Demenz und Hospizkonzepte: Eine umfassende Betrachtung

Die Palliativpflege begleitet Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen in ihrer letzten Lebensphase. Ziel ist es, Schmerzen zu lindern, Lebensqualität zu bewahren und persönliche Wünsche zu berücksichtigen. Auch bei einer fortgeschrittenen Demenz kann Palliativpflege eine große Entlastung sein - sowohl für die Erkrankten als auch für ihre Angehörigen.

Entstehung und Bedeutung der Palliativpflege

Die moderne Palliativpflege geht auf Cicely Saunders zurück, die 1967 das erste moderne Hospiz in London gründete. Ihr Konzept legte den Grundstein für Palliative Care weltweit. In Deutschland sorgen Expertenstandards seit 2004 für Qualität - zuletzt aktualisiert 2020/21.

Die Palliativpflege verfolgt das Ziel, die Lebensqualität schwer kranker Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen die Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen, der Erhalt von Selbstbestimmung und Würde sowie eine individuelle, an den Wünschen des Patienten orientierte Betreuung. Der Begriff palliativ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „umhüllen“ oder „ummanteln“. In der medizinischen Praxis bezieht sich der Begriff auf die Form der Versorgung, die darauf abzielt, die Lebensqualität eines Menschen zu verbessern.

Palliativmedizin vs. Palliativpflege

Palliativmedizin behandelt vor allem medizinische Aspekte wie Schmerztherapie, während Palliativpflege die pflegerische Versorgung übernimmt und individuelle Bedürfnisse berücksichtigt. Gemeinsam bieten sie eine ganzheitliche Betreuung, die medizinische, pflegerische und psychosoziale Unterstützung vereint.

Wann kommt Palliativpflege zum Einsatz?

Palliativpflege kommt zum Einsatz, wenn ein Patient an einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung leidet und keine Aussicht mehr auf Heilung besteht. Nicht immer ist es möglich, frühzeitig über Wünsche am Lebensende zu sprechen. Wenn der Betroffene sich noch äußern kann, sollten seine Vorstellungen in die Versorgung einfließen. Solche Fragen lassen sich nur gemeinsam klären - im Austausch mit Pflegekräften, Ärzten, Familie oder einem rechtlichen Betreuer.

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Es ist ratsam, präventiv, also vor oder zu Beginn der Erkrankung, Vorsorge in Form einer Patienten- und/oder Betreuungsverfügung sowie einer Vorsorgevollmacht zu treffen, um eine spätere medizinische und pflegerische Versorgung zu erleichtern. Liegen keine Verfügungen vor, müssen gegebenenfalls die rechtlichen Vertreterinnen, oder bestellte Betreuerinnen stellvertretend Entscheidungen treffen.

Die Bedeutung von Gesprächen und Vorsorgedokumenten

Es ist wichtig, frühzeitig mit den Liebsten im Austausch zu bleiben und sich gemeinsam wichtigen Vorsorgedokumenten zu widmen. Bewusst über die individuellen Wünsche zu sprechen, gibt Sicherheit in der akuten Situation, welche viel Kraft fordern wird. Es ist ratsam, sich über die Bedeutung von lebensverlängernden Maßnahmen und intensivmedizinischer Behandlung zu informieren und zu bedenken, dass sich Wünsche und Bedürfnisse im Laufe der Jahre noch verändern können.

Organisation der Palliativpflege

Palliativpflege kann auf verschiedene Weise organisiert werden - abhängig von Krankheitsverlauf, individueller Situation und Wunsch des Patienten. Viele schwerkranke Menschen wünschen sich, die letzte Lebensphase im vertrauten Umfeld zu verbringen. In vielen Regionen werden mittlerweile ,,Letzte Hilfe Kurse“ angeboten. Die Kurse helfen dabei, einen guten Umgang mit der Situation zu schaffen. Die Teilnehmer lernen, wie sie die letzte Zeit einer sterbenden Person so angenehm wie möglich machen. Neben praktischen Hilfen geht es in den Kursen auch um Vorsorgedokumente und Trauerbewältigung. Die Kurse richten sich nicht nur an Betroffene mit schwerkranken Angehörigen, sondern an alle Menschen, die sich mit den Themen Vorsorge, Tod und Abschiednehmen auseinandersetzen möchten. Es gibt zudem spezielle Kurse für Kinder und Jugendliche.

Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV)

Wenn eine besonders intensive Betreuung erforderlich ist, kommt die SAPV zum Einsatz. Seit 2007 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf SAPV (§ 37b SGB V). Die Verordnung erfolgt durch einen Arzt und muss vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. Die Leistungen sind für die Patienten kostenlos. Der GKV-Spitzenverband und elf maßgebliche Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und Palliativversorgung auf Bundesebene haben auf der Grundlage des neuen § 132d Abs. 1 S. 1 SGB V einen Rahmenvertrag zur Durchführung der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche zum 01.01.2023 geschlossen. In den Rahmenverträgen wurden insbesondere die sächlichen und personellen Anforderungen an die Leistungserbringung, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und die Grundsätze der Vergütung geregelt.

Stationäre Palliativpflege und Hospize

Stationäre Palliativpflege kommt infrage, wenn eine Versorgung zuhause nicht möglich ist. Ein Kinderhospiz ist eine spezialisierte Einrichtung, die unheilbar kranken Kindern und ihren Familien Unterstützung, Pflege und Begleitung bietet. Sowohl Hospize als auch Palliativstationen bieten spezialisierte Betreuung am Lebensende.

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  • Palliativstation: Teil eines Krankenhauses, medizinisch ausgerichtet, mit dem Ziel, akute Symptome zu stabilisieren. Der Aufenthalt ist meist zeitlich begrenzt.
  • Hospiz: Eigenständige Einrichtung für Menschen in der letzten Lebensphase, mit wohnlicher Atmosphäre und ganzheitlicher Begleitung bis zum Lebensende.

Beide Versorgungsformen arbeiten multiprofessionell, entlasten Angehörige und bieten emotionale wie medizinische Unterstützung.

Palliative Therapien und Chemotherapie

Palliative Therapien sollen Betroffenen den Alltag erleichtern: Sie lindern Schmerzen, Atemnot oder Übelkeit und geben mehr Lebensqualität. Auch bei einer fortgeschrittenen Demenz kann Palliativpflege eine große Entlastung sein - sowohl für die Erkrankten als auch für ihre Angehörigen.

Bei einer palliativen Chemotherapie stehen nicht Heilung oder Tumorentfernung im Vordergrund, sondern die Linderung von Beschwerden und die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Eine palliative Chemotherapie kann Schmerzen lindern, Metastasen verkleinern und das Tumorwachstum bremsen. Da Nebenwirkungen die Lebensqualität beeinträchtigen können, sollten Nutzen und Risiken stets individuell und sorgfältig mit den behandelnden Ärzten abgewogen werden.

Kostenübernahme

Die Kosten für Palliativpflege werden in vielen Fällen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen - sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Kostenfrei sind außerdem Beratungsangebote und die psychosoziale Begleitung durch ambulante Hospizdienste. Liegt außerdem eine Pflegebedürftigkeit nach Sozialgesetzbuch Elf (SGB XI) vor, stehen Personen mit anerkanntem Pflegegrad auch Leistungen aus der Pflegekasse für die ambulante Palliativpflege zu.

Der Aufenthalt auf einer Palliativstation im Krankenhaus wird vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen (SGB V). Zusätzlich übernimmt die Pflegekasse Leistungen, die sich aus dem anerkannten Pflegegrad ergeben. Der Bewohner trägt - wie bei regulärer Heimunterbringung - lediglich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Der Aufenthalt in einem stationären Hospiz ist für gesetzlich Versicherte ebenfalls kostenfrei. Die Finanzierung erfolgt zu 95 Prozent über die Krankenkasse - fünf Prozent müssen durch Spenden gedeckt werden.

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Pflegegeld ist eine Geldleistung der Pflegeversicherung, die Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 erhalten, wenn sie zu Hause von Angehörigen, Freunden oder Bekannten betreut werden. Es soll helfen, die häusliche Pflege finanziell zu unterstützen und kann frei verwendet werden.

Palliativpflege bei Demenz

Menschen mit Demenz erleben ähnlich starke Beschwerden wie Menschen mit Krebserkrankungen und profitieren von einer Palliativversorgung. Statt der Heilung der Grunderkrankung oder der Lebensverlängerung, steht bei einer Palliativversorgung die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Nahestehenden im Mittelpunkt. Dies kann bedeuten, dass nicht die Ursache, sondern nur die Beschwerden einer Erkrankung behandelt werden. Mitunter unterbleibt eine Therapie der Grunderkrankung, da sie viele Nebenwirkungen und Belastungen mit sich bringen würde. Eine damit eventuell verbundene Lebensverkürzung wird in Kauf genommen. Die Begründerin der Palliativversorgung Cicely Saunders formulierte die Haltung wie folgt: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“

Zeitpunkt der Palliativversorgung bei Demenz

Im besten Fall kommt Palliativversorgung hinzu, bevor die Situation die Angehörigen und beruflich Pflegenden an ihre Grenzen bringt und nur noch schwer zu bewältigen ist. Grundsätzlich kann Palliativversorgung in allen Krankheitsphasen einsetzen und unterschiedlich stark eingebunden sein. Sie ist keinesfalls ausschließlich an die Sterbephase gebunden und kann auch neben Therapien mit dem Ziel der Lebensverlängerung angewendet werden. Palliativversorgung kann zum Beispiel zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, bei Verschlechterung der Erkrankung, neu auftretenden Beschwerden oder am Lebensende hinzukommen. In der Phase der fortgeschrittenen Demenz ist eine Palliativ- und Hospizversorgung in jedem Fall angezeigt.

Die Anwendung der "Überraschungsfrage" ist ein Versuch, den Zeitpunkt für das Hinzuziehen der Palliativversorgung zu bestimmen. Stellt das Behandlungsteam die Frage „Wären wir überrascht, wenn dieser Mensch innerhalb des nächsten Jahres verstirbt?“ und beantwortet sie mit nein, ist eine palliativ ausgerichtete Versorgung angezeigt. Abgewandelt kann diese Frage für die Sterbephase angewendet werden in „Wäre ich überrascht, wenn der Betroffene in einigen Tagen verstorben wäre?“. Wird die Frage von den Betreuenden verneint, fällt es unter Umständen allen Beteiligten leichter, sich auf eine Sterbebegleitung einzustellen und vorbeugend schwere Belastungen zu verhindern.

Der „SPICT-DETM“ Leitfaden gibt ebenfalls Hinweise, ab wann eine Palliativversorgung vorteilhaft sein kann:

  • Es kommt zu wiederholten und ungeplanten Krankenhauseinweisungen.
  • Der Allgemeinzustand verschlechtert sich zusehends und die Person verbringt mehr als den halben Tag liegend oder sitzend.
  • Die Person kann sich kaum noch sprachlich ausdrücken.
  • Die Person ist im Alltag auf umfassende Unterstützung angewiesen, etwa beim Ankleiden, Bewegen und Essen.
  • Die Angehörigen benötigen Unterstützung und Entlastung.
  • Es kommt zum Gewichtsverlust, die Person isst und trinkt weniger und hat vermehrt Schluckstörungen.
  • Eine Inkontinenz von Urin und Stuhl entwickelt sich.
  • Es kommt zu wiederholten fieberhaften Infekten oder Lungenentzündungen durch in die Lunge gelangte Speisen oder Speichel.
  • Es kommt zu wiederholten Stürzen, eventuell begleitet von Knochenbrüchen.

Auch von den An- und Zugehörigen kann der Wunsch nach einer Palliativversorgung oder Ausrichtung der Behandlung auf die Lebensqualität geäußert werden.

Herausforderungen bei der Palliativversorgung von Menschen mit Demenz

Die Palliativ- und Hospizversorgung von Menschen mit einer fortgeschrittenen, schweren Demenzerkrankung ist oft herausfordernd. Eine Palliativversorgung sollte nicht als Sterbebegleitung verstanden werden, sondern beginnt schon deutlich früher, spätestens aber zu Beginn eines medizinisch diagnostizierten schweren Demenzstadiums.

Im Zuge einer Palliativ- und Hospizversorgung können wichtige und entscheidende Problemstellungen auftreten. Fragen zu medizinischen und therapeutischen Maßnahmen, einer möglichen künstlichen Ernährung und etwaigen Wiederbelebungsmaßnahmen kommen im Umgang mit Menschen mit Demenz durch die beeinträchtigte Wahrnehmung eine besondere Bedeutung zu. Orientierungslosigkeit und das oft stark verminderte Sprachvermögen erschweren die Kommunikation; oftmals ist sie sprachlich gar nicht mehr möglich. Nahrungsaufnahme, Körperpflege und -hygiene, sowie eine in diesem Stadium häufig auftretende Inkontinenz verkomplizieren die Versorgung und Betreuung. Menschen mit Demenz reagieren in besonderem Maß auf Stress. Sie vertrauen auf Kontinuität und Begleitung. Intensivmedizinische Maßnahmen, die große Veränderungen in sich bergen, stellen daher eine besonders hohe Belastung dar.

Die Rolle von Angehörigen und Bezugspersonen

Angehörigen und engen Bezugspersonen kann in diesen Phasen eine besonders wichtige Rolle zufallen, denn sie sind mit den Demenzkranken eng verbunden und vertraut. Sie kennen die Wünsche und Vorlieben, Ihre Anwesenheit wirkt meist beruhigend und so tragen sie zum emotionalen und sozialen Wohlbefinden bei. Durch den unumkehrbaren Verlauf ist es gerade bei Demenzerkrankungen besonders wichtig, dass so früh wie möglich Wünsche geäußert und Entscheidungen getroffen werden.

Beratungsangebote

Für Menschen mit Demenz und auch für ihre Angehörigen gibt es eine Reihe von Beratungsangeboten, die sie nicht nur darin unterstützen, die notwendigen Vollmachten und Verfügungen auszufüllen, sondern auch bei der Organisation der Versorgung helfen. Neben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. bieten vor allem Pflegeberatungsstellen Unterstützung.

Konzepte zur Begleitung sterbender Menschen mit Demenz in Pflegeheimen

In vielen Einrichtungen liegt die Zahl der demenziell erkrankten Bewohner mittlerweile bei 50 bis 60 Prozent - Menschen, die nicht nur im Pflegeheim leben, sondern meist auch hier sterben. Für die Pflegenden ist der Umgang mit sterbenden dementen Menschen häufig von Unsicherheit und Desorientierung geprägt. Daher ist es wichtig, Konzepte zur Begleitung sterbender Menschen mit Demenz zu entwickeln.

Strukturelle Bedingungen und Handlungsorientierung

Ein mögliches Konzept zur Pflege und Betreuung sterbender Heimbewohner mit Demenz muss immer beide Ebenen im Blick haben:

  • die strukturellen Bedingungen beziehungsweise den Rahmen für die eigentliche Interaktion
  • die Handlungsorientierung für die eigentliche Begleitung des Sterbenden.

Ebenfalls muss ein Konzept für die Sterbebegleitung respektive für die Sterbebegleitung von Bewohnern mit Demenz den eigentlichen Charakter der Einrichtung Altenpflegeheim als "gerontopsychiatrische Sterbeeinrichtung der modernen Gesellschaft" mit aufnehmen.

Kleine Einheiten und Milieutherapie

Entspannung kann nur entstehen durch die Aufteilung in Kleingruppen beziehungsweise durch die Splittung großer Wohnbereiche in kleine autonome und autarke Einheiten. Eine mögliche Orientierung bietet das neue Konzept der Hausgemeinschaften, die selbst demente Bewohner adäquat versorgen und betreuen können. Die so geschaffenen übersichtlichen Einheiten gestalten ihre inhaltliche Arbeit milieutherapeutisch, um gerade dem dementen Bewohner eine "prothetische Umwelt" anbieten zu können.

Multiprofessionelle Zusammenarbeit

Die einzelnen Professionen der Pflege, der Hauswirtschaft und des sozialtherapeutischen Teams sollten eng miteinander kooperieren, um dem sterbenden Dementen ein individuelles Programm anbieten zu können. Dieses verlangt jedoch, dass die einzelnen Berufsgruppen sich ihrer Professionalität bewusst sind - besonders im Hinblick auf den Umgang mit gerontopsychiatrisch veränderten Bewohnern und im Umgang mit der palliativen Pflege. Ein begleitendes Fort- und Weiterbildungsangebot ist hier obligat.

Der Hausarzt gehört mit in das multiprofessionelle Team - dies jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten und auch nicht in übergeordneter Funktion. Es zeigen sich leider immer noch große Lücken bei den niedergelassenen Medizinern in Bezug auf Schmerztherapie und Diagnostik von gerontopsychiatrischen Krankheitsbildern. Im Gegenzug muss sich das Pflegesegment bewusst werden, dass etwaige Schmerztherapeuten und Hausärzte nur mit einer entsprechend differenzierten Dokumentation arbeiten können.

Einbindung von Angehörigen und Ehrenamtlichen

Analog dem Hospizkonzept sollte eine kontinuierliche, mit dem Tag des Heimeinzuges beginnende und vor allem strukturierte Angehörigenarbeit angeboten werden. Gerade bei der hohen Zahl gerontopsychiatrisch veränderter Bewohner macht es Sinn, den Erfahrungsschatz der Angehörigen zu nutzen. Mit Hilfe eines Biografiebogens können hier pflege- und betreuungsrelevante Informationen erfasst werden. Auch lassen sich aufgeklärte und informierte Angehörige bereitwilliger in die Begleitung sterbender Bewohner integrieren. Dabei ist es obligat, den Angehörigen das Krankheitsbild Demenz zu erläutern und die Unumkehrbarkeit des Krankheitsverlaufes deutlich zu machen.

Die Einbindung ehrenamtlicher Kräfte ist vor dem Hintergrund einer gerontopsychiatrisch veränderten Klientel nicht ganz unproblematisch. Der Bekanntheitsgrad möglicher ehrenamtlicher Kräfte kann dahingehend erhöht werden, dass diese Kräfte zuvor als Besuchsdienst in den Heimalltag integriert werden. Die so gewonnenen ehrenamtlichen Kräfte sollten allerdings in einem Vorbereitungskursus und in ständiger Begleitung durch eine befähigte Person in ihrer Arbeit aufgefangen und unterstützt werden. Auch empfiehlt es sich, das Tätigkeitsfeld der ehrenamtlichen Mitarbeiter genau zu definieren beziehungsweise die Schnittstellen zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern gemeinsam zu thematisieren, um etwaige Kompetenzstreitigkeiten im Vorfeld auszuräumen.

Handlungsorientierung für die Begleitung sterbender Dementer

Die Hauptorientierung für die Begleitung sterbender Dementer bietet das Hospizkonzept. Die Pflege des Sterbenden wird dabei durch den palliativen Ansatz repräsentiert, was bedeutet, dass hier lindernd auf den somatischen Zustand Einfluss genommen wird. Häufig beinhaltet dies vor allem eine Reduktion des Pflegeangebotes (z. B. Beschränkung auf das Nötigste) und eine inhaltliche Änderung des Pflegeziels: Der klinisch saubere Mund weicht dem Anspruch, das Durstgefühl zu lindern und das Wohlbefinden zu fördern.

Biografiearbeit und Validation

Des Weiteren empfiehlt es sich, in der Zeit der Eingewöhnung nach dem Heimeinzug biografisches Material über den neuen Bewohner zu sammeln, in dem auch die Themen "Sterben, Sterbebegleitung und Tod" angesprochen werden. Hier wird eindeutig nach Bedürfnissen und Wünschen bezüglich der Sterbebegleitungssituation und der Zeit nach dem Versterben gefragt. Liegt eine etwaige Demenz zugrunde, kann auf die Informationen der Angehörigen zurückgegriffen werden.

Wichtig ist es, in diesen Biografiebögen auch dahingehend Informationen zu sammeln, welche Berührungen erlaubt sind beziehungsweise wie viel Nähe der Sterbende durch den Begleiter zulassen kann und wie intensiv die Begleitung gestaltet werden soll (wie viel Zeit, welche Angebote, welche Personen). Hier formuliert sich eine Haltung, die sich sehr gut auf die Kommunikation mit einem dementen Menschen übertragen lässt. Ob ich diese Haltung mit Wertschätzung, Empathie, emotionaler Wärme oder Kongruenz benenne, oder alles unter dem Zauberbegriff Validation subsumiere, ist dabei unerheblich. Wichtig ist jedoch, dass Validation keine Gesprächstechnik, sondern eine Gesprächshaltung ist, die das Gegenüber uneingeschränkt in seinem "Sosein" akzeptiert.

Nonverbale Kommunikation und Erinnerungsarbeit

Über vertraute Gerüchen, Geräuschen, Berührungen, Bewegungen, Geschmäckern und visuellen Anreizen kann eine bekannte und vertraute Situation und Umgebung geschaffen werden, die dem alten dementen Menschen Sicherheit im Hier und Jetzt anbieten kann. Über diese können Inhalte, Phantasien, Erfahrungen und Wünsche der Bewohner im Zusammenhang mit Tod und Sterben ermittelt werden.

Es sind die Reminiszenztherapie und die Oral History Group. Beide Ansätze sammeln Erinnerungen und Erfahrungen der Bewohner zu bestimmten Themen, um sie zusammenzutragen, zu archivieren beziehungsweise systematisiert bekannt zu machen. Das Thema "Umgang mit Tod und Sterben in früheren Zeiten" bietet sich dafür beispielsweise gut an. Hier kann jeder Bewohner selbst entscheiden, wie viel Erfahrung er in die Gruppe einbringen möchte. Aktuelle Ängste und Wünsche zum Thema bekommt der Gruppenleiter frei Haus geboten.

Aktuelle Entwicklungen und Initiativen

Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) setzen sich gemeinsam für die Verbesserung der Palliativversorgung von Menschen mit Demenz ein. Es gibt zahlreiche Initiativen und Projekte, die darauf abzielen, die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz am Lebensende stärker in den Fokus zu rücken und die Versorgung entsprechend anzupassen.

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