Demenz, Schluckbeschwerden und Lungenentzündung: Ursachen und Behandlungsansätze

Schluckstörungen (Dysphagie) sind ein weit verbreitetes Problem, insbesondere bei älteren Menschen und Personen mit neurologischen Erkrankungen wie Demenz. Sie können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und zu schwerwiegenden Komplikationen wie Mangelernährung, Dehydration und Lungenentzündung führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Schluckbeschwerden im Zusammenhang mit Demenz, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein umfassendes Verständnis der Problematik zu vermitteln.

Einführung in Schluckstörungen (Dysphagie)

Der medizinische Fachbegriff Dysphagie bezeichnet eine Störung beim Herunterschlucken von fester Nahrung und Flüssigkeiten. Diese Störung kann schmerzfrei sein, im Gegensatz zur Odynophagie, die schmerzhafte Schluckstörungen beschreibt. Je nach Schweregrad der Dysphagie kann die Nahrungsaufnahme erheblich erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden, wenn Nahrung und Flüssigkeiten nicht mehr in die Speiseröhre und den Magen gelangen.

Schätzungen zufolge haben etwa vier von zehn Menschen über 75 Jahre Probleme beim Schlucken. Ursächlich sind oft altersbedingte organische Veränderungen und Abbauprozesse, bei denen das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln gestört und verlangsamt ist. Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson, Demenz oder eine COVID-19-Erkrankung können ebenfalls zu Einschränkungen der Schluckfunktion führen oder bereits bestehende Probleme verschlimmern.

Ursachen von Schluckbeschwerden bei Demenz

Demenz ist eine der Hauptursachen für Schluckbeschwerden, da sie die kognitiven und motorischen Fähigkeiten beeinträchtigt, die für einen normalen Schluckvorgang erforderlich sind. Bei der Frontotemporalen Demenz (FTD) beispielsweise sterben Nervenzellen im Frontallappen (Stirnlappen) und Temporallappen (Schläfenlappen) des Gehirns ab. Diese Hirnregionen steuern Gefühle, Sozialverhalten und Sprache, was zu tiefgreifenden Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit führen kann.

Menschen mit Demenz entwickeln oft ein verändertes Hunger- und Durstgefühl und verlernen möglicherweise die Fähigkeiten zur Nahrungsaufnahme, wie den Umgang mit Besteck oder die Bewegung vom Löffel zum Mund. Dies kann zu Problemen bei der selbstständigen Nahrungsaufnahme und schließlich zu Schluckbeschwerden führen.

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Weitere Ursachen und Risikofaktoren für Schluckstörungen sind:

  • Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall und Parkinson
  • Muskelerkrankungen
  • Angeborene Fehlbildungen wie Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
  • Krebserkrankungen im Bereich von Mund, Rachen und Speiseröhre
  • Entzündungen der Speiseröhre
  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Erkrankungen der Halswirbelsäule (HWS-Syndrom)

Formen von Schluckstörungen

Schluckstörungen können in zwei Hauptformen unterteilt werden:

  • Odynophagie: Hierbei löst der Schluckvorgang starke Schmerzen in Mund, Rachen oder Speiseröhre aus. Ursächlich können Entzündungen der Mandeln oder Sodbrennen sein. Betroffene können feste Nahrung kaum mehr zu sich nehmen und greifen oft zu breiartiger, verflüssigter Kost oder verzichten ganz aufs Essen.
  • Dysphagie: Bei dieser Form ist der Nahrungstransport gestört. Jeder Bissen wird von einem Hustenreiz begleitet. Dies deutet meist auf eine Funktionsstörung im Kehlkopf, den Lippen oder der Zunge hin. Schließt beispielsweise der Kehlkopf nicht richtig, gelangen Speichel, Nahrung und Flüssigkeiten unkontrolliert in die Lunge.

Symptome von Schluckbeschwerden

Die Symptome von Schluckbeschwerden können vielfältig sein und hängen von der Ursache und dem Schweregrad der Störung ab. Häufige Symptome sind:

  • Häufiges Verschlucken, Räuspern oder Husten beim Essen oder Trinken
  • Probleme, den Schluckvorgang richtig einzuleiten
  • Speichelfluss aus dem Mund während des Essens
  • Nahrung bleibt im Hals stecken
  • Nahrung kommt durch Nase oder Mund wieder hoch
  • Vermehrtes Räuspern
  • Stimmveränderungen während oder nach dem Essen
  • Halsschmerzen
  • Schmerzen oder Brennen im Brust- und Herzbereich
  • Fremdkörpergefühl im Hals (Kloßgefühl)
  • Hustenattacken beim Hinlegen nach dem Essen
  • Erbrechen
  • Belegter, feuchter, gurgelnder Stimmklang
  • Das Essen bleibt lange im Mund
  • Nahrung oder Speichel läuft aus dem Mund

Ein besonders gefährliches Symptom ist die Aspiration, bei der Flüssigkeit oder Nahrung in die Luftröhre und die Lunge gelangen. Dies kann zu Infektionen bis hin zu potenziell lebensgefährlichen Lungenentzündungen führen (Aspirationspneumonie).

Diagnose von Schluckstörungen

Um festzustellen, wie Menschen mit einer Schluckstörung am besten geholfen werden kann, ist eine gründliche Diagnostik erforderlich. Diese wird von einem interdisziplinär arbeitenden Team aus im Fachbereich der Dysphagie ausgebildeten und erfahrenen Medizinern in Zusammenarbeit mit Logopäden durchgeführt.

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Die Diagnostik umfasst in der Regel:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Prüfung grundlegender kognitiver Fähigkeiten, zum Beispiel des Gedächtnisses.
  • Klinische Schluckuntersuchung: Beobachtung des Patienten bei der Nahrungsaufnahme "von außen".
  • Apparative Schluckuntersuchung: Beobachtung des Schluckvorgangs "von innen" mit einer speziellen Sonde. Hierbei arbeiten Medizin und Logopädie zusammen. Durch die Nase wird das flexible Gerät vorsichtig bis in den Rachenraum geschoben. An einem Monitor kann genau beobachtet werden, was dort passiert. Zuerst werden die grundlegenden Funktionen wie Atmung, Stimmgebung und Husten überprüft. Danach werden kleine Mengen verschiedener Nahrungskonsistenzen (breiig, flüssig, fest) gereicht. Bei allen wird der Schluckvorgang genau aufgezeichnet.
  • Befragung der Angehörigen: Besonders bei der Verhaltensvariante der FTD sind Einschätzungen aus dem Umfeld entscheidend, da Erkrankte oft keine Einsicht in ihre Verhaltensänderungen zeigen.
  • Bildgebende Verfahren: Mithilfe von MRT, CT oder FDG-PET können Veränderungen in den Stirn- und Schläfenlappen sichtbar gemacht werden.
  • Neuropsychologische Tests: Diese erfassen spezifische Beeinträchtigungen in Planung, Urteilsvermögen, Sprache oder sozialem Verhalten, die für FTD typisch sind.
  • Genetische Untersuchungen: Liegen in der Familie weitere Fälle von FTD vor, kann ein Gentest helfen, eine vererbbare Form festzustellen.

Behandlung von Schluckstörungen

Die Behandlung von Schluckstörungen zielt darauf ab, die Schluckfunktion zu verbessern, Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten. Die Therapie kann je nach Ursache und Schweregrad der Störung verschiedene Ansätze umfassen:

  • Behandlung der Grunderkrankung: Ist eine bestimmte Grunderkrankung ursächlich für die Dysphagie, ist es wichtig, diese so gut wie möglich zu behandeln.
  • Schlucktherapie: Diese wird von Logopäden angeleitet und umfasst Übungen zur Stärkung der Kau- und Schluckmuskulatur sowie zur Verbesserung der Kontrolle über den Schluckvorgang.
  • Anpassung der Ernährung: Die Konsistenz der Nahrung sollte an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Vielen Betroffenen fällt das Schlucken kleinerer Bissen leichter. Breiförmige Speisen oder angedickte Flüssigkeiten sind oft besser schluckbar.
  • Körperhaltung: Eine aufrechte Körperhaltung beim Essen und Trinken erleichtert die Nahrungsaufnahme. Ist der Betroffene bettlägerig, sollte er zu jeder Mahlzeit in eine aufrechte Liegeposition gebracht werden.
  • Mundhygiene: Eine gute Mundhygiene ist wichtig, um die Gefahr einer Aspirationspneumonie zu senken.
  • Medikamentöse Behandlung: Manche Begleiterscheinungen von Dysphagie lassen sich mit bestimmten Wirkstoffen abmildern. So kann zum Beispiel das Risiko einer Lungenentzündung mit bestimmten Medikamenten verringert werden. Andere Medikamente verringern konkret den Speichelfluss, wenn dieser verstärkt auftritt und eine gesundheitliche Gefahr darstellt.
  • Operativer Eingriff: Wenn Mund, Rachen oder Speiseröhre physisch blockiert sind und deshalb keine Nahrung weitertransportiert werden kann, bietet sich manchmal ein operativer Eingriff an.
  • Künstliche Ernährung: Bei stark ausgeprägter Dysphagie kann eine Form der künstlichen Ernährung notwendig sein, um sicherzustellen, dass der Betroffene ausreichend mit Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt wird. Dies kann durch eine Sonde durch die Nase in den Magen (transnasal) oder mittels Operation direkt durch die Bauchdecke (PEG) erfolgen.

Tipps zum Umgang mit Schluckstörungen bei Demenz

  • Die Ess-Situation sollte bewusst als solche gestaltet werden, damit sie von der demenzkranken Person richtig eingeordnet werden kann.
  • Wenn möglich, sollten Menschen mit Demenz in die Zubereitung des Essens einbezogen werden.
  • Es hilft, wenn die betroffene Person selbst den Löffel hält und zum Mund führt. Gegebenenfalls sollte sie dazu angeleitet werden.
  • Das Essen sollte appetitlich angerichtet werden.
  • Eine aufrechte Körperhaltung erleichtert das Schlucken.
  • Menschen mit Schluckstörungen brauchen Zeit und Ruhe zum Essen.
  • Die Nahrung sollte leicht zu kauen sein, zum Beispiel weiches Gemüse, wenn nötig löffelfeste Breikost. Besonders schwer zu essen sind Mischkonsistenzen, etwa klare Brühe mit Fleischeinlage.
  • Lieblingsspeisen und -getränke können den Appetit verbessern.
  • Speisen können besonders deutlich gewürzt oder gesüßt werden, damit sie im Mund besser wahrgenommen werden.
  • Wenn man bemerkt, dass jemand Nahrung lange im Mund behält, kann man die Person ans Herunterschlucken erinnern.
  • Nach dem Essen sollte man sicherstellen, dass keine Nahrungsreste im Mund bleiben.
  • Weil der Mund ein sehr intimer Bereich ist, sollte man bei der Mundpflege behutsam vorgehen.

Lungenentzündung als Folge von Schluckstörungen

Eine der häufigsten und gefährlichsten Komplikationen von Schluckstörungen ist die Lungenentzündung (Pneumonie), insbesondere die Aspirationspneumonie. Diese entsteht, wenn Nahrung, Flüssigkeit oder Speichel in die Lunge gelangen und dort eine Entzündung verursachen.

Menschen mit Demenz sind besonders anfällig für Lungenentzündungen, da ihr Immunsystem oft geschwächt ist und sie Schwierigkeiten haben, sich vor dem Verschlucken zu schützen. Eine Lungenentzündung kann lebensbedrohlich sein und erfordert eine sofortige medizinische Behandlung.

Vorbeugung von Lungenentzündungen bei Schluckstörungen

Um Lungenentzündungen bei Menschen mit Schluckstörungen vorzubeugen, sind folgende Maßnahmen wichtig:

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  • Früherkennung und Behandlung von Schluckstörungen: Je früher eine Schluckstörung erkannt und behandelt wird, desto geringer ist das Risiko von Komplikationen.
  • Anpassung der Ernährung: Die Konsistenz der Nahrung sollte an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden, um das Verschlucken zu vermeiden.
  • Aufrechte Körperhaltung: Eine aufrechte Körperhaltung beim Essen und Trinken erleichtert den Schluckvorgang und reduziert das Risiko der Aspiration.
  • Sorgfältige Mundpflege: Eine gute Mundhygiene reduziert die Anzahl der Bakterien im Mund und verringert das Risiko einer Lungenentzündung, wenn Speichel in die Lunge gelangt.
  • Regelmäßige Impfungen: Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken können das Risiko von Atemwegsinfektionen und Lungenentzündungen verringern.

Die letzte Lebensphase bei Demenz mit Schluckbeschwerden

In der letzten Lebensphase von Menschen mit Demenz können Schluckbeschwerden zunehmen und die Nahrungsaufnahme weiter erschweren. Oft haben die Betroffenen häufige Infekte, die sie weiter schwächen, und sind zunehmend abhängig von der Unterstützung anderer.

Das Interesse an Essen und Trinken nimmt häufig ab, was zu Gewichtsverlust und Mangelernährung führen kann. Die Betroffenen wirken körperlich schwächer und sind weniger mobil. Möglicherweise halten sie sich nur noch kurze Zeit außerhalb des Bettes auf und können nur kurzfristig in einem Stuhl oder Liegestuhl sitzen.

Es ist wichtig, in dieser Phase eine palliative Versorgung in Erwägung zu ziehen, um die Lebensqualität der Betroffenen so gut wie möglich zu erhalten. Dies umfasst eine symptomorientierte Behandlung, die Linderung von Schmerzen, Luftnot, Unruhe und anderen Beschwerden zum Ziel hat.

Sterbephase und Todesursachen

Steht der Tod unmittelbar bevor, können typische Anzeichen auftreten, wie eine Veränderung des Bewusstseins, eine blasse oder wächserne Hautfarbe, eine veränderte Atmung und eine Rasselatmung.

Eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz ist die Lungenentzündung (Pneumonie), insbesondere die Aspirationspneumonie.

Trauerphase

Der Tod eines nahestehenden Menschen ist mit tiefen Emotionen verbunden. Hinterbliebene müssen nicht allein mit ihrer Trauer bleiben, vielen hilft es, sich mit anderen darüber auszutauschen. Hospizdienste bieten Unterstützung in dieser Lebensphase an.

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