Demenzgerechte Wohnraumgestaltung: Tipps für ein sicheres und komfortables Zuhause

Wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt, verändert sich das Leben aller Beteiligten. Demenz ist ein fortschreitender Prozess, der Gedächtnis, Fähigkeiten und Fertigkeiten beeinträchtigt. Anpassungen an die veränderten Bedürfnisse des Betroffenen sind daher unerlässlich, insbesondere im Wohnbereich. Dieser Artikel gibt Ihnen Tipps, wie Sie den Wohnbereich demenzgerecht gestalten können, um Ihrem Angehörigen ein sicheres, komfortables und vertrautes Zuhause zu schaffen.

Was bedeutet Demenz?

Demenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust von kognitiven Fähigkeiten einhergehen. Dazu gehören Gedächtnis, Orientierung, Urteilsvermögen, Sprache und Lesefähigkeit. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, sich an neue Situationen anzupassen, Gefahren einzuschätzen und den Alltag zu bewältigen. Symptome wie Blickfeldstörungen und motorische Störungen können zusätzlich auftreten und zu depressiven Verstimmungen oder Reizbarkeit führen.

Warum ist eine demenzgerechte Wohnraumgestaltung wichtig?

Die optischen und akustischen Sinneswahrnehmungen von Menschen mit Demenz können verstärkt oder beeinträchtigt sein. Reizüberflutung oder Wahrnehmungsstörungen können die Orientierung erschweren und Ängste auslösen. Eine angepasste Umgebung kann diesen Herausforderungen entgegenwirken und das Wohlbefinden steigern.

Die Gestaltung des Wohnraums spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung dieser herausfordernden Erkrankung, da sie einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität hat.

Vorteile einer demenzgerechten Wohnraumgestaltung:

  • Erhalt der Selbstständigkeit: Eine angepasste Umgebung ermöglicht es Menschen mit Demenz, länger selbstständig zu bleiben.
  • Stressreduktion: Eine demenzfreundliche Umgebung minimiert potenzielle Stressfaktoren und Verwirrung.
  • Steigerung der Sicherheit: Ein sicherer Wohnraum ist entscheidend, um das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz zu gewährleisten. Dies umfasst die Beseitigung von Stolperfallen, das Anbringen von Handläufen und Sicherheitsvorkehrungen sowie die Vermeidung von potenziell gefährlichen Gegenständen.
  • Erhaltung der sozialen Interaktion: Die demenzfreundliche Gestaltung kann auch soziale Interaktionen fördern, indem sie Gemeinschaftsräume und soziale Treffpunkte schafft.
  • Verbesserung der Lebensfreude: Ein demenzfreundlicher Wohnraum kann auch die Lebensfreude der Betroffenen steigern, indem Elemente integriert werden, die positive Erinnerungen wecken oder Aktivitäten ermöglichen, die Freude bereiten.
  • Erhaltung der Selbstachtung: Eine demenzfreundliche Gestaltung respektiert die Individualität und Persönlichkeit der Betroffenen.
  • Unterstützung für Angehörige: Die Wohnraumgestaltung kann auch die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz erleichtern.

6 Tipps für die demenzgerechte Einrichtung

  1. Vermeiden Sie unruhige Muster und spiegelnde Flächen: Verzichten Sie auf Tapeten mit unruhigen Mustern, insbesondere Fototapeten, sowie auf irritierend spiegelnde Flächen wie Glasvitrinen oder Hochglanzmöbel.
  2. Gestalten Sie den Wohnbereich einfach und übersichtlich: Reduzieren Sie die Reize in den Räumen und schaffen Sie eine klare Struktur. Eine übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums ist die oberste Grundregel. Zu viele Sinneseindrücke überfordern Betroffene und erschweren die Orientierung im Raum.
  3. Bedecken Sie Spiegel oder entfernen Sie diese: Spätestens wenn das eigene Spiegelbild nicht mehr erkannt wird oder Ängste verursacht, sollten Sie Spiegel entfernen oder abdecken.
  4. Wählen Sie Wandbilder mit ruhigen Motiven: Achten Sie bei Wandbildern auf einfache, gegenständliche und ruhige Motive. Persönliche Fotos können hingegen zu Gesprächen über eigene Erlebnisse oder Erinnerungen anregen.
  5. Bauen Sie Stolperfallen ab: Entfernen Sie Teppichbrücken, lose Kabel und andere Stolperfallen, um die Sturzgefahr zu minimieren. Nutzen Sie rutschsichere Bodenbeläge und schaffen Sie sichere "Laufwege" in der Wohnung.
  6. Achten Sie auf die Bodenbeläge: Dunkle Farben können als Abgrund wahrgenommen werden, während sehr helle Flächen "bodenlos" erscheinen können. Vermeiden Sie auch blaue oder blaugraue Böden, insbesondere wenn sie spiegeln oder schimmern. Dunkle Farben in großen Mustern, wie ein Schachbrettmuster, können als Loch interpretiert werden oder Streifen und Unterbrechungen als Stufe wahrgenommen werden. Das kann Menschen mit Demenz daran hindern, weiter zu laufen oder führt zu Fehltritten.

Weitere wichtige Aspekte der Wohnraumgestaltung

  • Orientierungshilfen: Menschen mit Demenz fällt es zunehmend schwer, sich in ihrer Umgebung zu orientieren. Vertraute Erinnerungsgegenstände und die gewohnte Ordnung helfen ihnen, sich zu orientieren, und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit. Veränderungen sollten behutsam und schrittweise eingeführt werden.
  • Gefahrenquellen beseitigen: Untersuchen Sie die Wohnung auf Gefahrenquellen und beseitigen Sie diese. Sichern Sie Fenster und niedrige Geländer. Installieren Sie Haltegriffe im Badezimmer und verwenden Sie Schlösser mit Not- und Gefahrenfunktion.
  • Bewegungsdrang berücksichtigen: Viele Menschen mit Demenz haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Beschränken Sie die Bewegungsfreiheit nicht unnötig, sondern schaffen Sie sichere Rundwege innerhalb der Wohnung oder des Grundstücks.
  • Kennzeichnung von Türen: Türen können die räumliche Orientierung beeinflussen. Offene Türen sind klar als Durchgänge erkennbar. Kennzeichnen Sie wichtige Türen, wie zum Beispiel die zum Badezimmer, mit Schildern.
  • Beleuchtung: Kaltweißes Licht ist für ältere Menschen besser zu sehen als warmweißes. Nutzen Sie LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder für den nächtlichen Toilettengang. Vermeiden Sie spiegelndes Licht.
  • Zeitliche Orientierung: Stärken Sie die zeitliche Orientierung mit einem Kalender mit extra großen Zahlen und ausgeschriebenem Monat und Jahr sowie einem Symbol für die jeweilige Jahreszeit. Auch Fenster, die einen Blick in die Natur bieten, können helfen.
  • Farben und Kontraste: Dementiell erkrankte Personen reagieren sehr sensibel auf Farben. Setzen Sie Farbakzente behutsam und gezielt ein. Dunkle Töne sollten Sie eher vermeiden, da sie negative Gefühle auslösen können. Kontraste hingegen sind sehr wichtig, denn sie helfen Demenzerkrankten, Details schnell wahrzunehmen.
  • Sicherheit: Zunehmende Desorientierung und Vergesslichkeit bringen viele Risiken im Alltag mit sich. Entfernen Sie Stolperfallen und sorgen Sie für eine gute Beleuchtung. Installieren Sie Rauchmelder und sichern Sie den Herd mit Schutzknöpfen.
  • Erinnerungen bewahren: Bewahren Sie wertvolle Erinnerungsstücke auf und schaffen Sie eine ruhige Ecke, in der die Person mit Demenz in Erinnerungen schwelgen kann.
  • Alltags- und Orientierungshilfen: Nutzen Sie Alltags- und Orientierungshilfen für Demenzerkrankte, wie zum Beispiel spezielle Uhren und Kalender.
  • Musik und Filme: Musik und Filme können das Wohlbefinden steigern und Erinnerungen wecken. Wählen Sie fröhliche Bilder und positive Botschaften.
  • Spiele und Beschäftigung: Gedächtnistraining, Puzzles und Erinnerungskästen können das Gehirn aktivieren und für Beschäftigung sorgen.
  • GPS-Ortung und Türüberwachung: Bei Hinlauftendenz können GPS-Ortung und Türüberwachungssysteme helfen, die Sicherheit zu gewährleisten.

Unterstützung und Finanzierungsmöglichkeiten

  • Pflegegrad: Menschen mit Demenz haben Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, abhängig vom Pflegegrad.
  • Ambulante Betreuungsdienste: Ambulante Betreuungsdienste bieten Hilfestellungen bei der Gestaltung des Alltags, im Haushalt sowie bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte.
  • Betreuungsgruppen: Wohlfahrtsverbände und andere Organisationen bieten Gruppenbetreuungen für Menschen mit Demenz an.
  • Ehrenamtliche Hilfe: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer können soziale Kontakte ermöglichen, Beschäftigung anbieten und Bewegung verschaffen.
  • Ambulanter Pflegedienst: Professionelle ambulante Hilfe ermöglicht es Menschen mit Demenz länger zu Hause zu bleiben und pflegende Angehörige zu entlasten.
  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Mit einem Pflegegrad können Kosten für sogenannte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen von der Pflegeversicherung bezuschusst werden.

Tipps für den Umgang mit der Hinlauftendenz

Manche Menschen mit Demenz entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine Hinlauftendenz. Wichtig ist, aufmerksam zu bleiben, ohne die Bewegungsfreiheit zu sehr einzuschränken. Namensschilder und Kontaktdaten der Angehörigen in der Kleidung können im Notfall helfen.

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Das Pflegezimmer als Dreh- und Angelpunkt

Mit steigendem Alter und zunehmender Immobilität wird das Pflegezimmer zum Dreh- und Angelpunkt für Senioren. Essenziell für die Lebensqualität der Bewohnenden also, dass die eigenen vier Wände wohnlich gestaltet und zeitgleich an die individuellen Bedürfnisse angepasst sind.

Tipps für die Gestaltung des Pflegezimmers:

  1. Funktionale und einladende Raumgestaltung: Die Möbel sollten ergonomisch und barrierefrei gestaltet sein. Moderne Pflegebetten verbergen Technik geschickt unter der Matratze, sodass sie fast wie Boxspringbetten aussehen.
  2. Farben beeinflussen die Stimmung: Wählen Sie Farben und Materialien sorgfältig aus, um eine angenehme und beruhigende Atmosphäre zu schaffen. Pastellfarben oder Erdtöne eignen sich gut. Auch mutigere Farben wie Rot können sich positiv auf dementiell Erkrankte auswirken.
  3. Die richtige Beleuchtung: Natürliches Tageslicht sollte bevorzugt werden. Zusätzlich hilft eine gut durchdachte Beleuchtung mit verschiedenen Lichtquellen, um eine angemessene Helligkeit und eine einstellbare Atmosphäre zu gewährleisten. Warmes Licht steigert die Produktion des Schlafhormons Melatonin.
  4. Persönliche Gestaltung: Die Bewohnenden sollten die Möglichkeit haben, persönliche Gegenstände, Erinnerungsstücke und Dekorationen einzubringen, um ihre Individualität und Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Alte Familienbilder oder Portraits der Enkel eignen sich gut für das Pflegezimmer.

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