Die Entscheidung über die richtige Pflege bei Demenz ist komplex und hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Das Krankheitsbild der Demenz kann sich je nach Art und Stadium der Erkrankung sehr unterschiedlich äußern. Mit fortschreitender Demenz treten immer mehr Einschränkungen auf, die gezielte Unterstützung erfordern.
Die Diagnose Demenz: Ein einschneidendes Erlebnis
Die Diagnose Demenz ist für viele Betroffene ein einschneidendes Erlebnis, aus scheinbar harmloser Vergesslichkeit wird mit einem Mal eine ernsthafte und irreversible Erkrankung. Gerade in frühen Stadien fällt es den meisten Demenzpatienten schwer, die Krankheit als solche zu akzeptieren und Hilfe anzunehmen, da die kognitive Einschränkung für die erkrankten Personen selbst meist weniger deutlich spürbar ist als für ihr Umfeld.
Mit der Diagnose einer Demenz stellt sich Betroffenen und Angehörigen unweigerlich die Frage: Wie soll es weitergehen? Aus der Perspektive der Demenzkranken ist die Pflege im eigenen Zuhause meist die angenehmste Lösung, denn die vertraute Umgebung bietet angesichts der Verunsicherung durch die Krankheit Sicherheit im Alltag. Auf der anderen Seite kann die Pflege demenzerkrankter Patienten gerade für Angehörige eine starke Belastung darstellen. Auch andere Pflegemaßnahmen, wie die tägliche Körperpflege oder die Ernährung von dementen Menschen, können mitunter zur ungeahnten Kraftprobe werden.
Häusliche Pflege: Geborgenheit in den eigenen vier Wänden
Das eigene häusliche Umfeld ist für Menschen mit Demenzerkrankung meist ein essenzieller Bestandteil der eigenen Identität. Viele Menschen im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Form der Demenz finden sich noch jahrelang in der gewohnten Umgebung zurecht. Ihnen genügt meistens Hilfe bei Tätigkeiten, die viel Konzentration verlangen, zum Beispiel beim Schriftverkehr mit Behörden oder in der Bank. Auch später ist ein Umzug nicht zwangsläufig notwendig, vorausgesetzt, die Betroffenen erhalten die benötigte Unterstützung.
Vorteile der häuslichen Pflege
- Vertraute Umgebung: Zu Hause fühlen sich die Menschen sicher und geborgen. Die vertraute Umgebung bietet Sicherheit im Alltag.
- Individuelle Tagesgestaltung: Der Tagesablauf kann viel individueller gestaltet werden als bei einer stationären Unterbringung, auch wenn man mit einem ambulanten Pflegedienst zusammenarbeitet oder Hilfe durch einen Essenslieferdienst bekommt.
- Kostenersparnis: Wird die Versorgung zum großen Teil von den eigenen Familienmitgliedern übernommen, kann man natürlich sparen.
- Kein Umzug: Älteren Menschen fällt es oft schwer, sich nochmal auf etwas komplett Neues einzulassen. Ein Umzug erscheint ihnen dann als großes Problem. Sind sie zudem auf Pflege angewiesen, schreckt das Unterwartete noch mehr.
- Sicherheit: Besonders bei Menschen mit Demenz kann das Altbekannte helfen, ein noch weitgehend selbstständiges Leben zu Hause zu führen.
Herausforderungen und Unterstützungsmöglichkeiten in der häuslichen Pflege
Tatsächlich besitzen Demenzpatienten mit niedrigem Pflegegrad häufig noch die meisten erforderlichen Fähigkeiten, um die Herausforderungen des Alltags selbst zu bewältigen. Doch es gibt auch Schattenseiten: Denn die alleinlebenden Demenzpatienten entwickeln häufig ein unerwartetes Talent, um Probleme und Defizite im alltäglichen Leben zu verschleiern - auch dann, wenn sich der Gesundheitszustand rapide verschlechtert.
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Um das Gleichgewicht zwischen der Selbstständigkeit der Betroffenen und der Vermeidung ernstzunehmender Gefahren zu wahren, können Angehörige und Pflegende auf verschiedene Weise Unterstützung leisten:
- Ambulante Pflegekräfte frühzeitig einbinden: Zum Beispiel als ambulante Unterstützung bei der Haushaltsführung.
- Regelmäßige Tages- oder Wochenstruktur für soziale Kontakte einrichten.
- Unterstützung bei wichtigen Tätigkeiten etablieren: Zum Beispiel mit „Essen auf Rädern“.
- Stolperfallen und Gefahrenquellen in der Wohnung minimieren: Zum Beispiel durch Herdsicherung, Entfernung von Putzmitteln.
- Orientierungshilfen in den Wohnräumen anbringen: Zum Beispiel Beschriftung an Schränken anbringen.
- Soziale Anbindung durch Hilfsangebote in regelmäßigem Rhythmus stärken: Zum Beispiel mit Seniorengruppen, aktivierenden Angeboten der Tagespflege.
- Weiteres Umfeld informieren: Zum Beispiel Nachbarn oder Personal in häufig besuchten Geschäften.
- Rechtzeitig Vorsorge treffen.
Auch wenn die Hilfe gut gemeint ist, fühlen sich viele Demenzkranke durch die obengenannten Unterstützungsangebote in ihrer Autonomie bedroht. Bei aller Vorsicht sollten sowohl pflegende Angehörige als auch professionelle Pflegekräfte jedoch respektieren, dass sich nicht alle Risiken vermeiden lassen.
Unterstützung für pflegende Angehörige
Ist ein selbstständiges Leben nicht mehr ohne Weiteres möglich, fällt die häusliche Pflege der Demenzpatienten meist den Angehörigen zu. Doch das ist nicht immer der Fall - denn die professionelle Demenzbetreuung erfordert nicht nur persönliches Verständnis und Einfühlungsvermögen, sondern auch fachliche Kompetenz.
Folgende Unterstützungsangebote können in Anspruch genommen werden:
- Stundenweise Hilfe durch ambulante Pflegedienste (z. B. bei der Körperpflege oder Medikamentengabe).
- Überbrückungsleistungen der Kurzzeitpflege (auch bei Krankheit oder Urlaub der Pflegenden).
- Ergänzende Betreuungs-Angebote und Tagespflege.
- Unterstützung durch Fachkräfte für die Nachtpflege.
- Ehrenamtliche Helfer für Demenzpatienten aus regionalen Organisationen.
Wie die Demenzerkrankten selbst scheuen sich auch pflegende Angehhörige in vielen Fällen, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Bei der Suche nach regional verfügbaren Hilfsangeboten können außerdem private und staatliche Beratungsstellen unterstützen.
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Finanzielle Unterstützung für die häusliche Pflege
Menschen mit Demenz, die zu Hause von ihren Angehörigen versorgt werden und mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft sind, haben Anspruch auf Pflegegeld. Das Pflegegeld wird von der Pflegeversicherung auf das Konto der pflegebedürftigen Person oder das Konto einer Bevollmächtigten beziehungsweise eines Bevollmächtigten überwiesen. Über das Pflegegeld kann frei verfügt werden, es kann also auch als Anerkennung an die Pflegeperson weitergegeben werden. Der Antrag auf Pflegegeld kann formlos gestellt werden.
Für Menschen mit Demenz gibt es verschiedene Möglichkeiten, um trotz eines wachsenden Unterstützungsbedarfs weiterhin im Alltag aktiv zu sein. Über die Pflegekassen können, neben der ambulanten Pflege, auch ambulante Betreuungsleistungen abgerechnet werden. Diese können von einem ambulanten Pflegedienst oder einem ambulanten Betreuungsdienst erbracht werden. Ambulante Betreuungsdienste geben Hilfestellungen bei der Gestaltung des Alltags, im Haushalt sowie bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und sozialer Fähigkeiten.
In erster Linie sind für die Finanzierung die Entlastungsleistungen in Höhe von 131 Euro monatlich vorgesehen. Wenn der Betrag für den monatlichen Betreuungsbedarf nicht ausreicht, können bis zu 40 Prozent der Sachleistungen des jeweiligen Pflegegrades für Betreuungsleistungen verwendet werden. Dies ist der Pflegekasse vorab schriftlich mitzuteilen, da sich dadurch das Pflegegeld oder die Sachleistung für die Pflege reduzieren.
Stationäre Pflege: Rundum-Betreuung im Pflegeheim
Der Umzug in ein Pflegeheim ist bei den meisten Demenzpatienten aus medizinischer Sicht in späten Stadien der Erkrankung mit hohem Pflegegrad unausweichlich. Wenn die häusliche Pflege und Betreuung nicht (mehr) geleistet werden kann, ist die stationäre Pflege im Pflegeheim oft die beste Lösung.
Vorteile der stationären Pflege
- Ständige professionelle Betreuung: In einem Wohn- oder Pflegeheim ist immer jemand da, der sich medizinisch und pflegerisch auskennt. Das Personal wird nach einem bestimmten Schlüssel je nach Pflegegrad der Bewohner für den Dienst eingeteilt.
- Entlastung der Angehörigen: In einigen Fällen ist es Angehörigen einfach nicht möglich, ihr Familienmitglied in der häuslichen Umgebung zu pflegen, vielleicht, weil man zu weit auseinander wohnt oder beruflich stark eingebunden ist. Es könnte aber auch passieren, dass der Pflegebedarf so hoch wird, dass es zu Hause nicht mehr zu schaffen ist.
- Soziale Kontakte: Auch wenn die Familie zu Hause ihr Bestes gibt - neben der Pflege muss auch der Alltag für alle anderen weiterlaufen, unter anderem im Job. Deshalb gibt es nicht wenige zu pflegende Menschen, die gern ein bisschen mehr Gesellschaft um sich hätten.
- Sicherheit und schnelle Hilfe im Notfall.
- Medizinische Versorgung direkt vor Ort.
Herausforderungen und Aspekte der stationären Pflege
Sein bisheriges Leben aufzugeben und sich auf eine neue Umgebung einzulassen, ist für viele Menschen nicht einfach. Heim ist nicht gleich Heim - manche leisten hervorragende Arbeit, andere kämpfen mit Personalnotstand oder finanziellen Schwierigkeiten. Ein sensibler Punkt bei der Pflege im Heim ist die Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen, z.B. bei Sturz- und Verletzungsgefahr.
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Bei der Wahl des geeigneten Pflegeheims sollten Angehörige sich ausreichend Zeit nehmen und mehrere Einrichtungen persönlich besichtigen. Idealerweise kann die pflegebedürftige Person einige Stunden oder Tage probeweise in der Einrichtung verbringen. So lassen sich Atmosphäre, Umgang mit demenzkranken Menschen und das Betreuungskonzept besser einschätzen.
Wohnformen für Menschen mit Demenz im Pflegeheim
Es gibt verschiedene Wohnformen für Menschen mit Demenz, z.B. Wohngemeinschaften oder beschützende, geschlossene Wohnbereiche. Durch die Zunahme von Menschen mit Demenzerkrankungen wächst auch das entsprechende Angebot für stationäre Betreuung. Dort wird mit einem besonderen Betreuungs- und Therapiekonzept auf Menschen mit Demenz eingegangen: Die Räume sind hell und übersichtlich gestaltet und das Personal ist im Umgang mit Betroffenen speziell geschult.
Finanzielle Unterstützung für die stationäre Pflege
Die Pflegeversicherung zahlt je nach Pflegegrad bis zu 2.096 € im Monat für die Pflege im Pflegeheim (sog. vollstationäre Pflege). Diese Leistungen decken jedoch nur einen Teil der Gesamtkosten. Die pflegebedürftige Person muss die sog. Eigenanteile tragen. Reichen Einkommen und Vermögen der pflegebedürftigen Person nicht aus, kommen Angehörige und/oder das Sozialamt für die Kostenübernahme in Frage.
Kostenvergleich: Häusliche Pflege vs. Pflegeheim
Die Pflege von Menschen mit Demenz ist eine große gesellschaftliche Herausforderung. Gesundheitsökonomen der Universität Witten/Herdecke haben in einer Untersuchung in mehreren europäischen Ländern festgestellt, dass die Pflege im Heim nahezu doppelt so teuer ist wie die Pflege zu Hause. Im Durchschnitt kostet die Pflege in stationären Einrichtungen der Langzeitpflege 4.491 Euro gegenüber 2.491 Euro, wenn Angehörige und professionelle Pflegekräfte die Demenzpatienten zu Hause betreuen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Kosten der informellen Pflege, die beispielsweise Familienangehörige erbringen, ohne dafür direkt bezahlt zu werden, in der häuslichen Pflege den weitaus größten Anteil ausmachen. Je nachdem, wie der Lohn pro Stunde für die erbrachte informelle Pflege angesetzt wird, kann die häusliche Pflege von Menschen mit schwerer Demenz sogar teurer sein als die in stationären Pflegeeinrichtungen.
Die richtige Pflegeform finden: Individuelle Bedürfnisse im Fokus
Die Entscheidung, ob ambulante Pflege oder Pflegeheim die bessere Wahl ist, hängt von der individuellen Situation ab. Wer Wert auf Selbstbestimmung legt und Unterstützung zu Hause organisieren kann, fährt mit ambulanter Pflege gut. Wenn die Betreuung intensiver wird und Sicherheit Priorität hat, kann ein Pflegeheim die bessere Lösung sein.
WichtigBei der Entscheidung über das passende Pflege- und Wohnkonzept für Menschen mit Demenz sollten in jedem Fall alle Perspektiven miteinbezogen werden: Neben der persönlichen Situation der Angehörigen und der Meinung der Pflegebedürftigen sind dabei auch die Einschätzung des behandelnden Arztes und der beteiligten Pflegenden essenziell.
Checkliste für die Entscheidungsfindung
- Pflegegrad beachten: Je höher der Pflegegrad, desto eher kann ein Heim sinnvoll sein.
- Familiäre Unterstützung: Gibt es Angehörige, die helfen können?
- Kosten prüfen: Welche finanzielle Belastung ist tragbar?
- Persönliche Vorlieben: Ist ein selbstbestimmtes Leben wichtiger oder eine sichere Rundum-Betreuung?
- Gesundheitliche Entwicklung: Wie wahrscheinlich ist eine Verschlechterung des Zustands?
Zusätzliche Tipps für die Entscheidungsfindung
- Beratung nutzen: Pflegestützpunkte und Sozialdienste bieten kostenlose Beratungen.
- Pflegeheime besichtigen: Vor der Entscheidung sollte man sich mehrere Einrichtungen anschauen.
- Ambulante Pflegedienste vergleichen: Leistungen und Kosten können stark variieren.
- Kombinationslösungen prüfen: Tagespflege, Kurzzeitpflege oder Betreuungsdienste können eine Lösung sein.
- Frühzeitig planen: Rechtzeitige Entscheidungen erleichtern den Übergang in eine neue Pflegeform.