Es innerviert unser Herz, die Gefäße sowie Drüsen und die glatte Muskulatur der Eingeweide und steuert so sämtliche „Vitalfunktionen“. Wenn sich beim Sport unser Puls erhöht und wir zu schwitzen beginnen, verdanken wir das der Arbeit des vegetativen Nervensystems. Darüber hinaus beeinflusst das vegetative Nervensystem auch einzelne Organe und Muskeln, darunter unsere Sexualorgane oder den inneren Augenmuskel, der u.a. die Pupillenweite reguliert.

Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Teilen:

  • Sympathikus: Bereitet den Körper auf Leistung und Stress vor
  • Parasympathikus: Sorgt für Ruhe und Erholung
  • Enterisches Nervensystem: Steuert die Verdauung

Sympathikus und Parasympathikus werden oft als Gegenspieler bzw. Antagonisten bezeichnet. Dabei wirkt der Sympathikus erregend bzw. leistungssteigernd (ergotrop) auf die Organfunktionen und versetzt unseren gesamten Körper in eine „Stresssituation“, den sogenannten „fight-or-flight“ Modus. In der Folge weiten sich die Pupillen, der Herzschlag und die Atmung werden beschleunigt, Energie wird freigesetzt. Vorgänge, die für eine sofortige Aktivität nicht so wichtig sind (z. B. die Verdauung), werden gehemmt. So ist unser Körper bereit, Höchstleistungen zu vollbringen. Reize, die den Sympathikus aktivieren (sogenannte Stressoren) können sowohl physischer (z. B. Lärm, Hitze) als auch psychischer Natur sein.

Als „Gegenspieler“ des Sympathikus ist der Parasympathikus der Teil des vegetativen Nervensystems, der für die Ruhe -und Regenerationsphasen („rest-and-digest“) verantwortlich ist und das innere Gleichgewicht wiederherstellt. Um dies zu erreichen, beginnt der Parasympathikus nach der Aktivierung des Sympathikus dadurch gegenzusteuern, dass er beispielsweise die Herzfrequenz senkt, die Pupillen verengt und den Stoffwechsel zum Aufbau von Reserven steigert. Gleichzeitig aktiviert der Parasympathikus die Tätigkeit des Verdauungssystems.

Das enterische Nervensystem ist der dritte Bereich des vegetativen Nervensystems, der als Geflecht von Nervenzellen den Verdauungstrakt durchzieht. Interessanterweise steuert das enterische Nervensystem nicht nur Verdauungsprozesse, sondern hat auch einen Einfluss auf unsere Gefühlswelt und unser Wohlbefinden. Umgekehrt scheinen aber auch Veränderungen im Magen-Darm-Trakt Auswirkungen auf Emotionen zu haben. Forschungsarbeiten der letzten Jahre deuten darauf hin, dass die Zusammensetzung der Darmflora hier eine Rolle spielt.

Nervenbahnen und Nervenzellen

Nervenbahnen durchziehen den gesamten Körper und leiten Reize zum Hirn und Befehle aus der Zentrale wieder zurück zu der Körperstelle. Eine Nervenbahn besteht aus gebündelten Nervenzellen und ist mit einer Schutz-Hülle umgeben.

Jeder Mensch hat Abermilliarden Nervenzellen (Neuronen). Mit ihren „Zweigen“ (Dendriten) empfangen sie Signale aus den Nachbarzellen und schicken sie über den Stamm (Axon) zu den Synapsen, den Kontaktstellen zur nächsten Zelle. Nervenzellen sind im Durchmesser nur bis 0,1 Millimeter groß, das Axon kann aber bis zu einem Meter lang sein. Eine Nervenzelle kann bis zu 100.000 Synapsen haben. Wenn Nervenzellen einen Reiz von einer Zelle zur nächsten weiterleiten wollen, arbeiten die meisten Synapsen mit chemischen Botenstoffen, andere mit elektrischen Signalen.

Neurologische Erkrankungen

Neurologische Erkrankungen sind Erkrankungen des Nervensystems. Sie können entweder durch einen Gendefekt angeboren sein oder im Laufe des Lebens entstehen. Hierfür können zum Beispiel eine Infektion, ein Trauma oder eine Rückbildung (Degeneration) verantwortlich sein.

Einige Beispiele für neurologische Erkrankungen sind:

  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone, die zu Muskelschwäche und Lähmungen führt.
  • Läsion des ersten Motoneurons: Kann zu einer Vielzahl von Defiziten führen, wie z.B. Spastik und Klonus.
  • Läsion des zweiten Motoneurons: Kann zu Lähmung, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen führen.

Das Nervensystem im Alltag

Das Nervensystem ist an allen unseren täglichen Aktivitäten beteiligt. Es ermöglicht uns, zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken, zu fühlen, uns zu bewegen, zu denken und zu fühlen.

Ein einfaches Beispiel ist das Trinken einer Tasse Kaffee. Das sensorische Nervensystem nimmt Informationen über das Aussehen, den Geruch, das Gewicht und die Temperatur des Kaffees auf. Das Gehirn verarbeitet diese Informationen und entscheidet, ob der Kaffee getrunken werden soll. Das motorische Nervensystem steuert die Muskeln, die zum Greifen der Tasse und zum Trinken des Kaffees benötigt werden. Das vegetative Nervensystem reguliert die Verdauung des Kaffees.

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