Jeder kennt Sprichwörter wie "sich vor Angst in die Hosen machen" oder "es schlägt einem das Herz vor Aufregung bis zum Hals". Diese körperlichen Veränderungen als Reaktion auf Angst oder Stress zu unterbinden, ist oft erfolglos. Diese Reaktionen werden von einem Nervensystem ausgelöst, das relativ autonom, also unabhängig vom Gehirn, arbeitet. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff "vegetatives Nervensystem"? Und wie unterscheidet es sich von anderen Nervensystemen? Dieser Artikel soll Klarheit schaffen und als Unterrichtsmaterial dienen, um die Zusammenhänge verständlich zu machen.
Die verschiedenen Nervensysteme im Überblick
Um das vegetative Nervensystem (VNS) richtig einordnen zu können, ist es wichtig, die grundlegenden Strukturen des Nervensystems zu kennen. Man unterscheidet im Wesentlichen:
- Zentralnervensystem (ZNS): Gehirn und Rückenmark bilden das Steuerzentrum des Körpers.
- Peripheres Nervensystem (PNS): Alle neuronalen Strukturen außerhalb des ZNS.
- Somatisches Nervensystem: Steuert willkürliche Bewegungen der Skelettmuskulatur.
- Vegetatives Nervensystem (Autonomes Nervensystem): Kontrolliert unbewusst ablaufende Körperfunktionen.
Ein Teil des peripheren Nervensystems ist das vegetative Nervensystem.
Das vegetative Nervensystem (VNS) im Detail
Das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, steuert die unbewusst ablaufenden Körperfunktionen. Das vegetative Nervensystem wird auch als Unwillkürliches oder Autonomes Nervensystem bezeichnet, da seine Funktion nicht vom Willen beeinflusst werden kann. Es reguliert lebensnotwendige Prozesse wie:
- Atmung
- Herzschlag
- Verdauung
- Stoffwechsel
- Blutdruck
- Körpertemperatur
- Funktion der meisten inneren Organe und des Blutkreislaufs.
Dabei bedient sich das VNS zweier Hauptakteure: Sympathikus und Parasympathikus.
Lesen Sie auch: Enterisches Nervensystem vs. Vegetatives Nervensystem: Ein detaillierter Vergleich
Sympathikus: Aktivierung für Leistung und Stress
Der Sympathikus steuert lebenswichtige Vorgänge, zum Beispiel Herzschlag oder Blutdruck. Der Sympathikus hat eine anregende Wirkung. Er wird besonders aktiv, wenn in einer Situation eine Leistungssteigerung nötig ist. Das kann z.B. Sport oder Stress sein. In diesem Fall sorgt der Sympathikus dafür, dass Energie bereitgestellt wird. Er versetzt den Körper in einen Zustand erhöhter Alarmbereitschaft, um auf Bedrohungen oder Herausforderungen reagieren zu können. Typische Reaktionen sind:
- Beschleunigung von Atmung und Herzschlag
- Erhöhung des Blutdrucks
- Bereitstellung von Energie durch Freisetzung von Glukose
- Steigerung der Schweißproduktion
- Weitung der Pupillen
- Stärkere Durchblutung der Muskulatur
- Kontraktion der Blase
- Einstellung der Darmtätigkeit.
Diese Reaktionen bereiten den Körper auf "Kampf oder Flucht" vor, wie es in Stresssituationen oft notwendig ist.
Parasympathikus: Ruhe und Regeneration
Als Gegenspieler fungiert der Parasympathikus, der alle unbewussten Reaktionen steuert, wenn wir uns wieder entspannen. Der Parasympathikus steuert nämlich die Vorgänge, die zur Erholung und Bildung von Energiereserven nötig sind. Dazu zählt die Verdauung und der Aufbau von Energiereserven. Ist der Parasympathikus besonders aktiv, so wird die Aktivität des Sympathikus gehemmt. Er fördert Ruhe, Entspannung und Regeneration. Seine Aktivität führt zu:
- Verlangsamung von Herzschlag und Atmung
- Senkung des Blutdrucks
- Anregung der Verdauung
- Förderung der Speichelproduktion
- Verengung der Pupillen
- Aktivierung der Verdauung
- Aufbau von Energiereserven.
Der Parasympathikus ist vor allem in Ruhephasen aktiv und sorgt dafür, dass der Körper sich erholen kann.
Sympathikus und Parasympathikus: Ein dynamisches Gleichgewicht
Sympathikus und Parasympathikus sind Antagonisten, also Gegenspieler. Sie regulieren sich gegenseitig. Durch die Aktivität von Sympathicus und Parasympathicus kann sich dein Körper also auf jede Situation sehr gut einstellen. Sie arbeiten wie ein dynamisches Duo zusammen, um den Körper optimal an unterschiedliche Situationen anzupassen. Das vegetative Nervensystem besteht aus dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Der Sympathikus ist aktiver, wenn eine Leistungssteigerung nötig ist. Der Parasympathikus ist aktiver in Ruhephasen. Die Aktivität von Sympahtikus und Parasympathikus ermöglicht eine optimale Arbeit der inneren Organe in jeder Situation. So kann ganz unbewusst dein Herzschlag und dein ganzer Körper für jede Situation reguliert werden.
Lesen Sie auch: Wie das vegetative Nervensystem die Blase beeinflusst
Beispiel: Stelle dir vor, dass du auf einem Liegestuhl im Garten liegst. Du befindest dich in einer Ruhesituation. In einer solchen Situation ist der Parasympathikus aktiv. Deine Verdauung ist aktiv, Energiereserven werden angelegt. Über die Nerven des Parasympathicus wird an das Zentrale Nervensystem die Information gemeldet, dass dein Magen nicht gedehnt, also leer ist. Du bekommst Hunger. Deine Pupillen sind verengt. Die Aktivität des Sympathikus ist weitgehend gehemmt.
Nun hörst du plötzlich ein lautes Geräusch. Sofort wird der Sympathikus aktiviert. Über das Zentrale Nervensystem wird nun der Sympathicus aktiviert. Er hemmt einerseits die Aktivität des Parasympathicus: dein Hunger ist vorübergehend erstmal verschwunden, die Verdauungsaktiviät gehemmt. Stattdessen wird Energie bereit gestellt, deine Atmung und der Herzschlag werden beschleunigt, die Muskulatur wird stärker durchblutet und du schwitzt. Deine Pupillen sind geweitet. Dein Körper ist bereit zur Reaktion.
Die Bedeutung des vegetativen Nervensystems für die Gesundheit
Das vegetative Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Ein Ungleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus kann zu verschiedenen Beschwerden führen.
Folgen von chronischem Stress
Allerdings musst du selbst für Ruhephasen sorgen, in denen der Parasympathikus aktiv werden kann. Ständiger Stress und die damit verbundene Aktivität des Sympathikus kann z.B. zu folgenden Problemen führen:
- Erhöhter Blutdruck
- Verdauungsstörungen
- Schlafstörungen
- Erschöpfung
- Angstzustände
- Depressionen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Möglichkeiten zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems
Obwohl das vegetative Nervensystem autonom arbeitet, gibt es Möglichkeiten, es positiv zu beeinflussen:
Lesen Sie auch: Homöopathie zur Behandlung vegetativer Dysfunktion
- Entspannungstechniken: Meditation, Yoga, autogenes Training, progressive Muskelentspannung können den Parasympathikus aktivieren und Stress reduzieren.
- Achtsamkeit: Bewusstes Wahrnehmen des Augenblicks kann helfen, Stressoren zu erkennen und besser damit umzugehen.
- Regelmäßige Bewegung: Sportliche Aktivität kann sowohl den Sympathikus als auch den Parasympathikus trainieren und das Gleichgewicht fördern.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Körper mit wichtigen Nährstoffen und unterstützt die Funktion des Nervensystems.
- Ausreichend Schlaf: Während des Schlafs kann sich der Körper regenerieren und das vegetative Nervensystem ausbalancieren.
- Soziale Kontakte: Positive soziale Interaktionen können Stress reduzieren und das Wohlbefinden steigern.
Wie funktioniert die Kommunikation im Nervensystem?
Egal ob peripheres, zentrales oder vegetatives Nervensystem - sie alle reagieren und interagieren immer durch denselben Vorgang: einen elektrischen Impuls. Die Nervenzellen kommunizieren über elektrische Signale, die sogenannten Aktionspotentiale. Diese Signale werden entlang der Nervenfasern weitergeleitet und an den Synapsen auf andere Nervenzellen übertragen. Dabei werden Neurotransmitter freigesetzt, die an Rezeptoren der Zielzelle binden und dort eine Reaktion auslösen.
tags: #vegetatives #nervensystem #unterrichtsmaterial