Multiple Sklerose: Informationen und Unterstützung für Lehrkräfte

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die viele Fragen aufwirft und das Leben der Betroffenen vor neue Herausforderungen stellt. Dieser Artikel soll Lehrkräften, die mit MS leben oder Kollegen und Schüler mit MS haben, Informationen und Unterstützung bieten.

Multiple Sklerose verstehen

Multiple Sklerose ist eine sehr komplexe Erkrankung. Die Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft (SMSG) klärt altersgerecht über Multiple Sklerose auf und hilft Ängsten zu begegnen. Themen sind u.a. ʺWas ist MS?ʺ, ʺWenn Kinder sich um ihre MS- erkrankten Eltern sorgenʺ.

Ursachen und Risikofaktoren

Multiple Sklerose im Jugendalter hat keine einzelne Ursache, sondern entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Genetische, Umwelt- und Ernährungs­aspekte können maßgeblich zur Krankheitsentwicklung beitragen. Besonders im Jugendalter gibt es spezifische Risiko­faktoren, die berücksichtigt werden sollten.

Eine familiäre Häufung der Erkrankung erhöht das Risiko, selbst daran zu erkranken. Bestimmte genetische Marker, wie HLA-DRB1, sind mit einer erhöhten Anfälligkeit für MS verbunden. Trotzdem zeigt die Forschung, dass genetische Faktoren allein nicht ausreichen, um die Krankheit auszulösen.

Umweltfaktoren wie der Wohnort und bestimmte Infektionen, insbesondere mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), stehen in engem Zusammenhang mit MS. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die in höheren Breitengraden leben, ein erhöhtes Risiko haben, an MS zu erkranken, möglicherweise aufgrund geringerer Sonnenlicht­exposition und damit verbundenem Vitamin-D-Mangel.

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Vitamin D spielt eine entscheidende Rolle im Immunsystem und wird als Schutzfaktor gegen Multiple Sklerose angesehen. Ein Mangel an diesem „Sonnenvitamin“ kann das Risiko für MS erhöhen, insbesondere bei Jugendlichen. Auch die Ernährung kann zur Krankheits­entstehung beitragen: Ein unausgewogener Speiseplan mit hohem Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln und Zucker kann Entzündungen fördern und das Risiko für MS steigern.

Stress, hormonelle Veränderungen und ein geschwächtes Immunsystem während der Pubertät können das Auftreten von MS begünstigen.

Symptome und Verlauf

MS ist als "Krankheit der 1000 Gesichter" bekannt, da sie sich bei jedem Betroffenen anders äußert. Die Symptome können vielfältig sein und in ihrer Intensität variieren. Häufige Symptome sind Müdigkeit (Fatigue), Konzentrationsstörungen und Gehschwierigkeiten. Der Verlauf der Krankheit ist unvorhersehbar, was für die Betroffenen eine zusätzliche Belastung darstellt.

Herausforderungen im Schulalltag

Lehrerinnen und Lehrer mit MS stehen im Schulalltag vor besonderen Herausforderungen. Andrea Wagner, eine Lehrerin aus Freiburg im Breisgau, die selbst an MS erkrankt ist, berichtet von ihren Erfahrungen. Die Autoimmunerkrankung verursachte bei ihr eine halbseitige Lähmung. Sie musste sich an eine Hauptschule in der Nähe ihres Wohnortes versetzen lassen, da sie kein Auto mehr fahren konnte. Zudem benötigt sie jeden Mittag eine halbe Stunde Ruhepause, um sich zu erholen und einer Verschlechterung der Krankheit vorzubeugen.

Berufliche Belastungen

Der Lehrerberuf ist generell mit hohen Belastungen verbunden. Die ständige Präsenz, der Umgang mit vielen unterschiedlichen Menschen und die Notwendigkeit, stets präsent zu sein, können für Menschen mit MS besonders herausfordernd sein. Stress und Anstrengung, sowohl körperlich als auch geistig, können die Fatigue verstärken und die Symptome verschlimmern.

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Finanzielle Aspekte

Eine Erkrankung oder Behinderung kann auch finanzielle Sorgen mit sich bringen. Frauen sind besonders gefährdet, in eine prekäre Situation zu geraten, da viele jahrelang in Teilzeit arbeiten, um sich um Kinder und Angehörige zu kümmern. Im Ruhestand müssen viele dann mit Minijobs etwas dazuverdienen, um über die Runden zu kommen.

Unterstützung und Nachteilsausgleiche

Im Grundgesetz ist verankert, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Deshalb stehen Menschen mit Behinderungen sogenannte Nachteilsausgleiche zu. Ab einem Grad der Behinderung von 50 Prozent gilt jemand offiziell als schwerbehindert. Das Beamtengesetz schreibt einen Anspruch auf besonderen Kündigungsschutz, Sonderurlaub und Ermäßigungsstunden fest. Außerdem können die betroffenen Lehrkräfte früher in Altersteilzeit gehen.

Rechte und Ansprüche

Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr gelten als schwerbehindert und haben Anspruch auf besonderen Kündigungsschutz, Sonderurlaub und Ermäßigungsstunden. Zudem können sie früher in Altersteilzeit gehen. Auch bei einem GdB von 30 oder 40 kann eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen beantragt werden, um Nachteilsausgleiche zu erhalten.

Unterstützung durch Schwerbehindertenvertretungen

Schwerbehindertenvertretungen (SBV) spielen eine wichtige Rolle bei der Integration von schwerbehinderten Lehrkräften. Sie beraten und unterstützen die Betroffenen, klären über Rechte auf und helfen bei Anträgen. Zudem haben sie bei Einstellungen, Versetzungen und Beförderungen der betroffenen Lehrkräfte ein Mitspracherecht.

Nachteilsausgleiche im Studium und Ausbildung

Für die Gewährung von Nachteilsausgleichen stellt Artikel 3 Absatz 1 im Grundgesetz die Grundlage dar. Der Nachteilsausgleich soll dir ermöglichen, ein Studium bzw. Die Hilfsmaßnahmen sind individuell und abhängig von der Beeinträchtigung. Sie können z. B. eine Vorleseassistenz, verlängerte Bearbeitungszeit, ein Laptop, eine Abänderung bei geforderten Praktika oder eine mündliche Prüfung statt einer schriftlichen umfassen. Wie dies im Einzelnen durchgeführt wird bzw. welche Formulare ausgefüllt werden müssen, kannst du z. B.

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Tipps und Strategien für den Schulalltag

  • Offene Kommunikation: Es ist wichtig, offen mit der Erkrankung umzugehen und Kollegen, Schulleitung und Schüler über die eigenen Bedürfnisse und Einschränkungen zu informieren.
  • Unterrichtsplanung: Die Unterrichtsvorbereitung sollte so angepasst werden, dass sie den eigenen Kräften entspricht. Powerpoint-Präsentationen können helfen, den Unterricht zu strukturieren und Konzentrationsproblemen entgegenzuwirken.
  • Arbeitsplatzgestaltung: Der Arbeitsplatz sollte so gestaltet werden, dass er den individuellen Bedürfnissen entspricht. Dies kann beispielsweise durch die Bereitstellung eines ergonomischen Stuhls oder die Anpassung der Raumtemperatur erreicht werden.
  • Pausen: Regelmäßige Pausen sind wichtig, um sich zu erholen und neue Kraft zu tanken. In Absprache mit der Schulleitung können individuelle Pausenregelungen getroffen werden.
  • Hilfsmittel: Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die den Schulalltag erleichtern können, wie beispielsweise spezielle Stifte oder Software zur Spracherkennung.
  • Austausch mit anderen Betroffenen: Der Austausch mit anderen Lehrkräften mit MS kann sehr hilfreich sein, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Verbeamtung mit MS

Ob eine Verbeamtung mit MS möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Krankheitsverlauf, dem Grad der Behinderung und den jeweiligen Bestimmungen des Bundeslandes. Grundsätzlich müssen zukünftige Verbeamtete neben der fachlichen auch die gesundheitliche Eignung mitbringen. Eine Amtsärztin oder ein Amtsarzt muss bescheinigen, dass der Job mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters ausgeübt werden kann.

Möglichkeiten der Verbeamtung

  • Leichter Verlauf: Personen mit einem leichten Verlauf und geringen Einschränkungen haben gute Chancen, verbeamtet zu werden, wenn eine positive Prognose von einem Neurologen vorliegt.
  • Schwerbehinderung: Schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 50 Prozent haben eine Sonderregelung. Hier reicht es aus, wenn die Amtsärztin oder der Amtsarzt eine voraussichtliche Dienstfähigkeit über mehrere Jahre bescheinigt.
  • Gleichstellung: MS-Betroffene mit einem GdB von 30 oder 40 Prozent können bei der Arbeitsagentur eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen beantragen.

Informationen für Schüler und Eltern

Es ist wichtig, Schüler und Eltern über die Erkrankung zu informieren, um Verständnis und Akzeptanz zu fördern. Ein offenes Gespräch kann helfen, Ängste abzubauen und Unterstützung zu ermöglichen.

Umgang mit der Diagnose in der Schule

  • Information: Informieren Sie sich umfassend über die Erkrankung und ihre Auswirkungen.
  • Gespräch: Sprechen Sie mit dem betroffenen Schüler oder der betroffenen Schülerin und bieten Sie Ihre Unterstützung an.
  • Anpassung: Passen Sie den Unterricht und die Anforderungen an die individuellen Bedürfnisse des Schülers oder der Schülerin an.
  • Zusammenarbeit: Arbeiten Sie eng mit den Eltern, Ärzten und Therapeuten zusammen, um eine bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.

Ressourcen und Anlaufstellen

  • Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG): Die DMSG bietet umfassende Informationen, Beratung und Unterstützung für Menschen mit MS und ihre Angehörigen.
  • AMSEL: Die AMSEL ist eine weitere wichtige Anlaufstelle für Menschen mit MS in Deutschland.
  • Integrationsfachdienste: Integrationsfachdienste beraten und unterstützen Menschen mit Behinderung bei der Arbeitssuche und -ausübung.
  • Schwerbehindertenvertretungen: Schwerbehindertenvertretungen vertreten die Interessen von schwerbehinderten Menschen in Betrieben und Behörden.

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