Blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasmen (BPDCN): Ein umfassender Überblick

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (BPDCN) ist eine seltene und aggressive Form von Blutkrebs. Sie wird durch die klonale Proliferation von unreifen Vorläufern der plasmazytoiden dendritischen Zellen verursacht. Die BPDCN macht weniger als 0,5% aller hämatologischen Neoplasien aus. Sie manifestiert sich typischerweise durch Hautläsionen, kann aber auch das Knochenmark, die Lymphknoten und andere Organe befallen. Unbehandelt führt die BPDCN rasch zum Tod.

Grundlagen der BPDCN

Definition und Basisinformationen

Die blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasie (BPDCN) ist eine sehr seltene und meist aggressiv verlaufende hämatologische Neoplasie. Die Differenzierung der Tumorzelle entspricht der von Vorläufern dendritischer Zellen (DC) mit myeloischer und lymphatischer Prägung. Trotz der meist kutanen Primärmanifestation ist die BPDCN eine hämatologische Systemerkrankung mit Manifestationen in Knochenmark, Blut und viszeralen (lymphatischen) Organen. Das hohe Rezidivrisiko nach konventionellen Systemtherapien mit einer medianen Gesamtüberlebenszeit von 8,7-24 Monaten nach Diagnosestellung charakterisiert die aktuell schlechte Prognose der BPDCN.

Epidemiologie

Die Inzidenz der BPDCN liegt bei etwa 0,04 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Sie tritt gehäuft bei männlichen Patienten mit einem Geschlechterverhältnis von 3 bis 4:1 und mit einem medianen Erkrankungsalter von ca. 61-71 Jahren v.a. im höheren Lebensalter auf. Es besteht ein zweiter Altersgipfel bei Patient*innen <20 Jahren.

Pathogenese

Die Pathogenese der BPDCN ist komplex und noch nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass die Erkrankung von unreifen Vorläufern der plasmazytoiden dendritischen Zellen ausgeht, die eine klonale Proliferation erfahren. Ob es sich hierbei um Zellen der myeloischen oder der lymphatischen Reihe handelt, wird seit Jahren kontrovers diskutiert.

Dynamische Histogenesekonzepte

Reife DC bestehen aus konventionellen (‚myeloischen‘) DC (cDC, unterteilt in cDC1 und cDC2) und aus plasmazytoiden (p)DC. Sie alle nehmen unterschiedliche Funktionen in der Aktivierung spezifischer T-Zell Subpopulationen wahr. Die pDC sind phänotypisch Linienneg. CD4+ CD123high HLA-DRhigh und produzieren große Mengen an Interferon Typ-I (IFN-I) als Reaktion auf Virusinfektionen. Es ist allgemein anerkannt, dass sich normale pDC aus myeloischen und/oder aus lymphoiden Vorläufern des Knochenmarks entwickeln. Einige Studien suggerieren, dass die BPDCN eher mit ruhenden pDC myeloischen Ursprungs verwandt ist. Aus aktuellen Analysen der Transkriptome, Genkopiezahlen und Mutationen von zwölf BPDCN im Vergleich zu 164 akuten Leukämien ergaben sich neue Erkenntnisse zur ontogenetischen Einschätzung der BPDCN: Es besteht eine gewisse molekulare Heterogenität unter den BPDCN; Die Signaturen der BPDCN sind unter den akuten Leukämien denen der B-Zell akuten lymphoblastischen Leukämie (B-ALL) am ähnlichsten; BPDCN tragen prominente Signaturen von pDC, aber in einem Teil der Fälle auch von sogenannten AS-DC. AS-DC sind eine kürzlich definierte Population von prä-DC, welche sich durch eine AXL+ SIGLEC6+ Signatur innerhalb der CD123high HLA-DRhigh DC auszeichnen. Diese Population enthält pDC- und cDC-ähnliche angereicherte Signaturen. AS-DC haben zudem funktionelle Eigenschaften, die zwischen denen der pDC und der cDC liegen, sich aber näher an den cDC ansiedeln. Es wird daher aktuell angenommen, dass BPDCN-Zellen nicht homogen differenziert sind und sich nicht aus einem streng uniformen Pool von Vorläufern generieren. Sie weisen daher in einem Teil der Fälle eine Ähnlichkeit mit pDC und in einer weiteren Fraktion Ähnlichkeiten mit AS-DC auf. Gemeinsam ist den Subtypen dieser DC und den Fraktionen der BPDCN Fälle aber die Koexistenz myeloischer und lymphatischer Eigenschaften.

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Molekulare Pathomechanismen und Vulnerabilitäten der Tumorzelle

Einblicke in die Genetik der Erkrankung haben zwar bisher keine BPDCN-spezifischen Läsionen detektiert, jedoch finden sich typischerweise komplexe chromosomale Aberrationen mit ca. 9 pro Fall. Diese betreffen v.a. Verluste bekannter Tumorsuppressor-Gene wie RB1, IKZF1/2/3, ETV6, NR3C1, CDKN2A/B oder TP53. Die häufigsten Genmutationen finden sich in ‘myeloischen’ Genen wie TET2 (21-70%), ASXL1 (28-46%) und ZRSR2 in Assoziation mit ‘lymphatischen’ Mutationen wie in IKZF1 sowie in Molekülen der Immunantwort wie IFNGR, TGFB, CLEC4C und IFNA. All dies mündet in prominenten Signaturen der epigenetischen Deregulation, der NFκB-Aktivierung, aberrantem SOX4, der Abhängigkeit von TCF4-/BRD4 transkriptionellen Netzwerken, der Zellzyklusderegulation und einer Apoptoseresistenz.

Der E-Box-Transkriptionsfaktor TCF4 wurde mittels RNAi-Screen als Masterregulator des onkogenen Programms von BPDCN identifiziert. Seine experimentelle Herunterregulierung führte zum Verlust des BPDCN-spezifischen Genexpressionsprogramms und zur Apoptose. Hochregulierte TCF4-abhängige Gene beinhalteten solche, die für die Entwicklung und Funktion von pDC essentiell sind, aber auch bekannte Onkogene wie MYC, BCL2 oder TCL1. Ein Hochdurchsatz-Substanzscreen mit >1,910 small molecules fand in BPDCN-Zellen besonders prominente Sensitivitäten gegenüber bromodomain und extra-terminal domain (BET) Inhibitoren, welche in Xenograft-Modellen auch das Wachstum der BPDCN Zellen hemmten. Molekulargenetisch sind bei BPDCN Mutationen in epigenetischen Faktoren, Splicing-Genen, der RAS-Familie sowie in Genen, die für Transkriptionsfaktoren kodieren oder an der DNA-Methylierung beteiligt sind, bekannt. Am häufigsten werden Mutationen in TET2 (21-70%) und ASXL1 (28-46%) beobachtet. Beird et al. zeigten kürzlich, dass das Vorhandensein mindestens einer trunkierenden TET2-Mutation mit einem signifikant schlechteren Gesamtüberleben verbunden ist gegenüber keinen oder missense-TET2-Mutationen. Des Weiteren sind unter anderem Mutationen in den Genen ETV6, EZH2, FLT3, FLT3-ITD, IDH2, KRAS, NPM1, NRAS, SRSF2, TP53 sowie ZRSR2 zu finden.

Risikofaktoren

Große epidemiologische Analysen zur BPDCN existieren nicht. In den größeren klinisch-retrospektiven Analysen werden keine genetisch-prädisponierenden oder eindeutige Umweltfaktoren, die mit einem erhöhten Risiko für eine BPDCN assoziiert wären, berichtet. Es besteht aber eine histogenetische Beziehung der BPDCN zu myeloischen Neoplasien, mit zum Teil gemeinsamen genetischen Vorläuferläsionen. Besonders häufig findet sich daher eine Assoziation der BPDCN mit dem myelodysplastischen Syndrom (MDS), der chronischen myelomonozytären Leukämie (CMML) oder der akuten myeloischen Leukämie (AML). Die Häufigkeitsangaben zu solchen myeloischen Co-Malignomen schwanken zwischen 20-40% der BPDCN-Fälle. Diese Neoplasien treten teils auch als der BPDCN vorangehende oder nachfolgende Ereignisse auf. Neben den de-novo BPDCN sind sehr selten auch Fälle von BPDCN mit einer Assoziation zu Vortherapien, z. B. mit Alkylanzien, für eine andere Tumorerkrankung beschrieben worden.

Vorbeugung und Früherkennung

Spezifische Empfehlungen zur Vorbeugung oder Früherkennung können aus den epidemiologischen Daten nicht abgeleitet werden. Es liegt derzeit keine Evidenz zu wirksamen Maßnahmen der Vorbeugung vor. Auch gibt es bisher keine Hinweise auf die Existenz von fakultativen Vorläuferläsionen. Eine Assoziation mit der klonalen Hämatopoese von unbestimmtem Potential (CHIP) wird nur sporadisch berichtet. Ein systematisches Screening zur Früherkennung wird nicht empfohlen.

Klinisches Bild

Symptome

Die BPDCN manifestiert sich in nahezu allen Patientinnen primär kutan (86-94%). Es zeigen sich in der Regel asymptomatische, meist schnell progrediente Hautläsionen heterogener Größe und Morphologie. Knoten und kontusiforme livide Makulae stellen die häufigste Morphologie kutaner BPDCN Läsionen dar. Bei knapp 50% der Patientinnen tritt zuerst ein isolierter Hautbefall auf. Es werden ungefähr gleich häufig singuläre kutane Läsionen wie ein multilokulärer Befall beobachtet (55% vs. 45%). Als Infiltrat kann die Ausbreitung bis hin zu einer Purpura reichen; letztere findet man in bis zu 30% der Fälle. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf kommt es nach im Median 2,5 Monaten zu klinisch manifesten extrakutanen Manifestationen. Wegen häufiger diagnostischer Verzögerung zwischen Auftreten der ersten kutanen Läsionen bis zur bioptischen Sicherung des Infiltrats liegt bei bestätigter BPDCN-Erstdiagnose in ca. 90% der Fälle bereits eine Systemerkrankung mit kutaner und leukämischer Manifestation vor, nachweisbar im Knochenmark und/oder peripheren Blut. Sonderfälle sind Präsentationen, die auf die Haut beschränkt sind (4-8%), oder solche mit einem isoliert leukämischen Verlauf ohne Hautbeteiligung (7%). Nach aktueller Datenlage hat die Art der (Erst-)Manifestation keine prognostische Relevanz.

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Erkrankungslokalisationen außerhalb der Haut sind das Knochenmark (49-68%), Lymphknoten (27-56%), Milz (17-44%), peripheres Blut (17-28%) oder sonstige extramedulläre Gewebe oder Organe (21-42%%) inkl. des ZNS (4-9%, bis zu 30% im Rezidiv). Aus diesen spezifischen Organmanifestationen ergeben sich auch spezielle Symptome, wie z.B. Zytopenien bei Knochenmarkinsuffizienz. BPDCN-assoziierte Blutbildveränderungen sind in der Regel eine Anämie oder Thrombozytopenie und seltener Leukozytopenien. Höhergradige Leukozytosen treten in der Regel nicht auf. Die Häufigkeit anderer möglicher krankheitsassoziierter Zeichen wie B-Symptomatik, Infektneigung oder Blutungskomplikationen sind bisher unzureichend untersucht.

Diagnose

Die Diagnose der BPDCN erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Dermatologen, Pathologen und Hämatologen.

Diagnostische Verfahren

Die durch die Seltenheit und die häufigen Änderungen der Nomenklatur der Erkrankung bedingten Unsicherheiten haben in der Vergangenheit zu erheblichen Verzögerungen von im Median 4-6 Monaten nach meist kutaner Erstmanifestation bis zur akkuraten histologischen Diagnose geführt. Ein empfohlenes diagnostisches Vorgehen ist in Tabelle 1 abgebildet. Die diagnostischen Maßnahmen und vor allem die Ausbreitungsdiagnostik stellen eine Kombination aus dem gängigen Vorgehen bei akuten Leukämien in Bezug auf die Knochenmarkdiagnostik, bei aggressiven B-Zell-Lymphomen in Bezug auf die bildgebende Diagnostik und bei kutanen Lymphomen dar.

Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch den charakteristischen Immunphänotyp anhand der Immunhistochemie und/oder der Durchflusszytometrie des Haut- und Knochenmarkbiopsates (-aspirates) bzw. der sonstigen betroffenen Gewebe. Das in der Regel zytomorphologisch monomorph blastär imponierende Infiltrat zeigt folgenden Immunphänotyp:

  • Expression von mindestens vier der folgenden fünf Marker: CD123 (≈95%), CD4 (≈95%), CD56 (≈95%), TCL1 (≈90%), BDCA2 (≈90%); Eine simultane Expression von CD123, CD4, CD56, TCL1 und BDCA2 konnte lediglich in 46% von 91 Patientinnen detektiert werden. Das Antikörperpanel sollte immer CD123 enthalten. Expressionen von CD43, TdT, CD68, CD33 sind möglich, selten auch von CD34 oder/und CD117 in Abhängigkeit vom Reifegrad der Zellen.
  • bei Abwesenheit Linien-spezifischer Marker; das heißt keine Expression von pan-T Antigenen wie CD3; keine Expression von pan-B Antigenen wie CD79a, keine Expression von myeloisch / Precursor-definierenden Markern wie Lysozym, Myeloperoxidase, CD14, CD11c.

In 20-40% der Fälle wird die Koexistenz einer myeloischen Neoplasie (MDS, CMML, AML) beschrieben. Französische Registerdaten zeigen das Vorliegen von Knochenmarkdysplasien in ≥1 Zellreihe(n) in 31% der BPDCN bei Erstdiagnose. Eine Vermehrung von Blasten (BPDCN oder myeloisch) im Knochenmark findet sich in über 90% der BPDCN mit einem mittleren Infiltrationsgrad von etwa 65% (0-100%). Bei einigen Patient*innen kommt es mit zunehmender Krankheitsausbreitung zu einem leukämischen Verlauf mit Blasten im peripheren Blut.

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Zytogenetik (konventionell oder FISH) oder Gensequenzierungen sind für die Etablierung der Diagnose entbehrlich. Sie stellen aber informative Zusatzmethoden dar, wenn es um die Abgrenzung von myeloischen Neoplasien, inklusive von AML mit klonalen pDC Populationen geht. Rearrangements von 8q24 (MYC) treten bei 10-15 % der BPDCN auf. Sie sind im Gegensatz zu B-Zell Lymphomen oft mit nicht-Immunglobulin-Loci als Partner vergesellschaftet. In einer Studie bei 118 Patient*innen mit BPDCN wurden 41 (38%) MYC-positive (Umlagerung und Expression) versus 59 (54%) MYC-negative Fälle (beide Strata negativ) identifiziert.

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch ist es essenziell, BPDCN von einer AML und vice versa zu unterscheiden. Beide können in Klinik und Morphologie ähnliche Erscheinungen aufweisen, besonders, wenn bei der AML Hautinfiltrate bestehen. Durch die vielfältige Darstellung der BPDCN können differenzialdiagnostisch zudem sämtliche kutane Non-Hodgkin-Lymphome erwogen werden, wobei mittels Histopathologie und Immunhistochemie differenziert werden kann. Bei der BPDCN finden sich klein- bis mittelgroße, diffus in der Dermis proliferierende, basophile Blasten mit häufig randständig gelegenem Zellkern sowie zahlreichen Mitosen.

Therapie

Die Behandlung der BPDCN stellt aufgrund des aggressiven Verlaufs, der hohen Rezidivneigung und der insgesamt schlechten Prognose eine Herausforderung dar. Unbehandelt ist die Prognose sehr schlecht, mit medianen Überlebenszeiten von unter 2 Jahren. Die Therapieoptionen hängen vom Allgemeinzustand der Betroffenen und von eventuellen Komorbiditäten ab.

Therapieansätze

Angesichts des Verlaufs der BPDCN wurde bislang primär Chemotherapie eingesetzt. Es handelte sich dabei meist um intensive Chemotherapie, wie sie bei AML oder akuter lymphatischer Leukämie (ALL) zum Einsatz kommt, oder Standardchemotherapie wie bei Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL).

Mit allen Protokollen konnten bei einem Teil der Patient:innen Remissionen erreicht werden. Angesichts der Seltenheit der Erkrankung sind bisher keine randomisierten Studien publiziert. Vielmehr stützt sich unsere Beurteilung zur Effektivität unterschiedlicher Therapieschemata auf retrospektive Daten. Generell konnten mit intensiven Induktionstherapien im Vergleich zu Standardtherapien (NHL-Protokolle) höhere Remissionsraten erreicht werden. Außerdem scheinen ALL-Protokolle den AML-Protokollen in Bezug auf die Ansprechraten überlegen zu sein.

Trotz des moderaten bis guten Ansprechens bedingt eine hohe Rezidivrate ein überschaubares Langzeitüberleben, wie Laribe K et al. 2022 in einer retrospektiven Datenanalyse von 398 Patient:innen aus 75 Zentren zeigte. Das Überleben der Patient:innen betrug mit ALL/AML-Protokollen 18 Monate und war nur unwesentlich länger als unter NHL-Protokollen (14 Monate).

Die einzige Therapieoption, die zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens führt, ist die Stammzelltransplantation. Dies konnte für die allogene wie auch für die autologe Stammzelltransplantation gezeigt werden. Dabei ist die autologe der allogenen Transplantation unterlegen.

Vor Kurzem wurde Tagraxofusp zur Therapie der BPDCN zugelassen. Dabei handelt es sich um ein Fusionsprotein aus rekombinantem IL-3 und einem verkürzten Diphtherietoxin, das sich die Expression von CD123 auf den Zellen der BPDCN zunutze macht. Die Effektivität der Therapie konnte 2019 in einer Open-Label-Studie gezeigt werden. Von 29 Patient:innen, die nach Dosisfindung mit 12μg/kg Körpergewicht Tagraxofusp behandelt worden waren, zeigten 72% ein vollständiges oder „klinisch vollständiges“ Ansprechen. In den 2022 publizierten Langzeitdaten von 65 Patient:innen lag das vollständige oder „klinisch vollständige“ Ansprechen bei 57% und das Gesamtansprechen (inklusive partieller Response) bei 75%. Bei 45% konnte nach Erreichen einer Remission eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden. Zu erwähnen ist, dass ein ECOG-Score <2 und eine adäquate Organfunktion Voraussetzung für den Einschluss in die Studie waren. Vor allem im ersten Therapiezyklus traten Nebenwirkungen wie Anstieg der Transaminasen, Hypoalbuminämie, periphere Ödeme, Thrombozytopenie und Capillary-Leak-Syndrom auf. Bei Letzterem war ein Abfall des Albumins am ersten Behandlungstag zu beobachten.

Auch eine Reihe von anderen neuen Therapien wurde bei der BPDCN bereits erfolgreich eingesetzt, wobei bis dato diesbezüglich nur Fallserien oder Fallberichte publiziert wurden. Prominente Beispiele wären Venetoclax/Azacitidin, Azacitidin-Monotherapie oder Bortezomib/Daratumumab. Bei Patient:innen mit ZNS-Beteiligung ist eine entsprechende intrathekale Therapie wie bei ALL erforderlich.

Aktuelle Forschung und zukünftige Perspektiven

Der Ausblick für die Therapie der BPDCN ist von einer zunehmend gezielten und personalisierten Behandlungsstrategie geprägt. Die Entwicklung und Zulassung von Tagraxofusp hat bereits einen wichtigen Fortschritt in der Behandlung dieser seltenen Erkrankung markiert. Denn das gegen CD123 gerichtete Fusionsprotein bietet eine zielgerichtete Therapieoption, die insbesondere in der Erstlinienbehandlung von Vorteil ist.

Aktuelle Forschungsprojekte konzentrieren sich auf die Identifizierung und Validierung neuer molekularer Ziele auf BPDCN-Zellen. Die Entwicklung von CAR-T-Zell-Therapien, die gegen CD123 oder andere Oberflächenantigene auf BPDCN-Zellen gerichtet sind, ist ein vielversprechender Ansatz. Die Kombination von zielgerichteten Therapien mit herkömmlichen Chemotherapien oder anderen innovativen Behandlungsansätzen könnte die Wirksamkeit erhöhen und die Überlebensraten verbessern. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), die gezielt an BPDCN-Zellen binden und hochwirksame Zytostatika direkt in die Tumorzellen einschleusen, sind ein weiteres vielversprechendes Forschungsgebiet. Aktive klinische Studien spielen eine entscheidende Rolle bei der Weiterentwicklung der BPDCN-Therapie. Sie ermöglichen nicht nur die Bewertung neuer Behandlungsansätze, sondern tragen auch zum besseren Verständnis der Krankheitsbiologie bei.

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