Demenz ist ein Sammelbegriff für chronische Erkrankungen des Gehirns, die mit einem schleichenden Verfall kognitiver, emotionaler und sozialer Fähigkeiten einhergehen. Betroffene leiden insbesondere unter Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und einer damit einhergehenden erhöhten Vergesslichkeit, die sich im weiteren Krankheitsverlauf bis zum Verlust der Sprach- und Rechenfähigkeiten ausweiten kann. Die Pflegebedürftigkeit ist oft die Folge.
Was ist Demenz?
Unter dem Begriff Demenz werden verschiedene Krankheiten zusammengefasst, die mit dem Abbau und Verlust kognitiver Fähigkeiten einhergehen. Es gibt nicht DIE Demenz, sondern viele Formen davon. Diverse Erkrankungen, die sich auf das Gehirn auswirken, können Demenz auslösen. Die bekannteste und bei weitem häufigste dieser Demenzerkrankungen ist Alzheimer. Sie macht bis zu 2/3 aller Demenzerkrankungen aus. Weitere sind zum Beispiel die Lewy-Körperchen-Demenz, die Vaskuläre Demenz und die Frontotemporale Demenz. Bei einer Parkinson-Erkrankung können zusätzlich zu motorischen Beeinträchtigungen auch Symptome von Demenz auftreten, und bei Menschen mit Down-Syndrom ist die Entwicklung von Demenz aufgrund genetischer Veranlagung nahezu unausweichlich. Die verschiedenen Demenzerkrankungen unterscheiden sich in der Art und Weise, wie sie das Gehirn und dessen Funktion beeinträchtigen.
Eine Demenz kann sich auch nach einem Schlaganfall, nach langjährigem Alkoholmissbrauch sowie nach wiederholten körperlichen Hirnverletzungen entwickeln.
Globale Prävalenz und Prognosen
Im Jahr 2019 gab es weltweit schätzungsweise mehr als 55 Millionen Menschen mit Demenz (im Alter ab 40 Jahren), in der Altersgruppe ab 65 Jahren waren es rund 48 Millionen. Laut Welt-Alzheimer-Report soll die Zahl der Demenzkranken weltweit dramatisch steigen. Alle drei Sekunden erkrankt ein Mensch an Demenz. Allein im Jahr 2015 ist weltweit mit 9,9 Millionen Neuerkrankungen zu rechnen. Das ist die Prognose des neuen Welt-Alzheimer-Reports. Der von der Dachorganisation „Alzheimer‘s Disease International“, London, herausgegebene Bericht, hat aktuelle Erkenntnisse zur Epidemiologie zusammengestellt. Demnach leiden derzeit weltweit 46,8 Millionen Menschen an einer Demenz. Bis 2030 wird die Zahl auf 74,7 Millionen steigen und bis 2050 auf 131,5 Millionen. Die meisten Demenzkranken leben dem Report zufolge derzeit in Ostasien, Westeuropa, Südasien und Nordamerika.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet im Jahr 2050 mit weltweit 139 Millionen Menschen, die unter einer Demenz leiden. Laut Alzheimer’s Disease International sehen rund 80 Prozent der Befragten weltweit eine Demenzerkrankung als ganz normalen Teil des Alterns an. Von den befragten Gesundheits- und Pflegefachleuten vertreten hingegen rund Zweidrittel diese Meinung.
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Regionale Unterschiede
Die Verteilung von Menschen mit Demenz ist regional sehr unterschiedlich - Ursache ist die Altersstruktur der lokalen Bevölkerung. Betrachtet man allerdings den Anteil an Demenz erkrankter Menschen an der Gesamtbevölkerung in den einzelnen Bundesländern, ergibt sich ein anderes Bild. Am höchsten ist der Anteil von Menschen mit Demenz in Sachsen und Sachsen-Anhalt (2,6 Prozent), gefolgt von Sachsen und Thüringen (je 2,5 Prozent). Am niedrigsten ist er in Berlin (1,7 Prozent) und Hamburg (1,8 Prozent). Je höher der Altersdurchschnitt in den Ländern ist, desto häufiger treten Demenzerkrankungen auf.
Die meisten Demenzkranken leben dem Report zufolge derzeit in Ostasien, Westeuropa, Südasien und Nordamerika.
Demenz in Deutschland
Allein im vergangenen Jahr (2023) sind in Deutschland zwischen 364.000 und 445.000 Menschen im Alter von 65+ neu an einer Demenz erkrankt. Rund 1,8 Millionen Menschen leben insgesamt mit der Diagnose; die meisten sind Frauen (1,2 Millionen). Die Zahlen werden weiter steigen, weil auch die Lebenserwartung steigt - und Alter ist der häufigste Risikofaktor. „Liegt die Prävalenz bei den 65- bis 69-Jährigen noch bei 1,85 Prozent, steigt sie auf über 36 Prozent bei den über 90-Jährigen“, heißt es im jüngst aktualisierten Infoblatt „Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft - ein mächtiger Sprung. In Deutschland könnten es dann zwischen 2,3 und 2,7 Millionen Menschen sein. Das gilt unter der Voraussetzung, dass es in den kommenden Jahren nicht gelingt, in Prävention und Therapie von Erkrankungen wie Alzheimer deutliche Fortschritte zu erzielen.
Mit 10.100 Toten im Jahr 2023 wurde ein neuer Höchstwert registriert - das ist auf die vergangenen 20 Jahre hinweg betrachtet, eine Verdopplung. Laut Prognose könnten gegen Mitte des Jahrhunderts in der Bundesrepublik rund 3,8 Prozent der Bevölkerung von einer Demenzerkrankung betroffen sein.Aktuelle Schätzungen für das Jahr 2021 gehen von 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland aus.
Nach Prognosen könnte die Anzahl der Betroffenen (im Alter ab 65 Jahren) im Jahr 2030 auf bis zu 1,9 Millionen ansteigen, im Jahr 2040 auf bis zu 2,3 Millionen und im Jahr 2050 bis zu 2,7 Millionen erreichen. Im Jahr 2023 sind in der Altersgruppe ab 65 Jahren nach Berechnungen zwischen 364.000 und 445.000 Menschen neu an einer Demenz erkrankt.
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In den Jahren 2015 bis 2022 ist die Anzahl der dokumentierten Demenzdiagnosen in deutschen Arztpraxen zurückgegangen. Dieser Trend ist von den Hausarztpraxen geprägt. Bei den niedergelassenen Fachärzten sind die Demenzdiagnosen hingegen gestiegen.
Todesursachenstatistik
Die Zahl der an Demenz verstorbenen Menschen in Deutschland ist weiter gestiegen. So wurden im Jahr 2024 nach den Ergebnissen der Todesursachenstatistik 61 927 Sterbefälle durch eine Demenzerkrankung verursacht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 4,4 % mehr als im Vorjahr und 23,2 % mehr als im zehnjährigen Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2024. Demenz in ihren verschiedenen Ausprägungen ist seit Jahren eine der häufigsten Todesursachen bei Frauen und nimmt auch bei Männern stetig zu. So war die Zahl der an Demenz verstorbenen Männer im Jahr 2024 mit 21 247 Verstorbenen um 27,9 % höher als im Zehnjahresdurchschnitt. Rund 89,1 % der im Jahr 2024 an Demenz Verstorbenen waren 80 Jahre und älter. Insgesamt starben im Jahr 2024 in Deutschland rund 1,01 Millionen Menschen.
Sterbefälle werden in der Todesursachenstatistik nach der "Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD) ausgewiesen. Unter der Gesamtzahl der Sterbefälle aufgrund einer Demenzerkrankung wurden die Diagnosen F00 "Demenz bei Alzheimer-Krankheit", F01 "Vaskuläre Demenz", F02 "Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten" und F03 "Nicht näher bezeichnete Demenz" zusammengefasst.
Kosten von Demenz
Berechnungen des DZNE beziffern die Kosten für Demenz in Deutschland für das Jahr 2020 mit rund 83 Milliarden Euro - das entspricht mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nach Prognosen könnten diese Kosten im Jahr 2040 auf rund 141 Milliarden Euro, im Jahr 2060 auf rund 195 Milliarden Euro anwachsen. Im Jahr 2019 betrugen die weltweiten Kosten für Demenz rund 1,3 Billionen (Tausend Milliarden) US-Dollar.
Risikofaktoren und Prävention
Demenzerkrankungen haben unterschiedliche Ursachen. Da Demenz nicht kurativ therapiebar ist, kommt der Prävention von demenzrelevanten Faktoren über die gesamte Lebensspanne besondere Bedeutung zu. Zu diesen Faktoren gehören: soziale und umweltassoziierte Determinanten der Gesundheit (niedrige Bildung, soziale Isolation, Luftverschmutzung), gesundheitsrelevante Verhaltensweisen (Bewegungsmangel, riskanter Alkoholkonsum, Rauchen) und bestimmte Vorerkrankungen (Adipositas, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Depression, Diabetes Mellitus, Sehstörung, Hörverlust, Schädel-Hirnverletzungen).
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Bislang sind 14 Risikofaktoren für Demenz bekannt, die prinzipiell modifizierbar sind und durch medizinische Vorsorge und gesunde Lebensgewohnheiten zum Teil persönlich beeinflusst werden können. Dazu gehören unter anderem Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Schwerhörigkeit, Luftverschmutzung, geringe Bildung und soziale Isolation. Demnach wären bei Beseitigung dieser 14 Risiken rund 45 Prozent aller Demenzerkrankungen vermeidbar oder könnten hinausgezögert werden - theoretisch.
Stigmatisierung und Diskriminierung
Die Ergebnisse der weltweit größten Umfrage über die Einstellung zu Demenz zeigen, dass die Stigmatisierung der Krankheit in der Öffentlichkeit und sogar bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe zunimmt. Weltweit halten 80 Prozent der Öffentlichkeit Demenz für einen normalen Teil des Alterns und nicht für eine Erkrankung - dies ist ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu 66 Prozent im Jahr 2019. Auch 65 Prozent der Fachkräfte im Gesundheits- und Pflegebereich glauben fälschlicherweise, dass Demenz ein normaler Teil des Alterns ist, gegenüber 62 Prozent im Jahr 2019. 88 Prozent der Menschen, die mit Demenz leben, geben an, Diskriminierung zu erfahren, gegenüber 83 Prozent im Jahr 2019. 31 Prozent der Menschen mit Demenz meiden soziale Situationen, weil sie sich Sorgen über die Reaktionen anderer machen, und 47 Prozent der pflegenden Angehörigen nehmen keine Einladungen mehr an, Familie und Freunde zu besuchen.
Die Folgen der Stigmatisierung: Isolation ist ein wichtiges Thema für Menschen mit Demenz. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass 31 Prozent der Betroffenen soziale Begegnungen meiden und 36 Prozent aus Angst vor Stigmatisierung keine Bewerbungen mehr schreiben. Ebenso besorgniserregend waren die Ergebnisse bei den pflegenden Angehörigen: 47 Prozent nahmen keine Einladungen mehr an, Freunde und Familie zu besuchen, und 43 Prozent luden niemanden mehr zu sich ein.
Therapie und Forschung
Demenzerkrankungen wie Alzheimer sind bisher nicht heilbar. Ärzt:innen stehen verschiedene Medikamentenklassen zur Verfügung, um die Symptome der Erkrankung zu behandeln. In die Erforschung von Alzheimer-Präparaten ist nach Jahren der Stagnation in der letzten Zeit einiges an Bewegung gekommen.
Eine kausale Demenztherapie gibt es nicht. Gegenstand der Forschung sind unter anderem Antikörper, die den Morbus Alzheimer aufhalten sollen, indem sie krankheitsassoziierte Amyloide aus dem Gehirn entfernen.