Demenz, Alkohol und Aggressivität: Ursachen, Behandlung und Prävention

Die Auswirkungen von Alkoholmissbrauch auf die Gesundheit sind vielfältig und umfassen nicht nur körperliche Schäden, sondern auch erhebliche Risiken für die psychische Gesundheit, insbesondere im Hinblick auf Demenz und Aggressivität. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum, der Entstehung von Demenzerkrankungen wie dem Korsakow-Syndrom und der Zunahme von aggressivem Verhalten. Ziel ist es, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Präventionsstrategien aufzuzeigen, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein besseres Verständnis und Handlungsoptionen zu bieten.

Einführung in die Thematik

Demenz ist ein Sammelbegriff für chronische Hirnerkrankungen, die vor allem das Gedächtnis beeinträchtigen und zum Verlust der Selbstständigkeit führen. Alkoholmissbrauch kann eine Ursache für bestimmte Demenzformen sein, insbesondere das Korsakow-Syndrom. Aggressivität kann im Zusammenhang mit Demenz auftreten und stellt eine besondere Herausforderung für Betroffene, Angehörige und Pflegepersonal dar.

Das Korsakow-Syndrom: Eine Folge von Alkoholmissbrauch

Das Korsakow-Syndrom, auch Korsakow-Demenz genannt, ist eine Erkrankung des Gehirns, die sich vor allem durch schwere Gedächtnisstörungen äußert und dem amnestischen Syndrom zugeordnet wird. Diese Erkrankung wurde erstmals 1887 von dem russischen Psychiater und Neurologen Sergei Korsakow als polyneuritisches amnestisches Syndrom beschrieben.

Ursachen und Risikofaktoren

Hauptursache der Korsakow-Demenz ist ein schwerer Vitamin-B1-Mangel, der meist durch jahrelangen, starken Alkoholkonsum verursacht wird. Alkoholiker nehmen oft keine feste Nahrung mehr zu sich, wodurch dieser Mangel entsteht. In über 80 Prozent der Fälle geht dem Korsakow-Syndrom eine Wernicke-Enzephalopathie voraus.

Es gibt weitere Erkrankungen, die zu einem Vitamin-B1-Mangel führen können:

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  • Schwere Essstörungen
  • Chronisches Erbrechen oder Durchfall
  • Krebserkrankungen und Chemotherapie
  • Bösartige Veränderungen des Magen-Darm-Trakts
  • Erkrankungen der Nieren
  • Parenterale Ernährung

In seltenen Fällen kann das Korsakow-Syndrom auch durch schwere Kopfverletzungen, Schlaganfälle, bösartige Veränderungen und/oder operative Eingriffe am Kopf sowie durch Viren verursachte Entzündungen des Gehirns entstehen.

Symptome und Diagnose

Zu Beginn der Erkrankung fühlen sich die Betroffenen oft müde und abgeschlagen. Später zeigen sie Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und teilweise auch des Langzeitgedächtnisses. Betroffene können sich neue Informationen kaum oder gar nicht mehr merken und erinnern sich manchmal nicht mehr an bedeutende Ereignisse in der Vergangenheit. Charakteristisch ist das Konfabulieren, bei dem Erinnerungslücken mit erfundenen Inhalten gefüllt werden. Die Korsakow-Demenz kann sich auch auf die Persönlichkeit auswirken, wobei manche Betroffene unangemessen heiter, andere sehr aggressiv oder distanzlos wirken. Ein weiteres Symptom ist die Polyneuropathie, eine Störung der Motorik und Sensibilität der Beine und Füße.

Die Diagnose wird meist durch ein Gespräch mit den Betroffenen und ihren Angehörigen oder Pflegenden gestellt. Weitere Untersuchungen können helfen, das Korsakow-Syndrom von anderen demenziellen Erkrankungen abzugrenzen.

Verlauf und Prognose

In den meisten Fällen (85 Prozent) geht dem Korsakow-Syndrom eine Wernicke-Enzephalopathie voraus. Beide Erkrankungen basieren meist auf einem Vitamin-B1-Mangel. Die Wernicke-Enzephalopathie tritt meist plötzlich auf (akut) und ist bei Behandlung zumindest teilweise umkehrbar. Das Korsakow-Syndrom ist dagegen meist dauerhaft (chronisch) und bildet sich häufig nicht vollständig zurück.

Wird die Wernicke-Enzephalopathie frühzeitig erkannt und behandelt, kann sie sich soweit zurückbilden, dass kein Korsakow-Syndrom entsteht. In vielen Fällen werden beide Krankheiten jedoch nicht rechtzeitig erkannt, wodurch das Korsakow-Syndrom chronisch wird und sich nicht mehr zurückbildet.

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Etwa ein Viertel der Patienten mit Korsakow-Syndrom ist so stark beeinträchtigt, dass ein selbstständiges Leben ohne Hilfe nicht mehr möglich ist. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass ein Gedächtnistraining im Rahmen einer Rehabilitation bestimmte Gedächtnisfunktionen positiv beeinflussen kann.

Sofern das Korsakow-Syndrom beziehungsweise die Wernicke-Enzephalopathie nicht behandelt werden, ist die Prognose schlecht, etwa jeder fünfte Patient verstirbt dann an der Erkrankung. Entscheidend für die Prognose ist die erfolgreiche Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung wie Alkoholabhängigkeit oder einer Essstörung.

Behandlungsmöglichkeiten

Ein Wernicke-Korsakow-Syndrom, das durch einen schweren Vitamin-B1-Mangel verursacht wurde, wird generell durch die Gabe von Vitamin B1 behandelt, anfangs meist per Infusion, später in Tablettenform. Oft ist es schwierig festzustellen, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet, also ob es sich noch um eine Wernicke-Enzephalopathie handelt oder ob sich daraus bereits ein Korsakow-Syndrom entwickelt hat. Die Therapie wird meist so lange fortgeführt, bis sich eine Verbesserung der Symptome einstellt.

Im Rahmen des Mangelzustandes ergänzen die behandelnden Ärzte bei Bedarf weitere Vitamine oder Elektrolyte wie Magnesium. Dieses ist notwendig, damit das zugeführte Vitamin B1 richtig wirkt. Daneben benötigen Menschen mit dem Korsakow-Wernicke-Syndrom oft eine zusätzliche Energiezufuhr in Form von Glukose.

Zudem ist es wichtig, die zugrundeliegenden Erkrankungen wie Alkoholismus oder Essstörungen zu behandeln. Ansonsten richtet sich die weitere langfristige Behandlung nach den individuellen Problemen des Patienten. Beispielsweise ist es gelegentlich hilfreich, einen Ernährungsberater, Neurologen, Neuropsychiater oder einen Sozialarbeiter hinzuzuziehen. Ziel ist hier stets, dass die betroffene Person ihren Alltag trotz krankheitsbedingter Defizite so gut wie möglich meistert.

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Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass Rehabilitationsmaßnahmen, die sich auf die Verbesserung von bestimmten Gedächtnisstörungen konzentrieren, in manchen Fällen die Gedächtnisleistung beim Korsakow-Syndrom verbessern. Dadurch lässt sich bei einigen Betroffenen die Selbstständigkeit wieder positiv beeinflussen.

Aggressivität bei Demenz: Ursachen und Umgang

Menschen mit Demenz verändern häufig ihr Verhalten. Sie können reizbar werden, sich über Kleinigkeiten aufregen oder sich zurückziehen. In manchen Fällen ist die Demenz mit Aggressivität und Wut verbunden.

Ursachen von Aggressivität

Aggressives Verhalten bei Demenz kann verschiedene Ursachen haben:

  • Verwirrung und Frustration: Diese entstehen direkt durch die Erkrankung selbst. Das demenzerkrankte Gehirn kann oft nur noch einen Input, eine Information verarbeiten. Zusätzliche Reize wie ein laufender Fernseher, Radio oder Gespräche können zu Unruhe und heftigen Reaktionen führen.
  • Körperliche Schmerzen oder Unwohlsein: Diese können ebenfalls eine Ursache sein.
  • Zu viele Reize: Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle.
  • Allgemeiner Stress: Im Alltag von Menschen mit Demenz kommt es immer wieder zu Überforderungssituationen, die Frustration oder Angst auslösen können.

Eine Schweizer Studie hat gezeigt, dass bis zur Hälfte der demenzerkrankten Pflegeheimbewohner je nach Pflegesituation verbal oder körperlich aggressiv reagieren können. Etwa 80 Prozent der Verhaltensprobleme bei Menschen mit Demenz werden durch ungeeignete Umgebungsbedingungen verursacht.

Umgang mit aggressivem Verhalten

Für pflegende Angehörige ist das aggressive Verhalten eine der größten Herausforderungen. Es ist wichtig zu verstehen, dass dieses Verhalten nicht persönlich gemeint ist, sondern auf die Demenz zurückzuführen ist.

Folgende Tipps können im Umgang mit Aggressivität helfen:

  • Schmerzmanagement: Regelmäßige Untersuchungen auf körperliche Beschwerden und bei Bedarf angemessene Schmerzmedikation.
  • Vermeidung von Überforderung: Zu viel Lärm, eine zu hektische Umgebung oder eine Flut von Anweisungen können überfordern.
  • Einfühlungsvermögen und Kommunikation: Eine bevorstehende Aktivität behutsam erklären und sicherstellen, dass die betroffene Person verstanden hat, was geschieht. In einem ruhigen Tonfall und in kurzen Sätzen sprechen.
  • Gefühle ernst nehmen: Das Verhalten kann ein Ausdruck von Hilfesuche sein.
  • Betroffene aktivieren: Aktivitäten im Freien und körperzentrierte Therapien wie Massagen können helfen, körperliche und verbale Aggressionen zu mindern.
  • Demenzgerechte Raumgestaltung: Verlockungen wie Türen weniger einladend gestalten.

Medikamentöse Behandlung

Medikamente zur Beruhigung sollten nur unter strenger fachärztlicher Aufsicht eingesetzt werden, da sie Nebenwirkungen haben können. Auch die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten bedarf der genauen ärztlichen Überprüfung.

Risperidon und Haloperidol sind Medikamente, die bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt werden können, insbesondere wenn die Person sehr streitsüchtig oder aggressiv ist. Haloperidol kann auch eingesetzt werden, wenn der Patient falsche Vorstellungen von der Realität hat oder Stimmen hört.

Medikamente sollten nur eingesetzt werden, wenn andere Behandlungen ohne Medikamente nicht geholfen haben und wenn die Gefahr besteht, dass die Person mit Demenz sich selbst oder andere gefährdet. Es sollte ein Plan mit nicht-medikamentösen und medikamentösen Methoden erstellt werden.

Alkohol und Demenz: Ein gefährliches Gespann

Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Alkohol und Demenz. Langfristiger Alkoholkonsum kann das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen. Eine der Hauptursachen für die Schädigung des Gehirns durch Alkohol ist die toxische Wirkung des Alkohols auf die Gehirnzellen. Langfristiger Alkoholkonsum kann zu Schäden an den Nervenzellen führen, die für Gedächtnis, Denken und andere kognitive Fähigkeiten verantwortlich sind.

Studien zeigen, dass sich das Demenzrisiko deutlich erhöht, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Personen ab 45 Jahren, die mehr als 24 Gramm reinen Alkohol (ca. 250 ml Wein) am Tag trinken, sind besonders gefährdet.

Demente Menschen sollten normalerweise keinen Alkohol trinken, da dies zu einer Verschlechterung ihrer kognitiven Fähigkeiten führen kann. Es ist wichtig, dass Betreuer und Familienmitglieder von dementen Menschen sich bewusst sind, dass Alkohol die Symptome der Demenz verschlimmern kann. Es ist daher empfehlenswert, dass demente Menschen keinen Alkohol trinken sollten und dass ihre Betreuer dafür sorgen, dass alkoholische Getränke nicht zugänglich sind.

Alkoholpsychose: Eine weitere Folge von Alkoholmissbrauch

Ein missbräuchlicher Konsum alkoholischer Getränke kann in einer sogenannten Alkohol-Halluzinose enden. Die Symptome ähneln sehr stark den Anzeichen einer Schizophrenie. Der Patient leidet vorwiegend unter akustischen Halluzinationen, manchmal sogar unter optischen Fehlwahrnehmungen. Anteilig fühlt sich der Betroffene durch die Halluzinationen bedroht, weiß aber regelhaft um das Halluzinieren.

Wer eine Psychose durch Alkohol auslöst, indem er kontinuierlich und regelmäßig große Mengen trinkt, kann im Laufe der Zeit einer irrationalen und unbegründeten Eifersucht erliegen. Diese psychische Störung kann schnell in Gewalt oder zumindest Gewaltbereitschaft umschlagen.

Eine Alkoholpsychose kann theoretisch jeden treffen, der regelmäßig oder unregelmäßig große Mengen alkoholhaltiger Getränke zu sich nimmt. Je stärker der Alkoholkonsum, umso größer das Risiko. Kommen zusätzlich weitere Drogen wie Cannabis, Kokain oder Heroin hinzu, steigt das Risiko exponentiell an.

Eine durch Alkohol ausgelöste Psychose wird in erster Linie durch Abstinenz und die Verringerung von Reizen / Stress behandelt und bedarf zumeist einer antipsychotisch ausgerichteten Medikation. Um die Regeneration zu fördern, sollte die betroffene Person neben dem Suchtmittel auch auf weitere, dem Körper schadende Substanzen verzichten. Die angestrebte Abstinenz ist allerdings nur der erste Behandlungsschritt und muss bei Alkoholikern im Rahmen eines qualifizierten Alkoholentzugs erfolgen.

Präventionsmaßnahmen

Für ein Korsakow-Syndrom gibt es viele verschiedene Ursachen, und nicht allen lässt sich vorbeugen. Menschen mit Alkoholproblemen können das Risiko jedoch deutlich senken, indem sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Hierdurch vermindern sie das Risiko für eine Wernicke-Enzephalopathie deutlich, wie sie infolge eines Vitamin-B1-Mangels bei alkoholkranken und essgestörten Menschen häufig auftritt. Damit wird dann auch dem Korsakow-Syndrom vorgebeugt.

Bei Patienten, die nicht in der Lage oder willens sind, ihren starken Alkohlkonsum einzuschränken, ist eine normale und gesunde Ernährung besonders wichtig. In manchen Fällen hilft es, Vitamin B1 vorbeugend einzunehmen, um eine Erkrankung zu verhindern. Für andere Risikogruppen eines Vitamin-B1-Mangels, wie beispielweise Menschen, die unter chronischem Erbrechen oder chronischen Durchfällen leiden, ist es ratsam, eine Ernährungsberatung in Betracht zu ziehen.

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