mRNA-Impfstoffe und das Alzheimer-Risiko: Eine umfassende Analyse

Die COVID-19-Pandemie hat die Welt vor beispiellose Herausforderungen gestellt und die Entwicklung und den Einsatz von Impfstoffen beschleunigt. mRNA-Impfstoffe, wie die von BioNTech/Pfizer und Moderna, haben sich als wirksam bei der Bekämpfung des Virus erwiesen. Doch wie bei jeder medizinischen Intervention gibt es Bedenken hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen und langfristiger Auswirkungen. In diesem Artikel werden wir die aktuellen Erkenntnisse über das Potenzial von mRNA-Impfstoffen zur Beeinflussung des Alzheimer-Risikos untersuchen und dabei auf verschiedene Forschungsstudien und Expertenmeinungen zurückgreifen.

COVID-19-Impfungen und Nebenwirkungen: Eine Übersicht

Impfungen sind weiterhin eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus. Eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen, die sogenannte „TüSeRe“-Studie, untersuchte die Nebenwirkungen von COVID-19-Impfungen. Die Studie umfasste 1.046 Mitarbeitende des Tübinger Uniklinikums, des Zentrums für Klinische Transfusionsmedizin und des NMI Reutlingen. Die Teilnehmer berichteten über lokale (Schwellungen, Rötungen, Schmerzen an der Injektionsstelle, Hautempfindlichkeit) und systemische Nebenwirkungen (Müdigkeit, Durchfall, Übelkeit, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Fieber) mithilfe eines Online-Fragebogens.Die Ergebnisse zeigten, dass nach der ersten Impfung vor allem lokale Nebenwirkungen bei den mRNA-Impfstoffen BioNTech/Pfizer und Moderna auftraten, während systemische Nebenwirkungen bei dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca häufiger und schwerer waren. Nach der zweiten Dosis nahm die Häufigkeit systemischer Nebenwirkungen ab, wenn AstraZeneca verabreicht wurde. Weitere Analysen zeigten eine Tendenz zu lokalen und systemischen Nebenwirkungen bei Studienteilnehmenden, die jünger als 45 Jahre waren. Außerdem meldeten weibliche Teilnehmerinnen vermehrt Nebenwirkungen. Personen mit Hauterkrankungen wiesen eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, eine lokale Nebenwirkung zu entwickeln. Ebenso wurde das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung mit einer höheren Frequenz an systemischen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht.

Maskenpflicht und soziale Kognition

Die COVID-19-Pandemie hat auch das Tragen von Gesichtsmasken alltäglich werden lassen. Das Verdecken von Mund und Nase trägt zwar zu einem besseren Infektionsschutz bei, hemmt jedoch gleichzeitig die Wahrnehmung und Zuordnung von Gesichtern und Gesichtsausdrücken. Insbesondere für Menschen mit neurologischen und psychischen Störungen stellen die fehlenden Informationen eine große Herausforderung in der Kommunikation dar. Eine Studie von Prof. Dr. Marina Pavlova an der Tübinger Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie untersuchte das Lesen verdeckter Gesichter. Die Studie zeigte, dass Maskentragen das Erkennen von Emotionen beeinflusst, wenngleich zuverlässige Rückschlüsse auf grundlegende emotionale Ausdrücke möglich bleiben. Gesichtsmasken erschweren die Erkennung von Emotionen und die soziale Interaktion. Jedoch können Menschen selbst mit Maske leicht zwischen echtem Lächeln und vorgetäuschtem, unehrlichem Lächeln unterscheiden. Trotzdem führen Masken zu einer Verengung der Bandbreite wahrnehmbarer emotionaler Ausdrücke und erschweren so die zutreffende Bewertung des Gegenübers. Masken können Vorurteile verstärken und die wahrgenommene Attraktivität von Gesichtern beeinflussen. Untersuchungen mithilfe funktionaler Magnetresonanztomographie (fMRT) verdeutlichen außerdem, dass für ein effizientes Lesen verdeckter Gesichter nicht nur das soziale Gehirn an sich erforderlich ist, sondern auch weitere, groß angelegte neuronale Schaltkreise. Insbesondere unterstützen diese im menschlichen Gehirn u.a. die Aufmerksamkeit, die Entscheidungsfindung und das soziale Verhalten.

Medin und Amyloid-β: Eine Co-Aggregation im Gehirn von Alzheimer-Patienten

In den Blutgefäßen des Gehirns von Alzheimer-Patienten lagert sich zusammen mit dem Protein Amyloid-β auch das Protein Medin ab. Diese sogenannte Co-Aggregation haben Forschende am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) entdeckt. Medin ist zwar schon seit rund 20 Jahren bekannt, wurde aber in seinem Einfluss auf Krankheiten bisher unterschätzt. Die Forscher konnten zeigen, dass krankhafte Veränderungen der Blutgefäße von Alzheimer-Patienten durch Medin deutlich verstärkt werden. Medin gehört zur Gruppe der Amyloide. Von diesen Proteinen ist Amyloid-β am besten bekannt, da es im Gehirn von Alzheimer-Patienten verklumpt. Diese Aggregate lagern sich dann sowohl als sogenannte Plaques direkt im Gehirngewebe, aber auch in dessen Blutgefäßen ab und schaden dadurch den Nervenzellen bzw. den Blutgefäßen. Während sich daher viele Studien mit Amyloid-β beschäftigten, stand Medin bisher nicht im Mittelpunkt des Interesses. In ihren jüngsten Studien färbten die Forschenden Gewebeschnitte sowohl von Mäusen als auch von Alzheimer-Patienten so, dass konkrete Proteine sichtbar werden. Dadurch konnten sie zeigen, dass sich Medin und Amyloid-β gemeinsam in Blutgefäßen des Gehirns ablagern - Co-Lokalisation ist dafür der Fachbegriff. Mit weiteren Versuchen konnten sie in einem nächsten Schritt beweisen, dass diese beiden Amyloide auch co-aggregieren - also gemischte Anhäufungen bilden. Medin könnte ein therapeutisches Ziel sein, um vaskuläre Schäden und kognitive Verschlechterungen zu verhindern, die aus Amyloid-Ansammlungen in den Blutgefäßen des Gehirns resultieren. In Fachkreisen ist es unumstritten, dass Ursachen für die Alzheimer Erkrankung nicht nur die Aggregate von Amyloid-β im Hirngewebe, sondern auch vaskuläre Veränderungen sind - also die verringerte Funktion oder die Beschädigung von Blutgefäßen. In einem nächsten Schritt muss jetzt geklärt werden, ob sich bereits gebildete Medin-Aggregate therapeutisch entfernen lassen und ob dieser Eingriff tatsächlich einen Einfluss auf die Gedächtnisleistung hat.

COVID-19 und kognitive Beeinträchtigungen: Ein erhöhtes Risiko für Alzheimer?

Spätestens seit die ersten Berichte zur Long-Covid-Thematik aufkamen, war klar: Das will man einfach nicht bekommen. Auch dem Gehirn zuliebe nicht. Es geht um den Rückgang kognitiver Fähigkeiten, also der Gehirnleistung. Die tritt insbesondere durch Demenz, meist verursacht durch Alzheimer zu Tage, Krankheiten, bei denen das Gehirn sukzessive geschädigt wird. Dazu könnte auch eine Covid-19-Erkrankung beitragen, wie Forschende der New York University jetzt beobachtet haben. Patientinnen und Patienten, die wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, und insbesondere solche, die während ihrer akuten Infektion neurologische Symptome haben, weisen ein Niveau an Hirnverletzungsmarkern aufweisen können, die so hoch oder höher sind als diejenigen, die bei Patientinnen und Patienten mit Alzheimer beobachtet werden. Für die Studie wurden 251 Patientinnen identifiziert, die im Durchschnitt 71 Jahre alt waren und bei denen aber bisher kein Rückgang der kognitiven Fähigkeiten festgestellt werden konnte, bevor sie ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Im Zuge der akuten Covid-19-Erkrankung wurden die Patientinnen dann in Gruppen mit und ohne neurologische Symptome unterteilt. Die Forschenden fanden schließlich höhere Konzentration von sieben Markern für Gehirnschäden bei Patient*innen mit Symptomen als bei solchen ohne. In einer weiteren Analyse konnten die Forschenden feststellen, dass ein Teil der Marker bei Personen, die mit Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, kurzfristig signifikant höher war als bei Personen, bei denen Alzheimer diagnostiziert wurde. Hirnverletzungen, die auch mit einem Anstieg dieser Biomarker verbunden sind, bedeutet nicht, dass ein Patient oder eine Patientin später Alzheimer oder eine damit verbundene Demenz entwickelt, sondern erhöht das Risiko dafür.

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Das Spike-Protein und seine Persistenz im Gehirn

Die Studie zeigt, dass das SARS-CoV-2-Spike-Protein in den schützenden Schichten des Gehirns, den Hirnhäuten, und im Knochenmark des Schädels bis zu vier Jahre nach der Infektion verbleibt. Das Team unter Leitung von Prof. Ali Ertürk, Direktor des Instituts für Intelligente Biotechnologien bei Helmholtz Munich, stellte zudem fest, dass mRNA-COVID-19-Impfstoffe die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn deutlich reduzieren. Eine neuartige KI-gestützte Bildgebungstechnik, entwickelt von Prof. Ali Ertürks Team, liefert neue Einblicke, wie das SARS-CoV-2-Spike-Protein das Gehirn beeinflusst. Durch diese Technologie konnten die Forschenden eine bisher nicht feststellbare Ablagerung des Spike-Proteins in Gewebeproben von Menschen mit COVID-19 und Mäusen aufdecken. Das Spike-Protein bindet an sogenannte ACE2-Rezeptoren, die in diesen Regionen besonders häufig vorkommen. Das könnte diese Gewebe besonders anfällig für die langfristige Ansammlung des Spike-Proteins machen. Die Daten deuten auch darauf hin, dass das persistierende Spike-Protein an den Grenzen des Gehirns zu den langfristigen neurologischen Effekten von COVID-19 und Long COVID beitragen könnte. Das Team um Ertürk entdeckte, dass der mRNA-COVID-19-Impfstoff von BioNTech/Pfizer die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn signifikant reduzieren. Andere mRNA-Impfstoffe oder Impfstofftypen wie Vektor- oder proteinbasierte Impfstoffe wurden nicht untersucht. Die Reduktion betrug jedoch nur etwa 50 %, sodass ein Rest des Spike-Proteins weiterhin ein toxisches Risiko für das Gehirn darstellt. mRNA-Impfstoffe können das Risiko langfristiger neurologischer Folgen erheblich senken und somit einen entscheidenden Schutz bieten. Aber auch nach Impfungen kommt es zu Infektionen, die zu persistierenden Spike-Proteinen im Körper führen können. Die Studienergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten zur Diagnose und Behandlung der langfristigen neurologischen Effekte von COVID-19. Im Gegensatz zu Gehirngewebe sind das Knochenmark des Schädels und die Hirnhäute für medizinische Untersuchungen leichter zugänglich.

Das Spike-Protein und seine Auswirkungen auf das Gehirn: Erkenntnisse von Herrn Elsner

Herr Elsner und seine Kollegen haben erstmals zeigen können, dass das Spike-Protein von SARS-CoV-2 lange nach einer Infektion in den Hirnhäuten und im Knochenmark des Schädels verbleibt. Sie entwickelten eine Methode, um biologisches Gewebe transparent zu machen und bestimmte Proteine mit Fluoreszenzfarbstoffen sichtbar zu machen. Mit dieser Methode konnten sie das Spike-Protein quantifizieren und feststellen, ob es nur sporadisch oder in größeren Mengen vorhanden ist. An lebenden Menschen oder auch lebenden Mäusen funktioniert die Methode leider noch nicht. Sie haben daher vor allem mit Mäusen gearbeitet, aber auch mit einigen menschlichen Proben, die nach dem Tod gewonnen wurden. Diese Menschen haben ihren Körper der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Als sie Mäusen nur das Spike-Protein - also nicht das gesamte Virus - injizierten, haben sie negative Auswirkungen beobachtet. Die Regeneration des Gehirns nach einem Schädel-Hirn-Trauma etwa brauchte deutlich länger. Und nach einem Schlaganfall haben die Tiere länger neurologische Defizite. Sie reagierten deutlich weniger, wenn man ihre Barthaare kitzelte, als Mäuse, die vor ihrem Schlaganfall kein Spike-Protein bekommen hatten. Und beim Menschen konnten sie sehen, dass sich die Regulation gewisser Eiweiße ändert. Interessanterweise gibt es bei COVID-19-Infektionen auch Ähnlichkeiten zur Alzheimer-Erkrankung in Bezug auf die Veränderung einzelner Eiweiße. Das heißt natürlich nicht, dass das Covid-19 Alzheimer auslöst. Es zeigt aber, dass sich Prozesse im und um das Gehirn herum ändern, die wir auch in anderen neurologischen Krankheiten in Verbindung stehen. Eine Impfung schützt signifikant vor den Ablagerungen des Spike-Proteins in Hirnhäuten und Hirnmark, zumindest in Mäusen, aber sehr wahrscheinlich auch beim Menschen. Das erklärt sich so, dass eine Infektion bei einer geimpften Person in der Regel harmloser und kürzer verläuft als bei einer oder einer ungeimpften Person. Im Moment gibt es noch keine etablierte Möglichkeit, um etwas gegen die abgelagerten Spike-Proteine zu tun. Aber es gibt immerhin mögliche Ansatzpunkte: Es ist zum Beispiel bekannt, dass das Spike-Protein unter anderem über einen speziellen Rezeptor in den menschlichen Zellen wirkt, den ACE2-Rezeptor. Mit dieser Bindung könnten vielleicht spezielle Wirkstoffe konkurrieren, etwa ein Antikörper, der an den Rezeptor bindet und ihn so blockiert. Auch wissen sie nicht, ob die langanhaltenden Wirkungen des Spikeproteins auch noch von der anfänglichen Bindung an ACE2 abhängen, oder ob es noch weiter Prozesse gibt, die für die längerfristigen Wirkungen verantwortlich sind. Wenn solche therapeutischen Ansätze einmal entwickelt werden sollten, wäre es natürlich auch wichtig, überhaupt diejenigen Menschen zu finden, bei denen viel Spike-Protein in den Hirnhäuten und im Gehirn selbst lagert. Gruppen in den USA haben das Spike-Protein zum Beispiel noch ein Jahr nach der Infektion im Blut und in Immunzellen nachgewiesen. Bei COVID-19 kann sich das Spike-Protein in den Hirnhäuten und im Knochenmark ablagern. Es ist gut möglich, dass es so etwas gibt, das ist ein hochspannendes Feld. Dass ein Virus kommt, krank macht, vom Immunsystem besiegt wird und dann alle Symptome wieder komplett verschwinden - dies trifft sicher nicht für alle Viren zu. Trotzdem gehört das Spike-Protein natürlich nicht in die Hirnhäute und ins Knochenmark.

Myokarditis und Perikarditis als seltene Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen

Es ist bekannt, dass es im zeitlichen Zusammenhang einer Coronaimpfung mit den mRNA-Impfstoffen Comirnaty (Biontech) oder Spikevax (Moderna) sehr selten zu Entzündungen am Herzmuskel (Myokarditis), teilweise auch am Herzbeutel (Perikarditis), kommen kann, die in der Regel mild verlaufen. Laut Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom Oktober 2021 treten die Fälle in Übereinstimmung mit anderen, internationalen Daten (vor allem aus Israel und den USA) überwiegend bei männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 29 Jahren auf - meist innerhalb von 14 Tagen und häufiger nach der zweiten Dosis einer mRNA-Covid-19-Impfung. Diese sehr seltenen und in der Regel mild verlaufenden Fälle einer Myokarditis oder Perikarditis - wir sprechen hier von knapp fünf Fällen bezogen auf 100.000 Impfungen - verheilen in nahezu allen Fällen aus und dürfen keineswegs Grund dafür sein, sich gegen eine Covid-19-Impfung zu entscheiden - zumal die Option besteht, auf den mRNA-Impfstoff Comirnaty auszuweichen. Wer sich nicht gegen Covid-19 impfen lässt, geht ein weit höheres Risiko durch die Gefahren eines schweren Covid-19-Krankheitsverlaufs wie Organschäden oder gar Tod ein. Dies gilt besonders für chronisch kranke Menschen und Ältere. Gleichwohl sollten Patienten sowie Ärzte und medizinisches Fachpersonal nach einer Covid-19-Impfung auf bestimmte Zeichen einer Myokarditis und Perikarditis achten. Anzeichen sind insbesondere Atemnot/Kurzatmigkeit, ein starker Herzschlag, der unregelmäßig sein kann, sogenannte Palpitationen, und Schmerzen in der Brust (vor allem bei der Perikarditis), unerklärliche Müdigkeit, Abgeschlagenheit und körperliche Schwäche. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, dass bei Unter-30-Jährigen ausschließlich nur noch der mRNA-Impfstoff von Biontech zu verwenden ist. Die Impfbehörde beruft sich dabei auf eine Auswertung von Daten durch das PEI, wonach bei jungen Menschen - Jungen wie auch Mädchen - nach Impfungen mit der mRNA-Vakzine Spikevax (Moderna) häufiger Herzmuskelentzündungen beobachtet wurden als nach Verimpfung der Biontech-Vakzine (Comirnaty). Die Empfehlung gilt sowohl für die Grundimmunisierung als auch für Auffrischimpfungen bei Unter-30-Jährigen. Für Menschen über 30 Jahre gilt diese neue Empfehlung nicht. Die STIKO betont zugleich, dass der akute Verlauf einer Herzmuskel- beziehungsweise Herzbeutelentzündung nach einer Covid-19-Impfung nach bisher vorliegenden Sicherheitsberichten überwiegend mild sei.

Risikoeinschätzung von Myokarditis und Perikarditis nach COVID-19-Impfungen

Von mehr als 92 Millionen Impfdosen Comirnaty (Biontech) und Spikevax (Moderna), die nach Angaben des PEI bis einschließlich 30.09.2021 in Deutschland verimpft wurden, sind im Rahmen einer Spontanberichterfassung bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 1.243 Verdachtsmeldungen einer Myo-/Perikarditis - unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung - berichtet worden. Die Melderate bei Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie jungen Männern unter 30 Jahren war dabei nach PEI-Angaben am höchsten. Die Melderate einer Myo-/Perikarditis bei Covid-19-Impfungen beträgt danach bei Unter-30-Jährigen für den Biontech-Impfstoff etwa fünf Fälle pro 100.000 Impfungen und für den Moderna-Impfstoff etwa elf Fälle pro 100.000. Eine genaue Häufigkeit einer Myokarditis und/oder Perikarditis nach mRNA-Covid-19-Impfung kann nach wie vor nicht sicher ermittelt werden, da epidemiologische (bevölkerungsbezogene) Studien fehlen. Allerdings deuten alle Daten darauf hin, dass eine Myokarditis nach mRNA-Impfstoffen insgesamt sehr selten ist. Zudem wurden 95 % der Fälle als mild beschrieben.

Langfristige Folgen einer impfbedingten Myokarditis

Wissenschaftler haben 104 Patienten ab 12 Jahren, bei denen innerhalb von 28 Tagen nach Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer eine Myokarditis diagnostiziert wurde, über 180 Tage nachbeobachtet. Alle Diagnosen wurden von Krankenhausärzten auf der Grundlage einer klinischen Standarduntersuchung, einschließlich einer kardialen MRT-Untersuchung (cMRI), erstellt. Verglichen wurden die Diagnosen dann mit einer historischen Patientengruppe, bei denen eine Myokarditis im Zusammenhang mit einer Virusinfektion (noch vor Beginn der Corona-Pandemie) festgestellt worden war. Während des Nachbeobachtungszeitraums wurde ein Todesfall (1 %) bei den 104 Patienten mit Myokarditis nach der Impfung festgestellt, verglichen mit 84 Todesfällen (11 %) bei den 762 Patienten mit infektionsbedingter Myokarditis. Ebenso gab es nur einen Fall (1 %) von dilatativer Kardiomyopathie (krankhafte Erweiterung des Herzmuskels) und 2 Fälle (1,9 %) von Herzinsuffizienz in der Impfgruppe, verglichen mit 28 (3,7 %) bzw. 93 (12,2 %) in der Gruppe mit virusbedingter Myokarditis. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten diese Befunde auf unterschiedliche ursächliche Zusammenhänge für das Entstehen einer Myokarditis nach Covid-Impfung hinweisen. Die offensichtlich mildere Prognose der impfbedingten Myokarditis könnte z.B. daran liegen, dass die zugrundliegenden Immunreaktionen in der Regel nur kurzzeitig auftreten. Bei einer durch eine Virusinfektion ausgelösten Myokarditis könne es hingegen zu einer direkten Invasion von Herzmuskelzellen kommen und somit zu einer direkten, durch die Infektion verursachten Schädigung der Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten).

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Häufigkeit von Myokarditis/Perikarditis bei mRNA-Impfungen

Insgesamt betrug die Häufigkeit für eine Myokarditis/Perikarditis bei mRNA-Impfung 18 Fälle pro einer Million Impfungen - und es bestätigte sich, dass Männer häufiger als Frauen, unter 30-Jährige häufiger als Ältere und Zweitgeimpfte häufiger als Erstgeimpfte betroffen waren. Interessant: Parallel dazu wurden auch elf Studien mit verschiedenen Nicht-Covid-Impfstoffen (zehn Millionen Impfungen) und Angaben zu Myokarditis/Perikarditis ausgewertet. Vor allem zeigte sich, dass die Häufigkeit einer Myokarditis/Perikarditis bei der Lebendimpfung gegen Pocken deutlich höher als nach Covid-Impfung war, nach Impfungen gegen Influenza (Grippe) bzw. gegen weitere Krankheitserreger lag sie auf einem vergleichbaren Niveau. Schwedische Forscher vom Karolinska Institut in Stockholm haben zur gleichen Zeit die Datenanalyse von 23 Millionen Menschen zur Häufigkeit einer Herzmuskelentzündung nach einer Covid-Impfung publiziert. Danach ist eine Herzmuskelentzündung als insgesamt seltenes Phänomen eingestuft worden - auch unter jungen Männern. Bei jungen Männern unter 30 Jahren, die zwei Dosen des gleichen Präparats erhielten, gab es laut Auswertung bei Moderna 9 - 28 zusätzliche Fällen pro 100.000 Geimpfte binnen 28 Tagen nach der zweiten Dosis. Beim Biontech/Pfizer-Impfstoff seien es 4 - 7 Fälle mehr gewesen als ohne Impfung zu erwarten gewesen seien.

Autoantikörper als mögliche Ursache für impfbedingte Myokarditis

Ein deutsches Wissenschaftsteam vom Universitätsklinikum des Saarlandes ist der Erklärung, dass hinter impfbedingten Myokarditis-Fällen vermutlich spezielle Autoantikörper stecken, einen Schritt weiter gekommen. Diese werden gegen ein zentrales, entzündungshemmendes Molekül gebildet - den Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1Ra). Dieser hemmt normalerweise überschießende Entzündungsreaktionen, die durch den Botenstoff Interleukin-1 vermittelt werden. Ist der Rezeptor-Antagonist allerdings leicht verändert (durch das vorrübergehende Anhängen einer Phosphatgruppe), kommt es eben zu jener fehlgeleiteten Bildung von Auto-Antikörpern - also gegen sich selbst gerichteten Antikörpern. Solche Autoantikörper hat man auch bei Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf und bei Kindern mit dem Multisystemischen Entzündungssyndrom (MIS-C) gefunden.

Obduktionsdaten und der Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfung und Myokarditis

Zum Jahresende 2022 haben nochmals Obduktionsdaten aus Deutschland von 25 Patienten, die binnen 20 Tagen nach einer Covid-Impfung unerwartet verstorben waren, für Gesprächsstoff gesorgt. Dabei war speziell nach Veränderungen am Herzgewebe geschaut worden. Die Herzgewebeuntersuchung zeigte bei allen ähnliche Entzündungszeichen verbunden mit einer leichten Schädigung der Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten). In drei Fällen folgerten die Wissenschaftler auf der Basis der Autopsiebefunde, insbesondere dem Vorhandensein einer Myokarditis zusammen mit dem Fehlen anderer plausibler Todesursachen (etwa einer Lungenembolie, einem Herzinfarkt oder anderen Herzerkrankungen) sowie dem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, dass die Impfung die wahrscheinliche Ursache der Myokarditis war. Auch in dieser Arbeit verweisen die Autoren, dass impfbedingte Herzmuskelentzündungen selten und in der Regel milde sind. Dennoch scheine es bei einigen prädisponierten Patienten auch zu einer kritischen Immunantwort zu kommen, die eine Myokarditis fördern. Zudem lassen die Daten die Annahme zu, dass eine versehentliche Injektion des Impfstoffs in ein Blutgefäß anstelle des Muskels dazu beitragen könnte.

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