Demenzerkrankungen sind Erkrankungen des Gehirns, die mit fortschreitenden kognitiven Störungen wie Vergesslichkeit einhergehen. Sie können auch in jüngeren Jahren auftreten, wobei man von einer Demenz im jüngeren Lebensalter spricht, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Grundsätzlich können alle Demenzformen auch vor dem 65. Lebensjahr auftreten.
Ursachen und Risikofaktoren für Demenz im jüngeren Alter
Menschen unter 65 Jahren sind häufiger von Demenzformen betroffen, die sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit auswirken, wie zum Beispiel Frontotemporale Demenz. Verschiedene Faktoren können das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen, darunter:
- Alkoholmissbrauch
- Schlaganfall
- Genetische Risikofaktoren
- Diabetes
- Herzerkrankung
- Vitamin-D-Mangel
- Schwerhörigkeit
- Soziale Isolation
Es wird deutlich, dass nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle bei der Prävention von Demenzerkrankungen spielt.
Herausforderungen bei der Früherkennung
Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. So kommt es vor, dass jüngere Menschen mit Demenz erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome richtig diagnostiziert und behandelt werden. Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle:
- Demenz wird oft mit Vergesslichkeit gleichgesetzt. In jungen Jahren wird eine Demenz nicht vermutet.
- Selbst Ärztinnen und Ärzte führen Symptome wie Vergesslichkeit oder auffälliges Verhalten häufig zunächst auf Depressionen, Burnout, Stress oder Beziehungsprobleme zurück.
- Jüngere Menschen mit Demenz kommen erst gar nicht in die ärztliche Praxis - sei es, weil sie sich „nicht krank“ fühlen, sei es, weil sie aus Angst vor der Diagnose das Arztgespräch meiden.
- Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis jemand zum Facharzt kommt und die entsprechenden Untersuchungen gemacht werden. Mit 55 oder 60 Jahren denkt man bei Vergesslichkeit nicht unbedingt an Demenz.
Betroffene und Angehörige sollten daher auffällige Wesensveränderungen, Sprachprobleme oder psychische Beeinträchtigungen immer ernst nehmen und ärztlich abklären lassen.
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Bedeutung der frühzeitigen Diagnose
Je früher eine Demenzerkrankung erkannt wird, desto größer sind die Chancen, den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Erste Anlaufstelle für die Diagnosestellung ist die hausärztliche Praxis. Demenzerkrankungen können und sollen in jedem Lebensalter behandelt werden.
Auswirkungen der Diagnose auf jüngere Betroffene
Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte. Sie müssen sich nicht nur mit der einer unheilbaren, fortschreitenden Krankheit, sondern auch mit den damit verbundenen Veränderungen auseinandersetzen.
Zu den besonderen Herauforderungen gehören:
- Die Akzeptanz der Diagnose: Demenzerkrankungen sind für Jüngere schwerer zu akzeptieren. Sie schämen sich, wollen es nicht wahrhaben und glauben, es müsse eine Heilung geben.
- Der Verlust des „alten Lebens“: Die eigenen Finanzen regeln, Kinder oder Eltern zu betreuen, Verantwortung im Beruf übernehmen - das bisherige Leben aufgeben zu müssen, ist im jüngeren Lebensalter nur sehr schwierig zu bewältigen.
- Die Auswirkungen auf die Familie: Familien von jungen Erkrankten müssen akzeptieren, dass sich mit der Diagnose die gesamte Lebenssituation verändert. Besonders hart für Partnerinnen und Partner ist der schleichende Verlust von Gemeinsamkeiten, von Erinnerungen, von der Möglichkeit, gemeinsame Sorgen zu teilen. Zwar ist der Mensch noch da, doch das alte Gegenüber geht verloren.
- Stigmatisierung im Alltag: Menschen mit Demenz erkennt man nicht auf den ersten Blick. Problematisch ist auch, dass die meisten Pflege- und Betreuungsangebote nicht auf die Bedürfnisse von jüngeren Menschen mit Demenz ausgerichtet sind. Gerade wenn das Zusammenleben im gewohnten Zuhause nicht mehr möglich ist, sind sie oft gezwungen in Pflegeheime umzuziehen, in denen alles auf ältere Seniorinnen und Senioren ausgerichtet ist. Das beginnt bei der Gestaltung und Ausstattung der Räume über den Tagesablauf bis hin zum Angebot an sozialen und sportlichen Aktivitäten. Hinzu kommt, dass den Jüngeren in den herkömmlichen Einrichtungen der wichtige Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt.
Diagnostische Verfahren
„Eine Demenzerkrankung beginnt meist schleichend mit Merkstörungen, Schwierigkeiten bei der Wortfindung, Verhaltensänderungen und nachlassender Aktivität. Wenn Familienmitglieder solche Anzeichen zeigen, ist eine zeitnahe Untersuchung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie angeraten. Denn es ist von zentraler Bedeutung, die Ursache für die Symptome zu klären, eine mögliche Demenz-Erkrankung zu identifizieren und andere Erkrankungen oder Ursachen auszuschließen“, betont Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). „Derartige Symptome können neben einer dementiellen Erkrankung beispielsweise auch im Rahmen einer Depression oder anderen Erkrankungen auftreten, die sich gegebenenfalls durch eine Behandlung heilen lassen.“
Notwendig ist unter anderem eine gründliche Untersuchung des Körpers zum Beispiel auf mögliche Stoffwechselerkrankungen oder Infektionserkrankungen, da diese Ursachen dementielle Symptome als Begleiterscheinungen haben können. Darüber hinaus ist eine Untersuchung des Gehirns erforderlich, um etwaige Durchblutungsstörungen, Zirkulationsstörungen des Liquors oder Tumore zu identifizieren. Ebenso müssen alle Medikamente, die der Betroffene einnimmt, eingehend überprüft werden, um zu erkennen, ob möglicherweise Neben- oder Wechselwirkungen die Symptome ausgelöst oder verstärkt haben könnten. Auch Überdosierungen von Arzneimitteln kommen als Ursache in Frage.
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Neue Diagnosemethoden
Wir wollen unter den Patienten, deren intellektuelle Fähigkeiten offensichtlich nachlassen, die etwa 25 Prozent erkennen, bei denen später eine Alzheimer-Demenz droht. Dafür fehlt uns eine unkomplizierte Untersuchungsmethode. Im Blut können wir bisher nur erste Hinweise auf andere Ursachen verminderter geistiger Leistungsfähigkeit feststellen, zum Beispiel Schilddrüsenkrankheiten. Auf herkömmlichen Computer- und Kernspintomographie-Bildern erkennt man zwar, dass sich die Hirnmasse vermindert, allerdings erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien. Außerdem ergeben sich bei einigen anderen Hirnerkrankungen ganz ähnliche Bilder. Durch die neurochemische Demenzdiagnostik im Liquor ist eine Alzheimer-Diagnostik im Frühstadium der Erkrankung zwar möglich. Eine spezielle Blutuntersuchung oder neuere bildgestütze Untersuchungsverfahren des Gehirns wären als Routineuntersuchung aber besser geeignet.
Bluttest für die Alzheimer-Erkrankung
Forscher des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetzes Demenzen haben einen neuen Bluttest für die Alzhei-mer-Erkrankung entwickelt. Mit ihm weisen sie spezielle Proteine nach - die ß-Amyloidpeptide (AßPeptide). Aß-Peptide spielen eine Schlüsselrolle für die Entstehung des Morbus Alzheimer. Typischerweise treten sie bei betroffenen Personen massenhaft in krankhaften Ablagerungen im Gehirn auf. Es gibt mehrere Unterformen der Aß-Peptide, die unterschiedlich giftig für die Nervenzellen sind. Ihre exakte Analyse ermöglicht es den Medizinern, besonders die Frühformen der Alzheimer-Erkrankung besser zu diagnostizieren.
Professor Jens Wiltfang und seinen Mitarbeitern von der Universität Erlangen-Nürnberg ist es jetzt gelungen, ein Testverfahren zu entwickeln, das zwischen mehreren Untergruppen der Aß-Peptide im Blut unterscheidet. Mit der Analyse der sechs Unterformen im Blut verfolgen die Wissenschaftler mehrere Ziele: Sie wollen Alzheimer-Patienten sehr früh erkennen, das heißt zu einem Zeitpunkt, an dem erst minimale Defizite der geistigen Leistungsfähigkeit bestehen. Von einer frühen Diagnose profitieren die Betroffenen, denn inzwischen stehen Medikamente zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen. Die Mittel müssen rechtzeitig eingenommen werden, um den Betroffenen möglichst lange zu einem normalen Leben zu verhelfen. Darüber hinaus soll die Analyse der Aß-Peptide helfen, die Alzheimer-Erkrankung von anderen Arten der Demenz zu unterscheiden, die etwa bei Durchblutungsstörungen des Gehirns auftreten können. Denn jede der Demenz-Formen erfordert eine andere Behandlung. Schließlich erhoffen sich die Forscher auch zusätzliche Erkenntnisse darüber, welche Rolle Aß-Peptide genau bei der Entstehung des Morbus Alzheimer spielen. Daraus könnten sich neue Therapien ergeben, die den Aß-Peptid-Stoffwechsel beeinflussen.
Kernspintomographie zur Früherkennung
Dr. Harald Hampel von der Psychiatrischen Klinik und Dr. Stefan Schönberg von der Radiologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München arbeiten im Kompetenznetz Demenzen mit. Sie beschreiten einen anderen viel versprechenden Weg: Die Forscher haben die Kernspintomographie so weiterentwickelt, dass sie bereits kleinste, für die Alzheimer-Erkrankung typische Veränderungen des Gehirns entdecken können. Die von ihnen angewendete Untersuchungstechnik, das so genannte Diffusion Tensor Imaging (DTI), macht auf Schnittbildern des Gehirns den Untergang von Nervenfasern sichtbar. DTI registriert die Beweglichkeit von Wassermolekülen im Gewebe. In Hirnregionen mit zugrunde gegangenen Nervenzellen bewegen sich die Moleküle anders als in gesundem Gewebe.
Das Forscherteam untersuchte mithilfe von DTI die Gehirne von neun Patienten, die an einer leichten Form des Morbus Alzheimer litten. Die Wissenschaftler verglichen die Ergebnisse mit DTI-Hirn-Bildern zehn gesunder Personen. Insbesondere im so genannten Corpus callosum, das die rechte mit der linken Hirnhälfte verbindet, beobachteten sie zwischen den beiden Gruppen auffällige Unterschiede: Bei den Alzheimer-Patienten war ein Teil der Nervenfasern in dieser Hirnregion zugrunde gegangen. In anderen Arealen bestanden dagegen keine Differenzen.
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Die Ergebnisse der Münchener Forscher deuten darauf hin, dass beim Morbus Alzheimer im Corpus callosum das Nervengewebe besonders früh abstirbt. In späteren Krankheitsphasen lässt sich auch in vielen anderen Arealen nachweisen, wie sich die Hirnmasse reduziert. Als Folge dieses Abbauprozesses verlieren Alzheimer-Patienten kontinuierlich ihre geistige Leistungsfähigkeit. Die Wissenschaftler schließen aus ihren Experimenten, dass sich durch DTI bereits frühe Formen des Morbus Alzheimer feststellen lassen. Sie hoffen, mithilfe der neuen Technik unter anderem den Verlauf der Erkrankung bei einzelnen Patienten beobachten und schneller beurteilen zu können, ob eine Therapie bei ihnen anschlägt.
Therapieansätze
Nach der Diagnosestellung klärt der Arzt zuerst den Betroffenen und seine Familie umfassend über die Erkrankung, ihren Verlauf sowie die Behandlungsmöglichkeiten auf. Zwar kann kein Medikament eine Demenz zurückbilden oder ein Voranschreiten der Krankheit vollständig stoppen. Doch kann mit einem umfassenden Therapieplan, der den individuellen Erfordernissen des Patienten angepasst wird, eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden.
„Spezielle Medikamente können das Fortscheiten des Krankheitsprozesses verzögern und die Selbstständigkeit länger erhalten, vor allem bei einer frühzeitigen Therapie. Wichtig sind vor allem körperliche Aktivität (unter Beachtung von möglichen Herz-Kreislaufrisiken) und geistige Aktivtäten (wie kognitives Training). Daneben vermag eine gegebenenfalls ergänzende medikamentöse Behandlung mögliche Verhaltensstörungen wie beispielsweise Schlaflosigkeit, Depression, Unruhe, Angst oder Aggressivität zu lindern, die bei Demenzerkrankungen häufig auftreten“, berichtet Prof. Maier. „Die Patienten gewinnen mit Hilfe einer adäquaten Therapie an Alltagskompetenz, können länger in ihrem gewohnten Lebensumfeld bleiben und die Angehörigen werden spürbar entlastet.“ Ergänzende psychosoziale Maßnahmen runden die Therapie ab. Sie können Betroffenen die Wahrnehmung und Orientierung erleichtern und den Erhalt ihrer Persönlichkeit fördern. Angehörige von Demenzpatienten werden heutzutage wenn möglich in Therapiekonzepte eingebunden, um eine würde- und liebevolle Beziehung zwischen dem Kranken und seinen Angehörigen zu unterstützen.
Es stehen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit Demenz zur Verfügung. Bei einem ausführlichen Beratungsgespräch mit der Hausärztin beziehungsweise dem Hausarzt oder der Fachärztin beziehungsweise dem Facharzt wird der individuelle Behandlungsplan erstellt.
Medikamentöse Behandlung
Die Ausprägung der Symptome lässt sich durch Medikamenteneinnahme häufig hinauszögern. Je früher die Therapie beginnt, desto besser. Dabei kommen gegebenenfalls Medikamente wie Antidementiva, Antidepressiva und Antipsychotika zum Einsatz.
Medikamentöse Behandlung von Alzheimer
Mit Medikamenten lassen sich insbesondere im frühen und mittleren Alzheimer-Stadium die Symptome lindern und der Verlauf hinauszögern. Häufig verschreiben Ärztinnen und Ärzte Medikamente gegen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie gegen Depressionen. Betroffene, die sich rechtzeitig behandeln lassen, gewinnen dadurch Zeit und mehr Lebensqualität.
Im Verlauf einer Alzheimer-Demenz lässt das Erinnerungs- und Denkvermögen immer mehr nach. Sich in bekannter Umgebung zu orientieren, fällt zunehmend schwer. Schuld daran ist das schleichende Absterben der Nervenzellen. Es lässt sich zwar nicht aufhalten, aber die damit einhergehenden Beschwerden lassen sich mildern. Auch Depressionen und Verhaltensstörungen lassen sich medikamentös behandeln. Wichtig ist, dass die behandelnde Ärztin oder der Arzt über andere Erkrankungen und Medikamente informiert wurde, bevor er oder sie ein Medikament verschreibt. Das vermeidet gefährliche Neben- und Wechselwirkungen.
Länger eigenständig durch Antidementiva
Der Botenstoff Acetylcholin ist für die Signalübertragung im Gehirn mitzuständig. Bei Alzheimer-Patientinnen und Patienten wird Acetylcholin nicht mehr in ausreichender Menge produziert. Dieser Mangel lässt sich im frühen bis mittleren Stadium der Demenz einige Zeit ausgleichen.
Acetylcholinesterasehemmer wie Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin hemmen das Enzym Acetylcholinesterase, das für den Abbau von Acetylcholin verantwortlich ist. Kranke mit Alzheimer, Lewy-Körperchen-Demenz oder einer Mischform der Demenz können dadurch Alltagstätigkeiten länger allein meistern. Auch Fähigkeiten wie Denken, Lernen, Erinnern und Wahrnehmen bleiben länger erhalten. Allerdings können unter einigen Medikamenten Nebenwirkungen wie Erbrechen, Übelkeit und Durchfall auftreten.
Medikamente wirken nur richtig, wenn sie regelmäßig und nach Vorschrift eingenommen werden. Dies fällt Menschen mit Demenz zunehmend schwerer. Um Angehörige bei der Medikation in der häuslichen Pflege zu unterstützen, sind auf der Internetseite des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) wichtige Informationen zu diesem Thema übersichtlich und verständlich zusammengestellt.
Behandlung mit Antidepressiva und Antipsychotika
Wenn die Diagnose einer Demenzform feststeht, stellt sich bei vielen Betroffenen eine reaktive Depression ein. Aber auch der Verlust der Nervenzellen selbst kann Ursache für depressive Stimmungen sein. Weil es ihrem Gehirn an den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin mangelt, fühlen sich die Betroffenen oft mut- und antriebslos. Antidepressiva wirken dem entgegen. Welches Medikament infrage kommt, muss die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit der Betroffenen oder dem Betroffenen und gegebenenfalls den Angehörigen entscheiden.
Manche Menschen mit Demenz legen auch ein aggressives Verhalten an den Tag, haben Sinnestäuschungen oder Verfolgungswahn. Antipsychotika unterdrücken diese Symptome, indem sie das verantwortliche Dopamin hemmen, einen weiteren Botenstoff im Gehirn. Häufig verordnete Antipsychotika sind Risperidon, Melperon und Pipamperon. Allerdings können Antipsychotika bei Menschen mit Demenz auch verschiedenste Nebenwirkungen hervorrufen. Deshalb sollte ihr Einsatz behutsam und mit Augenmaß erfolgen.
Nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
Es gibt eine Fülle nicht medikamentöser Therapien, die sich für Menschen mit Demenz eignen. Einige sind fester Bestandteil bestimmter Betreuungsangebote und finden oft in Gruppen statt. Andere orientieren sich stärker an den Bedürfnissen eines ganz bestimmten Menschen und kommen direkt in seinem sozialen Umfeld zum Einsatz.
- Ergotherapie: Die Ergotherapie hilft Patientinnen und Patienten im frühen und mittleren Stadium der Demenz, Alltagskompetenzen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten üben Betroffene Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen oder auch Zeitunglesen.
- Körperliche Aktivierung: Körperliche Aktivierung kann dazu beitragen, Alltagsfunktionen, Beweglichkeit und Balance zu erhalten. Tanzen, Massagen und Anregungen für die Sinne können bei Patientinnen und Patienten mit mittlerer bis schwerer Demenz Freude und Aktivität auslösen. Welche nicht medikamentöse Behandlung im Einzelfall am ehesten geeignet ist, entscheiden Ärztin oder Arzt, Patientin oder Patient und Angehörige am besten gemeinsam.
- Physiotherapie: Über das gezielte Training von Ausdauer, Kraft und Koordination kann die Physiotherapie Menschen mit Demenz dabei helfen ein gesundes körperliches Aktivitätsniveau möglichst lange aufrecht zu erhalten, das Sturzrisiko im Alltag zu reduzieren und die Leistungsfähigkeit bei der Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens zu stabilisieren oder gar zu verbessern.
- Kognitives Training: Durch kognitives Training können Menschen mit Demenz im frühen bis mittleren Stadium ihre Wahrnehmung, ihre Lernfähigkeit und ihr Denkvermögen schulen. Einfache Wortspiele in Einzel- oder Gruppentherapie kommen dazu infrage. Auch Farben zu erkennen, Begriffe zu erraten oder Reime zu ergänzen, sind häufig gestellte Aufgaben. Gute Therapeutinnen und Therapeuten achten darauf, dass die Betroffenen dabei weder unter- noch überfordert werden.
- Verhaltenstherapie: Diese Form der Therapie ist besonders für Menschen im Frühstadium einer Demenz geeignet. Nach der Diagnose Demenz sind viele Betroffene verunsichert und haben Angst vor der Zukunft. Einige gleiten in eine Depression ab, andere reagieren mit Wut gegen sich und manchmal auch gegen ihre Mitmenschen. Unterstützt von einer Psychologin oder einem Psychologen oder einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, lernen sie, diese Probleme zu bewältigen und mit ihrer Demenz besser umzugehen.
- Biographiearbeit: Die biografische Arbeit eignet sich vor allem im frühen bis mittleren Stadium der Demenz. Durch gezielte Gespräche mit der oder dem Betroffenen - allein oder in der Gruppe - werden mithilfe von Fotos, Büchern und persönlichen Gegenständen positive Erinnerungen an frühere Lebensabschnitte wachgerufen. Dadurch behalten Menschen mit Demenz sehr lange das Gefühl für die eigene Identität und fühlen sich im Alltag sicherer. Dieses biografische Wissen nützt auch Angehörigen und Betreuerinnen und Betreuern, um später Reaktionen und Äußerungen der oder des Betroffenen besser zu verstehen.
- Realitätsorientierung: Die sogenannte Realitätsorientierung hilft in allen Stadien der Demenz, sich räumlich und zeitlich zurechtzufinden und Personen und Situationen wieder besser einzuordnen. Angehörige wie auch professionelle Betreuerinnen und Betreuer können mithilfe von Uhren, Kalendern sowie Bildern von Jahreszeiten mit den Betroffenen die zeitliche Orientierung üben. Besonders wichtig ist es, Überforderungen zu vermeiden. Wenn Wohnräume wie Bad oder Küche mit Farben gekennzeichnet sind, finden sich Menschen mit Demenz besser zurecht.
- Musiktherapie: Musiktherapie kann in allen Stadien der Demenz helfen. Im Frühstadium spielt nicht nur das Hören, sondern auch das Musikmachen eine wichtige Rolle. Die Menschen mit Demenz singen gemeinsam oder benutzen Instrumente wie Trommeln, Triangel und Xylofon. Im späten Stadium kann das Hören vertrauter Melodien beruhigen und Schmerzen lindern. Musik weckt positive Erinnerungen und Gefühle.
- Kunsttherapie: Kunst weckt Erinnerungen - unabhängig davon, ob Menschen mit Demenz im Museum Werke von Künstlerinnen und Künstlern erleben oder selbst schöpferisch tätig werden. Kunst und Kunsttherapie ermöglichen die Begegnung mit sich selbst und anderen. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität zu erhalten. Menschen mit Demenz profitieren vor allem im frühen Stadium von der Kunsttherapie. Bei der Kunsttherapie können sich Menschen mit Demenz neu oder wiederentdecken. Der kreative Schaffensprozess steht im Mittelpunkt. Dies aktiviert indirekt kognitive Fähigkeiten. Verloren geglaubte Fähigkeiten und vorhandene Ressourcen treten zutage; dies kann motivieren und positiv auf das Selbstwertgefühl wirken. Bei unruhigen Menschen kann die Konzentration gefördert werden. Die Kunsttherapie arbeitet auf der nonverbalen Ebene. Sie kann einen Kommunikationsweg zwischen Menschen mit Demenz und anderen Personen darstellen. Insbesondere bei Beeinträchtigung der verbalen Kommunikation ermöglichen das Malen und Gestalten sich auszudrücken und mit der Umwelt zu kommunizieren und interagieren.
- Milieutherapie: Die Milieutherapie ist in allen Stadien der Demenz sinnvoll. Sie zielt darauf ab, Wohn- und Lebensräume so umzugestalten, dass Betroffene sich darin wohlfühlen und möglichst selbstständig und selbstbestimmt leben können. Noch im späten Stadium können angenehme Materialien wie glattes Holz und weiche Stoffe sowie Düfte von bekannten Parfüms oder Lieblingsblumen positive Erinnerungen wecken und Verhaltensstörungen lindern.
Neue Therapieansätze
Die Alzheimer-Demenz behandelbar machen - die Suche nach einem Medikament hat beim forschenden Unternehmen Lilly vor 35 Jahren begonnen. Doch bis zur Zulassung verging eine halbe Ewigkeit - so groß waren die wissenschaftlichen Herausforderungen. Trotzdem werde man nun nicht zur Euphorie aufrufen, so Stephan Grävinghoff, Senior Director Key Account Management bei Lilly, wohl aber zu „gut begründetem Optimismus“. Denn eines ist jetzt schon klar: Diese Arzneimittelinnovationen verändern die Art und Weise, wie Menschen mit Morbus Alzheimer künftig medizinisch versorgt werden. „Wir müssen jetzt Erfahrungen sammeln, Daten generieren, Behandlungspfade etablieren, Erstattungsfragen klären: Insgesamt muss das System vorbereitet werden“ - damit diejenigen, die von dieser medizinischen Intervention profitieren könnten, auch profitieren können.
Antikörper-Therapie
Die in Deutschland gültige S3-Leitlinie ist eindeutig: Demnach sollten bereits Patient:innen mit leichten kognitiven Einschränkungen auf die relevanten Biomarker getestet werden. „Dann kann ich die Alzheimer-Erkrankung diagnostizieren - nicht die Alzheimer-Demenz, sondern die Vorstufe.“ Warum das so wichtig ist? „Das Risiko, dass Sie bei leichten kognitiven Störungen mit positiven Biomarkern eine Demenz entwickeln, liegt bei 90 Prozent.“
Sie markieren die Ablagerungen, das Immunsystem erkennt sie „als fremd und räumt sie ab“, so Professor Duning. „Das funktioniert tatsächlich.“ Nebenwirkungen gibt es auch, „weil ich eine Entzündungsreaktion anstoße“ - das können unter anderem Hirnschwellungen und -blutungen sein. Insgesamt sagt der Neurologe aber: „Das sind Präparate, die gut vertragen werden.“ Trotzdem müsse man auf die Patient:innen aufpassen. Die Behandlung, so der Neurologe, ist aufwändig - und auch hier gilt: noch nicht im System refinanziert.
Duning schätzt, dass die neue Therapie aktuell überhaupt nur für vier bis acht Prozent der Betroffenen in Frage kommt. „Das sind wenige Patienten. Das wird das Gesundheitssystem nicht überrollen.“ Der Grund dafür sind neben den systemischen Hürden auch die Tatsache, dass die Antikörper für viele Betroffene gar nicht zugelassen sind - Stichwort: Kontraindikationen.
Die Alzheimertherapie der Zukunft sieht für den Neurologen so aus: eine viel frühere, prä-symptomatische Diagnostik mit neuen, auch digitalen Tools, flankiert mit einer Kombinationstherapie aus symptomatischen und krankheitsmodifizierenden Medikamenten.
Bedeutung der Prävention
Professor Dr. Timo Grimmer verweist auf die lange Liste von Faktoren, die in Sachen Demenz präventiv wirken, wie Bewegung, Normalgewicht oder eingestellter Blutdruck. „Wenn Sie einen Diabetes haben, dann erhöht sich ihr persönliches Risiko um 50 Prozent.“ In einer perfekten Welt könnten so 40 Prozent aller dementiellen Syndrome verhindert werden - eine Zahl, die in der Realität natürlich nie erreichbar sein wird, aber das Potenzial von Prävention zeigt.
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