Die Diagnose Demenz stellt für Betroffene und ihre Angehörigen eine einschneidende Veränderung dar. In Deutschland wird die Krankheit jährlich bei etwa 300.000 Menschen neu festgestellt. Angesichts von rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland stehen ihre Familien vor großen Herausforderungen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Leitfaden, um Angehörigen den Umgang mit Demenz im häuslichen Umfeld zu erleichtern und ein würdevolles Leben für die Betroffenen zu ermöglichen.
Die Diagnose und ihre Folgen
Nach der Diagnose Demenz suchen Angehörige nach Wegen, ihren geliebten Verwandten in der vertrauten häuslichen Umgebung ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Dieser Wunsch ist der erste Schritt, um sich mit der Erkrankung und ihren Konsequenzen auseinanderzusetzen. Der Leitfaden soll Angehörigen helfen, sich auf die Veränderungen vorzubereiten und den Betroffenen trotz der Krankheit einen möglichst normalen Alltag zu ermöglichen.
Veränderungen im Verhalten und Umgang
Angehörige beobachten oft Veränderungen im Verhalten der betroffenen Person. Demenzerkrankte neigen dazu, die Wohnung verlassen zu wollen, oft auf der Suche nach etwas Unbestimmtem. Dies kann verständliche Gründe haben, wie der Wunsch, einen schönen Tag im Freien zu verbringen. Mit fortschreitender Krankheit werden die Motive jedoch oft unklarer. Um die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten, sind spezielle Vorkehrungen notwendig, die sich in den Alltag integrieren lassen.
Verständnis als Schlüssel
Im Umgang mit Demenzkranken ist Verständnis von entscheidender Bedeutung. Angehörige sollten sich immer wieder vor Augen führen, in welcher Situation sich die Betroffenen befinden. Krankheitsbedingt können Menschen mit Demenz plötzlich aggressiv oder unfreundlich werden. Diese Verhaltensweisen entstehen oft aus Verunsicherung, da die Betroffenen zunehmend die Orientierung und die Fähigkeit zur Verständigung verlieren. Um diese Verunsicherung nicht zu verstärken, ist es wichtig, Konflikte zu vermeiden.
Emotionale Bindung und Humor
Trotz der Herausforderungen kann der Umgang mit einem demenzkranken Angehörigen zu einer engeren emotionalen Bindung führen. Menschen mit Demenz zeigen ihre Gefühle oft durch Humor und suchen körperliche Nähe. Es ist wichtig, die Besonderheiten der Demenzerkrankung zu kennen, um nicht überfordert zu sein und das Verhalten des Betroffenen richtig einordnen zu können.
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Praktische Tipps für den Alltag
- Anpassung des Verhaltens: Angehörige sollten ihr eigenes Verhalten an die Welt des Betroffenen anpassen.
- Sicherheitsvorkehrungen: Bei Orientierungsverlust sollten Vorkehrungen getroffen werden, um die Sicherheit des Betroffenen zu gewährleisten.
- Konfliktvermeidung: Es ist wichtig, Konflikte zu vermeiden, um die Verunsicherung des Betroffenen nicht zu verstärken.
Unterstützung und Entlastung für Angehörige
Die Pflege eines Demenzkranken kann eine große Belastung darstellen. Es ist wichtig, dass Angehörige sich nicht selbst aufgeben und Hilfe von Dritten in Anspruch nehmen.
Angebote und Dienstleistungen
Es gibt zahlreiche Angebote und Dienstleistungen, die Angehörige bei der Pflege und Betreuung unterstützen können. Dazu gehören:
- Ambulante Pflegedienste: Sie bieten vielfältige Leistungen, von der Körperpflege bis zur Medikamenteneinnahme.
- Tagespflege: Sie ermöglicht eine Betreuung außerhalb des eigenen Zuhauses und bietet Abwechslung für den Betroffenen.
- Betreuungsgruppen: Sie betreuen Menschen mit Demenz stundenweise und entlasten so die Angehörigen.
- Ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe: Sie kann für die Betreuung genutzt werden und das soziale Wohlbefinden des Betroffenen fördern.
- Verhinderungspflege: Sie ermöglicht eine vorübergehende Betreuung, wenn Angehörige Urlaub machen oder krank sind.
- Kurzzeitpflege: Sie bietet eine zeitweise Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung.
Finanzielle Unterstützung
Pflegebedürftige haben Anspruch auf verschiedene finanzielle Leistungen, wie Pflegegeld und Pflegesachleistungen. Zudem gibt es den Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich, der für niedrigschwellige Betreuungsangebote genutzt werden kann.
Beratungsangebote
Angehörige haben einen Anspruch auf Pflegeberatung durch die Pflegekassen. In einigen Regionen wird die persönliche Beratung in Pflegestützpunkten angeboten. Zudem gibt es zahlreiche Demenz-Beratungsstellen, die individuelle Beratung und Unterstützung anbieten.
Selbsthilfegruppen
Der Kontakt zu Menschen in ähnlichen Situationen kann sehr hilfreich sein. Beratungsstellen, Alzheimer-Gesellschaften und Wohlfahrtsverbände bieten Selbsthilfegruppen für Angehörige von Menschen mit Demenz an. Auch der Austausch in Online-Foren kann unterstützend sein.
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Online-Beratung
Das Bundesfamilienministerium fördert eine kostenlose psychologische Online-Beratung für pflegende Angehörige (pflegen-und-leben.de).
Rechtliche und finanzielle Aspekte
Neben dem Umgang mit der Erkrankung selbst sollten Angehörige auch rechtliche und finanzielle Aspekte berücksichtigen.
Versicherungen
Es ist ratsam, bestehende Versicherungsverträge zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Um einer Fremdbestimmung vorzubeugen, sollten Betroffene frühzeitig eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung erstellen.
Rechtliche Betreuung
Wenn eine Person krankheitsbedingt ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbstständig erledigen kann, kann das Gericht eine rechtliche Betreuung einrichten.
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Umgang mit spezifischen Herausforderungen
Unruhe und Weglaufen
Menschen mit Demenz neigen dazu, unruhig zu sein und wegzulaufen. Hier sind einige Tipps, um damit umzugehen:
- Sicherheit gewährleisten: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung und treffen Sie Vorkehrungen, um ein Weglaufen zu verhindern.
- Beschäftigung anbieten: Bieten Sie dem Betroffenen Beschäftigungen an, die ihn ablenken und beruhigen.
- Geduld bewahren: Bleiben Sie geduldig und versuchen Sie, den Betroffenen zu beruhigen.
Aggressionen
Aggressives Verhalten kann eine Folge der Verunsicherung und Frustration sein, die mit der Demenz einhergehen. Hier sind einige Tipps:
- Ruhe bewahren: Bleiben Sie ruhig und versuchen Sie, die Situation nicht zu eskalieren.
- Ursache erkennen: Versuchen Sie, die Ursache für das aggressive Verhalten zu erkennen und zu beseitigen.
- Professionelle Hilfe suchen: Wenn das aggressive Verhalten häufig auftritt, sollten Sie professionelle Hilfe suchen.
Schlafstörungen
Schlafstörungen sind bei Demenzkranken häufig. Hier sind einige Tipps:
- Regelmäßiger Tagesablauf: Sorgen Sie für einen regelmäßigen Tagesablauf mit festen Schlafzeiten.
- Entspannungsrituale: Führen Sie Entspannungsrituale vor dem Schlafengehen ein.
- Medikamente: In Absprache mit dem Arzt können Medikamente zur Behandlung von Schlafstörungen eingesetzt werden.
Die Bedeutung der Selbstfürsorge
Die Pflege eines Demenzkranken kann sehr belastend sein. Es ist daher wichtig, dass Angehörige auf ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden achten.
Pausen und Auszeiten
Nehmen Sie sich regelmäßig Pausen und Auszeiten, um Kraft zu tanken. Nutzen Sie die Angebote der Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege, um sich zu entlasten.
Hobbys und Interessen
Pflegen Sie Ihre Hobbys und Interessen, um sich abzulenken und zu entspannen.
Unterstützung suchen
Suchen Sie Unterstützung bei Freunden, Familie oder in Selbsthilfegruppen.
Entspannungstechniken
Nutzen Sie Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation, um Stress abzubauen.
Kuren
Kuren können sowohl für Demenzerkrankte als auch für ihre pflegenden Angehörigen eine wichtige Unterstützung sein.
Informationen für Kinder und Jugendliche
Wenn Kinder oder Jugendliche in der Familie mit Demenz konfrontiert werden, ist es wichtig, ihnen die Krankheit altersgerecht zu erklären. Es gibt spezielle Angebote und Materialien, die dabei helfen können.
Projekt Pausentaste
Das Projekt Pausentaste ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Familien kümmern.
Kindern Demenz erklären
Auf der Seite Kindern Demenz erklären finden Sie weitere Informationen für Kinder.
Alternative Wohnformen
Manchmal ist die Pflege zu Hause nicht mehr möglich. In diesem Fall gibt es alternative Wohnformen wie Pflegeheime oder betreutes Wohnen. Bei der Wahl der geeigneten Wohnform sollten die Bedürfnisse des Betroffenen und die Möglichkeiten der Angehörigen berücksichtigt werden.
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