Demenz ist ein Thema, das viele Menschen betrifft, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Besonders für türkischstämmige Menschen und ihre Familien in Deutschland ist es wichtig, Informationen in ihrer Muttersprache zu erhalten. Dieser Artikel bietet einen Überblick über Demenz, ihre Ursachen, Symptome und die verfügbaren Hilfsangebote, speziell zugeschnitten auf die Bedürfnisse der türkischsprachigen Gemeinschaft.
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Krankheiten und Symptome, die mit einem fortschreitenden Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit einhergehen. Betroffen sind vor allem das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Wahrnehmung, die Orientierung und das Denkvermögen. Es ist wichtig zu betonen, dass gelegentliche Konzentrations- und Gedächtnisprobleme nicht zwangsläufig auf eine Demenz hindeuten, da die geistige Leistungsfähigkeit ständig schwankt und von Faktoren wie Stress, Schlafmangel und Reizüberflutung beeinflusst wird.
Ursachen von Demenz
Es gibt verschiedene Demenzformen, die in primäre und sekundäre Demenzen unterteilt werden.
Primäre Demenzen
Bei primären Demenzen gehen Gehirnzellen und die Verbindungen zwischen ihnen langsam verloren. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit, die etwa 60 bis 70 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmacht. Ursache sind Eiweißablagerungen außerhalb der Nervenzellen im Gehirn, sogenannte Plaques, sowie die Zersetzung von Eiweißstrukturen innerhalb der Nervenzellen. Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz, die aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn entsteht. Primäre Demenzen sind nicht heilbar, aber ihr Fortschreiten kann durch frühzeitige Diagnose und Therapie verlangsamt werden. Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen.
Sekundäre Demenzen
Sekundäre Demenzen sind Folgeerscheinungen von Krankheiten, die nicht direkt den Abbau von Hirngewebe verursachen und kommen eher selten vor. Ausgelöst werden sie beispielsweise durch Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangel, Medikamente oder Depressionen. Im Gegensatz zu primären Demenzen können sekundäre Demenzen in einigen Fällen behandelt werden, wodurch sich die Symptome verbessern oder sogar ganz verschwinden können.
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Risikofaktoren
Verschiedene Faktoren können die Entstehung von Demenz beeinflussen. Dazu gehören:
- Alter: Das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter.
- Genetische Faktoren: Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen. In manchen Familien tritt die Erkrankung bei mehreren Mitgliedern schon im mittleren Alter auf. Hier können Genuntersuchungen klären, ob es sich um eine sogenannte präsenile Alzheimer-Demenz handelt.
- Beeinflussbare Risikofaktoren: Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Rauchen, wenig soziale Kontakte, Schwerhörigkeit, geringe Bildung.
- Schutzfaktoren: Gute Ausbildung, rege geistige und körperliche Aktivität, gute soziale Einbindung, ausgewogene Ernährung.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein beobachteter Zusammenhang nicht unbedingt ursächlich sein muss. Studien zeigen zwar, dass bestimmte Menschen eher eine Alzheimer-Demenz bekommen als andere. Aber: Ein beobachteter Zusammenhang muss nicht ursächlich sein.
Symptome von Demenz
Die Symptome einer Demenz können vielfältig sein und sich im Verlauf der Erkrankung verändern. Typische Anzeichen sind:
- Gedächtnisverlust: Vergessen von kürzlich erlernten Informationen, wiederholtes Stellen derselben Fragen, Schwierigkeiten, sich an Termine und Ereignisse zu erinnern. Sedef Vetters Mutter vergisst immer wieder, dass die eine Enkelin in einer anderen Stadt wohnt. Sie bittet um die Telefonnummer ihrer Tochter, obwohl der Zettel mit den Nummern direkt vor ihr liegt.
- Sprachprobleme: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, Verwendung von Füllwörtern oder Phrasen, die nicht in den Zusammenhang passen, Schwierigkeiten, Gespräche zu verstehen.
- Orientierungsprobleme: Schwierigkeiten, sich in vertrauter Umgebung zurechtzufinden, Verwechslung von Orten und Zeiten. Ihr Angehöriger findet sich auf einmal nicht mehr in der gewohnten Umgebung zurecht und ist überrascht, wenn Sie zur vereinbarten Zeit erscheinen. Oder er vergisst gehäuft, welcher Tag genau ist bzw. Termine werden immer wieder in Frage gestellt. Er könnte sogar in seiner eigenen Straße stehen und die Orientierung verloren haben.
- Probleme mitDenkleistung und Abstraktionsvermögen: Schwierigkeiten,Probleme zu lösen,Handlungen zu planen oder komplexe Aufgaben auszuführen.
- Veränderungen derPersönlichkeit und desVerhaltens: Stimmungsschwankungen,Reizbarkeit, Angst,Depression,Misstrauen,Aggressivität,Antriebslosigkeit, sozialerRückzug. Viele Menschen mit Alzheimer-Demenz werden ungewohnt ängstlich, misstrauisch, passiv oder auch aggressiv. Sie schämen sich und sind frustriert, dass sie Dinge vergessen, öfter Fehler machen und Hilfe brauchen. Es ist verwirrend, wenn Orientierung und Kontrolle verloren gehen. Nicht wenige Erkrankte haben zudem Depressionen und Schlafstörungen . Phasenweise können sie auch euphorischer Stimmung sein.
- Verlust vonAlltagsfähigkeiten: Schwierigkeiten,gewohnteAufgaben wie Kochen,Einkaufen oder Körperpflegeauszuführen. Komplexe Zusammenhänge werden nicht mehr erkannt, die vorher noch gut funktioniert haben. So klappen gewohnte Handlungen aus dem täglichen Leben nicht mehr. Das Einkaufen wird zur Herausforderung, und ein Taxi zu rufen wird zur unüberwindbaren Hürden. Achtung bei Gefahrenquellen: Bügeleisen werden nicht mehr ausgeschaltet, die Herdplatte wird angelassen, die Tür nicht abgeschlossen bzw. Viele Menschen nehmen wahr, dass sie nicht mehr so leistungsfähig sind und versuchen dies zu verbergen. So schränken sie ihren Aktivitätsradius ein: Die Skatrunde wird abgesagt, weil das Busfahren zu schwierig ist oder es werden immer wieder Angehörige um die Erledigung von Einkäufen gebeten, weil man es sich nicht mehr zutraut.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Anzeichen nicht bedeuten, dass eine Person definitiv an Demenz erkrankt ist. Es sind jedoch Warnhinweise, denen man nachgehen sollte.
Spezifische Symptome der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Ursache für Demenz, manifestiert sich durch eine Vielzahl von Symptomen, die sich im Laufe der Zeit verschlimmern. Zu den frühen Anzeichen gehören Gedächtnisverlust, insbesondere das Vergessen von kürzlich erlernten Informationen, sowie Schwierigkeiten bei der Planung und Lösung von Problemen. Betroffene können auch Probleme mit der Sprache haben, sich in vertrauten Umgebungen nicht mehr zurechtfinden und Schwierigkeiten haben, alltägliche Aufgaben zu erledigen. Im weiteren Verlauf der Krankheit können sich Verhaltensänderungen wie Reizbarkeit, Angstzustände, Depressionen und Wahnvorstellungen entwickeln.
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Frontotemporale Demenz (FTD)
Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine eher seltene Form der Demenz, die durch einen Nervenzelluntergang in den Stirnlappen (Frontallappen) und den Schläfenlappen (Temporallappen) des Gehirns verursacht wird.
Lewy-Körperchen-Demenz
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist deutlich seltener als die AlzheimerDemenz. Die Lewy-Körperchen-Demenz geht mit speziellen Symptomen wie Halluzinationen, starken Schwankungen der geistigen Fähigkeiten im Tagesverlauf und Bewegungsstörungen einher.
Diagnose von Demenz
Um die Diagnose Demenz zu stellen, ist eine sorgfältige Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt erforderlich. Diese umfasst in der Regel:
- Gespräch: Erhebung der Krankengeschichte und Erfassung der aktuellen Beschwerden. Es kann hilfreich sein, wenn eine nahestehende Person beim Arztgespräch unterstützt, da Angehörige oder Freunde oft Veränderungen wahrnehmen, die Betroffene selbst gar nicht bemerken oder über die sie sich schämen, zu berichten.
- Körperliche Untersuchung: Um andere mögliche Ursachen für die Beschwerden auszuschließen.
- Psychometrische Tests: Kurztests zur Überprüfung des Erinnerungsvermögens, der Urteilsfähigkeit, der Sprache und der Aufmerksamkeit. Gängige Tests sind der Mini-Mental Status Test (MMST) und der Demenz-Detektions-Test (DemTect).
- Neuropsychologische Untersuchung: Ausführliche Tests zur genauen Abklärung der Merk- und Denkleistung, Wahrnehmung, Orientierung, Aufmerksamkeit und des Sprachverständnisses.
- Medizinische Untersuchungen: Blutuntersuchungen, bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), um andere Erkrankungen auszuschließen und Veränderungen im Gehirn sichtbar zu machen.
- Nachweis von Eiweißablagerungen: Die für eine Alzheimer-Krankheit typischen Eiweißablagerungen im Gehirn können mit einer Lumbal-Punktion (Entnahme von Nervenwasser) oder einer Amyloid-Positronen-Emissions-Tomografie (Amyloid-PET) nachgewiesen werden.
Die Diagnose Alzheimer-Demenz wird erst dann gestellt, wenn die Symptome ein halbes Jahr bestehen und andere Ursachen unwahrscheinlich sind.
Behandlung von Demenz
Die Behandlung von Demenz zielt darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, ihre Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten und die Belastung für die Angehörigen zu verringern. Es gibt verschiedene Therapieansätze:
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- Medikamentöse Behandlung: Cholinesterasehemmer und Memantin können bei der Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Neu zugelassen wurde der Wirkstoff Lecanemab. Er kommt für Erwachsene mit einer frühen Alzheimer-Krankheit infrage und erfordert eine genaue Diagnose und spezielle Untersuchungen. Es gibt auch Präparate mit Extrakten aus den Blättern des Ginkgo-Baums.
- Nicht-medikamentöse Behandlungen: Gedächtnis- und Orientierungsübungen, gemeinsame Alltagsaktivitäten, Kunst-, Aroma-, Tier- und Musiktherapie, körperliche Aktivitäten und Massagen können helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten und das Wohlbefinden zu steigern.
- Unterstützung für Angehörige: Schulungen, Beratungsangebote und Selbsthilfegruppen können Angehörigen helfen, mit der Belastung umzugehen und die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.
Leben mit Demenz
Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und Strategien zu entwickeln, um den Alltag so gut wie möglich zu gestalten.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Kommunikation: Sprechen Sie in einfachen Sätzen, verwenden Sie klare und verständliche Sprache, vermeiden Sie Warum-Fragen und Vorwürfe, hören Sie aufmerksam zu und zeigen Sie Geduld.
- Umgebung: Schaffen Sie eine vertraute und sichere Umgebung, reduzieren Sie Ablenkungen und Lärm, sorgen Sie für gute Beleuchtung und vermeiden Sie Stolperfallen.
- Alltag: Strukturieren Sie den Tag mit festen Routinen, bieten Sie einfache und vertraute Aktivitäten an, fördern Sie die Selbstständigkeit und beziehen Sie die Person in den Alltag ein.
- Umgang mitVerhaltensänderungen: Bleiben Sie ruhig und geduldig, versuchen Sie, die Ursache fürdas Verhalten zu verstehen, lenken Sie ab und vermeiden SieKonfrontationen.
Hilfsangebote für türkischstämmige Menschen mit Demenz und ihre Familien
Gerade für türkischstämmige Menschen mit Demenz und ihre Familien ist es wichtig, dass die Hilfsangebote kultursensibel sind und die sprachlichen und kulturellen Bedürfnisse berücksichtigen. Glücklicherweise gibt es in Deutschland verschiedene Initiativen und Organisationen, die sich speziell an diese Zielgruppe richten.
- Alzheimer Gesellschaften: Die Alzheimer Gesellschaften bieten Beratung, Unterstützung und Informationen in verschiedenen Sprachen, darunter auch Türkisch. Die Alzheimer Gesellschaft München (AGM) arbeitet beispielsweise kultursensibel und hat eine türkischsprachige Beraterin, Selma Altinișik, angestellt.
- Mehrsprachige Materialien: Es gibt zahlreiche Broschüren, Flyer, Videos und Internetseiten zum Thema Demenz in verschiedenen Sprachen, darunter auch Türkisch. Diese Materialien informieren über Ursachen, Symptome, Diagnose, Behandlung und Hilfsangebote.
- Muttersprachliche Helfer: Wohlfahrtsverbände wie die Innere Mission vermitteln ehrenamtliche Helfer, die die Muttersprache der Betroffenen sprechen und pflegende Angehörige entlasten können.
- Kultursensible Altenheime: Einige Altenheime, wie z.B. von Münchenstift, haben sich auf die Bedürfnisse von Migranten eingestellt und bieten eine kultursensible Betreuung an.
- Demenz-WGs: In Demenz-Wohngemeinschaften leben ältere Menschen zusammen und werden von Angehörigen und professionellen Pflegekräften betreut.
Bedeutung der Muttersprache
Gerade bei der Diagnose Demenz öffnet die Muttersprache bei Betroffenen das Herz und ist ein Anker im Meer des Vergessens. Angehörige kapieren in der Ursprungssprache viel besser, welche Wege im Dschungel von Krankenkassen und Behörden sie nun gehen können, um Unterstützung zu finden, welche Geld- und Sachleistungen sie bekommen können, wenn sie sich nur aktiv bemühen.
Prävention von Demenz
Obwohl es keine Garantie dafür gibt, eine Demenz zu verhindern, gibt es einige Maßnahmen, die das Risiko senken können:
- Gesunde Lebensweise: Ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum können die Gehirngesundheit fördern.
- Geistige Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig durch Lesen, Lernen, Spielen oder andere geistig anregende Aktivitäten heraus.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und engagieren Sie sich in Vereinen oder Gruppen.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Achten Sie auf die Behandlung von Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht.