Demenz: Ursachen für das Verstecken von Gegenständen und herausforderndes Verhalten

Demenz ist eine komplexe Erkrankung, die weit mehr als nur Vergesslichkeit umfasst. Sie beeinflusst die Wahrnehmung, das Verhalten und das Erleben der Betroffenen. Ein häufiges und oft als "auffällig" wahrgenommenes Verhalten bei Menschen mit Demenz ist das Verstecken von Gegenständen. Dieses Verhalten ist jedoch in den meisten Fällen nicht böswillig, sondern ein Ausdruck der Erkrankung und der damit verbundenen Veränderungen im Gehirn.

Herausforderndes Verhalten verstehen

In Fachkreisen wird oft von "herausforderndem Verhalten" gesprochen, wenn es um Verhaltensauffälligkeiten bei Demenz geht. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Verhaltensweisen in den allermeisten Fällen nicht darauf abzielen, andere zu ärgern oder "böse" zu sein. Stattdessen sind sie oft Ausdruck von Unsicherheit, Angst, Verwirrung oder unerfüllten Bedürfnissen. Um demenzbedingtes Verhalten besser zu verstehen, ist es wichtig, die individuellen Umstände der erkrankten Person zu berücksichtigen, einschließlich ihrer Umgebung, ihrer sozialen Interaktionen, ihres Tagesablaufs und des Fortschreitens ihrer Erkrankung.

Pflegewiki definiert "herausforderndes Verhalten" als eine typische, wiederkehrende Verhaltensauffälligkeit bei Demenz, die von Pflegenden und der Umgebung als Belastung wahrgenommen wird. Dies kann sich in sozial unangepasstem Verhalten äußern, das über längere Zeiträume auftritt, wie beispielsweise die Beschuldigung eines Diebstahls.

Ursachen für das Verstecken von Gegenständen

Das Verstecken von Gegenständen bei Menschen mit Demenz kann verschiedene Ursachen haben:

  • Sicherheitsbedürfnis: Demenzkranke Menschen können ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis entwickeln. Sie fühlen sich möglicherweise unsicher und versuchen, Wertgegenstände wie Geld, Schlüssel oder Dokumente an einem vermeintlich sicheren Ort zu verstecken. Dieser Ort kann für sie in diesem Moment logisch erscheinen, wird aber später aufgrund von Gedächtnisverlust vergessen.

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  • Verlust des Kurzzeitgedächtnisses: Demenz führt zu einem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Das bedeutet, dass sich Betroffene oft nicht mehr daran erinnern können, wo sie einen Gegenstand versteckt haben, selbst wenn dies erst kurze Zeit zurückliegt. Die Überlegungen, die zur Wahl des Verstecks geführt haben, sind wie ausgelöscht.

  • Angst vor Diebstahl: Manche Menschen mit Demenz entwickeln Misstrauen gegenüber ihrer Umgebung und haben Angst, bestohlen zu werden. Sie verstecken ihre Wertsachen, um sie vor vermeintlichen Dieben zu schützen. Diese Angst kann auch durch frühere Erfahrungen oder traumatische Erlebnisse verstärkt werden.

  • Verwechslung von Realität und Vorstellung: Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz kann es zu einer Vermischung von Realität und Vorstellung kommen. Betroffene können Gegenstände an ungewöhnlichen Orten verstecken, weil sie sich in eine frühere Lebensphase zurückversetzt fühlen oder eine veränderte Wahrnehmung haben.

Ein Beispiel: Die verschwundene Geldbörse

Ein typisches Beispiel ist die Situation, in der ein Mensch mit Demenz seine Geldbörse vermisst und Angehörige des Diebstahls beschuldigt. Die Fakten sind: Der Betroffene ist empört und wütend, weil sein Geld fehlt. Diese Reaktion ist völlig normal. Die Erklärung könnte sein, dass der Betroffene seine Geldbörse normalerweise immer am selben Platz aufbewahrt hat, beispielsweise in der Handtasche. Aufgrund von Gedächtnisproblemen hat er jedoch eines Tages beschlossen, einen sichereren Ort für die Geldbörse zu suchen, beispielsweise im Schuhschrank. Am nächsten Tag hat er jedoch vergessen, dass er die Geldbörse versteckt hat, und beschuldigt stattdessen andere des Diebstahls.

Umgang mit dem Verstecken von Gegenständen

Der Umgang mit dem Verstecken von Gegenständen erfordert Einfühlungsvermögen, Geduld und Verständnis. Hier sind einige Tipps, wie Sie mit dieser Situation umgehen können:

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  • Nehmen Sie die Gefühle des Betroffenen ernst: Zeigen Sie Verständnis für die Angst und den Ärger, die der Verlust eines Gegenstandes auslösen kann. Sagen Sie beispielsweise: "Es ist schrecklich, wenn man etwas verliert, das einem wichtig ist."

  • Vermeiden Sie Vorwürfe und Konfrontationen: Kritisieren Sie den Betroffenen nicht für seine Vergesslichkeit oder sein Misstrauen. Sätze wie "Das war ja nur eine Frage der Zeit, bis auch noch dein Geldbeutel weg ist" sind kontraproduktiv und verletzend.

  • Helfen Sie beim Suchen: Bieten Sie Ihre Hilfe bei der Suche nach dem vermissten Gegenstand an. Versuchen Sie, sich in die Denkweise des Betroffenen hineinzuversetzen und zu überlegen, wo er den Gegenstand versteckt haben könnte.

  • Lenken Sie ab: Wenn die Suche erfolglos bleibt, versuchen Sie, den Betroffenen abzulenken, indem Sie über ein anderes Thema sprechen oder eine angenehme Aktivität anbieten.

  • Schaffen Sie eine sichere Umgebung: Sorgen Sie für eine vertraute und übersichtliche Umgebung, in der sich der Betroffene sicher und geborgen fühlt. Vermeiden Sie unnötige Veränderungen und sorgen Sie für eine gute Beleuchtung.

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  • Bewahren Sie wichtige Gegenstände an einem sicheren Ort auf: Wenn möglich, bewahren Sie wichtige Dokumente, Wertgegenstände und Medikamente an einem sicheren Ort auf, der für den Betroffenen nicht zugänglich ist.

  • Schaffen Sie Routinen: Regelmäßige Tagesabläufe und feste Gewohnheiten können Menschen mit Demenz helfen, sich sicherer und orientierter zu fühlen.

  • Suchen Sie professionelle Hilfe: Wenn das Verstecken von Gegenständen zu einem großen Problem wird oder andere Verhaltensauffälligkeiten auftreten, suchen Sie professionelle Hilfe bei einem Arzt, einem Psychologen oder einer Demenzberatungsstelle.

Such-Empfehlungen

Basierend auf Erfahrungen mit vielen Menschen mit Demenz, können folgende Orte als mögliche Verstecke in Betracht gezogen werden:

  • Schuhschrank (z.B. in Winterstiefeln)
  • Wäschekorb
  • Unter der Matratze
  • In Blumentöpfen
  • Hinter Bildern
  • In Schubladen mit anderer Kleidung

Es ist ratsam, die Suchaktion so zu gestalten, dass der Betroffene den Gegenstand selbst wiederfindet. Dies kann helfen, Ärger und Frustration zu vermeiden.

Weitere herausfordernde Verhaltensweisen und deren Ursachen

Neben dem Verstecken von Gegenständen können bei Menschen mit Demenz auch andere herausfordernde Verhaltensweisen auftreten, wie z.B.:

  • Hin- und Herlaufen (Wandering): Dies kann durch Unruhe, Angst, Verwirrung oder das Gefühl, etwas Bestimmtes suchen zu müssen, verursacht werden.

  • Nächtliche Unruhe: Schlafstörungen und ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus sind häufige Begleiterscheinungen der Demenz.

  • Lautes Schreien: Schreien kann ein Ausdruck von Hilflosigkeit, Angst, Schmerzen oder unerfüllten Bedürfnissen sein.

  • Aggressionen: Aggressives Verhalten kann durch Frustration, Überforderung, Angst oder körperliche Beschwerden ausgelöst werden.

  • Teilnahmslosigkeit: Apathie und sozialer Rückzug können Anzeichen von Depressionen oder einem Verlust des Interesses an der Umgebung sein.

  • Anhängliches Verhalten: Menschen mit Demenz können ein starkes Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit entwickeln und daher sehr anhänglich sein.

Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen

Der Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen erfordert ein hohes Maß an Empathie, Geduld und Fachwissen. Es ist wichtig, die Ursachen für das Verhalten zu verstehen und geeignete Strategien zur Deeskalation und Beruhigung anzuwenden.

  • Sorgen Sie für eine ruhige und reizarme Umgebung: Vermeiden Sie unnötigen Lärm, Hektik und visuelle Ablenkungen.

  • Schaffen Sie eine vertraute und strukturierte Umgebung: Regelmäßige Tagesabläufe und feste Gewohnheiten können Sicherheit und Orientierung geben.

  • Kommunizieren Sie klar und einfach: Sprechen Sie langsam, deutlich und in kurzen Sätzen. Verwenden Sie eine ruhige und beruhigende Stimme.

  • Bieten SieValidation und Bestätigung: Zeigen Sie Verständnis für die Gefühle des Betroffenen und bestätigen Sie seineRealität, auch wenn sie nicht mit Ihrer übereinstimmt.

  • Lenken Sie ab: Wenn eine Situation eskaliert, versuchen Sie, den Betroffenen abzulenken, indem Sie über ein anderes Thema sprechen oder eine angenehme Aktivität anbieten.

  • Setzen Sie auf nonverbale Kommunikation: Achten Sie auf die Körpersprache des Betroffenen und nutzen Sie Berührungen, Blickkontakt und Mimik, um eine Verbindung herzustellen.

  • Suchen Sie professionelle Hilfe: Wenn Sie mit dem herausfordernden Verhalten überfordert sind, suchen Sie professionelle Hilfe bei einem Arzt, einem Psychologen oder einer Demenzberatungsstelle.

Die Bedeutung der Biografiearbeit

Um das Verhalten von Menschen mit Demenz besser zu verstehen, ist es hilfreich, ihre Biografie kennenzulernen. Welche Erfahrungen haben sie in ihrem Leben gemacht? Welche Werte und Überzeugungen haben sie? Welche Hobbys und Interessen haben sie? Die Kenntnis der Biografie kann helfen, die Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.

Naomi Feil, die Begründerin der Validation, betont, dass Menschen mit Demenz oft ungelebte Emotionen und Gefühle aus ihrer Vergangenheit aufarbeiten müssen. Aggressives Verhalten kann beispielsweise ein Ausdruck von Wut, Enttäuschung oder Trauer sein, die über Jahre hinweg unterdrückt wurden.

Wohnraumgestaltung für Menschen mit Demenz

Die Gestaltung des Wohnraums kann einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Orientierung von Menschen mit Demenz haben. Eine demenzgerechte Umgebung sollte übersichtlich, sicher und vertraut sein.

  • Übersichtlichkeit: Vermeiden Sie zu viele Gegenstände und visuelle Reize. Sorgen Sie für eine klare Strukturierung der Räume und eine gute Beleuchtung.

  • Sicherheit: Entfernen Sie Stolperfallen wie lose Teppiche und Kabel. Installieren Sie Haltegriffe im Badezimmer und sorgen Sie für eine rutschfeste Oberfläche.

  • Vertrautheit: Bewahren Sie vertraute Gegenstände und Erinnerungsstücke auf, die dem Betroffenen Sicherheit und Geborgenheit geben.

  • Farben und Kontraste: Verwenden Sie helle und freundliche Farben. Vermeiden Sie dunkle Töne und großflächige Muster. Sorgen Sie für gute Kontraste, um die Orientierung zu erleichtern.

  • Beleuchtung: Sorgen Sie für eine ausreichende und blendfreie Beleuchtung. Verwenden Sie LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder, um die Orientierung im Dunkeln zu erleichtern.

  • Beschilderung: Kennzeichnen Sie Türen mit deutlichen Schildern, um die Orientierung zu erleichtern.

Unterstützung für Angehörige

Die Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die oft mit großen Belastungen verbunden ist. Es ist wichtig, dass Angehörige sich rechtzeitig Unterstützung suchen, um ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu erhalten.

  • Sprechen Sie über Ihre Belastung: Tauschen Sie sich mit anderen Familienangehörigen, Freunden oder Selbsthilfegruppen aus.

  • Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch: Nutzen Sie Beratungsangebote, Entlastungsdienste und Pflegekurse.

  • Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit: Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst, treiben Sie Sport, ernähren Sie sich gesund und schlafen Sie ausreichend.

  • Akzeptieren Sie Hilfe von anderen: Scheuen Sie sich nicht, Hilfe von anderen anzunehmen, sei es von Familienangehörigen, Freunden oder professionellen Pflegekräften.

Medikamentöse Behandlung

In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung helfen, die Symptome der Demenz zu lindern und das Verhalten zu stabilisieren. Antidepressiva, Neuroleptika und andere Medikamente können eingesetzt werden, um Aggressionen, Unruhe, Schlafstörungen und andere Verhaltensauffälligkeiten zu behandeln. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen und sorgfältig überwacht werden.

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