Diabetes mellitus ist eine weit verbreitete chronische Stoffwechselerkrankung. Eine der häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen ist die diabetische Neuropathie, die durch Nervenschädigungen infolge von Diabetes verursacht wird. Schätzungsweise leidet etwa jeder dritte Diabetiker im Laufe seines Lebens an leichten bis starken Nervenschmerzen. Die diabetische Neuropathie kann das periphere und das zentrale Nervensystem beeinträchtigen.
Was ist diabetische Neuropathie?
Diabetische Neuropathie ist eine schmerzhafte Folgeerkrankung von Diabetes mellitus. Sie tritt vor allem bei Patienten auf, die bereits seit längerer Zeit an Diabetes leiden und deren Stoffwechselfunktion eingeschränkt ist. Die Erkrankung wird je nach betroffenem Gebiet in verschiedene Formen unterteilt. Chronische Erkrankungen des Nervensystems betreffen meist das periphere Nervensystem.
Ist das periphere Nervensystem betroffen, spricht man von diabetischer sensomotorischer Polyneuropathie. Dabei können alle Nerven außerhalb des Rückenmarks und des Gehirns geschädigt werden. Diese Nerven steuern willkürliche Funktionen wie Sensorik und Motorik. Diabetische Neuropathie tritt meist gleichzeitig in mehreren Nerven auf.
Polyneuropathien sind eine Gruppe von Erkrankungen des peripheren Nervensystems. Dabei nehmen Nerven, die sich außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks befinden (sogenannte periphere Nerven), Schaden. Dies beeinträchtigt die Reizweiterleitung in den Nervenbahnen, was in Missempfindungen, Sensibilitätsstörungen oder auch Schmerzen mündet.
Oftmals entwickeln sich Polyneuropathien als Folge einer zugrundeliegenden Vorerkrankung. Einige solcher Auslöser sind beispielsweise weit fortgeschrittene Diabetes mellitus-Erkrankungen (diabetische Neuropathie), Alkoholismus (alkoholische Polyneuropathie), bestimmte Infektionskrankheiten, der Kontakt zu Giftstoffen (toxische Polyneuropathie) aber auch Krebserkrankungen beziehungsweise deren chemotherapeutische Behandlung.
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Da die Ursachen für Nervenschäden - ebenso wie die individuelle Ausprägung des Krankheitsbilds - vielfältig sein können, schwanken die Angaben zur Häufigkeit. Man schätzt, dass eine Person von 2.000 Einwohnern von Polyneuropathien betroffen sein könnte. Die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter an.
Die Polyneuropathie wird oftmals auch als "Periphere Polyneuropathie" oder "Periphere Neuropathie" (PNP) beschrieben.
Jede Nervenzelle setzt sich aus einem Zellkörper und einem Nervenfortsatz (Axon) zusammen. Axone kann man sich wie elektrisch leitende Kabel vorstellen. Der Körper muss sie für die optimale elektrische Reiz- oder Signalweiterleitung mit einer Isolierschicht ummanteln. Diese wird Myelinschicht oder Markscheide genannt.
Bei einer Polyneuropathie können unterschiedliche Teile dieser Nervenfortsätze geschädigt sein. Man unterscheidet:
- Demyelinisierende Polyneuropathie: Bei dieser Neuropathieform zerfällt die schützende Myelinschicht. Die elektrische Reizweiterleitung wird gestört. Je nach Ursache kann sich eine demyelinisierende Neuropathie (zumindest) teilweise auch wieder bessern.
- Axonale Polyneuropathie: Dabei ist das Axon selbst betroffen. Meist geht eine axonale Degeneration der Nerven mit schwerwiegenderen Beschwerden einher und weist eine deutlich schlechtere Prognose auf.
In bestimmten Fällen treten auch beide Formen kombiniert auf, sodass Myelinschicht und Axone gleichermaßen geschädigt sind.
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Je nach Ausprägung und Körperstelle, an dem die Nervenschäden auftreten, unterscheiden Ärzte:
- Symmetrische Polyneuropathien: Die Nervenschädigungen betreffen beide Körperhälften.
- Asymmetrische Polyneuropathien: Die Nervenschädigungen betreffen nur eine Körperseite.
- Distale Polyneuropathien: Die Schäden an den Nervenbahnen betreffen hauptsächlich Körperregionen, die vom Rumpf bzw. der Körpermitte entfernt liegen (bspw. Hände, Beine, Füße).
- Proximale Polyneuropathie: Eine seltene Form der Neuropathie, bei der sich die Erkrankung auf die rumpfnahen Körperteile beschränkt.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Mechanismen, die dazu führen, dass Diabetes die Nerven schädigt, sind bisher nicht eindeutig geklärt. Verschiedene Faktoren beeinflussen die Entstehung einer diabetischen Neuropathie. Erhöhte Blutzuckerwerte nehmen einen zentralen Platz unter den Risikofaktoren ein. Bei schlechter Blutzuckereinstellung und mit zunehmender Diabetesdauer steigt das Risiko für einen Nervenschaden an.
Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte bei Diabetes können auch die Nerven angreifen. Die sogenannte diabetische Neuropathie gehört zu den häufigsten Folgeschäden eines Diabetes. Bei rund jedem dritten Menschen mit Diabetes liegt gleichzeitig ein Nervenschaden vor.
Es gibt auch andere Formen der Polyneuropathie, die nicht durch Diabetes verursacht werden. Die erworbene Polyneuropathie ist mit Abstand die häufigere Form der Erkrankung - sie entwickelt sich als Folge einer anderen Erkrankung oder durch einen externen Auslöser. Diabetiker sind besonders gefährdet, an einer erworbenen Polyneuropathie zu erkranken.
Eine weitere wichtige Sonderform der Polyneuropathie ist eine Schädigung durch das eigene Immunsystem (autoimmune Ursache) z. B. bei langwierigen intensivmedizinischen Behandlungen (Critical-illness-Polyneuropathie). Insgesamt sind mehr als 200 Auslöser für Erkrankungen aus dem neuropathischen Formenkreis bekannt.
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Es kann zu Schädigungen der kleinsten Gefäße kommen, die die peripheren Nerven versorgen. Diese sogenannte diabetische Polyneuropathie beginnt oft in den Zehen und Füßen und ist durch ein herabgesetztes Schmerz- und Temperaturgefühl gekennzeichnet.
Die zweite häufige Form der erworbenen Polyneuropathie ist die alkoholische Polyneuropathie oder alkoholbedingte Neuropathie. Dabei kommt es durch die neurotoxischen (nervenschädigenden) Wirkungen chronischen Alkoholkonsums zu funktionellen Beeinträchtigungen der peripheren Nerven.
Eine dritte erworbene Polyneuropathie ist die Critical-illness-Polyneuropathie, wo der Körper als Fehlleitung des Immunsystems die Nerven des peripheren Nervensystems schädigt. Dies tritt z. B. im Rahmen langwieriger intensivmedizinischer Behandlungen auf und äußert sich vor allem in schwindender Kraft und Muskelmasse in der Extremitäten- und Rumpfmuskulatur. In schwerwiegenden Formen können weitgehende Bewegungsunfähigkeit und Schluckstörungen resultieren. Mit Beendigung der intensivmedizinischen Behandlung bessert sich der Befund meist wieder, was durch intensive therapeutische Behandlungen gefördert werden kann.
Angeborene Polyneuropathien sind dagegen relativ selten. Ihnen liegen vererbbare Krankheiten wie Enzymdefekte, veränderte Proteine oder eine eingeschränkte Nervenleitgeschwindigkeit zugrunde. Sie unterscheiden sich aus diesem Grund meist auch in der Symptomatik von den erworbenen Polyneuropathien.
Symptome der diabetischen Neuropathie
Die Symptome einer diabetischen Neuropathie können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind.
Sensomotorische Neuropathie
Bei der sensomotorischen Neuropathie breiten sich die Symptome in der Regel von den Zehen, Füßen und Unterschenkeln nach oben aus. Die Folge kann neben Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl in den Füßen beispielsweise eine Gangunsicherheit sein.
Ein häufiges Phänomen bei Betroffenen von diabetischer sensomotorischer Polyneuropathie ist das Kribbeln, Pochen oder Schmerzen der Beine. Diese Symptome erfahren Diabetiker überwiegend in Ruhephasen, die eine ruhige und erholsame Nacht häufig verhindern.
Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einem Verlust der Schmerzwahrnehmung aufgrund zerstörter Schmerzfasern kommen. Die Betroffenen fühlen sich, als würden sie auf Watte gehen und sind sehr unsicher im Laufen. Außerdem können auch die die Muskulatur versorgenden Nerven betroffen sein, was zu Lähmungserscheinungen führen kann.
Zu Beginn der Krankheit nehmen Patienten in Fingern, Händen, Zehen und Füßen ein Kribbeln oder Taubheitsgefühle wahr. Oft werden diese Symptome von Schmerzen oder Krämpfen begleitet. Im Verlauf der Erkrankung kommt es ohne Behandlung zur Verschlimmerung der Symptomatik, vor allem des Schmerzempfindens.
Autonome Neuropathie
Ist das autonome Nervensystem beeinträchtigt, hängen die Beschwerden vom betroffenen Organ ab. Nervenschäden am Herz-Kreislaufsystem äußern sich etwa mit Störungen des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Im Magen-Darm-Trakt sind Schluckstörungen, Sodbrennen, Völlegefühle oder Übelkeit mögliche Auswirkungen. Außerdem können beispielsweise eine Blasenschwäche oder Erektionsstörungen auftreten.
Ein diabetischer Nervenschaden kann sich auf die Blutzuckereinstellung auswirken. Betroffene nehmen dann einen Abfall des Blutzuckerspiegels schlechter wahr. Vor allem bei Menschen mit Diabetes, die Insulin benötigen, kann es zu schweren Unterzuckerungen kommen.
Dieser Effekt kann durch eine langsamere Magenentleerung infolge einer Neuropathie verstärkt werden: Das zum Essen gespritzte Insulin wirkt dann schon, bevor die Kohlenhydrate aus dem Verdauungstrakt ins Blut übergegangen sind. Betroffene sollten ihren Blutzucker öfter überprüfen, um zu tiefen Werten vorzubeugen. Auch ein Unterzucker-Wahrnehmungstraining kann sinnvoll sein.
Diabetisches Fußsyndrom
Darüber hinaus ist die diabetische Neuropathie eine wichtige Ursache für das diabetische Fußsyndrom: Weil das Schmerzempfinden vermindert ist, bleiben Verletzungen an den Füßen häufig unbemerkt. Begünstigt durch die meist gleichzeitig bestehenden Durchblutungsstörungen entstehen schlecht heilende Wunden, die sich entzünden und in die Tiefe des Gewebes ausbreiten können.
Auf mögliche Diabetes Symptome sollten Podologen aufmerksam gemacht werden. Diese können auf Diabetes mellitus hindeuten, umgangssprachlich als Zuckerkrankheit bekannt. Diese Erkrankung ist durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet. Das DFS ist eine der schwerwiegendsten Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus. Eine schwerwiegende Komplikation des DFS ist der Charcot-Fuß, eine neuropathische Osteoarthropathie. Podologen spielen eine zentrale Rolle in der Prävention und Behandlung des DFS. Das diabetische Fußsyndrom ist eine ernstzunehmende Komplikation des Diabetes mellitus. Früherkennung und präventive Maßnahmen sind entscheidend, um schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Podologen haben dabei eine Schlüsselrolle und sollten eng mit anderen Gesundheitsdienstleistern zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung für Patienten mit Diabetes sicherzustellen. Eine kontinuierliche fachliche Weiterbildung, strukturierte Dokumentation der Befunde und individuelle Beratung stärken die Therapieeffektivität.
Im Verlauf kann sich bei Diabetikern Typ 3 auch ein diabetisches Fußsyndrom ausbilden. Dies ist durch eine reduzierte Sensibilität der Füße gekennzeichnet und kann zu schweren Fehlstellungen und chronischen Wunden führen.
Diagnose der diabetischen Neuropathie
Geschädigte Nerven äußern sich nicht immer mit wahrnehmbaren Anzeichen. Auch wenn sie keine Beschwerden haben, sollten Menschen mit Diabetes deshalb ihre Nerven untersuchen lassen. Bei Typ-1-Diabetes ab dem fünften Erkrankungsjahr, bei Typ-2-Diabetes gleich nach der Diagnose. Denn letzterer wird oft erst spät entdeckt, sodass erhöhte Zuckerwerte über Jahre hinweg die Nerven und andere Regionen des Körpers angegriffen haben können.
Die Verlaufskontrollen erfolgen dann abhängig vom Befund und Ausprägungsgrad in Intervallen von drei Monaten bis hin zu zwei Jahren. Letzteres ist der Fall, wenn bei der Eingangsuntersuchung keine Neuropathie vorliegt und das individuelle Risiko als nicht erhöht eingeschätzt wird.
Wenn Sie mögliche Polyneuropathie-Symptome an sich bemerken, sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Werden die Nervenschäden frühzeitig erkannt und ihre Ursache behandelt, wirkt sich das positiv auf den Polyneuropathie-Verlauf aus. Der Arzt wird sich zuerst ausführlich mit Ihnen unterhalten, um Ihre Krankengeschichte zu erheben (Anamnese). Er lässt sich die Beschwerden genau schildern und fragt, wie lange sie schon bestehen. Außerdem erkundigt er sich nach eventuellen Vor- oder Grunderkrankungen (wie Diabetes, Nierenerkrankungen, Unterfunktion der Schilddrüse etc.).
Zur Abklärung einer Polyneuropathie sind zudem Angaben zu Drogen- und Alkoholkonsum wichtig. Auf entsprechende Fragen sollten Sie Ihren Ärzten daher offen und ehrlich antworten. Nur so können sie die richtige Ursache für die Nervenstörungen herausfinden.
Die Diagnostik der Krankheit erfordert einige Erfahrung. Der behandelnde Arzt wird Sie zunächst zu Ihrer medizinischen Vorgeschichte und der Intensität und Dauer der Beschwerden befragen, um Hinweise auf mögliche Ursachen zu finden. Gegebenenfalls wird der Neurologe auch untersuchen, ob eine schwere Nierenerkrankung vorliegt, die ebenfalls als Verursacher einer Polyneuropathie in Frage kommt.
Man kann eine Polyneuropathie vermuten, wenn sich das Gefühl in den Füßen beim Sockenanziehen verringert oder wenn eine Gangunsicherheit auftritt, ohne dass eine andere Erkrankung als Ursache in Frage kommt.
Diagnose der peripheren Neuropathie
Mit einfachen Untersuchungsmethoden kann getestet werden, ob ein Schaden der Empfindungs- und Bewegungsnerven vorliegt. Es werden unter anderem geprüft:
- Schmerzempfinden
- Berührungsempfindlichkeit
- Temperaturempfinden
- Vibrationsempfinden
- Achilles- und Kniesehnenreflex
Außerdem wird man zu seiner Krankheitsgeschichte (Anamnese) und bisher eingenommenen Medikamenten befragt. Zur Diagnosestellung ist außerdem eine Blutuntersuchung sinnvoll. In Einzelfällen kann die Überweisung zu einem Facharzt oder einer Fachärztin für Neurologie hilfreich sein.
Im Anschluss an das Gespräch wird Sie der Arzt körperlich untersuchen. Dabei testet er zum Beispiel Ihre Reflexe (wie den Achillessehnenreflex, der als erster schwächer wird). Er prüft auch, ob Ihre Pupillen richtig auf einfallendes Licht reagieren.
Auch auf mögliche Fehlbildungen des Skeletts (Deformitäten) achtet der Arzt. Beispielsweise können Krallenzehen und Hohlfuß ein Hinweis sein, dass die Polyneuropathie erblich bedingt ist.
Daneben folgen weitere Untersuchungen. Manche davon werden bei jedem Patienten durchgeführt, andere nur in bestimmten Fällen:
- Bei der Elektroneurografie (ENG) wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen. Der Arzt setzt dafür einen kleinen elektronischen Impuls an mindestens zwei verschiedenen Stellen eines Nervs. Dann misst er die Zeit bis zur Reaktion (Kontraktion) des dazugehörigen Muskels. Bei der Polyneuropathie ist diese Nervenleitgeschwindigkeit meist herabgesetzt.
- Bei der Elektromyografie (EMG) wird die elektrische Muskelaktivität geprüft. Bei motorischen Störungen wie Muskelschwäche oder Muskellähmung lässt sich so herausfinden, ob das Problem beim Muskel selbst oder aber bei den ihn versorgenden Nerven liegt. Ergibt die EMG, dass die Nervenfunktion gestört ist, spricht das für eine Polyneuropathie.
- Bei der quantitativen sensorischen Untersuchung prüft der Arzt, wie ein Nerv auf bestimmte Reize wie Druck oder Temperatur reagiert. So lässt sich feststellen, ob die Empfindlichkeit des Nervs beeinträchtigt ist - wie bei einer Polyneuropathie. Auf diese Weise lässt sich eine Nervenschädigung also gut nachweisen. Die Untersuchung ist allerdings sehr zeitaufwändig. Zudem muss sich der Patient dabei gut konzentrieren und mitarbeiten. Deshalb wird die Methode nicht routinemäßig zur Abklärung einer Polyneuropathie angewendet.
- Eine Elektrokardiografie (EKG) kann Auskunft darüber geben, ob die autonomen Nervenfasern des Herzens geschädigt sind.
- Mittels Ultraschall-Untersuchung der Harnblase kann der Arzt feststellen, ob sich nach dem Wasserlassen noch Restharn in der Blase befindet. Wenn ja, ist wahrscheinlich die Blasenentleerung gestört. Das passiert bei einer autonomen Polyneuropathie sehr oft.
- Bei einer Nervenbiopsie wird über einen kleinen Hautschnitt eine winzige Probe des Nervengewebes entnommen. Die Gewebeprobe wird anschließend unter dem Mikroskop begutachtet. Diese Untersuchung wird aber nur in ganz bestimmten Fällen durchgeführt. Sie kann zum Beispiel bei Diabetikern notwendig sein, bei denen nur Nerven auf einer Körperseite geschädigt sind (asymmetrische diabetische Polyneuropathie). Auch wenn der Arzt Lepra als Ursache der Nervenschädigung vermutet, kann er eine Nervenbiopsie durchführen.
- Ebenfalls nur in ausgewählten Fällen wird eine Hautbiopsie durchgeführt. Dabei wird ein winziges Stück Haut ausgestanzt (etwa am Unterschenkel) und genau untersucht.
Blutuntersuchungen dienen vor allem dazu, häufige und behandelbare Ursachen der Nervenschädigung zu erkennen. Polyneuropathie ist nicht direkt im Blut nachweisbar. Allerdings können (seltenere) Ursachen bei entsprechendem Verdacht anhand bestimmter Laborwerte aufgedeckt werden.
Einige Beispiele für solche Labortests bei Polyneuropathie sind:
- Erhöhte Entzündungswerte (wie CRP, weiße Blutkörperchen etc.) können auf eine entzündliche Ursache der Nervenschäden hindeuten.
- Ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) zeigt an, wie gut der Körper Zucker verarbeiten kann. Auffällige Testergebnisse können auf einen noch unentdeckten Diabetes (oder eine Vorstufe davon) hinweisen. Auch der Nüchternblutzucker ist hierbei sehr aussagekräftig. Bei bekannter Zuckerkrankheit ist vor allem der HbA1c-Wert ("Langzeitblutzucker") wichtig: Er zeigt an, wie gut der Diabetes in den letzten Monaten eingestellt war.
- Der Vitamin-B12-Status wird gemessen, um zu prüfen, ob eventuell ein Mangel besteht.
- Liegen die Leber- oder Nierenwerte außerhalb der Norm, wird die Polyneuropathie möglicherweise durch eine Leber- oder Nierenerkrankung verursacht. Dabei können Leberschäden auch durch Alkoholmissbrauch verursacht sein.
- Besteht der Verdacht, dass eine bestimmte Infektionskrankheit die Polyneuropathie verursacht, sind spezielle Blutuntersuchungen sinnvoll. Beispielsweise lässt sich eine vermutete Borreliose abklären, indem man im Blut des Patienten nach Antikörpern gegen die auslösenden Bakterien (Borrelien) fahndet.
- Eine genetische Untersuchung ist angezeigt, wenn es in einer Familie mehrere Fälle von Polyneuropathie gibt. Dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine erblich bedingte Nervenschädigung handelt. Das Gleiche gilt, wenn der Patient bestimmte Fehlstellungen des Fußes (Krallenzehen, Hohlfuß) oder andere Fehlbildungen des Skeletts (wie Skoliose) aufweist. Sie sind typisch für eine erblich bedingte Polyneuropathie. Der Arzt kann dann das Erbgut des Patienten auf entsprechende Veränderungen (Mutationen) untersuchen lassen.
Diagnose der autonomen Neuropathie
Abhängig vom Beschwerdebild wird entschieden, ob und welche weiteren Untersuchungen sinnvoll sind. Bei Verdacht auf eine autonome Neuropathie am Herzen ist zum Beispiel eine Messung der Herzfrequenzvariabilität hilfreich. Sie gibt an, wie gut die Nerven am Herzen auf wechselnde Anforderungen reagieren.
Auch ein Ruhe- oder ein 24-Stunden-EKG können hier einen ersten Aufschluss geben. Falls nötig, lässt sich mit einem Orthostase-Test eine Neigung zu Blutdruckabfällen nachvollziehen. Dabei wird die Veränderung des Blutdrucks beim schnellen Aufstehen aus dem Liegen gemessen. Eine Langzeit-Blutdruckmessung kann weitere Hinweise auf eine Problematik in diesem Bereich geben.
Eine autonome Neuropathie der Magennerven, die die Muskulatur der Magenwand steuern, lässt sich oft schwer feststellen. Beschwerden wie Übelkeit, Völlegefühle oder Schluckstörungen können auch andere Ursachen haben. Im Einzelfall können spezielle Untersuchungen durch einen Facharzt oder Fachärztin für Gastroenterologie sinnvoll sein.
Therapie der diabetischen Neuropathie
Heilbar sind diabetische Nervenschäden nicht. Die Behandlung zielt in erster Linie darauf ab, die Beschwerden zu lindern und den Betroffenen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Sie sollen zudem Wissen und Fähigkeiten erlernen, um mit der Erkrankung im Alltag zurechtzukommen. Darüber hinaus geht es darum, eine weitere Verschlechterung der Nervenschäden zu verhindern.
Weiterentwicklung der Neuropathie stoppen
Mehrere Maßnahmen können dazu beitragen, eine Ausweitung der Beschwerden zu vermeiden oder zumindest zu bremsen. Hierzu gehören eine gute Blutzucker- und Blutdruckeinstellung sowie ein Rauchstopp und eine Verminderung des Alkoholkonsums. Auch mehr Bewegung und ein Abbau von Übergewicht sind sinnvolle Maßnahmen. Die genauen Ziele und Maßnahmen im Einzelfall klären Betroffene mit der behandelnden Arztpraxis ab.
Experten gehen davon aus, dass eine gute Einstellung des Blutzuckers und gute Blutfett- und Blutdruckwerte eine diabetische Neuropathie vermindern oder verzögern kann. Zusätzlich helfen eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin Nervenschädigungen inklusive Schmerzen vorzubeugen.
Besonders wichtig ist eine konsequente und dauerhafte Therapie des Diabetes.
Bei einer durch Alkohol verursachten Polyneuropathie sollte auf Alkohol verzichtet werden, um eine Verschlimmerung zu verhindern.
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