Schulen existieren seit Jahrtausenden, wobei der älteste bekannte Nachweis auf einem ägyptischen Grab aus der Zeit zwischen 2000 und 1500 v. Chr. gefunden wurde. Im Gegensatz dazu ist die systematische und moderne Hirnforschung, die das Gehirn als zentrales System der Informationsverarbeitung des Menschen untersucht, erst etwa 150 Jahre alt. Erst seit 1990 wird die Hirnforschung gezielt zur Verbesserung der Pädagogik eingesetzt. Dieser Ansatz wird als „Educational Neuroscience“ oder „Neuroeducation“ bezeichnet, im Deutschen meist als Neuropädagogik oder Neurodidaktik.
Die Neuropädagogik: Eine junge Disziplin mit großen Erwartungen
Die Neuropädagogik ist eine relativ junge Disziplin, insbesondere im Vergleich zu den jahrtausendealten Bemühungen, Schulen durch individuelle oder gesellschaftliche Erfahrungen, Leistungsmessungen und geisteswissenschaftliche Forschung zu optimieren. Trotzdem hat die Neuropädagogik bereits eine Geschichte, die von zu großen Versprechungen und zu hohen Erwartungen geprägt ist. Wie bei anderen wissenschaftlichen Wundererwartungen lassen sich drei Phasen erkennen: Euphorie, Enttäuschung und Normalisierung.
Die Euphorie-Phase
Mit dem Neuroboom und den hohen Erwartungen an die Neurowissenschaften wurde die Neuropädagogik vor allem in Deutschland als Möglichkeit gesehen, im föderalen Bildungschaos eine objektive Schiedsinstanz zu finden. Bildungsreformen sollten sich nicht mehr auf kreative Eingebungen von Landesregierungen stützen, sondern auf objektive wissenschaftliche Fakten. Die Euphorie war groß, und die Neuropädagogik wurde von Politik und Forschungseinrichtungen finanziell stark unterstützt. Parallel dazu entwickelten kommerzielle Anbieter unterschiedlicher Seriosität eine Palette von neuropädagogischen Angeboten.
Die Enttäuschung-Phase
Nachdem sich die Hoffnungen und Erwartungen nicht innerhalb weniger Jahre erfüllten, kippte die Euphorie-Phase in die Enttäuschung. Es wurde deutlich, dass sich die Vision einer neurowissenschaftlich entwickelten und optimierten Schule nicht so schnell realisieren ließ. Das Forschungsministerium stellte 2005 fest, dass die häufig geäußerte Vorstellung, die Hirnforschung könne zur Klärung theoretischer Kontroversen in der Pädagogik beitragen, nicht zutrifft.
Die Normalisierungs-Phase
Nach der Kritik befindet sich die Neuropädagogik nun in der dritten Phase, in der sich das öffentliche Interesse normalisiert hat und man sich auf ein vernünftiges Niveau der Trennung von Wunschdenken und tatsächlichen Optionen zubewegt.
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Arbeitsbereiche und Schwerpunkte der Neuropädagogik
Lernen ist eine der zentralen Aufgaben des Gehirns, daher könnte man der Neuropädagogik grundsätzlich alle neurowissenschaftliche Forschung zu Lernvorgängen im Gehirn zurechnen. Mittlerweile hat jedoch eine Klärung und Fokussierung des Arbeitsgebietes stattgefunden. Die Neuropädagogik will die Erkenntnisse über die Funktion des Gehirns einsetzen, um pädagogische Konzepte vor allem in der Schule anzuwenden. Dazu setzt sie auf Interdisziplinarität und Praxisorientierung.
Forschungsschwerpunkte sind vor allem klassische Themen der Schule, vor allem Lesen und Rechnen, und die Funktionen der Hirnrinde beim Erlernen dieser Fähigkeiten und bei ihren Störungen, also Lese- und Rechenstörungen. Andere Themen des schulischen Lernens wie Schreiben, Kreativität, Aufmerksamkeit und soziale Fähigkeiten werden deutlich weniger untersucht.
Neuromythen und ihre Entlarvung
Mit dem großen Interesse an den Neurowissenschaften sind eine Reihe von Ergebnissen in die Öffentlichkeit gelangt, die teils zu vereinfacht dargestellt, teils zu einseitig interpretiert wurden. Es entstanden „Neuromythen“, die zu falschen Rückschlüssen auf den Schulunterricht geführt haben, zumal einige kommerzielle Anbieter aus solchen Überinterpretationen Lehrkonzepte entwickelt haben, die nutzlos oder sogar schädlich für Schüler sind.
Ein Beispiel ist die Vorstellung von „linkshirnigen oder rechtshirnigen Lernern“, die die Befunde der Lokalisierung einzelner Hirnfunktionen fälschlich auf das gesamte schulische Lernen generalisiert. Sehr verbreitet ist auch die Ansicht, dass zuckerhaltige Ernährung bei Kindern zu Hyperaktivität und verminderter Aufmerksamkeit führe, was zu ganzen „zuckerfreien Schulen“ geführt hat. Diese mittlerweile durch Kontrollstudien mit Placebos widerlegte Annahme beruhte vermutlich auf der Fehlinterpretation einer Studie, die lediglich einen erhöhten Zuckerkonsum bei hyperaktiven Kindern gezeigt hatte.
Die Neuropädagogik hat selbst durch ihre Publikationen und ihre Öffentlichkeitsarbeit dazu beigetragen, eine Reihe solcher Neuromythen zu entlarven und die Unsinnigkeit darauf basierender Lernkonzepte zu verdeutlichen. Teilweise wurden auch einzelne Lernangebote untersucht, um die Wirksamkeit neurowissenschaftlich zu prüfen, etwa ob durch solche Angebote auch die funktionellen Netzwerke im Gehirn normal angelegt werden.
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Beispiele für neurowissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Anwendung
Das visuelle Wortformareal (VWFA) und die Lesefähigkeit
Im Jahr 1892 beschrieb der französische Neurologe Joseph Jules Dejerine einen Patienten, der seine Lesefähigkeit plötzlich verlor, aber weiterhin sprechen, Gegenstände benennen und schreiben konnte. Nach seinem Tod fand Dejerine eine Schädigung im linken seitlich-hinteren Bereich des Gehirns (Gyrus fusiformis). Diese Region hat sich seitdem als entscheidend für die Verbindung des gesehenen Wortes mit dem gehörten Wort herausgestellt und wird als visuelles Wortformareal (VWFA) bezeichnet.
Neuropädagogische Arbeitsgruppen haben die Entwicklung der VWFA beim Lesenlernen untersucht und festgestellt, dass in frühen Stadien der Lesefähigkeit zunächst auch andere Bereiche des Gehirns aktiviert werden, darunter präfrontale Bereiche, die mit Aufmerksamkeit, Planung und Arbeitsgedächtnis zu tun haben. Mit der Zunahme der Lesefähigkeit wird die Aktivierung auf die VWFA konzentriert, und die Aktivierungen der anderen Bereiche nehmen ab.
Kinder mit großen Schwierigkeiten beim Lesenlernen (Dyslexie) zeigen eine schwächere Aktivierung der VWFA und stärkere Aktivierungen der anderen beteiligten Hirnrindenbereiche. Nach speziellen Trainingsprogrammen verbesserte sich nicht nur die Lesefähigkeit, sondern auch die Fokussierung der Aktivierung auf die VWFA. Zudem konnten elektrische Aktivitätsreaktionen des Gehirns bei Neugeborenen gefunden werden, die mit Jahre später auftretender Dyslexie korrelierten.
In einem Fall von Lese-Epilepsie konnte durch die Gabe eines Antiepileptikums nicht nur die epileptische Aktivität unterdrückt, sondern auch die Leseschwierigkeit behoben werden.
Der Zahlensinn und das Rechnen
Für die Abschätzung von Größenordnungen, das Überschlagsrechnen und den Vergleich von Mengen und Zahlen hat der Mensch eine Eigenschaft, die man als Zahlensinn bezeichnen kann. Diese Eigenschaft scheint angeboren und ist schon bei Säuglingen nachweisbar.
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Für den Zahlensinn konnte eine relevante Hirnregion identifiziert werden: der intraparietale Sulcus (IPS) im hinteren oberen Teil des Gehirns. Die Aktivierung nimmt zu, wenn der Zahlenvergleich schwieriger wird oder die Zahlen größer werden. Auch wurden beim Affen einzelne Neurone in dieser Region gefunden, die spezifisch auf einzelne Zahlen oder Mengen ansprechen. Zudem führen Schlaganfälle, die zu Gewebezerstörung in dieser Region führen, zu Störungen des Rechnens (Dyskalkulie), und bei Kindern mit Rechenschwierigkeiten wurde eine geringere Aktivierung des IPS gefunden.
Für das Rechnen sind aber auch andere Hirnregionen involviert, die mit Sprachverarbeitung und Raumwahrnehmung zu tun haben.
Kritik an der Neuropädagogik und ihre Grenzen
Trotz der Fülle von Ergebnissen zu Hirnfunktionen beim Lesen und Rechnen ist die Kritik an der Neuropädagogik verständlich. Sie hat bislang keine Ergebnisse erbracht, die praktische Auswirkungen auf den Unterricht oder für die Schüler haben - wenn man von einzelnen Kindern absieht, die nachweisbare Störungen von Hirnfunktionen haben. Auch hat sich die Neuropädagogik auf die Grundschule fokussiert und keine anderen Entwicklungsphasen wie zum Beispiel die Pubertät untersucht, in der sich offensichtlich die Möglichkeiten für das Lernen von einzelnen Fähigkeiten grundlegend ändern. Schließlich stellen viele Befunde der Neuropädagogik nur eine Ergänzung bekannter pädagogischer oder neurowissenschaftlicher Erkenntnisse um Lokalisationsorte im Gehirn mit den modernen Bildgebungsverfahren dar.
Diese schlechte Bilanz liegt neben dem geringen Alter der Disziplin auch an grundsätzlichen Grenzen der Neuropädagogik: Die Schule erzieht Menschen, keine Gehirne. Es besteht kein Zweifel, dass das Gehirn das zentrale informationsverarbeitende System des Menschen ist. Aber ist es alles? Man muss nicht gläubig sein und an eine materieunabhängige Seele glauben, sondern auch die Überlegung, dass ein Gehirn mit seinen Rückmeldeschleifen aus dem Körper und der Umwelt ein komplexeres System mit mehr Eigenschaften als ein isoliert betrachtetes Gehirn ist, lässt zumindest zweifeln, ob die Reduktion eines so vielschichtigen Vorganges wie das schulische Lernen von Kindern allein auf die Hirnfunktion nicht eine unzulässige Simplifizierung darstellt.
Das Lernen eines Kindes ist ein individueller Prozess des Lebens. Die Ergebnisse der Neurowissenschaft liefern aber Aussagen zu Mittelwerten und Wahrscheinlichkeiten. Das sind Aussagen, die für ein Gesamtkollektiv sinnvoll sein können, die aber für das Individuum wenig hilfreich sind, da sie für diese Person falsch sein können. Gerade aber die Schulpädagogik hat mehr als andere Disziplinen die Aufgabe, auch das einzelne Kind, das von der Norm abweicht, mitzunehmen, zu fördern und ihm persönlich die optimale Bildung zu ermöglichen.
Die Experimentalsituation als Grundlage der neurowissenschaftlichen Erkenntnis ist eine fragwürdige Vereinfachung. Die Naturwissenschaft schließt aufgrund ihres für sie notwendigen reduktionistischen Erkenntnisansatzes viele Faktoren des Lebens aus. In komplexen Situationen - und schulisches Lernen dürfte dazu gehören - kann eine einzige Disziplin mit der Reduktion ihres Erkenntnisansatzes nicht alles erklären. Diese grundsätzlichen Einschränkungen begrenzen den Nutzen, den die Neuropädagogik für die Schule haben kann und werden sicher auch in Zukunft nicht erlauben, neurowissenschaftliche Ergebnisse direkt in Schulprozesse zu implementieren.
Neurodidaktik: Eine Metapher und ihre Kritiker
Neurodidaktik ist eine Metapher, die das sprachlich Unvereinbare verbindet: Gehirn und Erziehung, Nervenzelle und Unterricht. Sie klingt modern und suggeriert, dass Erziehung nur dann erfolgreich ist, wenn sie "hirngerecht" ist. Kritiker bemängeln, dass die Neurodidaktik das lernende Ich abschafft und durch das Gehirn ersetzt, das nun anstelle des Ichs lernt.
Lernthesen der Neurodidaktik
Neurodidaktiker gehen von fünf Lernthesen aus, die sie aus neurobiologischen Befunden ableiten:
- Lernen ist ein lustvoller Vorgang, der mit der Produktion von Dopamin verbunden ist.
- Das Gehirn lernt auch ohne Erziehung, also ohne zielgerichtete Instruktion.
- Die Lebensjahre vor der Pubertät sind besonders sensible Lernphasen.
- Lernen ist ein kognitiver und ein emotionaler Vorgang.
- Reizarme Umwelten behindern Lernvorgänge, während sinnliche und anregende Umgebungen stimulierend wirken.
Der Lehrer als Fitnesstrainer?
Einige Neurodidaktiker sehen Lehrer als Fitnesstrainer, die Gehirne trainieren. Sie fordern mehr neurologisches Know-how für Lehrer und eine stärkere empirische und naturwissenschaftliche Basis für didaktische Methoden.
Kritik an der Neurodidaktik
Erziehungswissenschaftler wehren sich gegen das Diktat der Neuroforscher und halten deren Befunde für wenig praxistauglich und trivial. Sie bemängeln, dass altbekannte reformpädagogische Ideen neurowissenschaftlich aufgepeppt werden und dass die Neuro-Metaphorik die Komplexität des Lernens reduziert.
Pädagogische Ziele und die Rolle der Emotionen
Pädagogische Ziele sind leicht formulierbar, aber schwer umsetzbar. Die Neurowissenschaften ändern nichts daran, dass der Weg dorthin unklar ist. Jeder Lehrer weiß, dass motivierte Schüler besser lernen als unmotivierte, aber wie man einen desinteressierten Schüler begeistert, darauf wissen weder Pädagogen noch Hirnforscher eine verbindliche Antwort.
Lernen erfolgt von "Angesicht zu Angesicht, von Herz zu Herz" und setzt ein Vertrauensverhältnis zwischen Schüler und Lehrer voraus. Viele der Erkenntnisse der Hirnforscher scheinen von alten Pädagogen wie Pestalozzi abgeschrieben zu sein.
Die schwierige Lage der Neurodidaktiker
Die Neurodidaktiker befinden sich in einer schwierigen Lage: Wenn sie populäre pädagogische Einsichten empirisch untermauern, wird ihre Forschung für überflüssig gehalten. Wenn sie aber eine vermeintliche pädagogische Binsenweisheit nicht neurophysiologisch verifizieren können, wird ihnen vorgeworfen, Trivialitäten nicht beweisen zu können.
Fehlerhafte Argumentation und Überinterpretation
Einige Neurodidaktiker argumentieren fehlerhaft oder überinterpretieren neurobiologische Befunde. So wird beispielsweise der Befund, dass anregende Umweltbedingungen förderlich für die Synapsenbildung im Gehirn sind, fälschlicherweise auf Kleinkinder übertragen.
Gehirngerechtes Lernen: Eine Gebrauchsanweisung für das Gehirn?
Einige Autoren versprechen, dass Kinder mit "gehirngerechtem Lernen" Spaß am Lernen entdecken und alles lernen können, was sie möchten. Sie betonen die Anpassungsfähigkeit des Gehirns (Neuroplastizität) und die Bedeutung von positiven Emotionen und Wiederholung.
Erkenntnisse aus der biologischen Psychologie
Die biologische Psychologie hat herausgefunden, dass kognitive Stimulierung durch die Eltern in der frühen Kindheit zu einer Zunahme der Verarbeitungskapazität im Gehirn führt. Die Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin während eines Lernprozesses führt zu einer verlängerten Speicherung im Langzeitgedächtnis und steigert die Motivation. Die Lerngeschwindigkeit nimmt mit zunehmendem Alter ab.
Die Bedeutung der Früherziehung
Die Früherziehung spielt eine wichtige Rolle für den weiteren Lebensverlauf eines Menschen. Frühes Lernen legt fest, wie viel Verarbeitungskapazität für bestimmte "Lernbereiche" im Gehirn entwickelt wird. Eine anregende Früherziehung in Kindertagesstätten führt zu einer verbesserten kognitiven Entwicklung.
Anlage-Umwelt-Diskussion und die Rolle der Sprache
Die Sprachkompetenz ist weitestgehend angeboren. Kinder lernen ihre Muttersprache annähernd zum selben Zeitpunkt und benötigen etwa dieselbe Zeit für den Erwerb. Es gibt eine "sensible Phase" oder ein "Zeitfenster" für den Spracherwerb, innerhalb dessen Erfahrungen mit der menschlichen Sprache maximale positive Auswirkungen haben.
Konzentration und Konzentrationsfähigkeit
Die Konzentrationsfähigkeit der Schüler beschäftigt Lehrer seit Jahrzehnten. Neuropsychologen sind der Meinung, dass Kinder möglichst früh anfangen sollen zu lernen, da sich die Nervenzellen in der frühen Kindheit noch in der Entwicklung befinden. Eine größere Anzahl von Synapsen führt aber nicht in jedem Fall zu besserem Lernen.
Freude am Lernen und der emotionale Zustand
Kinder sollen Freude am Lernen haben, da dann Gelerntes länger im Gedächtnis behalten wird. Der emotionale Zustand einer Person während eines Lernprozesses bestimmt, wo der entsprechende Input im Gehirn gespeichert wird. Bei positiver Stimmung wird die Information im Hippocampus, bei negativer im Mandelkern gespeichert.
Empfehlungen für Lehrer
Lehrer sollten die Freude am Lernen herausstellen, die Schüler bei erfolgreicher Ausführung einer Aufgabe konsequent loben und den Unterricht anregend und herausfordernd gestalten. Die Kinder dürfen nicht überfordert werden, und die Lerngeschwindigkeit der Jugendlichen nimmt bereits im Alter von 17 ab.
Die Kluft zwischen Hirnforschung und Pädagogik
Es gibt eine Kluft zwischen den Erkenntnissen der Hirnforschung und ihrer Anwendung in der pädagogischen Praxis. Schule braucht Wissen über das Gehirn, aber pädagogisches Handeln prägt und verändert das Gehirn von Menschen. Diese Verantwortung ist zu groß, um im Unterricht einfach nach der Motto „trial and error“ zu verfahren und methodischen Moden und Trends zu folgen.
Gesten im Fremdsprachenunterricht
Der Einsatz von Gesten im Fremdsprachenunterricht kann die Behaltensleistung verbessern. Gesten führen im Vergleich zu rein audiovisuellem Lernen zu signifikant besserer Behaltensleistungen.
Verhaltensexperiment zum Vokabellernen mit Gesten
Ein Verhaltensexperiment zeigte, dass Testpersonen mit Gesten mehr als doppelt so viele Vokabeln gelernt haben als audiovisuell und dass mit Gesten gelernte Vokabeln nicht so schnell vergessen werden wie audiovisuell gelernte.
Erklärungen aus der Kognitivpsychologie
Die verbesserte Behaltensleistung von Vokabeln in der Fremdsprache mittels Gesten wird auf die Komplexität des Netzwerkes zurückgeführt, das durch den Einsatz von Gesten im Langzeitgedächtnis entsteht. Es gibt verschiedene Erklärungen für die verbesserte Behaltensleistung, wie die motorische Gedächtnisspur, die Bildhaftigkeit der Geste, die gesteigerte Aufmerksamkeit und die multisensorische Information.
Die Notwendigkeit der Neurowissenschaft
Die Psychologie bietet mehrere experimentell validierte Erklärungsmöglichkeiten für die verbesserte Behaltensleistung durch Gesten. Um herauszufinden, welche Erklärung die richtige ist, ist der Einsatz von Methoden der Hirnforschung notwendig.
Die Rolle der Emotionen beim Lernen
Die Hirnforschung hat gezeigt, dass die Entwicklung des menschlichen Hirns nicht in dem Maße programmiert ist, wie man das bisher geglaubt hat. Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es, dass es durch Nutzung formbarer ist als bisher angenommen, gerade in der Phase der Ausreifung während der frühen Kindheit.
Frühkindliche Erfahrungen und die Struktur des Gehirns
Die frühkindlichen Erfahrungen prägen die Struktur des Gehirns. Bestimmte Arten der Nutzung führen dazu, dass gewisse Verknüpfungen stärker genutzt und deshalb auch vermehrt ausgebaut und gefestigt werden.
Lernen und die Aktivierung emotionaler Zentren
Ohne die Aktivierung der emotionalen Zentren ist es sehr schwer, etwas Neues im Hirn zu verankern. Lernen wird genau dann in Gang gesetzt, wenn einem etwas unter die Haut geht, wenn man gezwungen wird, eine neue Lösung zu finden, weil man die Herausforderung nicht routinemäßig abarbeiten kann.
Emotionale Erfahrungen und ihre Auswirkungen
Unter starker emotionaler Aktivierung werden Erlebnisse ins Hirn eingebrannt - unabhängig davon, ob sie positiv oder negativ sind. Vernachlässigung in der Kindheit, geschlagen werden, hilfesuchend sich an jemanden wenden und abgewiesen werden: Das sind ebenfalls emotionale Erfahrungen, die die Art und Weise, wie man in den nächsten Situationen mit ähnlichen Problemstellungen umgeht, bestimmen.
Die Bedeutung von Emotionen für die Verankerung von Erfahrungen
Emotionen sind entscheidend, um Erfahrungen im Hirn verankern zu können. Wenn jemand dauerhaft Angst, Belastungen, Verunsicherungen erleben muss, wird es sehr schwer, Neues zu erlernen. Das kreative Potenzial des Hirns kann dann nicht ausgenutzt werden.
Motivation und Relevanz beim Lernen
Motivation ist das Stichwort, oder besser noch: Relevanz! Was dem Gehirn wichtig ist, saugt es auf. Entscheidend sind also die Präferenzen des Hirnbesitzers, und die werden wiederum im limbischen System verhandelt. Dort wird das Gütesiegel „wichtig“ vergeben, dort wird Lernen zu einer beglückenden Erfahrung.
Die Individualität des Gehirns
Jedes Gehirn ist anders, also lernt jeder Schüler anders - wenn auch alle am besten im Schlaf - und sich der Lehrer auf jedes Kind individuell einlassen muss.
Die soziale Neurowissenschaft und ihre Impulse
Die soziale Neurowissenschaft liefert Impulse für die Neurodidaktik und betont die Bedeutung menschlichen Verhaltens. Der Umgang der Menschen untereinander - Empathie, Mimik, Fairness - im Scanner der Hirnforschung liefert zwar ebenfalls keine wirklich brandneuen Erkenntnisse, betont aber die Bedeutung menschlichen Verhaltens.
Die Vorbildfunktion des Lehrers
Die Vorbildfunktion des Lehrers ist wichtiger als der eigentliche Stoff, denn soziales Lernen ist eine der wichtigsten Säulen auch im schulischen Lernprozess.
Das Belohnungssystem als Motivationssystem
Das Belohnungssystem wird inzwischen mehr als Motivationssystem betrachtet, belohnt also weniger bei Erfolg, sondern motiviert zu weiterem Fortschritt.