Die Demenz ist eine komplexe und vielschichtige Erkrankung, die in der Neurologie und Psychiatrie eine bedeutende Rolle spielt. Sie ist durch den Verlust kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet und betrifft vor allem ältere Menschen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte der Demenz, einschließlich Definition, Formen, Symptome, Diagnose und Behandlung, wobei die Unterschiede zwischen neurologischen und psychiatrischen Perspektiven hervorgehoben werden.
Was ist Demenz?
Eine Demenz bezeichnet die Störung der Merkfähigkeit und den Verlust von kognitiven Fähigkeiten. Die Erkrankung geht dabei weit über eine einfache Gedächtnisstörung hinaus. Sie kann auch Aufmerksamkeit, Denkvermögen, Orientierung und Sprachverarbeitung stören. Die Demenz ist eine Erkrankung des älteren Menschen. Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet sinngemäß "ohne Geist".
Demenzformen: Primär und Sekundär
Grundsätzlich kann man zwischen der primären und sekundären Demenz unterscheiden. Der Unterschied besteht darin, dass die sekundäre Demenz durch andere Erkrankungen hervorgerufen wird, während bei der primären Demenz keine Erkrankung als Ursache gefunden werden kann. Beispiele für solche Ursachen sind Alkoholmissbrauch, Vitaminmangel oder etwa Stoffwechselerkrankungen.
Unterformen primärer Demenzen
Bei den primären Demenzen können Unterformen unterschieden werden:
- Alzheimer: Die häufigste Form der Demenz, gekennzeichnet durch die Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn.
- Vaskuläre Demenz: Eine gefäßbedingte Erkrankung, die meist durch Hirnschläge und Durchblutungsstörungen verursacht wird, welche zum Absterben von Nervengewebe führen.
- Gemischte Demenz: Eine Kombination aus Alzheimer und vaskulärer Demenz.
- Frontotemporale Demenz: Eine seltenere Form, bei der Hirnregionen betroffen sind, die das soziale Verhalten steuern, was zu Persönlichkeitsveränderungen führt.
- Demenz bei Morbus Parkinson: Tritt als Folge der Parkinson-Krankheit auf.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Ähnlich wie Alzheimer, aber mit zusätzlichen Symptomen wie Halluzinationen und Eiweißablagerungen im Gehirn.
Erste Anzeichen und Symptome
Die ersten Symptome sind Gedächtnisstörungen, wobei das Kurzzeitgedächtnis eher betroffen ist. Daher können Betroffene neue Informationen schlecht behalten und wiedergeben. Dazu gehört auch, dass Arbeiten, die mehrere Arbeitsschritte benötigen, durch die verminderte Merkfähigkeit nicht mehr ausgeführt werden können. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es zu einer Störung der zeitlichen und örtlichen Orientierung kommen. Diese Störung äußert sich vor allem, wenn Betroffene in ein neues Umfeld kommen oder nachts aufgeweckt werden. Die Orientierung im gewohnten Tagesablauf und gewohnter Umgebung kann lange aufrechterhalten werden. Des Weiteren klagen Demenzerkrankte über Konzentrationsstörungen und eingeschränkten Urteilsvermögen, sodass die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung nötig wird, da der Betroffene nicht mehr geschäftsfähig ist.
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Bei fortgeschrittenem Stadium kann der Betroffene Personen aus dem engen Kreis nicht mehr erkennen. Zusätzlich kann es zu einer Veränderung der Laune kommen. Die bisher genannten Symptome können Unsicherheit, Überforderung und Angst, aber auch Scham auslösen. Eine Abkehr von der Umwelt und von anderen Personen kann eine Folge sein.
Typische Demenzsymptome im Überblick
- Gedächtnisverlust: Schwierigkeiten, sich an kürzlich erlebte Ereignisse zu erinnern, wiederholtes Stellen derselben Fragen.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, häufiges Verwenden von Umschreibungen.
- Orientierungslosigkeit: Verwirrung bezüglich Zeit, Ort und Personen.
- Beeinträchtigung des Urteilsvermögens: Schwierigkeiten, rationale Entscheidungen zu treffen, unüberlegte Handlungen.
- Verhaltensänderungen: Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Aggressivität, sozialer Rückzug.
- Schwierigkeiten bei gewohnten Abläufen: Probleme, alltägliche Aufgaben wie Kochen oder Anziehen zu erledigen.
Diagnostik der Demenz
Die Diagnostik der Demenz ist nicht leicht, da zwischen einer altersentsprechenden Gehirnleistung und von einer krankhaften Leistung unterschieden werden muss. Der schleichende Beginn verbirgt auch auf die Anzeichen. Ein ausführliches Gespräch des Betroffenen und der Angehörigen mit dem Arzt, der länger betreut hat, kann einen ersten Eindruck ergeben. Eine Untersuchung auf mögliche Ursachen einer sekundären Demenz sollten unternommen werden. Dazu gehört eine Laboruntersuchung des Blutes und eine Aufnahme des Gehirns, z.B. durch Computertomographie.
Mit verschiedenen Tests können das Vorhandensein und die Schwere der Demenz bestimmt werden. Der häufigste Test für den Anfang ist der Mini Mental Test. Dabei werden folgende Bereiche geprüft:
- zeitliche und örtliche Orientierung
- Merkfähigkeit
- Aufmerksamkeit
- Konzentration
- Benennen
- Sprachverständnis
- Erkennen und Reproduzieren von komplexen Mustern
Weitere diagnostische Verfahren
- Syndrom Kurztest (SKT): Ein Test zur Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit.
- DemTect-Test (TFDD): Ein Test zur Früherkennung von Demenz, der Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, Sprachflüssigkeit und Zahlenverständnis prüft.
- Uhrentest: Ein einfacher Test, bei dem der Patient eine Uhr zeichnen soll. Schwierigkeiten dabei können auf erste Symptome hinweisen.
- ADL-Skalen: Messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten.
- CERAD-Test: Eine Sammlung verschiedener kognitiver Tests zur genauen Prüfung einzelner Unterfunktionen der geistigen Leistungsfähigkeit.
- CT (Computer-Tomografie) oder MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie): Bildgebende Verfahren, die einen Einblick in den aktuellen Zustand des Gehirns erlauben und helfen, die Form der Demenz festzustellen und andere behandelbare Ursachen auszuschließen.
- Blutuntersuchungen: Um andere behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen).
Therapie und Behandlung
Ist eine Demenz heilbar? Die primären Demenzen sind aus der Sicht des heutigen medizinischen Standards nichtheilbar. Derzeit gibt es noch keine Heilung für die primäre Demenz. Das Ziel der Behandlung ist die Verbesserung der Lebensqualität und die Verzögerung der Symptomfortschreitung. Ein Medikament, das den Abbau des Botenstoff Acetylcholin hemmt, kann die Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit verbessern. Bei Depression, Unruhe und Orientierungslosigkeit können ebenfalls Medikamente helfen. Zusätzlich sind Psychotherapie, Krankengymnastik und Beschäftigungstherapie sinnvoll. Diese Therapieformen können entweder ambulant stattfinden oder in einem Reha-Zentrum.
Medikamentöse Behandlung
- Acetylcholinesterase-Hemmer: Fördern die Fähigkeit der Patienten, ihre Alltagsaktivitäten zu verrichten und stabilisieren die kognitive Funktion bei einer leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz.
- Memantin: Verbessert die Alltagsfunktion und den klinischen Gesamteindruck bei Patienten mit moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz.
- Ginkgo biloba: Zeigt bei Patienten mit leichter bis mittelgradiger Alzheimer-Demenz oder vaskulärer Demenz, die zusätzlich unter Verhaltensänderungen wie Depression oder Antriebsstörungen leiden, Hinweise auf eine positive Wirkung.
- Neuroleptika: Sollten bei Demenz-Patienten, die zusätzlich an Psychosen oder aggressiven Verhaltensänderungen leiden, nur sehr eng gestellt und nicht länger als drei Monate verordnet werden, da der Einsatz zu erhöhter Mortalität und Schlaganfallrisiko führen kann.
Nicht-medikamentöse Therapien
- Psychosoziale Interventionen: Kognitive Stimulation, individuell angepasste Ergotherapie oder gezielte körperliche Aktivitäten können krankheitsbedingte Einschränkungen kompensieren.
- Ergotherapie: Gestattet in frühen und mittleren Demenz Stadien noch die Bewältigung des Alltags.
- Bewegungsübungen, Wahrnehmungsübungen oder die Kunst- und Musiktherapie.
- Intensive Angehörigentrainings: Um Belastungsfolgen wie Depressionen oder Burnout bei Pflegenden zu vermeiden.
- Remineszenzverfahren und gezielte körperliche Aktivitäten.
Demenz Stadien
Die Demenz kann in drei Stadien eingeteilt werden. Bei der leichten Demenz sind Betroffene im Alltag zwar leicht beeinträchtigt, aber sie können ein weitgehend selbstständiges und unabhängiges Leben führen. Manchmal fällt es ihm schwer, einem Gespräch zu folgen und auch Wortfindungsstörungen und Wiederholungen kommen vor. Bei komplexen Handlungen kommt es zu ersten Fehlhandlungen. Bei der mittleren Demenz ist der Betroffene auf Hilfe und Aufsicht angewiesen, da unter anderem die Körperpflege vernachlässigt wird und Einkaufen schwerfällt. Betroffene leiden unter Angst, Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit. Häufig kommt es zu aggressiven und gereizten Verhalten. Beim dritten Stadium, der schweren Demenz, ist eine eigenständige Lebensführung nicht mehr möglich. Patienten sind bettlägerig, können nicht selbstständig essen und sind inkontinent. Eine Kommunikation wird immer schwieriger.
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Alzheimer Stadien
Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer Erkankung. Diese kann in 7 Stufen eingeteilt werden:
- Stufe 1: Keine Beeinträchtigung
- Stufe 2: Sehr leicht gemindertes Wahrnehmungsvermögen
- Stufe 3: Leicht gemindertes Wahrnehmungsvermögen
- Stufe 4: Mäßig gemindertes Wahrnehmungsvermögen
- Stufe 5: Mittelschwer gemindertes Wahrnehmungsvermögen
- Stufe 6: Schwerwiegend gemindertes Wahrnehmungsvermögen
Neurologie vs. Psychiatrie: Unterschiede in der Behandlung
Die Behandlung von Demenz erfordert einen multidisziplinären Ansatz, der sowohl neurologische als auch psychiatrische Aspekte berücksichtigt. Neurologen konzentrieren sich auf die organischen Ursachen und die medikamentöse Behandlung der Demenz, während Psychiater sich auf die psychischen und Verhaltenssymptome konzentrieren.
Neurologische Perspektive
- Fokus: Diagnose und Behandlung der neurologischen Ursachen der Demenz, wie z.B. Alzheimer-Krankheit, vaskuläre Demenz.
- Methoden: Bildgebende Verfahren (CT, MRT), neurologische Untersuchungen, medikamentöse Therapie zur Verbesserung der kognitiven Funktionen.
Psychiatrische Perspektive
- Fokus: Behandlung von Verhaltensstörungen, Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Symptomen, die mit Demenz einhergehen.
- Methoden: Psychotherapie, Verhaltenstherapie, medikamentöse Therapie zur Linderung psychischer Symptome.
Regionale Unterschiede in der Versorgung
Eine Studie zeigt die Schwachstellen in der Versorgung von Menschen mit Multipler Sklerose, Demenz und Schizophrenie auf: Nach Erstdiagnose und Krankenhausaufenthalt dauert es teils sehr lange, bis die Patienten weiterbehandelt werden. Und: Die Versorgung variiert regional deutlich. Fachärzte für Neurologie, Nervenheilkunde beziehungsweise Psychiatrie übernehmen zu einem Großteil die Versorgung der untersuchten Patientengruppen. Jedoch nur bei einem von fünf Demenzkranken wird die Erstdiagnose von einem dieser Fachärzte gestellt. Probleme bei einer vertragsärztlichen Versorgung nach der Erstdiagnose zeigten sich vor allem bei Demenzkranken: Nur einer von vier Patienten wurde innerhalb von sechs Wochen nach der Erstdiagnose von einem Neurologen, einem Nervenarzt oder einem Psychiater behandelt. Die Zeit bis zum ersten Facharztkontakt nach Erstdiagnose sei dabei umso kürzer, je mehr niedergelassene Fachärzte in einer Region tätig seien, erklärt das IGES-Institut. Die Daten der Barmer GEK haben zudem ergeben, dass die Versorgung der Patienten in Deutschland regional sehr unterschiedlich ist. Besonders zeigt sich dies bei Multipler Sklerose. Probleme gibt es auch beim Übergang aus dem stationären in den ambulanten Bereich. Etwa die Hälfte aller MS- und Schizophrenie-Patienten wurde vier Wochen nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus, in dem sie aufgrund dieser Erkrankungen behandelt wurden, nicht von einer der drei untersuchten Facharztgruppen behandelt. Weitere 15 Prozent der MS- und 21 Prozent der Schizophrenie-Patienten wurden in diesem Zeitraum auch nicht von ihrem Hausarzt betreut. Eine höhere regionale Facharztdichte vergrößere dabei die Wahrscheinlichkeit, dass eine ambulante Facharztbehandlung nach der Entlassung stattfinde, so Albrecht weiter. Kaum Anschluss-Rehas.
Demenzpatient*innen auf dem Land bevorzugen den Besuch in einer hausärztlichen Praxis. Demgegenüber konsultieren Menschen mit Demenz, die in der Stadt leben, häufiger ärztliches Fachpersonal aus den Bereichen Neurologie oder Neuropsychiatrie.
Experten für Demenz finden
Wer einen Arzt benötigt, möchte für sich die beste medizinische Versorgung. Darum fragt sich der Patient, wo finde ich die beste Klinik für mich? Da diese Frage objektiv nicht zu beantworten ist und ein seriöser Arzt nie behaupten würde, dass er der beste Arzt ist, kann man sich nur auf die Erfahrung eines Arztes verlassen.
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