Schlaganfall Medikamente und ihre Nebenwirkungen

Ein Schlaganfall ist eine ernsthafte Erkrankung, die oft lebensbedrohlich ist oder zu schweren Behinderungen führen kann. Die medikamentöse Behandlung spielt eine entscheidende Rolle sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprävention von Schlaganfällen. Ziel ist es, Risikofaktoren zu behandeln und die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern. Allerdings können viele dieser Medikamente auch Nebenwirkungen haben, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

Statine: Cholesterinsenker mit potenziellen Nebenwirkungen

Statine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die zur Senkung zu hoher Cholesterinwerte im Blut eingesetzt werden. In Deutschland werden sie laut Arzneiverordnungsreport 2023 bis zu neun Millionen Menschen verschrieben. Hohes Cholesterin, insbesondere das LDL-Cholesterin, ist ein entscheidender Risikofaktor für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Wirkungsweise von Statinen

Statine wirken entzündungshemmend, stabilisieren gefährliche Ablagerungen (Plaques) in Gefäßwänden und senken den Cholesterinspiegel im Blut. Sie hemmen ein Enzym (HMG-CoA-Reduktase), das für den Cholesterinaufbau benötigt wird, wodurch weniger Cholesterin in den Zellen entsteht. Die Wirkung von Statinen wird nach etwa sechs Wochen bei einer Blutwertkontrolle sichtbar. Hochdosierte Statine können die Menge an LDL-Cholesterin im Blut halbieren.

Häufige Nebenwirkungen von Statinen

Die häufigste Nebenwirkung von Statinen sind Muskelbeschwerden, konkret Muskelschmerzen (Statin-Myopathie) und Muskelkrämpfe. In Beobachtungsstudien gibt fast jeder dritte Patient muskuläre Beschwerden nach Statineinnahme an. Es gibt Hinweise darauf, dass ein gewisser Nocebo-Effekt eine Rolle spielt, bei dem allein die Erwartung von Muskelschmerzen zu Beschwerden am Bewegungsapparat führt.

Umgang mit Muskelbeschwerden

Das Nahrungsergänzungsmittel Coenzym Q10 konnte in kleineren Studien gegen Muskelschmerzen helfen, ohne dass ein Wechsel des Statins in der Therapie nötig wurde. Statine können die Energieversorgung in Muskelzellen stören und so Q10 reduzieren, was zu Muskelbeschwerden führt. Allerdings gibt es bisher keine große wissenschaftliche Studie über die Wirksamkeit von Q10.

Lesen Sie auch: Ursachen und Risikofaktoren für Schlaganfälle bei Katzen

Diabetesrisiko

Eine Therapie mit Statinen kann das Risiko erhöhen, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, weil Statine die Wirksamkeit des körpereigenen Insulins herabsetzen. Eine Studie aus den Niederlanden mit Probanden zwischen 55 und 75 Jahren kam zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die Statine einnahmen, ein um 38 Prozent höheres Diabetes-Risiko hatten. Die LODESTAR-Studie zeigte, dass Rosuvastatin den LDL-Cholesterinspiegel im Blut etwas stärker absenkt als Atorvastatin, aber auch das Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ 2 ist bei Rosuvastatin höher (7,2 Prozent) als bei Atorvastatin (5,3 Prozent).

Seltene Nebenwirkungen

Eine extrem seltene Nebenwirkung von Statinen ist die Rhabdomyolyse: ein Verfall von Muskelzellen und Muskelfasern, die schätzungsweise bei ein bis drei Fällen unter 100.000 Patienten auftritt, die mindestens ein Jahr lang Statine einnehmen.

Gewichtszunahme

Eine Gewichtszunahme durch Statine wird vermutlich nicht durch das Medikament selbst hervorgerufen, sondern dadurch, dass Patienten und Patientinnen sich weniger gesundheitsbewusst ernähren, weil sie auf den Effekt der Statintherapie setzen.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Einnahme von Statinen mit anderen Arzneimitteln, aber auch mit bestimmten Lebensmitteln, kann zu unerwünschten Wechselwirkungen führen. Insbesondere für Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin gilt Vorsicht bei der gleichzeitigen Gabe von Calciumantagonisten (Verapamil, Diltiazem, Amlodipin), die zur Blutdrucksenkung eingesetzt werden. Auf den Verzehr von Grapefruitsaft sollte bei Einnahme einiger Statine verzichtet werden, weil das Medikament dann nicht richtig abgebaut werden und es öfter zu Muskelschmerzen und anderen Nebenwirkungen kommen kann. Alkohol und Statine vertragen sich ebenfalls nicht gut, weil Statine den Leberstoffwechsel ungünstig beeinflussen können und dadurch die Gefahr von Muskelschäden steigt.

Nutzen-Risiko-Abwägung

Ob eine Statintherapie verordnet wird, ist abhängig davon, wie stark die individuellen Risikofaktoren des Patienten oder der Patientin im Vergleich zu den Nebenwirkungen von Statinen sind. Je mehr Risikofaktoren durch hohes Cholesterin bestehen, desto eher sollten Statine verschrieben werden. Das persönliche Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich in einem ersten Schritt mithilfe von Online-Tests bestimmen, zum Beispiel mit dem PROCAM-Gesundheitstest oder dem SCORE2 vom Bundesverband Niedergelassener Kardiologen. Das Ergebnis sollte aber immer mit Hausarzt oder Kardiologen besprochen werden. In der Regel ist die Wirksamkeit der Statine wichtiger als das Diabetes-Risiko, das sich durch Sport und gesunde Ernährung begrenzen lässt. Wie weit der Wert des LDL-Cholesterins gesenkt werden soll, hängt vom individuellen Risiko eines Patienten ab.

Lesen Sie auch: Gesundheitliche Rückschläge und politische Leistungen von Lafontaine

Weitere Medikamente zur Schlaganfallprävention

Nach einem Schlaganfall erhalten Betroffene häufig blutverdünnende Medikamente, um das Risiko eines erneuten Schlaganfalls zu verringern. Für Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern ist dies besonders wichtig.

Plättchenhemmer

Nach einem Schlaganfall wird in der Regel empfohlen, Plättchenhemmer einzunehmen. Diese Medikamente bewirken, dass Blutplättchen sich nicht so leicht an einer Gefäßwand anlagern und aneinander haften. Dadurch können sie verhindern, dass sich erneut ein Blutgerinnsel bildet und ein Gefäß im Gehirn verstopft.

  • ASS (Acetylsalicylsäure): Dieser Wirkstoff ist in Schmerzmitteln wie Aspirin enthalten.
  • Clopidogrel: Dieses Medikament hemmt ebenfalls die Blutgerinnung.

Die Ärztin oder der Arzt berät dazu, welches Medikament infrage kommt. ASS kann bei einem leichten Schlaganfall auch mit Clopidogrel kombiniert werden. Die Behandlung mit beiden Wirkstoffen beginnt unmittelbar nach dem Schlaganfall und dauert etwa 2 bis 3 Wochen. Danach reicht es in der Regel aus, ein Präparat dauerhaft einzunehmen.

Nebenwirkungen von Plättchenhemmern

Plättchenhemmer können Nebenwirkungen haben. Weil sie die Blutgerinnung verlangsamen, kann es leichter zu Blutungen kommen. Die meisten Blutungen sind leicht und harmlos, unangenehme Folgen wie Magenblutungen sind selten. Eine andere mögliche Nebenwirkung sind Magengeschwüre.

Antikoagulanzien (Blutverdünner)

Antikoagulanzien werden eingesetzt, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern. Es gibt verschiedene Arten von Antikoagulanzien:

Lesen Sie auch: Rehabilitation bei Gesichtsfeldausfall

  • Direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs), auch neue orale Antikoagulanzien (NOAKs) genannt.
  • Vitamin-K-Antagonisten, auch Cumarine genannt. Hierzu gehören die Wirkstoffe Phenprocoumon (bekannt unter dem Handelsnamen „Marcumar“) und Warfarin.

Antikoagulanzien werden je nach Wirkstoff 1- oder 2-mal am Tag als Tablette eingenommen. Direkte Antikoagulanzien sind wahrscheinlich etwas wirksamer als Vitamin-K-Antagonisten. Zudem führen sie seltener zu Blutungen. Sie sind deshalb meist die erste Wahl. Für Menschen, die Vitamin-K-Antagonisten nehmen und gut eingestellt sind, gibt es aber keinen medizinischen Grund, auf ein DOAK zu wechseln.

Nebenwirkungen von Antikoagulanzien

Die häufigste Nebenwirkung von Antikoagulanzien sind kleinere Blutungen wie Nasen- oder Zahnfleischbluten. Größere Blutungen, zum Beispiel in Magen oder Darm, sind selten. Die schwerwiegendste Nebenwirkung von Antikoagulanzien ist eine Hirnblutung. Das Risiko hierfür ist aber sehr klein.

Medikamente zur Behandlung von Risikofaktoren

  • Medikamente gegen Bluthochdruck: Ein erhöhter Blutdruck steigert das Schlaganfall-Risiko. Ihn durch Medikamente zu senken, verringert das Risiko für einen erneuten Schlaganfall.
  • Cholesterinsenker (Statine): Zur Senkung des Cholesterinspiegels werden meist Medikamente aus der Gruppe der Statine eingenommen. Sie schützen und stabilisieren die Gefäßwände und können dadurch der Bildung von Blutgerinnseln vorbeugen. Den meisten Menschen werden nach einem Schlaganfall Statine empfohlen. Statine senken zudem das Risiko für einen Herzinfarkt.

Medikamente zur Förderung der Erholung nach einem Schlaganfall

Einige Medikamente, die ursprünglich für andere Erkrankungen entwickelt wurden, zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Förderung der Erholung nach einem Schlaganfall. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass viele dieser Anwendungen noch nicht zugelassen sind und weitere Forschung erforderlich ist.

Amphetamin und Methylphenidat

Amphetamin konnte in Tierversuchen die Erholung der motorischen Funktionen nach Hirnschädigungen beschleunigen. Auch in ersten kleineren kontrollierten klinischen Studien konnte Amphetamin in Kombination mit physiotherapeutischer Behandlung zu einer deutlicheren Verbesserung motorischer Leistungen führen als die Kombination von Physiotherapie und Placebo-Gabe. Es sei angemerkt, dass Amphetamin in Deutschland nicht zugelassen und deswegen (außerhalb von genehmigten Studien) nicht verordnet werden darf!

Ein weiteres Psychostimulanz, Methylphenidat, hat sich in einer kleinen randomisierten, kontrollierten Studie ebenfalls als die Funktionserholung fördernd erwiesen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass das Medikament Methylphenidat in Deutschland nicht für die Behandlung von Schlaganfall-Patienten zugelassen ist.

L-Dopa

Dieses Medikament wird seit vielen Jahren in der Behandlung von Parkinson-Patienten eingesetzt. In einer klinischen Studie konnte aber gezeigt werden, dass auch Schlaganfall-Patienten von einer Medikation mit L-Dopa profitieren können. Das Medikament wurde jeweils vor der Physiotherapie (Krankengymnastik) gegeben. Im Rahmen der Studie erhielten 53 Schlaganfall-Patienten für 3 Wochen morgens entweder 100 mg L-Dopa (+Decarboxylase-Inhibitor) oder ein Placebo (Medikament ohne Wirkstoff). Alle Patienten erhielten zudem täglich 1 Stunde Physiotherapie (Krankengymnastik), die Medikation erfolgte mindestens 30 Minuten vorher. Sowohl unmittelbar nach diesen 3 Wochen, als auch nach weiteren drei Wochen (dann ohne das Medikament), zeigten die Patienten, die L-Dopa erhielten, stärkere motorische Fortschritte als die Kontrollgruppe. Das Medikament wurde von den Patienten gut vertragen.

Antidepressiva

Nicht wenige Schlaganfall-Patienten leiden an Depression. In einer italienische Studie konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Schlaganfall, die an einer Depression leiden, von medikamentöser Behandlung profitieren. Und zwar verbesserte die Behandlung mit einem Antidepressivum (hier ein so genannter Serotonin-Reuptake-Hemmer) nicht nur die Depression. Vielmehr zeigten die Patienten mit behandelter Depression auch eine bessere motorische Erholung als Patienten, deren Depression nicht medikamentös behandelt wurde.

Wichtige Hinweise zur Medikamenteneinnahme

  • Einnahmeplan und Medikamentenbox: Ein Einnahmeplan und eine Medikamentenbox erleichtern den Überblick über die Medikation.
  • Wechselwirkungen: Neben dem richtigen Einnahmezeitpunkt kommt den Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Lebensmitteln eine hohe Bedeutung zu.
  • Arztgespräch: Häufig werden Medikamente ohne Absprache mit dem Arzt abgesetzt oder in ihrer Dosis reduziert, weil die Angst vor Nebenwirkungen die Patienten verunsichert. Der beste Gesprächspartner für die Nutzen-Risiko-Abwägung einer Medikamenteneinnahme ist der behandelnde Arzt.
  • Packungsbeilage: Medikamentenhersteller sind verpflichtet, Packungsbeilagen für Medikamente zu erstellen. Beipackzettel sollen aufklären, können Patientinnen und Patienten aber auch verunsichern.
  • Einnahmezeitpunkt: Vor, während oder nach der Mahlzeit einnehmen? - Häufig wird die Einnahmezeit eines Medikaments mit Mahlzeiten in Verbindung gebracht. Grund: Der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme kann die Wirkung des Arzneimittels verlangsamen, beschleunigen, verstärken oder vermindern. Auch Nebenwirkungen können in bestimmten Fällen stärker oder schwächer auftreten.
  • Flüssigkeit: „Mit etwas Flüssigkeit einnehmen" bedeutet nicht, dass man das Medikament mit einem beliebigen Getränk herunter spülen darf. Es wird empfohlen, das Arzneimittel mit einem halben Glas Wasser einzunehmen. Kaffee, Tee, Milch und vor allem Grapefruitsaft können die Wirksamkeit einiger Medikamente negativ beeinflussen. Auf Alkohol gar sollte man generell bei Medikamenteneinnahme verzichten.
  • Schluckbeschwerden: Bei Schluckproblemen kann der Arzt manchmal ein gleichwertiges Medikament in einer anderen Darreichungsform empfehlen - bspw. einen Saft oder ein auflösbares Granulat statt einer großen Tablette. Einige Tabletten können auch zerkleinert werden. Ob das im konkreten Fall zulässig ist, sollte aber unbedingt mit dem Apotheker abgeklärt werden.

Weitere Maßnahmen zur Schlaganfallprävention

Neben der medikamentösen Behandlung gibt es weitere wichtige Maßnahmen zur Schlaganfallprävention:

  • Lebensstiländerungen: Ein Rauchstopp, mehr Bewegung und eine ausgewogene Ernährung können sich positiv auswirken.
  • Körperliche Aktivität: Körperlich aktiv zu sein, stärkt das Herz und die Gefäße. Bewegung und Sport können sich günstig auf die Cholesterinwerte auswirken und den Blutdruck senken.
  • Ernährung: Empfohlen wird eine ausgewogene Ernährung, die sich zum Beispiel an der „mediterranen Kost“ (Mittelmeerkost) orientiert. Eine salzärmere Ernährung kann den Blutdruck senken.
  • Gewichtsabnahme: Menschen mit starkem Übergewicht (Adipositas) können von einer Gewichtsabnahme profitieren.
  • Alkoholkonsum: Menschen mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko wird empfohlen, den Konsum von Alkohol zu beschränken.

tags: #schlaganfall #medikamente #nebenwirkungen