Demenz in Deutschland: Aktuelle Zahlen und zukünftige Entwicklungen

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) aktualisiert regelmäßig ihr Informationsblatt zur Häufigkeit von Demenzerkrankungen in Deutschland. Die neuesten Berechnungen zeigen, dass Demenz eine wachsende Herausforderung für die Gesellschaft darstellt.

Aktuelle Verbreitung von Demenzerkrankungen

Nach neuesten epidemiologischen Schätzungen leben in Deutschland derzeit rund 1,84 Millionen Menschen mit Demenz. Die meisten von ihnen sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Im Laufe des Jahres 2023 sind schätzungsweise zwischen 364.000 und 445.000 Menschen neu an einer Demenz erkrankt. Durchschnittlich treten Tag für Tag etwa 900 Neuerkrankungen auf. Sie summieren sich im Lauf eines Jahres auf mehr als 400.000.

Die steigende Lebenserwartung in Deutschland führt zu demografischen Veränderungen, die sich auch auf die Zahl der Demenzerkrankungen auswirken. Es gibt weitaus mehr Neuerkrankungen als Sterbefälle unter den bereits Erkrankten. Aus diesem Grund nimmt die Zahl der Demenzerkrankten kontinuierlich zu.

Zukünftige Entwicklung der Fallzahlen

Je nachdem, wie sich die Altersstruktur der Bevölkerung insgesamt entwickelt, wird sich die Zahl der Menschen mit Demenz über 65 Jahren bis zum Jahr 2050 auf 2,3 bis 2,7 Millionen erhöhen. Dies entspricht einem mittleren Anstieg der Zahl der Erkrankten um 25.000 bis 40.000 pro Jahr oder um 70 bis 110 pro Tag.

Prof. Dr. René Thyrian, Vorstandsmitglied der DAlzG, betont, dass der Anstieg des Anteils an Menschen mit Demenz in den nächsten Jahrzehnten wesentlich davon abhängt, wie sich der Altersdurchschnitt der Bevölkerung und der Umgang mit Risikofaktoren entwickelt. Unterschiedliche Szenarien der Bevölkerungsentwicklung führen zu unterschiedlichen Prognosen für die Zahl der Demenzerkrankten im Jahr 2050.

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  • Szenario 1: Moderate Steigerung der Lebenserwartung, höhere Zuwanderungsraten und deutlicher Anstieg der Geburtenrate führen zu einer relativ jungen Bevölkerung im Jahr 2050. In diesem Fall würde die Zahl der Demenzerkrankten bis dahin auf rund 2,3 Millionen ansteigen.
  • Szenario 2: Gleichbleibende Geburtenrate, stärkere Steigerung der Lebenserwartung und weniger Zuwanderung führen zu einer älteren Bevölkerung im Jahr 2050. In diesem Fall läge die Zahl der Betroffenen 2050 bei rund 2,7 Millionen.

Derzeit sind 14 beeinflussbare Risikofaktoren für Demenzerkrankungen bekannt. Wie stark sich bessere Prävention in diesem Bereich auswirkt, lasse sich aber schwer vorhersagen.

Demenz betrifft auch jüngere Menschen

Nach wie vor gelten Demenzerkrankungen als ein Problem des höheren Lebensalters. Tatsächlich steigt das Risiko für eine Demenz ab dem 80. Lebensjahr deutlich an. Doch sind fast 6 Prozent der Betroffenen in Deutschland - rund 106.000 Menschen - jünger als 65 Jahre. Diese Gruppe wird erst seit wenigen Jahren zunehmend wahrgenommen und es fehlt vielfach noch an geeigneten Unterstützungsangeboten für sie und ihre Familien. Menschen, die in jüngerem Alter an einer Demenz erkranken, sind häufig noch berufstätig. Wenn eine Demenz früh im Leben auftritt, leben nicht selten noch Kinder oder Heranwachsende im Familienhaushalt. Für sie ist es, je nach Alter, besonders schwierig zu verstehen und zu akzeptieren was passiert, wenn ein Elternteil an einer Demenz erkrankt. Dieser Ratgeber informiert über medizinische Besonderheiten bei Demenzen im jüngeren Lebensalter und zum Umgang mit krankheitsbedingten Einschränkungen und veränderten Verhaltensweisen.

Regionale Unterschiede in Deutschland

Der Anteil von Menschen mit Demenz an der Bevölkerung unterscheidet sich zwischen den Bundesländern deutlich. Dies liegt an den Unterschieden in der Altersstruktur der Länder.

  • In Hamburg und Berlin, die bundesweit den niedrigsten Altersdurchschnitt haben, haben weniger als 1,8 Prozent der Bevölkerung eine Demenz.
  • In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist der Anteil prozentual mit mehr als 2,4 Prozent am höchsten.
  • Baden-Württemberg gehört zu den südlichen und westlichen Bundesländern, in denen zwischen 1,8 und 2,0 Prozent Demenzkranke gezählt werden. Bis Ende 2021 lebten in Deutschland fast 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz. Den höchsten Anteil an Betroffenen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung gibt es in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Alzheimer Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. als Landesverband leistet große Unterstützung durch ihre Beratungstätigkeit. Um bei den steigenden Anfragen nach Unterstützung helfen zu können, ist der Verein auf Spenden angewiesen.

Herausforderungen und Handlungsbedarf

Monika Kaus, 1. Vorsitzende der DAlzG, betont, dass in den nächsten Jahrzehnten immer mehr Menschen von einer Demenz betroffen sein werden. Einen großen Teil der Betreuung und Pflege übernehmen die Angehörigen. Doch auch sie brauchen Unterstützung bei dieser Aufgabe. Schon heute gelangt unser Pflegesystem an seine Grenzen. Es wird dringend Zeit für grundlegende Reformen!

Die Pflege und Betreuung demenzkranker Menschen erfordert einen großen Einsatz der pflegenden Angehörigen. Oft ergeben sich Situationen, in denen die Pflegenden überfordert sind und auf eine Art und Weise reagieren, die nicht gewollt ist. Durch Information und Beratung, Gesprächsgruppen sowie ehrenamtliche und professionelle Dienste können pflegende Angehörige eine wirksame Entlastung erfahren.

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Diagnose und Behandlung

Die Diagnose von Demenzerkrankungen lässt sich bei den meisten Betroffenen mit einfachen Mitteln stellen. Auch die Alzheimer-Krankheit kann mit geringem diagnostischen Aufwand gut erkannt werden. Die Ärztin oder der Arzt muss bei Patientinnen und Patienten mit Störungen des Gedächtnisses, der Orientierung, der Sprache oder des Denk- und Urteilsvermögens eine sorgfältige Untersuchung durchführen, um behebbare Ursachen dieser Leistungsstörungen auszuschließen, einen individuell abgestimmten Behandlungsplan zu entwerfen und die Betroffenen und ihre Familien aufzuklären und zu beraten.

Sofern Warnsignale vorliegen, zum Beispiel Vergesslichkeit für wiederkehrende Ereignisse und alltägliche Begebenheiten, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.

In der Behandlung von Menschen mit einer Demenzerkrankung spielen auch Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden in erster Linie zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung sowie zur Milderung von psychischen und verhaltensbezogenen Symptomen eingesetzt. Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.

Unterstützung und Informationen

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz. Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft.

Das Informationsblatt 1 „Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen“ steht auf der Internetseite der DAlzG kostenlos zum Download zur Verfügung. Information und Beratung erhalten Sie bei den Alzheimer-Gesellschaften vor Ort und beim Alzheimer-Telefon unter 030-259 37 95 14.

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Weitere Informationsangebote der DAlzG:

  • Alzheimer Info: Die Mitgliederzeitung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, erscheint ab 2025 zwei Mal jährlich.
  • Alzheimer-Telefon: Ein bundesweites Beratungsangebot für Menschen mit Demenz, für Angehörige sowie für alle, die sich beruflich oder ehrenamtlich engagieren.
  • Internetseite der DAlzG: Hier finden Sie zahlreiche Informationen, Broschüren und Ratgeber zum Thema Demenz.

Spezielle Angebote für bestimmte Zielgruppen:

  • Demenz und Migration: Erklärfilme zur Diagnose und zum Umgang mit den Erkrankten.
  • Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten: Informationsblatt 16.
  • Online-Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Down-Syndrom und Demenz: Angeboten von der Demenz Support Stuttgart gGmbH.
  • Broschüre für Jugendliche und junge Erwachsene: Für Kinder, deren Eltern an einer Demenz erkrankt sind.

Leben mit Demenz: Alltag gestalten und Teilhabe ermöglichen

Immer mehr Menschen mit Demenz leben allein. Die meisten wollen so lange wie möglich selbstständig und selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Es gibt zahlreiche Angebote zur Unterstützung im Alltag, die Betroffenen und ihren Angehörigen helfen können.

  • Angebote zur Unterstützung im Alltag: Wenn eine Demenz diagnostiziert wird, stellen sich für Betroffene und Angehörige eine Vielzahl von Fragen. Es gibt wichtige Dinge, die man möglichst rasch in Angriff nehmen sollte. Einen Überblick dazu gibt Ihnen unsere Checkliste. Sie ist auch in der Broschüre "Demenz.
  • Beschäftigung und Aktivierung: Musik gilt als "Königsweg" zu Menschen mit Demenz. Diese Broschüre gibt eine Vielzahl von Anregungen zur Alltagsgestaltung für Menschen mit Demenz.
  • Technische Hilfsmittel: Ob intelligente Beleuchtungssysteme, automatische Herdabschaltung oder virtuelle Spieleangebote - es gibt eine Vielzahl von technischen und digitalen Produkten, die unser Leben komfortabler, sicherer und bunter machen. Gute Technik unterstützt die Teilhabe von Menschen mit Demenz.
  • Urlaubsangebote: In den letzten Jahren sind zahlreiche Urlaubsangebote entstanden, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zugeschnitten sind.
  • Teilnahme am gesellschaftlichen Leben: Auch Menschen mit Demenz dürfen an Wahlen teilnehmen. Es ist erlaubt, jemanden beim Ausfüllen des Wahlscheins zu unterstützen.

Rechtliche Aspekte

  • Rechtliche Betreuung: Kann eine Person krankheitsbedingt die eigenen rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbstständig erledigen, bestellt das Gericht eine andere Person, die stellvertretend Entscheidungen treffen kann. Für die erkrankte Person wird eine sogenannte „rechtliche Betreuung“ eingerichtet.
  • Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung: Um einer Fremdbestimmung vorzubeugen, gibt es drei Wege: die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung.
  • Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge: Zum 1. Januar 2023 ist im Zuge einer großen Reform des Betreuungsrechts eine „Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge“ neu eingeführt worden.
  • Einwilligungsfähigkeit: Wenn eine Entscheidung zu gesundheitlichen oder medizinischen Maßnahmen ansteht, der man zustimmen oder die man ablehnen kann, dann spielt die Einwilligungsfähigkeit der oder des Betroffenen eine entscheidende Rolle.

Spezielle Demenzformen

  • Alzheimer-Krankheit: Bei Alzheimer spricht man von einem pathologisch definierten Krankheitsbild, das auf einer Kaskade beruht. Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit und anderer Demenzen.
  • Frontotemporale Demenz (FTD): Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine eher seltene Form der Demenz, die durch einen Nervenzelluntergang in den Stirnlappen (Frontallappen) und den Schläfenlappen (Temporallappen) des Gehirns verursacht wird. Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine relativ seltene Form der Demenz, die oft schon vor dem 60. Lebensjahr auftritt.
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Die Lewy-Körperchen-Demenz ist deutlich seltener als die AlzheimerDemenz. Die Lewy-Körperchen-Demenz geht mit speziellen Symptomen wie Halluzinationen, starken Schwankungen der geistigen Fähigkeiten im Tagesverlauf und Bewegungsstörungen einher.
  • Chronische Traumatische Enzephalopathie (CTE): Die Chronische Traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine seltene fortschreitende degenerative Erkrankung des Gehirns.

Weitere wichtige Aspekte

  • Schmerzen bei Demenz: Bei Menschen mit Demenz kann es schwierig sein, Schmerzen zu erkennen, deren Ursachen zu verstehen, sie zu behandeln bzw.
  • Hörbeeinträchtigung und Demenz: Wenn das Hören eingeschränkt ist oder wegfällt, hat dies große Auswirkungen auf die soziale Situation eines Menschen.
  • Mundgesundheit bei Demenz: Menschen mit Pflegebedarf wie auch Menschen mit Demenz haben meist eine deutlich schlechtere Mundgesundheit im Vergleich zu Menschen ohne Pflegebedarf.
  • Sexualität und Demenz: Sexualität ist ein zentraler Baustein der eigenen Identität. Sie bestimmt mit wie wir mit Intimität, Nähe, Privatheit und Distanz umgehen. Eine Demenz verändert das Erleben und Verhalten auch in diesem Bereich in unterschiedlichem Ausmaß.
  • Palliative Versorgung und Pflege: Palliative Versorgung und Pflege richtet sich an Menschen, die schwer und unheilbar erkrankt sind.
  • Rehabilitation: Insbesondere im frühen und mittleren Stadium profitieren Menschen mit Demenz von Reha-Maßnahmen.

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