Demenzen gehören zu den häufigsten und folgenreichsten neuropsychiatrischen Erkrankungen im höheren Alter. In Deutschland leiden derzeit etwa 1,6 Millionen Menschen an diesem Verfall ihrer geistigen Leistungsfähigkeit, bis 2050 ist mit einem Anstieg auf knapp 3 Millionen Betroffene zu rechnen. Nach und nach werden Orientierung, Urteilsfähigkeit, aber auch Sprach- und Rechenfähigkeit sowie Teile der Persönlichkeit zerstört.
Was ist Demenz?
Demenz ist keine eigene Krankheit, sondern ein sogenanntes Syndrom. Genauer gesagt, ein „demenzielles Syndrom“, also eine Kombination von Symptomen, die unterschiedliche Ursachen haben können. Es ist wichtig zu betonen, dass Demenz keine normale Alterserscheinung ist, auch wenn sie bei älteren Menschen häufiger auftritt. Die Symptome einer Demenz können von ganz unterschiedlichen Krankheiten hervorgerufen werden, wobei man dann von verschiedenen „Demenzformen“ spricht.
Normale Vergesslichkeit vs. Demenz
Es gibt eine ganz normale Vergesslichkeit, die bei einigen Menschen stärker und bei anderen weniger stark ausgeprägt ist. Wenn man ab und zu seinen Schlüssel verlegt, einen Termin vergisst oder einem der Name eines Bekannten nicht einfällt, ist das in der Regel kein Grund zur Beunruhigung. Treten jedoch häufig und über längere Zeit Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, der Konzentration oder der Orientierung auf, sollte man einen Arzt aufsuchen. Auch stärkere Schwankungen der Stimmungslage und geistigen Fähigkeiten können ein Warnsignal sein.
Symptome und Verlauf
Die Symptome einer Demenz beginnen schleichend und verschlechtern sich allmählich. Erst wenn diese Symptome den Alltag erheblich beeinträchtigen, spricht man von einer Demenz. Die Hauptsymptome umfassen:
- Gedächtnisstörungen
- Schwierigkeiten räumlicher oder praktischer Leistungen
- Orientierungsprobleme
- Sprachprobleme
- Schwierigkeiten im Denk- und Urteilsvermögen
Der Verlauf einer Demenz ist individuell und folgt bestimmten Mustern. Es gibt verschiedene Stadien:
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- Frühe Phase: Leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns treten auf, die den Alltag zunächst kaum einschränken.
- Mittlere Phase: Zunehmende Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten. Gespräche sind anstrengender, und es treten Orientierungsprobleme auf.
- Späte Phase: Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt. Bekannte Gesichter werden nicht mehr erkannt, und es kommt zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und Wesen.
- Endstadium: Die Erkrankten sind vollständig auf Pflege angewiesen. Es kommt zum Verlust der Sprache, völliger Orientierungslosigkeit und Inkontinenz.
Ursachen von Demenz
Die Ursachen von Demenz sind vielfältig. Häufig liegen neurodegenerative Prozesse zugrunde, wie bei der Alzheimer-Krankheit, der frontotemporalen Demenz oder der Lewy-Körperchen-Demenz. Dabei lagern sich Eiweiße im Gehirn ab und stören die Nervenzellfunktion. Andere Ursachen können sein:
- Vaskuläre Erkrankungen (z.B. Schlaganfälle)
- Vergiftungen (z.B. Alkoholmissbrauch)
- Behandelbare Ursachen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion)
Formen von Demenz
Innerhalb der primären Demenzen lassen sich Formen und Arten von Demenz nach dem Auslöser unterscheiden. Es gibt verschiedene Demenzformen, wobei Mischformen bei den meisten Patienten vorkommen. In der Theorie lassen sich die Demenzformen klar trennen, in der Praxis ist das jedoch nur selten der Fall. Die meisten Demenz-Patienten haben nämlich Mischformen von Demenz, oft zum Beispiel eine neurodegenerative Form von Demenz und gleichzeitig eine vaskuläre Demenz. Die häufigsten Demenzformen sind:
Alzheimer-Demenz
Die Alzheimer-Krankheit ist mit 60-70 Prozent aller Fälle die häufigste Demenzerkrankung. Sie ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, in deren Verlauf Nervenzellen des Gehirns unumkehrbar zerstört werden. Kennzeichnend für Alzheimer ist insbesondere der frühe Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Im Gehirn von Menschen mit Alzheimer lagern sich schädliche Proteine wie Amyloid-beta ab.
Ursachen: Die genauen Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind noch nicht vollständig erforscht. Genetische Faktoren als alleinige Ursache liegen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle vor. Insgesamt betrachtet spielen sie daher bei der Entstehung von Alzheimer eine untergeordnete Rolle.
Symptome: Alzheimer schleicht sich ins Leben. Zunächst treten leichte Gedächtnisprobleme und Orientierungsschwierigkeiten auf. Vergesslichkeit kann ein Anzeichen für Alzheimer sein, muss es aber nicht. Es gehört zum Älterwerden dazu, öfter etwas zu vergessen oder sich langsamer zu erinnern.
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Vaskuläre Demenz
Vaskuläre Demenz bedeutet, dass nicht die Nervenzellen selbst zurückgehen, sondern das Hirngewebe durch Durchblutungsstörungen nachhaltig geschädigt wurde. Als Resultat sterben ebenfalls Nervenzellen ab, aber mit einer anderen Dynamik. Bei vaskulären Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form vaskulärer Demenz ist die „Multiinfarktdemenz“. Hierbei führen wiederholte kleine örtliche Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oftmals kommen jedoch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten hinzu.
Ursachen: Typische Ursachen sind langwährender unbehandelter Bluthochdruck (Morbus Binswanger) oder Schlaganfälle (Multi-Infarkt-Demenz). Risikofaktoren sind u.a. Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), ein hoher Cholesterinspiegel (Blutfettwerte), Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen.
Symptome: Die Beeinträchtigungen durch vaskuläre Demenz können sehr unterschiedlich sein, äußern sich aber vor allem in den Bereichen Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen, Bewegung und Orientierung. Im Vordergrund stehen nicht Gedächtnisstörungen, sondern Verlangsamung, Denkschwierigkeiten oder Stimmungslabilität.
Lewy-Körperchen-Demenz
Die Lewy-Körper-Demenz (auch Lewy-Body-Demenz) ist ebenfalls eine neurodegenerative Erkrankung. Ihren Namen hat sie von den sogenannten „Lewy-Körperchen“, welche für den Rückgang von Nervenzellen in der Hirnrinde verantwortlich sind.
Symptome: Kennzeichnend für eine Lewy-Körperchen-Demenz sind starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Aufmerksamkeit, optische Halluzinationen, die oft sehr detailreich sind, und leichte Parkinsonsymptome (unwillkürliches Zittern der Hände, Steifigkeit der Bewegungen). Außerdem kommt es häufig zu Stürzen oder kurzen Bewusstlosigkeiten.
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Frontotemporale Demenz (FTD)
Die Frontotemporale Demenz / Morbus Pick ist, genau wie Alzheimer, auch eine neurodegenerative Krankheit. Das heißt, sie führt zu einem Rückgang von Nervenzellen im Gehirn. Besonders ist aber, dass die Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich zurückgehen.
Symptome: Typische Anzeichen der FTD sind Teilnahmslosigkeit, enthemmtes Verhalten oder Sprachprobleme. Das führt dazu, dass frontotemporale Demenz vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten der betroffenen Person verändert und weniger das Erinnerungsvermögen beeinträchtigt.
Demenz bei Morbus Parkinson
Im Zusammenhang mit Parkinson entwickelt sich bei circa 30 bis 40 Prozent der Betroffenen auch eine dementielle Erkrankung. Man spricht dann von einer Parkinson-Demenz. Das Hauptsymptom der Parkinson-Krankheit besteht in einer chronischen Verlangsamung aller Bewegungsabläufe, einer Unfähigkeit neue Bewegungen zu initiieren und einer Störung der Feinmotorik (sogenannte Hypokinese).
Seltenere Demenzformen
Neben den genannten häufigen Demenzformen gibt es auch seltenere Ursachen für eine Demenz:
- Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Sehr rasch fortschreitende Demenz, die typischerweise von motorischen Störungen begleitet ist.
- Korsakow-Syndrom: Ausgeprägte Merkfähigkeitsstörung, die insbesondere als Folge von Alkoholmissbrauch auftritt.
- Chronische Traumatische Enzephalopathie (CTE): Fortschreitende degenerative Erkrankung des Gehirns, die bei Menschen auftritt, die wiederholten leichtgradigen Schädeltraumen ausgesetzt waren.
Diagnose von Demenz
Ob tatsächlich eine Demenz vorliegt und was deren Ursache ist, sollte durch eine umfassende Diagnostik abgeklärt werden. Wenn Sie als Angehöriger den Verdacht haben, dass eine Person an einer Demenzform erkrankt sein könnte, sollten Sie mit Einfühlungsvermögen aber auch Nachdruck darauf bestehen, diesen Verdacht abzuklären.
Ärztliche Untersuchung und Tests
Zunächst wird der Arzt die Ausfallserscheinungen feststellen, indem mit einer körperlichen Untersuchung Reflexe, Koordination, Gedächtnisleistung, Sprache und Orientierung überprüft werden. Die ausführliche kognitive Testung erfolgt mit standardisierten Fragebögen. Spezielle Demenz-Tests messen die geistige Leistungsfähigkeit einer Person und lassen erkennen, ob diese noch im Normalbereich liegt, oder Anzeichen für eine Einschränkung durch eine Demenz vorliegen.
Bildgebende Verfahren
Für eine exakte Diagnose kommen bildgebende Verfahren hinzu, wie die Kernspin- oder die Computertomografie. CT und MRT des Kopfes liefern Schichtaufnahmen des Gehirns, der Knochen sowie der Blutgefäße. Bei der PET werden mittels radioaktiv markierter Substanzen bestimmte Funktionsprozesse des Gehirns dargestellt, wie der Stoffwechsel von Sauerstoff und Zucker.
Weitere Untersuchungen
- Ultraschalluntersuchungen der Blutgefäße: Am Hals und Kopf, um festzustellen, ob die Gefäße verschlossen sind oder ob der Blutfluss zum Gehirn beeinträchtigt ist.
- Nervenwasserentnahme: Mittels einer dünnen Nadel zwischen den Wirbelkörpern im Lendenwirbelbereich, um zu untersuchen, ob in der Probe Entzündungszellen oder demenztypische Eiweiße vorhanden sind.
Behandlung von Demenz
Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Dennoch ist die Behandlung von Demenz wichtig, weil sie die Lebensqualität der Betroffenen im weiteren Verlauf erheblich steigert. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.
Medikamentöse Therapie
Bei Alzheimer zielen Medikamente auf einen Ausgleich von Botenstoffmangeln. Besonders gut scheinen die Patienten auf die Behandlung mit modernen Antidementiva, Acetylcholinesterase-Hemmern, anzusprechen.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Gedächtnistraining: Gezieltes Gedächtnistraining kann den Abbau kognitiver Fähigkeiten verlangsamen.
- Physio- und Ergotherapie: Sport und gezielte Physio- und Ergotherapie spielen eine wichtige Rolle.
- Verhaltenstherapie: Zur Milderung von Verhaltensauffälligkeiten.
- Psychoedukative Verfahren: Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
Umgang mit Demenz im Alltag
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine echte Herausforderung. Zu einem guten Umgang mit der Demenz gehört auch die demenzgerechte Raumgestaltung. Dabei geht es darum, Barrieren abzubauen und hilfreiche Anhaltspunkte zur zeitlichen und räumlichen Orientierung zu schaffen. Man sollte bei der Kommunikation mit Menschen mit Demenz immer auf einen würdevollen und wertschätzenden Umgang achten.
Entlastung für Angehörige
Ganz besonders wichtig ist, dass Angehörige sich selbst mit der Betreuung und Pflege nicht überfordern. Im Laufe einer Demenzerkrankung kann eine Inkontinenz entstehen. Dabei verliert die demenzerkrankte Person unkontrolliert Harn (Harninkontinenz) oder Stuhl (Stuhlinkontinenz). Helfen Sie Betroffenen beim Auskleiden, falls sie Schwierigkeiten haben, den Harn lange zu halten. Wählen Sie individuell geeignetes Inkontinenzmaterial aus, das bequem sitzt und ausreichend Schutz bietet.
Vorbeugung von Demenz
Tatsächlich lässt sich einer Demenz in vielen Fällen vorbeugen. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Ein gesunder Lebensstil mit Bewegung, geistiger Aktivität, sozialem Austausch und gesunder Ernährung kann das Risiko senken.
Risikofaktoren reduzieren
Bekannte Risikofaktoren, die das persönliche Risiko für eine Demenzerkrankung drastisch erhöhen, sind:
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Rauchen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Diabetes
- Schwere Kopfverletzungen
- Infektionen
- Depression
- Chronischer Stress
- Hörminderung
Leben mit Demenz
Auch wenn die Diagnose Demenz eine große Herausforderung darstellt, sind positive Erfahrungen weiterhin möglich. Es ist wichtig, dass Betroffene und Angehörige sich mit der Erkrankung auseinandersetzen und sich auf das vorbereiten, was noch kommt.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken.
Pflegegrad
Die vielfältigen Symptome und Folgen einer Demenzerkrankung können die Selbstständigkeit im Alltag von Patienten beeinträchtigen. Wenn dies bei Ihnen der Fall ist, haben Sie eventuellen Anspruch auf einen Pflegegrad, mit dem Ihnen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zustehen.
Das Lebensende bei Demenz
Demenz führt an sich nicht unbedingt zum Tod. Dennoch haben Menschen, die an Demenz erkranken, eine verkürzte Lebenserwartung. Das liegt zum einen daran, dass es den Betroffenen im späteren Verlauf der Krankheit immer schwerer fällt, auf ihre eigene Gesundheit zu achten, Frühwarnzeichen für Erkrankungen wahrzunehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die häufigste Todesursache bei Menschen mit Demenz ist die Lungenentzündung (Pneumonie).
Palliativversorgung
Um die Trauer und alle damit verbundenen Gefühle besser bewältigen können, helfen Gespräche mit Personen aus dem engsten Familien- und Freundeskreis. Binden Sie frühzeitig einen ambulanten Palliativdienst aus Ihrer Umgebung ein. Ausgebildete Fachkräfte helfen Ihnen und beraten Sie in der schwierigen Situation, um ein würdevolles Sterben zuhause ohne Schmerzen für den betroffenen Menschen zu sichern. Die Kosten dafür übernehmen die Krankenkassen.
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