Demenz ist ein Begriff, der viele Menschen beunruhigt. Es handelt sich dabei nicht um eine einzelne Krankheit, sondern um ein Syndrom, das durch den Verlust geistiger Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Obwohl Demenz häufiger bei älteren Menschen auftritt, ist sie keine normale Alterserscheinung. Die Symptome können durch verschiedene Krankheiten verursacht werden, die als Demenzformen bezeichnet werden. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Demenz, einschliesslich Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Syndrom, das durch eine Kombination von Defiziten in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Diese Defizite sind meist auf altersbedingten "Verschleiß" oder eine spezifische Demenzerkrankung zurückzuführen. Der Begriff Demenz umfasst mehr als 50 verschiedene Krankheitsformen, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist.
Primäre und sekundäre Demenz
Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Demenzen. Primäre Demenzen sind eigenständige Krankheitsbilder, die ihren Ursprung im Gehirn haben, wo Nervenzellen absterben. Die Alzheimer-Krankheit, die vaskuläre Demenz, die frontotemporale Demenz und die Lewy-Körperchen-Demenz sind Beispiele für primäre Demenzen.
Sekundäre Demenzen werden durch andere Erkrankungen oder äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch oder schädliche Umwelteinflüsse verursacht. In einigen Fällen können sekundäre Demenzen geheilt werden, wenn die Grunderkrankung erfolgreich behandelt wird.
Kortikale und subkortikale Demenz
Eine weitere Einteilung der Demenzformen basiert darauf, wo im Gehirn die Veränderungen auftreten. Kortikale Demenzen gehen mit Veränderungen in der Hirnrinde einher, wie z.B. bei der Alzheimer-Krankheit und der frontotemporalen Demenz. Subkortikale Demenzen hingegen betreffen Veränderungen unterhalb der Hirnrinde, wie z.B. bei der subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie (SAE), einer Form der vaskulären Demenz.
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Dementielles Syndrom und Pseudodemenz
Der Begriff "dementielles Syndrom" wird oft synonym mit "Demenz" verwendet und beschreibt einen allgemeinen intellektuellen Abbau, der sich in Gedächtnis- und Orientierungsstörungen sowie Sprachstörungen äußert. Die Persönlichkeit des Patienten kann sich ebenfalls verändern.
Im Gegensatz dazu ist die Pseudodemenz keine "echte" Demenz, sondern ein Symptom, meist einer schweren Depression. Bei erfolgreicher Behandlung der Depression klingen die Symptome der Pseudodemenz in der Regel wieder ab.
Ursachen von Demenz
Die Ursachen von Demenz sind vielfältig und hängen von der jeweiligen Demenzform ab.
Neurodegenerative Demenzen
Neurodegenerative Demenzen werden durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn verursacht. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Krankheit, bei der sich im Gehirn Plaques (Ablagerungen von Beta-Amyloid) und Tau-Fibrillen bilden. Diese Veränderungen führen zum Verlust von Nervenzellen und deren Verbindungen.
Weitere neurodegenerative Demenzen sind die frontotemporale Demenz (Morbus Pick) und die Lewy-Körperchen-Demenz. Bei der frontotemporalen Demenz gehen vor allem Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns zurück, was zu Veränderungen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens führt. Die Lewy-Körperchen-Demenz ist durch das Vorhandensein von Lewy-Körperchen in den Nervenzellen der Hirnrinde gekennzeichnet, was zu optischen Sinnestäuschungen und motorischen Störungen führen kann.
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Vaskuläre Demenz
Die vaskuläre Demenz wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht, die zum Absterben von Nervenzellen führen. Typische Ursachen sind langjähriger unbehandelter Bluthochdruck oder Schlaganfälle. Die Beeinträchtigungen können je nach betroffenem Hirnbereich unterschiedlich sein, äußern sich aber vor allem in den Bereichen Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen, Bewegung und Orientierung.
Sekundäre Demenzen
Sekundäre Demenzen werden durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst. Auch andere Erkrankungen wie Schilddrüsenstörungen, Lebererkrankungen, Infektionen oder Vitaminmangel können zu einer sekundären Demenz führen.
Risikofaktoren
Obwohl die genauen Ursachen vieler Demenzformen noch ungeklärt sind, gibt es einige Risikofaktoren, die das persönliche Risiko für eine Demenzerkrankung erhöhen. Dazu gehören:
- Höheres Alter
- Genetische Veranlagung
- Bluthochdruck
- Diabetes mellitus
- Herzrhythmusstörungen
- Hoher Cholesterinspiegel
- Depressionen
- Schädel-Hirn-Verletzungen
- Rauchen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Übergewicht
- Geringe geistige, soziale und körperliche Aktivität
Symptome von Demenz
Die Symptome von Demenz sind vielfältig und hängen von der jeweiligen Demenzform und dem Stadium der Erkrankung ab.
Frühsymptome
Zu den ersten Anzeichen einer Demenz gehören häufig:
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- Gedächtnisprobleme, insbesondere Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis
- Vergesslichkeit von Terminen und Namen
- Verlegen von Gegenständen
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Sprachprobleme, z.B. Wortfindungsstörungen
- Orientierungsprobleme in fremder Umgebung
- Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens
- Depressive Verstimmungen
Fortgeschrittene Symptome
Im weiteren Verlauf der Demenz können folgende Symptome hinzukommen:
- Probleme mit dem Langzeitgedächtnis
- Schwierigkeiten, nahestehende Personen zu erkennen
- Sprachstörungen bis hin zum Verlust der Sprachfähigkeit
- Motorische Störungen
- Verlust der Kontrolle über körperliche Funktionen
- Wesensveränderungen, z.B. Aggressivität, Reizbarkeit, Teilnahmslosigkeit
- Wahnvorstellungen und Halluzinationen
- Räumliche und zeitliche Desorientierung
- Vernachlässigung der Körperpflege
- Verlust der Krankheitseinsicht
Verhaltensänderungen
Menschen mit Demenz können Verhaltensänderungen zeigen, die für Angehörige oft schwer zu verstehen sind. Dazu gehören:
- Unruhe und Umherwandern
- Rückzug und depressive Symptome
- Stimmungsschwankungen
- Ständiges Wiederholen von Fragen oder Handlungen
- Vorwürfe und Verdächtigungen
- Aggressivität
Diagnose von Demenz
Eine frühzeitige Diagnose von Demenz ist wichtig, um den Umgang mit der Krankheit zu erleichtern und das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Am Anfang der Diagnostik steht ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen, um die Krankengeschichte zu erfassen und die aktuellen Beschwerden zu erfragen. Der Arzt achtet dabei auf die Konzentrationsfähigkeit des Patienten und befragt die Angehörigen nach Verhaltensänderungen, Unruhe, Aggressivität oder Sinnestäuschungen.
Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung, um Hinweise auf organische Ursachen der Symptome zu finden.
Kognitive Tests
Verschiedene Tests können die geistige Leistungsfähigkeit des Patienten messen und erkennen, ob Anzeichen für eine Demenz vorliegen. Häufig verwendete Tests sind der Mini-Mental-Status-Test (MMST), der DemTect und der Uhrentest.
Bildgebende Verfahren
Um Veränderungen im Gehirn festzustellen oder auszuschließen, werden bildgebende Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt.
Blutuntersuchungen
Eine Analyse der Blutwerte kann Hinweise auf körperliche Erkrankungen geben, die die Symptome verursachen könnten.
Nervenwasseruntersuchung
In einigen Fällen kann eine Nervenwasseruntersuchung (Liquoruntersuchung) durchgeführt werden, um spezifische Biomarker für die Alzheimer-Krankheit (Beta-Amyloid, Tau-Protein) zu bestimmen.
Behandlung von Demenz
Obwohl die meisten Demenzformen nicht heilbar sind, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
- Antidementiva: Diese Medikamente (z.B. Acetylcholinesterase-Hemmer wie Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sowie der NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin) können das Fortschreiten der Symptome verzögern und die geistige Leistungsfähigkeit verbessern. Sie werden vor allem bei der Alzheimer-Krankheit und der vaskulären Demenz eingesetzt.
- Amyloid-Antikörper-Therapie: Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit gibt es seit kurzem eine Therapie mit Amyloid-Antikörpern (z.B. Lecanemab und Donanemab), die an die Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn binden und diese abbauen sollen. Diese Therapie ist jedoch mit regelmäßigen MRT-Kontrollen verbunden, da Bildveränderungen im Gehirn auftreten können.
- Weitere Medikamente: Je nach Bedarf können weitere Medikamente zur Behandlung von Begleitsymptomen wie Depressionen, Angstzuständen, Schlafstörungen oder Verhaltensstörungen eingesetzt werden.
Nicht-medikamentöse Therapien
- Kognitives Training: Übungen zur Verbesserung der Konzentration, Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses können in frühen Stadien der Demenz hilfreich sein.
- Realitätsorientierungstraining (ROT): Durch das Anbieten von Hinweisreizen soll die Orientierung des Patienten zu Ort, Zeit und Person verbessert werden.
- Ergotherapie: Körperliche Aktivierung und das Training von Alltagstätigkeiten können Patienten in frühen und mittleren Stadien helfen, ihre Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten.
- Logopädie: Sprachtherapie kann Menschen mit beginnender Demenz helfen, ihre kommunikativen Fähigkeiten und ihr Sprachverständnis zu verbessern.
- Musiktherapie: Das Wecken positiver Erinnerungen und Gefühle durch Musik kann das Wohlbefinden von Betroffenen in allen Krankheitsstadien verbessern.
- Erinnerungstherapie: Mithilfe von Fotos, Geschichten und Alltagsgegenständen werden Erinnerungen geweckt und die geistigen Fähigkeiten angeregt.
- Verhaltenstherapie: Kann Patienten in einem frühen Stadium helfen, mit der Krankheit besser umzugehen.
- Physiotherapie: Bewegung und körperliche Aktivität können die Durchblutung verbessern, das Koordinationsvermögen fördern und Stürzen vorbeugen.
Weitere unterstützende Maßnahmen
- Anpassung des Wohnumfelds: Eine demenzgerechte Gestaltung des Wohnraums kann die Orientierung erleichtern und die Sicherheit erhöhen.
- Soziale Kontakte: Die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind wichtig, um die Lebensqualität zu erhalten.
- Unterstützung für Angehörige: Angehörige von Menschen mit Demenz benötigen oft Unterstützung und Entlastung, um mit den Belastungen der Pflege umzugehen. Es gibt verschiedene Angebote wie Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Entlastungsdienste.
- Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Es ist wichtig, rechtzeitig eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht zu erstellen, um sicherzustellen, dass die Wünsche des Patienten auch dann berücksichtigt werden, wenn er nicht mehr selbst entscheiden kann.
Prävention von Demenz
Obwohl es keine Garantie dafür gibt, dass man einer Demenz entgehen kann, gibt es einige Maßnahmen, die das Risiko einer Erkrankung verringern können:
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann das Gehirn schützen.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität fördert die Durchblutung des Gehirns und kann das Risiko einer Demenz verringern.
- Geistige Aktivität: Regelmäßiges Lesen, Knobeln, Musizieren oder das Erlernen neuer Fähigkeiten kann das Gehirn fit halten.
- Soziale Kontakte: Die Pflege sozialer Kontakte und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben können das Gehirn stimulieren und das Risiko einer Demenz verringern.
- Vermeidung von Risikofaktoren: Die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und anderen Risikofaktoren kann das Risiko einer vaskulären Demenz verringern.
- Vermeidung von Übergewicht, Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum: Diese Faktoren können das Risiko einer Demenz erhöhen.
Leben mit Demenz
Die Diagnose Demenz ist für die meisten Betroffenen und ihre Familien ein Schock. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen und sich auf die Veränderungen vorzubereiten, die auf einen zukommen.
Tipps für den Umgang mit Demenz
- Struktur und Routine: Feste Tagesabläufe und wiederkehrende Rituale können Orientierung geben.
- Aktiv bleiben: Bewegung, frische Luft, Musik, gemeinsames Kochen oder einfache Handarbeiten können Lebensfreude schenken.
- Gefühle äußern: Der Austausch mit vertrauten Menschen oder in Selbsthilfegruppen kann entlasten.
- Unterstützung annehmen: Hilfe anzunehmen ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.
- Geduld haben: Jeder Tag ist neu. Nicht jeder wird einfach sein, aber in vielen steckt ein kostbarer Moment.
Kommunikation mit Menschen mit Demenz
- Kurze, klare Sätze verwenden: Vermeiden Sie lange und komplizierte Sätze.
- Langsam und deutlich sprechen: Geben Sie dem Betroffenen Zeit, das Gesagte zu verarbeiten.
- Blickkontakt halten: Zeigen Sie dem Betroffenen, dass Sie ihm zuhören.
- Geduldig sein: Wiederholen Sie Informationen bei Bedarf.
- Wertschätzend sein: Behandeln Sie den Betroffenen mit Respekt und Würde.
- Auf nonverbale Signale achten: Achten Sie auf die Körpersprache und den Gesichtsausdruck des Betroffenen.
- Sich auf die Lebenserfahrung beziehen: Fragen Sie nach Ratschlägen und lassen Sie sich helfen oder trösten.
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