Das Gehirn, das Steuerzentrum unseres Körpers, ist normalerweise durch den Schädel geschützt. Es gibt jedoch verschiedene Erkrankungen und Fehlbildungen, bei denen Gehirnanteile außerhalb des Schädels liegen oder Schäden entstehen, die die Struktur und Funktion des Gehirns beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet einige dieser Ursachen und die entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten.
Angeborene Fehlbildungen: Neuralrohrdefekte
Neuralrohrdefekte sind Entwicklungsstörungen, die in den frühen Stadien der Schwangerschaft auftreten, typischerweise in der dritten bis vierten Schwangerschaftswoche. Das Neuralrohr ist der Vorläufer des Gehirns und Rückenmarks. Wenn sich dieses Rohr nicht vollständig schließt, können verschiedene Fehlbildungen entstehen.
Anenzephalie
Die Anenzephalie ist eine schwere angeborene Fehlbildung, bei der große Teile des Gehirns und des Schädeldachs fehlen. In den schwersten Fällen ist anstelle des Gehirns nur eine funktionslose Gewebemasse vorhanden. Babys mit Anenzephalie sind in der Regel nicht lebensfähig und sterben kurz nach der Geburt oder kommen bereits tot zur Welt. Die genaue Ursache ist unklar, aber ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft gilt als Risikofaktor. Eine vorgeburtliche Ultraschalluntersuchung kann die Diagnose stellen. Eine Therapie existiert nicht, und Eltern können sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.
Spina bifida (offener Rücken)
Bei der Spina bifida hat sich das Gehirn normal entwickelt, aber die Wirbelkörper und das Rückenmark schließen sich nicht vollständig. Dies kann von symptomfreien Fällen mit geschlossener Haut bis hin zu offenen Formen mit freiliegendem Rückenmark reichen. Die offene Spina bifida kann zu Querschnittslähmungen, Harn- und Stuhlinkontinenz führen. Eine Myelomeningozele, bei der sich Rückenmarkshaut und -gewebe nach außen wölben, tritt häufig zusammen mit einer Fehlbildung des Gehirns auf, der Arnold-Chiari-Malformation II, die zu einem Hydrozephalus führen kann.
Enzephalozele
Eine Enzephalozele ist eine Aussackung von Hirn und Hirnhäuten aus dem Schädel. Der Defekt wird in der Regel nach der Geburt neurochirurgisch versorgt, indem der nach außen gewölbte Gehirnanteil abgetragen und die Hirnhaut verschlossen wird.
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Kraniorachischisis
Bei der Kraniorachischisis liegen Gehirn und Rückenmark frei. Diese Fehlbildung ist nicht mit dem Leben vereinbar.
Hydrozephalus ("Wasserkopf")
Ein Hydrozephalus entsteht, wenn der Abfluss des Hirnwassers gestört ist. Dies kann zu einer Anschwellung des Kopfes, Spastiken, Entwicklungsverzögerungen und Intelligenzminderung führen. Die Behandlung erfolgt durch Einlegen eines Shunts, der das Hirnwasser in die Bauchhöhle ableitet.
Vorbeugung von Neuralrohrdefekten: Die Einnahme von Folsäure vor und während der Schwangerschaft kann das Risiko eines Neuralrohrdefekts deutlich reduzieren. Auch der Verzicht auf Nikotin und Alkohol während der Schwangerschaft ist wichtig.
Gefäßmissbildungen
Gefäßmissbildungen im Gehirn und Rückenmark können ebenfalls zu Problemen führen, die das Gehirn außerhalb des normalen Zustands beeinflussen.
Arteriovenöse Malformationen (AVM)
Arteriovenöse Malformationen (AVM) sind knäuelartige Kurzschlussverbindungen zwischen Arterien und Venen im Gehirn oder Rückenmark. Sie können sich durch Kopfschmerzen, neurologische Ausfälle, Krampfanfälle oder Hirnblutungen bemerkbar machen. Die Behandlung kann durch endovaskuläre Embolisation (Verschluss mittels Kathetereingriff), chirurgische Entfernung oder Bestrahlung erfolgen. Oft ist ein abgestuftes Vorgehen erforderlich, bei dem zunächst eine Embolisation und anschließend ein chirurgischer Eingriff oder eine Bestrahlung durchgeführt wird.
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Gefäßmissbildungen von Gesicht, Kopf, Hals und Körperstamm
Auch außerhalb des Gehirns können Gefäßmissbildungen wie arterio-venöse und venöse Malformationen, Hämangiome oder Lymphangiome auftreten. Sie können die Funktionen der Kopf-Hals-Region beeinträchtigen oder als kosmetisch störend empfunden werden. Die Behandlung hängt von der Art und Lage der Missbildung ab und kann eine Verödung oder einen Verschluss durch Einspritzen einer speziellen Flüssigkeit umfassen.
Chiari-Malformation
Die Chiari-Malformation ist eine Fehlbildung am hinteren Schädel, bei der sich Anteile des Kleinhirns in das Hinterhauptsloch verlagern. Es gibt verschiedene Typen der Chiari-Malformation, wobei Typ I am häufigsten vorkommt und sich durch die Verlagerung der Kleinhirntonsillen in das Hinterhauptsloch auszeichnet. Typ II ist mit einer Fehlbildung des Hirnstammes kombiniert, und die Typen III und IV sind sehr selten. Die Symptome beginnen meist im Kindes- und Jugendalter und können Kopfschmerzen, neurologische Ausfälle und eine Syringomyelie (Hohlraumbildung im Rückenmark) umfassen.
Hypoxischer Hirnschaden
Ein hypoxischer Hirnschaden entsteht durch einen schweren Sauerstoffmangel im Gehirn, beispielsweise nach einem Kreislaufstillstand. Die Nervenzellen des Gehirns sterben aufgrund des Sauerstoffmangels ab, was zu neurologischen Störungen, Koma oder Wachkoma führen kann. Das Ausmaß des Schadens hängt von der Dauer der Unterversorgung ab. Die Diagnose erfordert eine genaue Untersuchung und den Ausschluss anderer möglicher Ursachen.
Hirnmetastasen
Hirnmetastasen sind Krebszellen, die von einem Tumor außerhalb des Gehirns ins Gehirn gestreut haben. Sie können Symptome wie Kopfschmerzen, Lähmungen, Sprachstörungen, Persönlichkeitsveränderungen und Krampfanfälle verursachen. Die Behandlung hängt vom Ursprungstumor, dem Krankheitsstadium und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Mögliche Therapien sind Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Hormontherapie, zielgerichtete Medikamente und Immuntherapie.
Infantile Zerebralparese (ICP)
Die infantile Zerebralparese (ICP) ist eine Schädigung des Gehirns, die im Mutterleib oder bis zum Säuglingsalter auftritt und zu bleibenden Einschränkungen führt. Die Ursachen sind vielfältig und können genetische Faktoren, Infektionen, Sauerstoffmangel oder Blutungen umfassen. Die Symptome sind ebenfalls vielfältig und reichen von spastischen Lähmungen über Athetose (übermäßige Bewegungen) bis hin zu Ataxie (Koordinationsstörungen). Die Behandlung ist symptomatisch und umfasst Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Medikamente.
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Mikrozephalie
Mikrozephalie ist eine seltene Fehlbildung, bei der der Kopfumfang deutlich kleiner ist als normal. Dies ist oft mit einer Verringerung des Gehirnvolumens verbunden. Die Ursachen können genetisch bedingt sein oder durch Infektionen, Sauerstoffmangel oder vorzeitigen Verschluss der Schädelnähte verursacht werden. Die Symptome können Entwicklungsverzögerungen, geistige Behinderungen, motorische Beeinträchtigungen und epileptische Anfälle umfassen. Die Diagnose wird anhand von Kopfumfangsmessungen gestellt.
Arachnoidalzysten
Arachnoidalzysten sind angeborene, gutartige, mit Hirnwasser gefüllte Blasen innerhalb oder an der Oberfläche des Gehirns. Sie bleiben oft symptomlos, können aber Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle oder Entwicklungsstörungen verursachen. Die Behandlung erfolgt in der Regel durch einen endoskopischen Eingriff, bei dem die Zystenwand geöffnet wird, um eine Verbindung zum restlichen Hirnwasser herzustellen.
Nasobasaler Dermalsinus
Der nasobasale Dermalsinus ist eine seltene angeborene Anomalie im Bereich der Nase und der vorderen Schädelbasis. Äußerlich ähnelt er einem Mitesser. Er kann sich entzünden und zu einer Gehirnentzündung führen. Die Behandlung erfolgt durch eine Operation, bei der der Sinus vollständig entfernt wird.