Inkontinenz stellt für Betroffene im Alltag eine große Herausforderung dar und kann das Sozialleben erheblich beeinträchtigen. Da Inkontinenz nach wie vor ein Tabuthema ist, ziehen sich viele Betroffene aus Scham zurück. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Inkontinenzprodukten, die für jede Form und Ursache der Inkontinenz geeignet sind.
Individuelle Inkontinenzversorgung: Eine Kombination verschiedener Produkte
Viele Menschen verwenden nicht dauerhaft dasselbe Produkt, sondern kombinieren verschiedene Inkontinenzprodukte. Beispielsweise können nachts andere Materialien verwendet werden als tagsüber, oder auf Reisen andere Produkte als zu Hause. Die Wahl des richtigen Inkontinenzhilfsmittels ist entscheidend für das Wohlbefinden und das Sicherheitsgefühl im Alltag. Daher ist es wichtig, sich Zeit für die Auswahl zu nehmen und verschiedene Modelle auszuprobieren.
Ein wichtiges Kriterium bei der Suche nach dem richtigen Inkontinenzhilfsmittel ist der Schweregrad der Harninkontinenz, der von wenigen Tropfen zwischen den Toilettengängen bis hin zu sehr großen Blasenentleerungen reichen kann.
Kategorien von Inkontinenzmaterialien nach Funktionsweise
Inkontinenzmaterialien lassen sich nach ihrer Funktionsweise in vier Kategorien einteilen.
1. Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel
Der Aufbau aufsaugender Inkontinenzhilfsmittel ist ähnlich: Sie haben eine undurchlässige Folie auf der Außenseite, um die darüberliegende Kleidung zu schützen. Auf der Innenseite sorgt ein weiches Vlies für ein angenehmes Hautgefühl und leitet die austretende Flüssigkeit schnell an den Kern weiter. Der Superabsorber bindet Flüssigkeit als Gel und stoppt die Zersetzung von Harnstoff durch Bakterien, wodurch Geruchsbildung unterdrückt und die Haut geschont wird.
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- Inkontinenzeinlagen: Werden in die Unterwäsche eingeklebt und saugen eine gewisse Menge an Flüssigkeit auf. Sie sind klein, praktisch und diskret, haben aber eine höhere Saugfähigkeit als Menstruationsbinden.
- Inkontinenzvorlagen: Sind leistungsfähiger als Einlagen und benötigen eine Netzhose oder Fixierhose, um fest an der richtigen Stelle platziert zu werden. Sie sind in Varianten für Frauen und Männer erhältlich. Die bevorzugte Versorgung ist die anatomische Vorlage mit Netz- oder Fixierhose, da sie hautfreundlich und einfach zu wechseln ist.
- Waschbare Inkontinenz-Unterwäsche: Eine nachhaltige und kostengünstige Variante für leichte bis mittlere Inkontinenz.
- Schutzhosen (PVC-Hosen oder Gummihosen): Keine eigenständigen Inkontinenzprodukte, sondern ergänzende Überhosen mit feuchtigkeitsundurchlässigem Außenmaterial.
- Windelhosen (Windel-Pants): Umfassen den gesamten Intimbereich, ähnlich wie eine Unterhose, und können zum Wechseln an den Seiten aufgerissen und entsorgt werden.
- Windeln: Werden beim Anziehen an den Seiten mit Klebe- oder Klettstreifen verschlossen und bieten bei jeder Art und Schwere der Inkontinenz guten Schutz. Windelhosen mit Klebeverschluss gelten als Regelversorgung.
- Bettschutzeinlagen: Kein Ersatz für andere Inkontinenzhilfsmittel, aber eine gute Ergänzung zum Schutz des Bettes.
Monatsbinden sind keine Inkontinenzartikel
Monatsbinden haben eine zu geringe Saugfähigkeit und sind daher nicht für Inkontinenz geeignet. Verwenden Sie stattdessen spezielle Inkontinenzprodukte, um sich sicher zu fühlen.
2. Hilfsmittel zur Unterstützung der Kontinenz
- Inkontinenztampons und Pessare: Werden in die Vagina eingesetzt und stützen den Blasenhals, um temporär den Harnverlust zu verhindern.
- Harnröhren-Plugs für Frauen (Harnröhrenstöpsel): Ein individuell angepasster Schlauch aus Silikon wird mit einer Einführhilfe in die Harnröhre eingebracht.
- Penisklemme und Penisbändchen: Für Männer mit leichterer Harninkontinenz, die durch Druck von außen gezielt die Harnröhre am Penis verschließen.
3. Funktionell-anatomische Hilfsmittel und Toilettenhilfen
- Mobile Toilettenstühle: Für den Toilettengang ohne langen Weg zur Toilette.
- Urinflaschen und Steckbecken (Bettpfannen): Für bettlägerige Personen.
4. Ableitende Systeme
- Blasenkatheter: Ein Schlauch, der von außen in die Blase eingeführt wird. Es gibt verschiedene Arten:
- Einmalkatheter: Wird von Ihnen selbst oder einer Pflegeperson über die Harnröhre eingeführt, entleert die Blase vollständig und wird anschließend wieder gezogen (Intermittierender Katheterismus).
- Dauerkatheter: Wird meistens von geschultem Pflegepersonal gelegt und kann, je nach Material, mehrere Wochen oder sogar Monate dort verbleiben.
- Suprapubischer Blasenkatheter: Verläuft nicht durch die Harnröhre, sondern gelangt durch die Bauchdecke in die Blase und wird in einer kleinen Operation von geschultem Personal gelegt und gewechselt.
- Urinalkondom: Eine nicht-invasive Option für Männer mit Harninkontinenz ohne Kontrolle über ihren Harndrang.
- Urinbeutel: Als Auffangbehältnis, wenn der Urin bei der Anwendung eines Katheters oder eines Urinalkondoms nicht direkt in die Toilette abgeleitet wird.
Stuhlinkontinenz: Hilfsmittel für mehr Sicherheit
Viele Stuhlinkontinenz-Patienten ziehen sich aus Scham zurück. Es gibt jedoch Hilfsmittel, die Betroffenen ein sichereres Gefühl im Alltag zurückgeben können.
- Aufsaugendes Inkontinenzmaterial: Umschließende Systeme, die den gesamten Unterleib umschließen, bieten einen sicheren Schutz.
- Bettschutzeinlagen: Als Ergänzung zum Schutz des Bettes.
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Wie Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe, spielen eine große Rolle beim Infektionsschutz.
- Analtampon: Ein diskretes Hilfsmittel, das vorrangig bei einer Stuhlinkontinenz durch einen geschwächten Schließmuskel eingesetzt wird.
- Stuhlfänger: Ein Beutel, der über dem After platziert wird und den Stuhl aufnimmt, um Hautirritationen zu verhindern.
- Anale Irrigation (transanale Irrigation): Ein Verfahren zur kontrollierten Darmentleerung, bei dem Flüssigkeit über den Anus in den Darm geleitet wird. Besprechen Sie vorab mit Ihrem Arzt, ob dieses Verfahren für Sie in Frage kommt.
Kostenübernahme von Inkontinenzmaterialien
Für die Kostenübernahme von Inkontinenzmaterialien ist immer die Krankenkasse zuständig. Um den Zuschuss zu erhalten, benötigen Sie eine ärztliche Verordnung für Inkontinenzmaterial.
- Rezept einholen: Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden.
- Rezept einreichen: Reichen Sie das Rezept bei der Apotheke, einem Sanitätshaus oder einem Online-Shop ein.
- Testpakete in Anspruch nehmen: Sie haben das Recht, verschiedene Inkontinenzartikel auszuprobieren, um das richtige Produkt zu finden.
- Inkontinenzartikel erhalten: Sie erhalten das Inkontinenzmaterial entweder direkt vor Ort oder bekommen die Ware nach Hause geliefert. Dabei leisten Sie die gesetzliche Zuzahlung für Hilfsmittel direkt an den Versorger.
Inkontinenzmaterialien zählen zu den sogenannten Verbrauchshilfsmitteln. Versicherte ab 18 Jahren müssen jedoch eine gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung leisten, sofern sie ihre persönliche Belastungsgrenze nicht überschritten haben.
Bei einer Bestellung über das notwendige Maß hinaus tragen Versicherte die entsprechenden Mehrkosten selbst.
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Inkontinenz und Demenz: Besondere Herausforderungen
Menschen mit Demenz gehen anders mit Inkontinenz um. Sie erkennen möglicherweise das Problem, haben aber keine Lösung parat und sind auf die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen.
Häufige Probleme und Lösungsansätze
- Problem Nr. 1: Der Mensch mit Demenz findet die Toilette nicht mehr:
- Lassen Sie die Badtüre/Toilettentüre offen stehen.
- Verwenden Sie Schilder an der Türe mit Worten, die der Angehörige selbst benutzt.
- Sorgen Sie nachts für eine gute Beleuchtung des Weges zur Toilette.
- Problem Nr. 2: Es reicht zeitlich nicht mehr auf die Toilette:
- Geben Sie dem Betroffenen eine Urinflasche oder ein Steckbecken.
- Stellen Sie einen Toilettenstuhl bereit.
- Trainieren Sie bestimmte Toilettenzeiten.
- Erinnern Sie regelmäßig an den Toilettengang.
- Problem Nr. 3: Der demente Mensch kann sich nicht mehr richtig artikulieren:
- Achten Sie auf nonverbale Signale und versuchen Sie, die Bedürfnisse zu erraten.
- Problem Nr. 4: Die Toilette wird nicht mehr erkannt oder löst Ängste aus:
- Verwenden Sie eine erhöhte Toilette oder eine Toilettensitzerhöhung.
- Verwenden Sie einen farbigen Toilettensitz.
- Lassen Sie den Toilettendeckel immer geöffnet.
- Installieren Sie Haltegriffe.
- Problem Nr. 5: Falsche Kleidung:
- Verwenden Sie Schlupfhosen, Jogginghosen oder Kleidung mit Klett- oder Reißverschluss.
- Erinnern Sie charmant daran, die Kleidung vor dem Toilettengang herunterzuziehen.
- Problem Nr. 6: Unebenheiten, Stolperfallen, Treppenstufen:
- Sorgen Sie für Sicherheit auf dem Weg zur Toilette.
- Bringen Sie Haltegriffe an.
- Verwenden Sie einen Rollator oder Treppenlift.
- Problem Nr. 7: Harntreibende Getränke:
- Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, aber vermeiden Sie harntreibende Getränke.
- Problem Nr. 8: Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten:
- Besprechen Sie die Medikamente mit dem behandelnden Arzt.
Pflegehilfsmittel und Pflegeboxen für Demenzpatienten
Pflegehilfsmittel und Pflegeboxen können den Alltag mit Demenz und Inkontinenz erleichtern.
- Hygienische Einmalhandschuhe: Bieten Schutz bei der Intimpflege.
- Desinfektionsmittel und Flächendesinfektion: Für eine gute Händehygiene und regelmäßige Flächendesinfektion.
- Saugstarke Bettschutzauflagen: Verhindern die Verunreinigung von Matratzen.
- Pflegeboxen: Bieten eine regelmäßige Lieferung von individuell ausgewählten Pflegehilfsmitteln.
Allgemeine Tipps für den Umgang mit Inkontinenz
- Achten Sie auf eine schnelle Erreichbarkeit der Toilette.
- Verwenden Sie Kleidung, die sich schnell und einfach ausziehen lässt.
- Vermeiden Sie Hektik und unterstützen Sie beim Gang zur Toilette.
- Sorgen Sie für einen ungehinderten und sicheren Weg ins Bad.
- Erleichtern Sie die Orientierung durch ausreichende Beleuchtung.
- Sorgen Sie im Bad für Sicherheit durch rutschfeste Matten und Haltegriffe.
- Unterstützen Sie dabei, Beweglichkeit, Kraft und Gleichgewicht zu stärken.
- Motivieren Sie zum Beckenbodentraining oder Toilettentraining.
- Bereiten Sie sich auf Aktivitäten außer Haus vor.
- Pflegen Sie soziale Kontakte und gehen Sie Ihren Interessen nach.
Ernährung bei Inkontinenz
- Achten Sie auf ausreichendes Trinken, etwa 1,5 Liter am Tag.
- Sorgen Sie für eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung.
- Unterstützen Sie die Verdauung mit Kräutertees oder Flohsamenschalen.
- Vermeiden Sie harntreibende Lebensmittel mit Koffein, Alkohol oder künstlichen Süßstoffen.
- Beobachten Sie, wie sich Speisen und Getränke auf den Harndrang auswirken.
- Holen Sie ärztlichen oder pflegefachlichen Rat zur Ernährung bei Inkontinenz ein.
- Unterstützen Sie bei starkem Übergewicht beim Abnehmen.
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