Stationäre Behandlung von Demenz: Ein umfassender Überblick

Die Herausforderung unserer alternden Gesellschaft besteht darin, dass immer mehr Menschen an Demenz erkranken. In Deutschland sind derzeit rund 1,8 Millionen Menschen von Demenz betroffen, und es wird geschätzt, dass diese Zahl bis 2050 auf bis zu 3 Millionen ansteigen wird. Demenz ist durch einen langsamen, fortschreitenden und unaufhaltsamen Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit gekennzeichnet.

Was ist Demenz?

Im Unterschied zu einem normalen, leichten geistigen Nachlassen im Alter ist der anhaltende oder kontinuierlich fortschreitende Verlust des Gedächtnisses und der Denkfähigkeit eine Erkrankung. Obwohl Demenzen vorwiegend im Alter auftreten, liegen ihnen organische Ursachen zugrunde, die alle Altersstufen betreffen können.

Ursachen von Demenz

Demenzen können die Folge anderer Erkrankungen sein, wie z. B. Stoffwechselstörungen, Vitaminmangel oder chronische Vergiftungen. Diese Fälle machen jedoch weniger als 10 % der Gesamtzahl aus und können durch die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache therapiert werden. In den meisten Fällen handelt es sich um eine degenerative Demenz vom Alzheimer-Typ. Etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten leiden an einer gefäßbedingten Demenz, der sogenannten vaskulären Demenz. Es gibt auch einige seltene Formen von Demenz, wie z. B. die Parkinson-Demenz.

Die bekannteste und häufigste Form der Demenz, die Alzheimer-Krankheit, ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der krankhafte Eiweißablagerungen zum Untergang von Nervenzellen führen. Bei der vaskulären Demenz handelt es sich um Durchblutungsstörungen im Gehirn, die durch Verkalkungen der Hirngefäße oder einen Schlaganfall verursacht werden können. Übermäßiger Alkoholkonsum kann ebenfalls zu Hirnschädigungen führen.

Symptome von Demenz

Die Auswirkungen einer Demenz sind vielfältig. Charakteristisch ist der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, was die Lernfähigkeit beeinträchtigt. Es kann auch zu Ausfällen in der Sprache oder Orientierung kommen. Zunehmend leiden auch Urteilsvermögen, Denkfähigkeit und soziale Kompetenzen, die häufig als Wesensveränderungen wahrgenommen werden. Zu Beginn der Demenz werden die Patienten vergesslich. Das Kurzzeitgedächtnis leidet, und die Betroffenen können Informationen nicht lange behalten. Später können auch Inhalte des Langzeitgedächtnisses verloren gehen. Die Betroffenen verlieren im Laufe ihres Lebens erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten und sind auf Pflege angewiesen. Die Persönlichkeit beginnt, sich zu verändern, was eine große Belastung für die Angehörigen darstellt.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Diagnostik und Behandlung von Demenz

Je früher eine Demenz diagnostiziert wird, desto besser lässt sie sich behandeln. Es gibt jedoch unterschiedliche Erkrankungsformen mit einer Vielzahl von Symptomen, was eine sehr sorgfältige Diagnostik voraussetzt. Patientinnen und ihren Angehörigen werden spezielle Gedächtnissprechstunden in Fachkliniken angeboten. Anhand körperlicher Untersuchungen, kognitiver Tests und ausführlicher Gespräche stellen Fachärztinnen eine Diagnose und beraten Betroffene zu möglichen Therapien.

Diagnostische Verfahren

In der Gedächtnissprechstunde der Institutsambulanz wird in mehreren Terminen die Ursache nachlassender geistiger Leistungsfähigkeit diagnostiziert. Hierfür kommen folgende Methoden zur Anwendung:

  • Ausführliche Befragung auch der Angehörigen zum Krankheitsverlauf und nach vorausgegangenen Erkrankungen
  • Internistische, neurologische und neuropsychologische Untersuchung
  • Ausschluss einer Depression
  • Blutuntersuchungen
  • Tests zur Gedächtnisleistung

Zur stationären weiterführenden Diagnostik zählen:

  • Untersuchung des Nervenwassers (Liquorpunktion)
  • Kernspintomographie des Kopfes (MRT)
  • Positronen-Emissions-Tomographie (PET) des Kopfes

Um einen reibungslosen Ablauf mit möglichst geringen Wartezeiten zu gewährleisten, sind die Untersuchungen auf mehrere Termine verteilt.

1. Termin

Der erste Termin findet in der Gedächtnissprechstunde der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln statt. An diesem Termin wird durch einen Arzt oder eine Ärztin die Anamnese erhoben, geprüft, welche Untersuchungen bereits veranlasst wurden und welche weiteren Untersuchungen sinnvoll und noch notwendig sind. Das ärztliche Gespräch nimmt ungefähr 30-45 Minuten in Anspruch. Da Informationen von Angehörigen sehr wichtig sind, sollten diese wenn möglich auch an diesem Termin teilnehmen.

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

Im Anschluss findet durch Neuropsychologen und Neuropsychologinnen eine ausführliche neuropsychologische Testung statt, die je nach Fragestellung etwa 0.5-2 Stunden dauert. Bei der Testung werden verschiedene Verfahren angewendet, die Gedächtnis, Aufmerksamkeit und weitere kognitive Bereiche überprüfen.

Es ist hilfreich, wenn der Patient bzw. die Patientin zu diesem Termin Vorbefunde, bereits durchgeführte Aufnahmen vom Kopf (CT, MRT) und - falls benötigt - die Brille und das Hörgerät mitbringt. Am Ende dieses Termins wird festgelegt, welche weiteren Schritte folgen.

2. Termin

Der zweite Termin findet in Abhängigkeit von den Ergebnissen des ersten Termins statt. Sollte am ersten Termin festgestellt werden, dass eine Untersuchung des Nervenwasser (Liquorpunktion) zur Klärung der Fragestellung nötig sein, kommt es zu einem ambulanten Aufenthalt in der Neurologie (morgens bis nachmittags). Zunächst erfolgt eine erneute ärztliche Untersuchung, dann wird Blut für eine ausführliche Blutuntersuchung entnommen, um sicher zu stellen, dass eine Liquorpunktion ohne erhöhtes Blutungsrisiko durchgeführt werden kann. Sind die Ergebnisse der Blutuntersuchung normwertig, erfolgt im Anschluss die Liquorpunktion zur Analyse von speziellen Demenzmarkern. Nach einer kurzen Abschlussuntersuchung erfolgt die Entlassung.

Eine MRT (Magnetresonanztomographie), bzw. eine CT (Computertomographie) falls eine MRT aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Herzschrittmacher) nicht möglich sein sollte, ist ambulant in einer radiologischen Praxis oder Klinik durchzuführen. Die Bilder sollten auf CD mit zu den Terminen mitgebracht werden (der Befund ist nicht ausreichend).

3. Termin

Der dritte Termin findet ambulant erneut im Rahmen der Gedächtnissprechstunde statt. An diesem Termin bespricht ein Arzt oder eine Ärztin mit dem Patienten bzw. der Patientin und seinen Angehörigen die Ergebnisse der Untersuchungen.

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz

Sollten die bisherigen Untersuchungen eine klare Ursache der Beschwerden erbracht haben, werden mögliche Behandlungsansätze besprochen. Neben einer medikamentösen Therapie bietet sich von Fall zu Fall die Möglichkeit zur Teilnahme an Interventionsstudien, in denen z. B. mittels Gedächtnistrainings, körperlicher Aktivität und/oder Transkranieller Magnetstimulation positive Effekte auf die Gedächtnisleistung zu erzielen sind.

Sollte die Ursache weiterhin unklar verblieben sein, wird geprüft, ob weitere diagnostische Schritte wie z. B. eine PET (Positronenemissionstomographie) durchgeführt werden sollten.

Therapieansätze

Je früher die Therapie beginnt, desto länger kann der geistige Verfall verzögert werden. Die Behandlung einer Demenz basiert auf den S3-Leitlinien der DGPPN. Medikamente, die das Fortschreiten der Demenz verzögern, Gedächtnistraining, Verhaltens- und Soziotherapie können die Demenz zwar nicht heilen, aber verhelfen dem Patienten in der Regel zu mehr Lebensqualität. Auch machen es die Medikamente leichter für Angehörige.

Je nach Diagnose und persönlicher Situation können sich Demenzkranke ambulant, teilstationär oder stationär behandeln lassen. Ziel ist es, bestehende kognitive Fähigkeiten der Patient*innen zu aktivieren, ihr Befinden zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verzögern. Dazu setzt man nicht nur auf nervenärztliche Therapien und Medikamente, sondern zum Beispiel auch auf Psychotherapie, auf kognitive Trainings sowie auf unterstützende Musik-, Ergo- und Bewegungstherapie. Unter anderem trainieren Erkrankte einfache Alltagsfähigkeiten und kommen so wieder besser im Leben zurecht.

Betreuung und Nachsorge

In ambulanten Nachsorgeterminen werden der Krankheitsverlauf beobachtet, die Therapiewirksamkeit überprüft und gegebenenfalls weitere Maßnahmen eingeleitet. Ergänzend werden ein Gedächtnistraining sowie eine ambulante ergotherapeutische Beratung angeboten. Ziel ist es, die Lebenssituation Betroffener und ihrer Angehörigen in jedem Stadium zu optimieren.

Unsere Arbeit bezieht stets die Angehörigen mit ein. Wir beraten sie ausführlich, wie sie mit verändertem Verhalten der Erkrankten umgehen können. Da der Alltag mit dementen Menschen sehr belastend sein kann, unterstützen wir Familien auch dabei, eine häusliche Pflegehilfe oder einen Platz in einer Tagespflegeeinrichtung zu organisieren.

Stationäre Behandlung bei Demenz

Die Versorgung von akut eingelieferten Patienten mit Demenz ist eine besondere Herausforderung. Mehr als 8 Millionen ältere Menschen werden jährlich in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt. Insgesamt weisen mehr als 40% aller über 65-jährigen Patienten in Allgemeinkrankenhäusern Gedächtnisbeeinträchtigungen auf, wie eine der wenigen Studien zu diesem Thema aus Deutschland berichtet. Derzeit leben in Deutschland etwa 1,7 Millionen Demenzkranke und jährlich gibt es ca. 300.000 Neuerkrankungen. Begleiterkrankungen der Demenz, Unfälle oder andere Erkrankungen, die eine stationäre medizinische Überwachung und Behandlung erforderlich machen, stellen das Personal vor eine zusätzliche Herausforderung.

Herausforderungen im Krankenhaus

Menschen mit Demenz haben es in der ungewohnten Umgebung eines Krankenhauses schwer, sich zu orientieren. Ein Krankenhausaufenthalt ist für viele Menschen schwierig, erst recht für demenzkranke Menschen: Täglich mehrfacher Wechsel des Krankenhauspersonals (behandelnde Ärzte, Pflegekräfte, Reinigungskräfte), Wechsel der Bettenbelegung im Zimmer, unterschiedliche Behandlungen und Untersuchungen, evtl. Narkosen, fremde Umgebung, fehlende räumliche und zeitliche Orientierungsmöglichkeiten. Manchmal fällt erst bei einem Krankenhausaufenthalt auf, dass ein Mensch möglicherweise dement ist. In der gewohnten Umgebung gelingt es oft noch, auftretende Gedächtnisstörungen zu kompensieren ("überspielen"). Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz verstehen nicht, warum sie im Krankenhaus sind, was sie tun sollen, was all die fremden Menschen von ihnen erwarten. Eine angemessene Versorgung von demenzerkrankten Menschen entsprechend ihren Bedürfnissen ist zeitintensiv.

Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung

Viele Hamburger Krankenhäuser haben sich bereits auf die spezielle Versorgung von Menschen mit einer Demenzerkrankung eingestellt und neben dem regulären Angebot zur verbesserten Versorgungsstruktur ein spezielles Versorgungsangebot geschaffen.

Zum regelhaften Angebot der Krankenhäuser gehören unter anderem:

  • Der Einsatz multiprofessioneller Teams, die eine ganzheitliche, fachrichtungsübergreifende Diagnostik mit einem komplexen Behandlungsangebot ermöglichen.
  • Der Kliniksozialdienst, der unter anderem bei der Klärung nachstationärer Versorgungsmöglichkeiten den Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen und Ratsuchenden beratend zur Seite steht.
  • Die Besuchs- und Begleitdienste der Grünen Damen und Herren.

Spezielle stationäre Versorgungsangebote für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, die in einigen Krankenhäusern eingerichtet wurden, zeichnen sich im Regelfall durch die folgenden Angebote aus:

  • Speziell ausgestattete Stationen und Zimmer mit einem besonderen Raum- und Farbkonzept (große Symbole und Uhren, farbige Kontraste) zur Erleichterung der räumlichen Orientierung und Verhinderung von Unruhe und Orientierungslosigkeit.
  • Im Umgang mit demenziell Erkrankten besonders geschulte Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und therapeutisches Personal sowie Ehrenamtliche (grüne Damen/Herren).
  • Ein auf demenziell Erkrankte besonders ausgerichtetes therapeutisches Angebot zum Teil mit geronto-psychiatrischer beziehungsweise -psychosomatischer Begleitung (Konsil- und Liaisondienste).
  • Die Ausbildung und der Einsatz von ehrenamtlichen Demenzbegleiterinnen und Demenzbegleitern.
  • Spezielle Schulungen, Beratungs- und Informations-Angebote für Angehörige und zur Überleitung in die Versorgung zu Hause (Angehörigenschule).
  • Eine gute Vernetzung mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Pflegediensten und regionalen Akteurinnen und Akteuren.

Checkliste für den Krankenhausaufenthalt

Wenn ein Krankenhausaufenthalt nicht vermieden werden kann, sollte er gut vorbereitet werden. Dabei kann es helfen, wenn Angehörige die Demenz-Betroffenen während des Aufenthalts begleiten und deren spezifische Gewohnheiten mit dem Pflegepersonal absprechen.

  • Das Pflegepersonal über Gewohnheiten und Verhaltensauffälligkeiten informieren, z.B. zu Essgewohnheiten, Tagesrhythmus und Hauptbeschäftigung zu Hause.
  • Ein aktueller Medikationsplan sollte vorliegen.
  • Manche Krankenhäuser bieten das sog. Rooming-in an, bei dem ein Angehöriger rund um die Uhr im Krankenzimmer mit untergebracht ist, um zu unterstützen.

Entlassungsmanagement

Bei Demenz sollte eine frühzeitige Entlassung aus dem Krankenhaus angestrebt werden, wenn die häusliche Versorgung sichergestellt ist. Dazu müssen Klinikarzt, Sozialdienst, Angehörige, ambulante Pflegedienste und Hausarztpraxis zusammenarbeiten. Falls sich der körperliche und geistige Zustand verschlechtert oder Angehörige überlastet sind, und deshalb die bisherige häusliche Versorgung nicht fortgeführt werden kann, kann das den Krankenhausaufenthalt verlängern. Daher sollte die Entlassung frühzeitig geplant werden. Muss die Pflege zu Hause neu organisiert werden, kann vorübergehend eine Versorgung im Rahmen der Übergangspflege im Krankenhaus oder eine Kurzzeitpflege in Frage kommen.

Palliative Versorgung

Menschen mit einer schweren Demenz können am Lebensende auch palliativ versorgt werden. Palliativversorgung konzentriert sich darauf, die Lebensqualität zu verbessern und Symptome zu lindern.

Spezialisierte Einrichtungen

Das Alzheimer Therapiezentrum (ATZ) der Schön Klinik Bad Aibling bietet bereits seit 1999 eine 3- bis 4-wöchige stationäre Behandlung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen an, die von einem interdisziplinären Team durchgeführt wird (Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Kunsttherapeuten, Pflegefachkräfte). Ziel der Behandlung ist es, die Familie auf das weitere Leben mit der Demenz optimal vorzubereiten.

Einzigartig an diesem Konzept ist der enge Einbezug der Angehörigen in die Therapie. Das Angehörigenprogramm besteht aus Einzelberatungen, Angehörigengruppen und gemeinsamen Therapiestunden mit dem erkrankten Partner. Die Angehörigen können dabei lernen, besser mit dem Betroffenen zu kommunizieren, schwierige Situationen im Alltag zu meistern und besser mit den eigenen Belastungen umzugehen.

Die Behandlung im ATZ ist gerade für Menschen in der frühen Phase einer Demenz sehr empfehlenswert. Zum einen kann durch den gezielten Aufbau von Aktivitäten oft das Selbstvertrauen gestärkt werden. Zum anderen können Betroffene, die sich ihrer Krankheit und ihrer Gedächtnisprobleme bewusst sind, bei der Krankheitsbewältigung unterstützen. Menschen mit leichter Demenz können an Gesprächsgruppen teilnehmen, in denen ein Austausch über das Erleben der Erkrankung, den Umgang mit den eigenen Problemen sowie das Bewahren einer positiven Lebensperspektive trotz der Demenz stattfindet. Bei Bedarf werden zusätzliche stützende Einzelgespräche mit Psychologen sowie eine Familienberatung zum Einsatz von Gedächtnishilfen im Alltag angeboten.

Der Aufenthalt im Alzheimer Therapiezentrum kann über die Krankenkasse finanziert werden. Mit Hilfe des behandelnden Fach- oder Hausarztes ist dazu ein Antrag auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu stellen. Der begleitende Angehörige benötigt bei seiner eigenen Kasse keinen gesonderten Antrag. Eine Aufnahme ist selbstverständlich auch für Selbstzahler und privat Versicherte möglich.

tags: #Demenz #stationäre #Behandlung