Aphasie bei Demenz: Sprachverlust verstehen und Kommunikation fördern

Aphasie ist ein häufiges Symptom im Krankheitsverlauf einer Demenz und betrifft Sprachverständnis, Sprechen, Lesen und Schreiben. Der Begriff Aphasie stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „Sprachlosigkeit“. Medizinisch bezeichnet er eine erworbene Störung der Sprache, die durch eine Hirnverletzung oder einen Substanzverlust im Gehirn entsteht. In den meisten Fällen ist die linke Gehirnhälfte betroffen. Aphasien treten häufig nach Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata auf, aber auch im Rahmen fortgeschrittener Demenz. Auch wenn die sprachlichen Fähigkeiten abnehmen, gibt es Möglichkeiten, die Kommunikation möglichst lange aufrechtzuerhalten, mit Geduld, Klarheit und gezielter Unterstützung.

Aphasie als Symptom bei Demenz

Aphasie zählt neben Apraxie, Agnosie, Agraphie oder Alexie zu den typischen neuropsychiatrischen Symptomen einer fortgeschrittenen Demenz. Unter Demenz werden verschiedene Formen von neurologischen Erkrankungen zusammengefasst, die mit einem Abbau der kognitiven Fähigkeiten einhergehen. Im Verlauf einer Demenz treten häufig Beeinträchtigungen im Sprachverständnis und im Sprechen sowie im Lesen und Schreiben auf. Oft ist es eines der ersten Symptome, dass den Betroffenen beim Erzählen einzelne Wörter nicht mehr einfallen. Solche Einschränkungen der Sprache bezeichnet man als Aphasie. Die logopädische Behandlung sollte so früh wie möglich begonnen werden, sobald die ersten Symptome auftreten. So kann die Kommunikationsfähigkeit so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Die Symptome und ihre Stärke verändern sich im Verlauf der Erkrankung stetig. Ziel der logopädischen Behandlung bei Demenz ist es, Betroffenen so lang wie möglich die Teilhabe am kommunikativen Alltag zu gewährleisten. Hierzu finden beispielsweise Übungen zur Wortfindung, Hör- und Leseübungen und, wenn benötigt, die Erarbeitung von alternativer Kommunikation statt.

Besonders ausgeprägt ist sie bei bestimmten Formen der Frontotemporalen Demenz, bei der Nervenzellen im Stirn- und Schläfenlappen absterben. Diese sogenannten „Sprachdemenzen“ äußern sich vor allem in Störungen der gesprochenen und geschriebenen Sprache sowie des Sprachverständnisses.

Zwei Unterformen der Sprachdemenz

Zwei Unterformen treten besonders hervor:

  • Semantische Demenz: Hier verlieren Betroffene zunehmend das Verständnis für die Bedeutung von Wörtern, später auch für vertraute Gesichter. Trotz vermindertem Wortschatz bleibt die Sprache zunächst grammatikalisch korrekt und flüssig. Im Verlauf verändert sich oft auch das Verhalten. Ursache der Semantischen Demenz (SD) ist u.a. eine Verminderung der Durchblutung, die sich in bildgebenden Verfahren in Form einer linksseitigen, infero-temporalen Atrophie äußert. Das Leitsymptom ist der fortschreitende Verlust semantischer Information, wobei zunächst nur lautsprachliche Modalitäten betroffen sind. Über einen langen Zeitraum sind das episodische Gedächtnis, das Sozialverhalten sowie die räumliche Orientierung nicht betroffen. Im späteren Verlauf können Patienten mit SD auch visuell oder taktil wahrgenommene Objekte nicht mehr erkennen; die Schriftsprache wird in Mitleidenschaft gezogen. Die Sprache kann als „flüssig“ , aber inhaltsleer beschrieben werden; Artikulation und Syntax sind unauffällig. Das Benennen und Definieren von Objekten und Tätigkeiten ist den Patienten nicht möglich oder sie produzieren semantische Paraphasien (s. auch ‎3.1 ), wobei die Möglichkeit besteht, dass einzelne semantische Felder (z.B. Tiernamen) stärker betroffen sind. Eine Oberflächendyslexie/-dysgraphie kann nicht ausgeschlossen werden. Laut Danek et al. sind das Zuordnen von Bildern sowie das Nachsprechen einzelner Wörter intakt. Im Endstadium der Krankheit ist ein Mutismus ggf. mit Zeichen des Klüver-Bucy-Syndroms zu beobachten.
  • Progrediente (progressive) nicht flüssige Aphasie: Betroffene sprechen mühsam, mit grammatikalischen Fehlern oder fehlerhafter Aussprache. Auffällig sind starke Wortfindungsstörungen. Gedächtnis und Alltagsfähigkeiten bleiben oft lange erhalten. Die „primary progressive aphasia“ (Mesulam, 2001) oder auch „progressive non-fluent aphasia" (Neary et al., 1998) bzw. „primär progrediente Aphasie“ (Schultze-Jena u. Becker, 2005, S.14) ist durch eine langsam fortschreitende Aphasie gekennzeichnet. Die Sprachproduktion wird hier als „nichtflüssig“ beschrieben. Die Patienten produzieren viele phonematische Paraphasien und eine agrammatische Syntax. Laut Danek und Wekerle (2001) treten ebenfalls Wortfindungs- und Benennstörungen auf; Sprech- und Sprachstörungen z.B. in Form einer Sprechapraxie sind möglich, das Nachsprechen kann gestört sein. Das Sozialverhalten, räumliche Orientierung, episodisches Gedächtnis und Problemlösen sind wie bei der SD lange Zeit intakt; im Verlauf lassen andere kognitive Leistungen allerdings nach. Nach 2-8 Jahren liegt ein Mutismus ohne erkennbares Sprachverständnis vor.

Ursachen und Formen der Aphasie

Häufige Ursachen für eine Aphasie sind Durchblutungsstörungen der linken Gehirnhälfte nach einem Schlaganfall. Teile des Hirns erhalten dann nicht mehr ausreichend Sauerstoff, sodass Gehirnzellen absterben. Hirnblutungen, Hirntumore oder epileptische Anfälle können ebenfalls zu Aphasie führen. Mit etwa 80 Prozent die häufigste Ursache einer Aphasie sind Schlaganfälle, die in Deutschland rund 270.000 Menschen im Jahr treffen. Bei rund einem Drittel aller erstmaligen Schlaganfälle kommt es danach zu einer Aphasie, die sich in den ersten vier Wochen oft wieder legt. Etwa zehn Prozent der Aphasien sind Folge einer schweren Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma), also einer Hirnverletzung, wie sie etwa durch einen Schlag auf den Kopf oder einen Unfall auftritt. Rund sieben Prozent der Aphasien entstehen durch Hirntumore. Sie können Druck auf die Areale ausüben, die für die Sprache zuständig sind. Wenn sie wachsen, verschlimmert sich die Aphasie möglicherweise entsprechend. Aphasien treten auch bei Erkrankungen auf, die das gesamte Gehirn betreffen. Dazu gehören Demenzerkrankungen, bei denen sich im Verlauf der Krankheit die Sprache schrittweise verändert. Sie kann mit der Zeit weniger ausdrucksstark werden und im Verlauf ganz verschwinden. Eine Sonderform der Demenz, bei der die Sprachstörung im Vordergrund steht, ist die primär progressive Aphasie. Bei Erkrankungen, die die Hirnfunktionen stören, wie zum Beispiel Unterzuckerung oder schwere Infektionen, kann neben allen anderen Hirnleistungen auch die Sprache gestört sein. Hier ist die Aphasie meist nicht das einzige Symptom.

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Je nachdem, wie stark welche Hirnregion im Sprachnetzwerk beeinträchtigt ist, kann man Aphasie in vier Hauptformen unterscheiden. Den Kern des Sprachnetzwerks bilden zwei Hirnregionen: das Wernicke-Areal und das Broca-Areal. Stark vereinfacht dargestellt, ist das Wernicke-Areal eher für das Verstehen von Sprache zuständig. Das Broca-Areal wiederum ist eher für das Sprechen verantwortlich.

Die vier Hauptformen der Aphasie

  • Amnestische Aphasie: Menschen mit Amnestischer Aphasie finden häufig nicht das richtige Wort. Ihr Gegenüber verstehen sie meist ohne Probleme. Erkrankte können sich verständlich artikulieren. Ihr Sprachfluss ist insgesamt unauffällig, mit vereinzelten Wortfindungsstörungen. Häufig versuchen Betroffene, Alternativen für die fehlenden Wörter zu finden durch leicht abweichende Wortersetzungen und Umschreibungen (etwa “das Ding, aus dem man Wasser trinkt”) oder durch Platzhalter (“der da”). Menschen mit Amnestischer Aphasie können Gesprochenes meist gut verstehen und sind auch beim Lesen und Schreiben kaum beeinträchtigt. Die Amnestische Aphasie gehört zur Gruppe der flüssigen Aphasien. Das vorrangige Symptom ist die Wortfindungsstörung. Die Satzinhalte wiederholen sich oft und es werden Floskeln oder Umschreibungen verwendet, um die Wortfindungsstörung zu überspielen.
  • Broca-Aphasie: Menschen mit Broca-Aphasie können sprachliche Äußerungen nur sehr mühsam und stockend im Telegrammstil formulieren. Ihr Gegenüber verstehen sie oft recht gut. Bei einer Broca-Aphasie ist das Sprachnetzwerk im Stirnlappen des Gehirns (Broca-Areal) geschädigt. Menschen mit Broca-Aphasie sprechen oft wenig und spontan von sich aus meist gar nicht. Der Satzbau ist bei Broca-Aphasie vereinfacht. Wörter sind meist nach thematischer Wichtigkeit geordnet und nicht in grammatikalischer Reihenfolge (Agrammatismus). Betroffene können Gesprochenes oft gut verstehen. Die Broca-Aphasie wurde früher auch als motorische Aphasie bezeichnet. Die Broca-Aphasie zählt zu den nichtflüssigen Aphasien. Das heißt, die betroffene Person kann in der Regel nicht flüssig sprechen. Außerdem ist das Sprechen mit erheblichen Anstrengungen verbunden. Das heißt, es können keine vollständigen Sätze gebildet werden. Ausgesprochen werden nur einzelne Satzbestandteile oder Wörter. Dadurch ist die Möglichkeit, sich ausdrücken, für den Betroffenen stark eingeschränkt. Das Sprachverständnis ist gut erhalten.
  • Wernicke-Aphasie: Menschen mit Wernicke-Aphasie haben oft eine verworrene Sprache ohne inhaltlichen Zusammenhang. Ihr Gegenüber verstehen sie meist nur teilweise oder gar nicht. Das Sprachverständnis ist meist stark beeinträchtigt. Das kann gesprochene Worte als auch Lesen, Schreiben und Zahlen betreffen. Einige Betroffene bemerken ihre eigene Sprachstörung (und andere Defizite) nicht. Betroffene sprechen oft flüssig und die Wörter sprudeln geradezu aus ihnen heraus. Die Sprache ist aber oft verworren und ohne inhaltlichen Zusammenhang. Menschen mit Wernicke-Aphasie verändern auch oft die Lautstruktur von Wörtern. Sie lassen dabei Laute aus, stellen sie um oder ergänzen neue (etwa “Aum” statt “Baum”, “Vergewandte” statt “Verwandte”). Die Sätze ergeben oft keinen Sinn (“Es geht mir gelb”) und sind zudem auffallend lang, oft falsch aufgebaut oder stark ineinander verschachtelt (Paragrammatismus). Häufig vermutet man bei den Betroffenen fälschlicherweise zunächst eine Denkstörung, da sie verwirrt erscheinen. Das sind sie jedoch nicht. Die veraltete Bezeichnung der Wernicke-Aphasie lautet „sensorische Aphasie“. Sie gehört zur Gruppe der flüssigen Aphasien. Die Satzbauteile geraten beim Sprechen durcheinander und Wörter werden verwechselt. So lässt sich der Sinn des Gesagten für den Zuhörenden nur schwer erkennen. Das heißt, der Aphasiker versteht das Gesagte nicht oder nur eingeschränkt. Lesen und schreiben ist für die Betroffenen nicht möglich.
  • Globale Aphasie: Menschen mit einer Globalen Aphasie können sich sprachlich kaum äußern. Ihr Gegenüber verstehen sie oft gar nicht. Bei einer globalen Aphasie sind im Gehirn meist Teile des Stirn-, Schläfen- und Scheitellappens in Kombination geschädigt. Das Verstehen von Sprache, Lesen und Schreiben sind meist schwer gestört. Die Verständigung ist kaum oder gar nicht mehr möglich. Betroffene sind meist vollkommen stumm oder der Sprechfluss ist stark auf einzelne sinnlose Wörter eingeschränkt. Einige nutzen Bruchstücke von Wörtern, sich wiederholende Silben wie (“dadada”) oder Floskeln („meine Güte“).

Neben den vier Hauptformen der Aphasie gibt es einige Sonderformen. Zu diesen gehört die Leitungsaphasie, bei der es zu einer schweren Störung des Nachsprechens kommt. Das Verständnis ist nur leicht eingeschränkt. Eine andere Form ist die transkortikale Aphasie.

Dysarthrie und Sprechapraxie

Zusammen mit einer Aphasie tritt häufig eine Dysarthrie (auch Dysarthrophonie genannt) oder eine Sprechapraxie auf. Hier sind die motorischen Funktionen des Sprechens gestört - anders als bei den Aphasien, wo diese nicht beeinträchtigt ist. Menschen mit einer Dysarthrie sprechen häufig langsam, mit sichtbarer Anstrengung und müssen häufig Luft holen. Das Sprachverständnis ist bei einer Dysarthrie nicht beeinträchtigt. Ihr Gegenüber verstehen Betroffene daher ohne Probleme. Bei einer Dysarthrie sind Muskeln gestört, die man zum Sprechen braucht. Eine Dysarthrie kann durch verschiedene neurologische Erkrankungen ausgelöst werden, darunter Schlaganfall und schwere Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma). Dysarthrien sind häufiger als Aphasien: Betroffen sind zwischen 15 und 30 Prozent der Schlaganfall-Erkrankten. Häufig vermutet man bei den Betroffenen fälschlicherweise zunächst Vergiftungen, wie z. B.

Menschen mit einer Sprechapraxie haben große Schwierigkeiten, die gewünschten Laute flüssig auszusprechen. Das Sprechen ist angestrengt, stockend, verlangsamt mit vielen Pausen oder nur geflüstert. Das Sprachverständnis ist bei einer reinen Sprechapraxie gut erhalten. Ihr Gegenüber verstehen Betroffene dann entsprechend. Hintergrund einer Sprechapraxie ist eine gestörte Planung der Bewegungsabläufe der Sprech- und Stimm-Muskulatur. Sprechapraxien kommen durch eine Schädigung bestimmter Hirnareale zustande, die in der Nähe der Sprachzentren liegen, etwa durch Schlaganfall, schwere Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma) oder Entzündungen im Hirn. Etwa ein Drittel der Schlaganfall-Betroffenen haben geschätzt eine Sprechapraxie [3].

Diagnose und Verlauf

Die Aphasie-Diagnostik beginnt in der Akutphase im Krankenhaus und wird von Logopäden, also Sprachtherapeuten, durchgeführt. Viele Patienten haben sind zu Beginn dieser Phase noch schwach und ihr Gesundheitszustand ist instabil. Erst nach etwa sechs Wochen kann eine detaillierte Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten des Betroffenen stattfinden. Dafür stehen unterschiedliche Tests zur Verfügung. Sollten Sie als angehörige Person wiederholt Sprachstörungen bei Ihrem Familienmitglied bemerken, kann es sich lohnen, diese zu dokumentieren und für ein späteres Arztgespräch bereitzuhalten. Gibt es Muster, wie zum Beispiel Wortfindungsstörungen oder Verwechslungen?

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Der Aphasie-Schnell-Test (AST) wurde für leichte bis mittelgradige akute Aphasien entwickelt. Der Test kann einfach durchgeführt werden und dauert etwa fünf bis 15 Minuten. Mit diesem Test kann zum einen ermittelt werden, ob eine Aphasie vorliegt oder nicht. Der Test dauert zwischen 60 und 90 Minuten.

Der Verlauf einer Aphasie wird in eine akute, postakute und chronische Phase eingeteilt. Die Verläufe von Aphasie sind verschieden. Einige Personen erholen sich teilweise oder vollständig über die Zeit, während bei anderen die Sprachschwierigkeiten bestehen bleiben. Eine Aphasie kann ohne bleibende Beeinträchtigungen rückgebildet werden.

Die Entwicklung der Aphasie hängt stark von der Ursache und dem Ausmaß der Hirnstörung ab. Schwere Aphasien durch einen großen Schlaganfall verbessern sich zum Beispiel nicht so stark wie leichte Störungen nach einer stärkeren Gehirnerschütterung. In vielen Fällen ist eine Aphasie gut behandelbar oder bildet sich im Verlauf sogar allein zurück. In den anderen Fällen hilft vielfach ein sprachtherapeutisches Training (Logopädie), das so früh wie möglich beginnen sollte. Spätestens nach vier bis sechs Monaten sind die Symptome weitgehend stabil (chronisch) und die Erfolge des logopädischen Trainings nehmen ab. Aber auch dann sind messbare Verbesserungen möglich.

Sprachtherapie und Logopädie: Kommunikation erhalten

Aphasie ist nicht heilbar, doch Sprachtherapie und Logopädie helfen dabei, sprachliche Fähigkeiten zu fördern und die Kommunikation möglichst lange zu erhalten. Die Behandlung einer Aphasie ist nicht invasiv, das heißt, Betroffene müssen nicht befürchten, am Gehirn operiert zu werden. Das übergeordnete Ziel der Aphasie-Therapie ist es, die sprachlichen Fähigkeiten des Patienten wiederherzustellen, zu verbessern oder zu erhalten. Betroffene lernen, die Sprachstörung durch andere Ausdrucksmöglichkeiten wie Gestik oder durch die Zuhilfenahme von Hilfsmitteln zu kompensieren. Entscheidend ist es, dass die Patienten dazu befähigt werden, wieder kommunizieren zu können. Die Behandlung der Aphasie liegt im Aufgabenbereich der Logopädie, also des Sprachtherapeuten. Patienten führen speziellen Aphasie-Übungen unter der Anleitung der Logopäden durch. Das genaue Therapieziel orientiert sich am Einzelfall, je nach Aphasie-Form, Schweregrad sowie allgemeiner gesundheitlicher Verfassung des Betroffenen.

Grundsätzlich gilt, dass die logopädische Therapie so früh wie möglich begonnen werden sollte, am besten noch während des Krankenhausaufenthaltes. Wenn der Betroffene wieder zuhause ist, muss die logopädische Therapie von einem Arzt verordnet werden. Grundsätzlich kann die ambulante Logotherapie einzeln oder in Gruppen stattfinden.

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Mit der Sprachtherapie sollen in erster Linie die sprachlichen Fähigkeiten gebessert werden, um die Kommunikation im Alltag und damit die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Ist vor allem das Sprechen betroffen, wird beispielsweise der Aufbau grammatikalisch korrekter, einfacher Sätze trainiert. Computerprogramme oder Apps unterstützen die Sprachtherapie heute und lassen sich auch zum eigenständigen Üben zuhause einsetzen. Wenn die Betroffenen sich wieder besser verständigen können, ist oft auch ein Gruppentraining sinnvoll. Als Hilfsmittel für den Umgang im Alltag gibt es bei Aphasie zum Beispiel Tafeln mit Symbolen, auf die Betroffene zeigen können.

Je nach Krankheitsstadium entwickeln Therapeut*innen individuelle Übungen - zur Wortfindung, zur Lese- und Schreibkompetenz oder zur nonverbalen Kommunikation. In späten Stadien, wenn auch das Schlucken beeinträchtigt ist, werden unterstützende Maßnahmen beim Essen oder Trinken wichtig

Ziele der Therapie bei Demenz

Im Unterschied zur Therapie bei anderen Sprachstörungen können bei Sprachstörungen im Rahmen einer Demenz nicht neu gelernt werden oder Fähigkeiten zurückerlangt werden. Ziele der Therapie sind individuell vorhandene Fähigkeiten anzuregen, zu nutzen, so lange wie möglich zu erhalten und Kompensationsstrategien zu entdecken. Auch soll mit vorhandenen vielleicht eingeschränkten Fähigkeiten die Erfahrung gelungener Kommunikation gemacht werden. Betroffene leiden oftmals unter entstehenden Misserfolgen und haben weniger Selbstvertrauen. Auch Angehörige werden aufgeklärt, wie ihr Partner Kommunikation erlebt, was schwierig ist und welche Situationen besonders herausfordernd sind.

Tipps für die Kommunikation mit Menschen mit Aphasie

Die Sprachstörung ist für Betroffene und ihr Umfeld eine Herausforderung. Betroffene sind manchmal selbst wenig alarmiert über die plötzliche Sprachstörung. Besonders bei der Wernicke-Aphasie kann die Einsicht in die Sprachstörung völlig fehlen. Zudem ist es äußerst frustrierend für Betroffene, wenn sie laufend korrigiert werden. Im Gespräch empfiehlt es sich, die Sätze immer kurz und einfach zu halten und den Betroffenen ausreichend Zeit zum Verarbeiten zu geben. Menschen mit Aphasie brauchen vor allem Verständnis für ihre Situation. Es ist enorm wichtig, einfühlsam mit ihnen umzugehen und die Sprachstörung immer im Blick zu haben. Menschen mit Aphasie vereinsamen sehr schnell. Helfen kann daher, regelmäßig soziale Aktivitäten anzubieten und hierzu zu ermutigen. Zudem kann die Belastbarkeit von Tag zu Tag stark schwanken. Dennoch ist das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Kommunikation bei Menschen mit Aphasie nicht geringer als bei anderen Menschen auch.

  • Verwende kurze Sätze: Einfache Sprache ist besser verständlich als komplexe Strukturen.
  • Vermeide Detailfragen oder „Warum“-Fragen: Diese können verunsichern oder Widerstand auslösen.
  • Sprich in der Ich-Form: Zum Beispiel: „Ich bringe dir dein Mittagessen.“
  • Formuliere positiv: „Wir bleiben heute zu Hause“ statt „Wir gehen heute nicht spazieren.“
  • Wiederhole Namen statt Pronomen: „Der Arzt sagt, wir sollen warten. Der Arzt kommt gleich.“
  • Sprich langsam und ruhig: Tiefe Stimmlagen wirken besonders angenehm.
  • Beachte Spracheigenheiten: Passe dich gegebenenfalls dem Dialekt oder der Sprachmelodie an.
  • Lass Zeit zum Antworten: Menschen mit Aphasie brauchen oft eine längere Denkpause.
  • Verwende Aktiv statt Passiv: „Du kannst jetzt baden, Erich.
  • Respektieren Sie die Betroffenen: Sprechen Sie nicht automatisch für Menschen mit einer Aphasie, nehmen Sie ihnen also nicht das Wort aus dem Mund oder korrigieren Sie sie nicht. Am besten vereinbaren Familienangehörige oder Bekannte mit dem oder der Erkrankten, was passieren soll, wenn ein Wort fehlt: Möchtest du, dass ich dir dann helfe? Manchmal kommt es vor, dass Menschen mit einer Aphasie sehr laut angesprochen werden - da aber bei Aphasie nicht zwangsläufig eine Hörstörung vorliegt, gibt es dafür keinen Grund. Außenstehende sprechen am besten ganz normal mit Betroffenen. Ein guter Tipp ist auch, möglichst kurze Sätze zu bilden und keine Fremdwörter zu verwenden. So funktioniert die Sprachverarbeitung bei Betroffenen besser.

Hilfsmittel und Unterstützung

Als Hilfsmittel für den Umgang im Alltag gibt es bei Aphasie zum Beispiel Tafeln mit Symbolen, auf die Betroffene zeigen können.

Es gibt Hilfsmittel, die es Aphasikern trotz eingeschränkter Sprachfähigkeit ermöglichen, an Gesprächen teilzunehmen. Darüber hinaus gibt es inzwischen eine große Vielfalt an elektronischen Kommunikationshilfen. Bevor sich Aphasiker Hilfsmittel anschaffen, sollten sie einen Antrag auf Kostenübernahme für elektronische oder nicht-elektronische Hilfsmittel beim zuständigen Kostenträger stellen. Dem Antrag muss ein Kostenvoranschlag beigefügt werden. Kommunikationshilfen gibt es inzwischen auch als digitale Anwendungen (Apps) für Smartphones und Tablets. Nicht jede Krankenkasse übernimmt die Kosten für Aphasie-Apps. Zur therapeutischen Begleitung von Krankheiten etablieren sich Digitale Gesundheitsanwendungen jedoch immer mehr. Aphasiker können sich auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) informieren. Dort gibt es ein Verzeichnis der stationären Einrichtungen für medizinische Rehabilitation. In der Suchmaske kann das Krankheitsbild „Sprachstörung“ oder „Sprachbehinderungen“ ausgewählt werden.

  • Kärtchen: Manche Menschen mit Aphasie drucken sich einen kurzen Satz auf ein Kärtchen und laminieren es. Darauf kann beispielsweise stehen: Ich habe eine Sprachstörung, keine Denkstörung - bitte reden Sie normal mit mir. Auch Kärtchen mit Bildern, Symbolen oder Buchstaben können die Kommunikation vereinfachen.
  • Elektronische Kommunikationshilfen: Im Smartphone können sich Betroffene bestimmte Sätze als Audioaufnahme einspeichern und bei Bedarf abspielen. Diese Form der unterstützten Kommunikation kann zum Beispiel den Besuch bei einem Friseur vereinfachen. Außerdem gibt es mittlerweile elektronisch unterstützte Übungen, die Betroffene mit nach Hause nehmen können. Hier kann ein Gerät unter anderem überprüfen, ob Menschen mit einer Aphasie verschiedene Wörter richtig aussprechen. Bei Bedarf können sie sich ein Wort, zum Beispiel „Kaffee“, vorlesen lassen, und dann selbstständig üben.

Umgang mit der Diagnose

Auf jeden Fall ist es hilfreich, Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen. Dafür bietet der Bundesverband Aphasie regionale Gruppen an. Übrigens gibt es sowohl Selbsthilfegruppen für Betroffene als auch für Angehörige - Familienmitgliedern tut es erfahrungsgemäß ebenfalls gut, sich auszutauschen. Generell hilft es meist sehr, wenn Betroffene Freunde, Bekannte und vor allem Angehörige über die Aphasie aufklären. Betroffene können Kommunikationsregeln aufstellen, das macht es für alle Beteiligten oft einfacher. Ein guter Tipp sind auch die „Würzburger Aphasietage“. Diese Tagung ist hauptsächlich für Betroffene und Angehörige gedacht. Wichtig: Wenn eine Aphasie akut auftritt, ist das ein ernstes Warnsignal für einen Schlaganfall.

Menschen mit Aphasie vereinsamen sehr schnell. Helfen kann daher, regelmäßig soziale Aktivitäten anzubieten und hierzu zu ermutigen. Zudem kann die Belastbarkeit von Tag zu Tag stark schwanken. Dennoch ist das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Kommunikation bei Menschen mit Aphasie nicht geringer als bei anderen Menschen auch.

Der berufliche Wiedereinstieg mit einer Aphasie kann Betroffene vor große Herausforderungen stellen. Nicht alle Berufe sind mit einer Aphasie gleichermaßen vereinbar. Das Heidelberger Aphasie-Modell ist ein Angebot des Berufsförderungswerks in Kooperation mit dem Bundesverband Aphasie e. V. und den SRH Fachschulen. In dieser Zeit werden die Menschen zudem darüber beraten, welche beruflichen Tätigkeiten in Frage für sie kommen könnten. Danach absolvieren sie eine drei- bis sechsmonatige Berufsvorbereitung. Im gewählten Berufszweig folgt eine Qualifizierung in Form einer Umschulung oder Ausbildung.

Es gibt Selbsthilfegruppen, deren Angebote sich speziell an Aphasiker richten. Für viele Betroffene ist es hilfreich, sich in diesem Rahmen über Themen auszutauschen, die sie mit nicht betroffenen Menschen schwierig nur besprechen können. Selbsthilfegruppen unterscheiden sich zum einen in professionell geführte Gruppen, die auch therapeutische Angebote haben. Zum anderen gibt es von Betroffenen selbst organisierte Gruppen. Eine zentrale Interessenvertretung ist der Bundesverband für die Rehabilitation der Aphasiker e.V.

Bei Hirnschäden mit kognitiven Leistungseinschränkungen, wie einer Aphasie, haben Betroffene die Möglichkeit, einen Nachteilsausgleich zu erhalten.

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