Die Frontotemporale Demenz (FTD), früher auch als Morbus Pick bekannt, ist eine vergleichsweise seltene Form der Demenz, die sich von anderen Demenzformen wie der Alzheimer-Krankheit unterscheidet. Sie betrifft häufig Menschen vor dem 65. Lebensjahr und zählt damit zu den Demenzen im jüngeren Lebensalter. Die FTD zeichnet sich durch eine Störung und letztendlich einen Zelluntergang des Stirn- und Schläfenlappens des Gehirns aus. In diesen beiden Bereichen werden wichtige Funktionen gesteuert, die vor allem die Persönlichkeit, das Verhalten und die Sprache betreffen.
Was ist Frontotemporale Demenz?
Der Begriff frontotemporale Demenz beschreibt eine Gruppe genetisch bedingter Demenzerkrankungen, die bereits im mittleren Lebensalter beginnt und von der etwa eine von 5000 Personen betroffen ist, wobei aber eine gewisse Dunkelziffer zu vermuten ist. Es handelt sich um genetische Erkrankungen, an denen Frauen und Männer etwa gleich häufig erkranken. Im Gegensatz zu anderen Formen der Demenz stehen bei der frontotemporalen Demenz nicht Störungen des Gedächtnisses, sondern Sprach- und Verhaltensstörungen, sowie Veränderungen der Persönlichkeit im Vordergrund. Die Krankheit ist nicht heilbar und wird symptomatisch behandelt.
Ursprünglich wurde die Frontotemporale Demenz als Pick-Krankheit beziehungsweise dessen Fachbegriff Morbus Pick bezeichnet. Beide „Pickschen Ausdrücke“ gelten inzwischen als veraltet und werden daher kaum noch verwendet. Die Pick-Krankheit, also die Frontotemporale Demenz, ist nicht zu verwechseln mit der sogenannten Niemann-Pick-Krankheit. Die Niemann-Pick-Krankheit ist eine seltene Erbkrankheit, bei der sich übermäßig Fette in den Körperzellen ansammeln, weil der Körper sie nicht richtig abbauen kann. Um Missverständnisse zu vermeiden, sprechen Sie daher lieber von der Frontotemporalen Demenz.
Demenz vs. Alzheimer
Eine Demenz ist definiert als ein neurologisches Syndrom, das in Folge einer chronischen oder progredienten Erkrankung des Gehirns auftritt, und bei dem höhere kortikale Funktionen wie Gedächtnis, Orientierung, Sprache, Denken, Lernfähigkeit und Urteilsvermögen, sowie meist auch die emotionale Kontrolle, das Sozialverhalten und die Motivation gestört sind, ohne dass eine Bewusstseinstrübung vorliegt. Dieses Syndrom tritt im Rahmen verschiedener Erkrankungen auf. Die häufigste davon ist die Alzheimer-Krankheit, deren Ursachen noch nicht endgültig geklärt sind und die etwa 70% aller Demenzen ausmacht. Eine weitere, deutlich seltenere, ist die frontotemporale Demenz.
Ursachen und Risikofaktoren
Es handelt sich um eine Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen, die entweder vererbt werden oder durch Spontanmutationen entstehen können, wobei bei der frontotemporalen Demenz von Verhaltenstyp die stärkste Erblichkeit besteht. Zurzeit sind fünf verschiedene Genmutationen bekannt, die eine frontotemporale Demenz auslösen, die genauen pathologischen Mechanismen über die diese Mutationen zur Ausbildung der Symptomatik führen, sind aber noch nicht ausreichend erforscht.
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In einigen Fällen, etwa zehn Prozent, wird das gehäufte Auftreten von FTD innerhalb einer Familie mit bestimmten Genen in Verbindung gebracht. Bei etwa 10 bis 15 Prozent aller Menschen mit FTD lässt sich solch eine genetische Veränderung nachweisen, die die Erkrankung auslöst. Wird diese genetische Veränderung von einem Elternteil vererbt, hat das Kind eine 50 prozentige Wahrscheinlichkeit, auch an FTD zu erkranken. Wer sich Sorgen um das eigene Risiko macht - zum Beispiel weil es FTD oder ähnliche Erkrankungen in der Familie gibt - kann eine genetische Beratung in Anspruch nehmen.
Da Alkohol ein Nervengift ist, kann er bei übermäßigem Konsum dazu führen, dass Nervenzellen im Gehirn absterben. Vor allem bei Personen unter 65 Jahren kann längerer, zu hoher Alkoholkonsum die Entstehung einer frühen Demenz begünstigen.
Weitere Risikofaktoren sind:
- Alkoholmissbrauch
- Schlaganfall
- genetische Risikofaktoren
- Diabetes
- Herzerkrankung
- Vitamin-D-Mangel
- Schwerhörigkeit
- soziale Isolation
Symptome der Frontotemporalen Demenz
Die Symptome beginnen in der Regel zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Es werden vier Formen unterschieden, die sich zu Beginn in ihrer Symptomatik unterscheiden, im Verlauf aber ineinander übergehen können. Die Medizin unterscheidet zwischen zwei Hauptformen beziehungsweise Varianten der Frontotemporalen Demenz. Bei der Verhaltensvariante der FTD verändern sich vor allem das Verhalten und die Persönlichkeit des Patienten. Bei der Sprachvariante der FTD ist in erster Linie die Kommunikationsfähigkeit vom Patienten beeinträchtigt.
Verhaltensvariante (bvFTD)
Die Verhaltensvariante der Frontotemporalen Demenz (bvFTD) zeigt sich durch tiefgreifende Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit. Die erkrankte Person wirkt „anders“, obwohl das Gedächtnis oft noch gut funktioniert. Typische Symptome der verhaltensbetonten FTD sind unter anderem Persönlichkeitsveränderungen, sozialer Rückzug, Apathie (Teilnahmelosigkeit), Verlust von sozialem Bewusstsein, fehlende Einsicht, schlechte Impulskontrolle und (sexuelle) Enthemmung. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:
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- Distanzlosigkeit, Verlust von Manieren
- Aggression, Euphorie, oder auch Apathie
- Sexuelle Enthemmung
- Übersteigerter Konsum von Nahrung, Alkohol, Nikotin
- Antrieb entweder übersteigert oder gemindert
- Sozialer Rückzug
- Verlust der Empathiefähigkeit
- Gesteigerte Psychomotorik, pathologische Reflexe
- Enthemmung: Unpassende Bemerkungen, unangemessenes sexuelles Verhalten, Ladendiebstahl oder Berührungen von Fremden. Dieses Verhalten wird oft als pervers missverstanden.
- Apathie: Früher Rückzug aus sozialen und beruflichen Aktivitäten, Verlust von Interesse an Beziehungen oder Hobbys, häufig verwechselt mit einer Depression.
- Emotionale Abstumpfung / Empathieverlust: Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen nahestehender Personen, fehlende Anteilnahme oder Einfühlungsvermögen, was für Angehörige besonders schmerzhaft sein kann.
- Zwanghaftes oder ritualisiertes Verhalten: Wiederholte Handlungen wie das fünfmalige Klatschen zur Begrüßung, Horten von Gegenständen oder das tägliche Aufsuchen bestimmter Orte.
- Verändertes Essverhalten: Zwanghaftes Essen bestimmter Lebensmittel, wie ausschließlich Schokolade, oder übermäßiger Konsum von Wasser oder Alkohol. (Mehr zu Essen und Trinken bei Demenz - hier)
- Fehlende Einsicht: Menschen mit bvFTD sehen häufig nicht ein, dass ihr Verhalten ungewöhnlich ist. Sie tun Dinge, die soziale Normen verletzen, ohne diese als falsch wahrzunehmen. Zum Beispiel verlassen Sie das Restaurant ohne zu bezahlen - nicht, weil sie es vergessen, sondern weil sie es einfach nicht machen.
- Neuropsychologisches Profil: Defizite bei der Planung und Organisation des täglichen Lebens, während Gedächtnis- und visuell-räumliche Fähigkeiten oft intakt bleiben. Betroffene erzielen im Mini-Mental-Status-Test (MMST) häufig volle Punktzahlen. Was ist der Mini-Mental-Status-Test?
Diese Symptome führen nicht selten zu Fehldiagnosen, da sie psychischen Erkrankungen ähneln können.
Sprachvariante (PPA)
Bei der primär progressiven Aphasie (PPA) kommt es zu einer fortschreitenden Sprachstörung, die sowohl die Sprachbildung, als auch das Sprachverständnis betrifft. Zu Beginn fällt dies vor allem durch das Verwechseln oder Neuerfinden von Wörtern (Paraphrasien) und durch grammatisch fehlerhaften Satzbau auf. Die Primär Progressive Aphasie (PPA) zeigt sich in drei verschiedenen Formen, je nachdem, welche sprachlichen Fähigkeiten am stärksten eingeschränkt sind:
- Semantischer Typ: Menschen mit dieser Form verlieren nach und nach das Verständnis für Wörter. Sie können Dinge oft nicht mehr benennen oder genau beschreiben, selbst wenn sie wissen, was sie sind. Ein Beispiel: Wenn sie das Wort „Kreuzfahrtschiff“ hören, können sie vielleicht „Schiff“ verstehen und Bilder von Schiffen erkennen, wissen aber nicht mehr, was „Kreuz“ bedeutet.
- Unflüssiger/agrammatischer Typ: Das Sprechen wird mit der Zeit immer schwieriger. Die Wörter kommen langsamer über die Lippen und das Sprechen klingt oft angestrengt. Schließlich kann die Sprache ganz versagen, während jedoch andere Fähigkeiten durchaus intakt bleiben. So können manche Menschen beispielsweise noch problemlos ihr Haus renovieren oder sich um ihre Familie kümmern. Häufig treten aber auch Schluckbeschwerden oder parkinsonähnliche Symptome auf.
- Logopenischer Typ: Bei dieser Form fällt es den Betroffenen schwer, die richtigen Worte zu finden. Das Sprechen wird langsam und zögerlich, und sie beschreiben Begriffe umständlich, wenn ihnen die passenden Worte fehlen. Im Gegensatz zu den anderen Formen gehört der logopenische Typ nicht zur Frontotemporalen Demenz, sondern zur Alzheimer-Krankheit.
Weitere Symptome
- Sprechapraxie: In manchen Fällen entwickeln Patienten auch eine Sprechstörung. Bei der sogenannten Sprechapraxie ist die Fähigkeit einer Person beeinträchtigt, die Bewegungen ihrer Lippen, Zunge und ihres Kiefers zu koordinieren, die für das Sprechen notwendig sind. Sprechapraxien sind auf Störungen im Gehirn zurückzuführen, die die Planung und Koordination der Sprachbewegungen betreffen.
- Parkinsonähnliche Symptome: Bei manchen Patienten zeigen sich auch neurologische, körperliche Symptome, die man eher von Parkinson kennt: Die Körperhaltung ist verändert, eine Gangstörung liegt vor oder Patienten gehen nach vorne gebeugt. Menschen mit Bewegungsstörungen, wie einer veränderten Körperhaltung oder Gangstörung, haben ein erhöhtes Sturzrisiko. Um die Mobilität, Selbstständigkeit und Sicherheit der Betroffenen möglichst lange zu erhalten, können Sie spezielle Hilfsmittel, beispielsweise in Form von Gehhilfen, anschaffen.
- Schlafstörungen und Müdigkeit: Auch Schlafstörungen und Müdigkeit können bei der Frontotemporalen Demenz auftreten. Im Gegensatz zu anderen Demenzformen, ist Müdigkeit bei der Frontotemporalen Demenz an sich kein typisches Symptom.
Stadien der Frontotemporalen Demenz
Wie die meisten Demenzerkrankungen hat auch die frontotemporale Demenz einen schleichenden Verlauf. Die Frontotemporale Demenz kann jedoch in drei Stadien eingeteilt werden.
Zu Beginn unterscheiden sich Menschen mit Frontotemporaler Demenz sowohl deutlich von Menschen mit anderen Demenzen als auch untereinander, je nach Subtyp.
- Verhaltensvariante (bvFTD): Veränderungen in Persönlichkeit und Verhalten stehen im Vordergrund, wie Enthemmung, Apathie oder Verlust von Einfühlungsvermögen. Viele erkennen ihr eigenes Verhalten nicht als problematisch und haben keine Krankheitseinsicht.
- Sprachliche Variante (PPA): Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen, Lesen oder Schreiben stehen im Vordergrund.
Im mittleren Stadium sind Menschen mit FTD in ihrem Alltag zunehmend auf Hilfe angewiesen. In diesem Stadium sind die Patienten zunehmend beeinträchtigt. Wie schnell sich der Zustand verschlechtert, ist immer individuell. Im fortgeschrittenen Stadium einer FTD treten meist auch Symptome der anderen Variante auf. Ein Patient, bei dem anfangs eher die Symptome der Verhaltensvariante der FTD im Vordergrund standen, entwickelt im weiteren Verlauf auch Sprachstörungen.
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Im späten Stadium gleichen sich die Symptome von FTD und anderen Demenzerkrankungen an.
- Sprache und Verhalten sind stark beeinträchtigt, und es treten zusätzlich Gedächtnisprobleme auf, die an Alzheimer erinnern.
- Körperliche Symptome wie Bewegungsstörungen, Muskelsteifheit oder Schwierigkeiten beim Schlucken können hinzukommen.
- Im Endstadium benötigen die Erkrankten rund um die Uhr Pflege. Die häufigste Todesursache ist eine Lungenentzündung, die durch eine Schwächung des Immunsystems oder Schluckprobleme verursacht werden kann.
Diagnose der Frontotemporalen Demenz
Die Frontotemporale Demenz wird häufig nicht sofort erkannt. Besonders bei der Verhaltensvariante ähneln die Symptome oft einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression, Manie oder Schizophrenie. Der Weg zur Diagnose einer FTD ist in der Regel komplex und erfordert mehrere Untersuchungen. Zunächst sammelt der Arzt wichtige Informationen über die Symptome, die Krankheitsgeschichte des Patienten und mögliche familiäre Vorbelastungen. Besonderes Augenmerk wird auf Veränderungen im Verhalten, in der Persönlichkeit, in der Sprache und in den kognitiven Fähigkeiten gelegt.
Da es derzeit kein einzelnes Verfahren gibt, das FTD eindeutig nachweisen kann, erfolgt die Diagnose in mehreren Schritten. Dabei ist es wichtig, andere mögliche Ursachen für die Sympome auszuschließen:
- Klinische Untersuchung und Anamnese: Die Diagnose einer frontotemporalen Demenz erfolgt durch eine klinische Untersuchung und Eigen- beziehungsweise Fremdanamnese. Zunächst müssen die Kriterien einer Demenz erfüllt sein:
- Mindestens 6 Monate Symptome
- Störung höherer Hirnfunktionen
- Keine Einschränkung der Sinnesorgane, die die Symptomatik verursachen könnte (z.B. könnte auch eine zunehmende Taubheit zu Sprachverständnisstörungen und sozialem Rückzug führen)
- Keine akute Bewusstseinsstörung (Ein Delir, das mit einer Bewusstseinsstörung einher geht, kann ähnliche Symptome wie eine Demenz aufweisen und kann verschiedenste Ursachen haben, die es ggf. zu behandeln gilt)Für die Diagnose einer Form der frontotemporalen Demenz gibt es ausführliche weitere Kriterien. Vereinfacht gesagt müssen nachweisbare Beeinträchtigungen des Frontalhirns (Sprache, Sozialverhalten, Persönlichkeit etc.) in der Symptomatik überwiegen und deutlichen Gedächtnisstörungen vorausgehen.
- Befragung der Angehörigen: Besonders bei der Verhaltensvariante sind Einschätzungen aus dem Umfeld entscheidend. Denn Erkrankte zeigen oft keine Einsicht in ihre Verhaltensänderungen.
- Neuropsychologische Tests: Neuropsychologische Tests helfen dabei, das Ausmaß und die Art der kognitiven Beeinträchtigung zu bewerten. Besteht der Verdacht auf eine Frontotemporale Demenz, wird der Arzt einen Demenz-Test, zum Beispiel das Frontal Behavioral Inventory, durchführen. Dieser Test alleine reicht allerdings nicht zur Diagnosestellung einer FTD aus. Diese erfassen spezifische Beeinträchtigungen in Planung, Urteilsvermögen, Sprache oder sozialem Verhalten, die für FTD typisch sind.
- Bildgebende Verfahren: In CT- oder MRT-Bildern ist eine Atrophie (Schrumpfung) des Gehirns, insbesondere der Frontal und Temporallappen erkennbar. Diese Bildgebung ist für die Diagnosestellung aber nicht notwendig. Bildaufnahmen des Gehirns im Rahmen einer Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) können strukturelle Veränderungen im Frontal- und Temporallappen aufzeigen, die für eine FTD charakteristisch sind. Weil Nervenzellen absterben, nimmt die Masse des Hirngewebes bei einer FTD ab. Bildgebende Verfahren sind im Rahmen der FTD-Diagnostik unverzichtbar. Mit Hilfe von MRT, CT oder FDG-PET können Veränderungen in den Stirn- und Schläfenlappen sichtbar gemacht werden. Die FDG-PET wird jedoch nicht immer von den Krankenkassen übernommen. Zu beachten ist allerdings, dass das Ausmaß der Atrophie, also des verminderten Hirnvolumens, nicht unbedingt mit dem Ausmaß der klinischen Symptome übereinstimmen muss. Darüber hinaus gibt es bildgebende Verfahren, die weitere Informationen über die Gehirnaktivität liefern können. Mit einer sogenannten Positronen-Emissions-Tomografie (PET) kann beispielsweise eine veränderte Stoffwechselaktivität im Stirn- und Schläfenbereich nachgewiesen werden. Im Rahmen der Diagnostik ist es wichtig, auch andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen. Zum Ausschluss anderer Erkrankungen kann das Liquor untersucht werden.
- Genetische Untersuchtungen: Liegen in der Familie weitere Fälle von FTD vor, kann ein Gentest helfen, eine vererbbare Form festzustellen. Die genetische Beratung erfolgt durch Fachärztinnen und Fachärzte in humangenetischen Zentren. Da die Frontotemporale Demenz bislang nicht heilbar ist, sollten sich Betroffene gut überlegen, ob sie einen Gentest machen lassen. Gegebenenfalls ist das frühe Wissen hilfreich, um gewisse Angelegenheiten weiter im Voraus planen zu können. So können sich Betroffene und Angehörige beispielsweise frühzeitig über die FTD informieren, Gespräche über mögliche Szenarien führen, ein unterstützendes Netzwerk aufbauen und wichtige Vorsorgedokumente, wie eine Patientenverfügung, erstellen. Ob man all dies aber auch möchte, entscheidet der Patient am Ende immer selbst. In Fällen ohne nachweisbare Genmutation kann eine sichere Diagnose oft erst nach dem Tod gestellt werden.
Therapie und Rehabilitation
Für die frontotemporale Demenz existiert keine kausale Therapie. Auch Antidementiva, Medikamente, die die Symptomatik einer Alzheimerdemenz verbessern können, zeigen bei der frontotemporalen Demenz keine Wirkung. Es gibt noch keine gezielte Therapie zur Behandlung einer Frontotemporalen Demenz, weil die Ursachen dieses Demenztyps nicht bekannt beziehungsweise nicht beeinflussbar sind. Die Frontotemporale Demenz ist bisher nicht heilbar. Auch Medikamente, die den Krankheitsverlauf aufhalten oder verlangsamen gibt es leider nicht. Weltweit wird dazu jedoch intensiv geforscht.
Im Vordergrund stehen daher die Verbesserung der Lebensqualität und der möglichst lange Erhalt von Alltagskompetenzen, etwa durch körperliche Aktivität und kognitive Stimulation, Ergotherapie sowie das Training von Angehörigen im Umgang mit der betroffenen Person. Neben therapeutischen Maßnahmen gibt es viele kleine Dinge, die dazu beitragen können, dass Menschen mit Frontotemporaler Demenz länger körperlich und geistig aktiv bleiben. Vieles lässt sich unkompliziert in den Alltag integrieren:
- Sport: Sport hat nachgewiesene positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit, Fitness und Stimmung von Erkrankten. Bewegung kann Ängste abbauen, Unruhe mildern und beim Ein- und Durchschlafen helfen. Am besten eignet sich tägliche moderate Bewegung (Walking, Tanzen, Gymnastik etc.), bei der Atmung und Herzfrequenz erhöht sind, aber noch ein Gespräch möglich ist. Auch weniger fitte Menschen können in Bewegung bleiben: bei Gartenarbeiten, Wäscheaufhängen oder beim Spaziergang mit dem Hund.
- Kognitive Aktivität: Aktivitäten, die das Gehirn anregen wirken sich ebenfalls positiv auf den Verlauf von Demenzerkrankungen aus. Gut für die geistige Fitness sind zum Beispiel Brettspiele, Puzzles, Handarbeiten oder Basteln. Wichtig ist: Es soll Freude machen und nicht überfordern. Finden Sie gemeinsam heraus, was gut gelingt und Spaß macht.
- Soziale Kontakte: Gute Gespräche, gemeinsame Erlebnisse oder einfach Nähe - soziale Kontakte geben Halt und tun dem Gehirn gut. Ein Treffen mit Freunden, Familie oder Nachbarn kann ebenso bereichernd sein wie der Besuch einer Tagespflege oder eines Demenzcafés.
Gegebenenfalls kann zur Stimmungsaufhellung, Antriebssteigerung oder zur Beruhigung eine symptomatische Therapie mit Antidepressiva oder Neuroleptika sinnvoll sein. Im Rahmen der Demenz-Therapie können auffällige Verhaltensweisen medikamentös gemildert werden. Bei einer Frontotemporalen Demenz werden häufig Beruhigungsmittel oder Antidepressiva verschrieben. Medikamente wie diese können aber auch Nebenwirkungen wie Muskelsteifheit oder Müdigkeit hervorrufen. Die nicht-medikamentöse Therapie bei Frontotemporaler Demenz setzt vor allem auf Maßnahmen, die den Lebensstil betreffen. Jeder Patient ist einzigartig. Was bei der einen Person mit FTD womöglich gut klappt, funktioniert bei einer anderen Person weniger gut. pflege.de empfiehlt Ihnen, verschiedene Methoden auszuprobieren. Halten Sie Ihre Erfahrungen hierbei stichpunktartig fest.
Da eine frontotemporale Demenz aufgrund von Persönlichkeitsveränderungen und der Neigung zur Aggression oft eine große Belastung für die Angehörigen darstellt, gibt es Beratungsstellen und Angehörigengruppen. Auch eine Verhaltenstherapie für die Angehörigen kann sinnvoll sein.
Lebenserwartung und Prognose
Die frontotemporale Demenz ist eine unheilbare Erkrankung. Die Lebenserwartung von Patientinnen und Patienten mit frontotemporaler Demenz ist deutlich eingeschränkt. Experten gehen davon aus, dass die durchschnittliche Erkrankungsdauer bei FTD, also die Lebenserwartung, bei rund acht Jahren nach Diagnosestellung liegt. Die mittlere Lebensdauer ab Beginn der Symptomatik beträgt 8 Jahre, wobei sowohl deutlich schnellere als auch deutlich langsamere Verläufe vorkommen. Häufig versterben Betroffene im Rahmen einer Infektion aufgrund zunehmender Pflegebedürftigkeit.
Umgang mit der Diagnose und Unterstützung
Frontotemporale Demenz ist eine Herausforderung sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen. Informieren Sie sich: Der Umgang mit Demenz muss gelernt sein. Verstehen Sie, was Frontotemporale Demenz ist, welche Symptome sie verursacht und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln kann. Treffen Sie frühzeitig rechtliche Vorkehrungen: Erstellen Sie rechtzeitig Vollmachten und Verfügungen. Passen Sie die Kommunikation an: Die Kommunikation mit Demenzerkrankten ist häufig nicht so einfach. Formulieren Sie möglichst einfache Sätze. Offene Fragen können Patienten schnell überfordern und sollten daher für ernsthafte Gespräche vermieden werden. Wenn es jedoch um den reinen Austausch als Beziehungsstifter geht, können offene Fragen gut eingesetzt werden, sofern Sie keine „richtige Antwort“ erwarten. Schaffen Sie Routinen im Alltag: Ein geregelter Tagesablauf gibt Patienten mit FTD Sicherheit und kann dazu beitragen, Verwirrung zu reduzieren. Schaffen Sie ein demenzgerechtes Zuhause: Passen Sie das häusliche Umfeld Ihres betroffenen Angehörigen Stück für Stück an, um eine Wohlfühlatmosphäre zu erzeugen und die Sicherheit zu erhöhen. Bleiben Sie geduldig: Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit können sehr belastend sein - gerade für die Angehörigen. Achten Sie bei allem auch auf sich selbst: Vergessen Sie Ihre eigene Gesundheit und Ihr Wohlbefinden nicht. Schaffen Sie positive Momente: Versuchen Sie, trotz aller Herausforderungen auch schöne Momente miteinander zu erleben. Gemeinsame Aktivitäten wie Musik hören, Fotos anschauen oder Zeit an der frischen Luft verbringen tun meist gut und können die Bindung stärken.
In vielen Fällen können die Erfahrungsberichte anderer Menschen in ähnlicher Situation weiterhelfen, um ein Gefühl für die Erkrankung zu bekommen und unter Umständen von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) e. V. hat eine Broschüre mit Erfahrungsberichten von Angehörigen von Menschen mit Frontotemporaler Demenz zusammengestellt.
Herausforderungen für jüngere Betroffene
Demenzerkrankungen können auch im jüngeren Alter entstehen. Grundsätzlich können alle Demenzformen auch vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Von einer Demenz im jüngeren Lebensalter spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Menschen unter 65 Jahren sind häufiger von Demenzformen betroffen, die sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit auswirken, wie zum Beispiel Frontotemporale Demenz. Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. So kommt es vor, dass jüngere Menschen mit Demenz erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome richtig diagnostiziert und behandelt werden.
Die Diagnose Demenz ist für jeden Betroffenen ein Schock. Für Jüngere, die mitten im Leben stehen, ist die Diagnose jedoch oft noch belastender als für ältere Erkrankte. Sie müssen sich nicht nur mit der einer unheilbaren, fortschreitenden Krankheit, sondern auch mit den damit verbundenen Veränderungen auseinandersetzen. Zu den besonderen Herauforderungen gehören:
- Die Akzeptanz der Diagnose: Demenzerkrankungen sind für Jüngere schwerer zu akzeptieren. Sie schämen sich, wollen es nicht wahrhaben und glauben, es müsse eine Heilung geben.
- Der Verlust des „alten Lebens“: Die eigenen Finanzen regeln, Kinder oder Eltern zu betreuen, Verantwortung im Beruf übernehmen - das bisherige Leben aufgeben zu müssen, ist im jüngeren Lebensalter nur sehr schwierig zu bewältigen.
- Die Auswirkungen auf die Familie: Familien von jungen Erkrankten müssen akzeptieren, dass sich mit der Diagnose die gesamte Lebenssituation verändert. Besonders hart für Partnerinnen und Partner ist der schleichende Verlust von Gemeinsamkeiten, von Erinnerungen, von der Möglichkeit, gemeinsame Sorgen zu teilen. Zwar ist der Mensch noch da, doch das alte Gegenüber geht verloren.
- Stigmatisierung im Alltag: Menschen mit Demenz erkennt man nicht auf den ersten Blick. Problematisch ist auch, dass die meisten Pflege- und Betreuungsangebote nicht auf die Bedürfnisse von jüngeren Menschen mit Demenz ausgerichtet sind. Gerade wenn das Zusammenleben im gewohnten Zuhause nicht mehr möglich ist, sind sie oft gezwungen in Pflegeheime umzuziehen, in denen alles auf ältere Seniorinnen und Senioren ausgerichtet ist. Das beginnt bei der Gestaltung und Ausstattung der Räume über den Tagesablauf bis hin zum Angebot an sozialen und sportlichen Aktivitäten. Hinzu kommt, dass den Jüngeren in den herkömmlichen Einrichtungen der wichtige Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt.
Wo finden Sie Spezialisten?
Eine frontotemporale Demenz wird in der Regel durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie diagnostiziert. Viele Kliniken haben eine spezielle Gedächtnisambulanz, die auf die Behandlung von Demenzen spezialisiert ist. Gedächtnisambulanzen oder Gedächtnissprechstunden sind Abteilungen in Krankenhäusern, die auf kognitive Störungen spezialisiert sind. Dort klären ärztliche Teams die Ursachen für die Demenzsymptome ab.
Fazit
Die Frontotemporale Demenz ist eine komplexe und herausfordernde Erkrankung, die vor allem jüngere Menschen treffen kann. Eine frühzeitige Diagnose und umfassende Betreuung sind entscheidend, um die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen bestmöglich zu erhalten. Trotz der fehlenden Heilungsmöglichkeiten gibt es zahlreiche Therapieansätze und Unterstützungsangebote, die helfen können, den Alltag zu meistern und positive Momente zu schaffen.