Die Nerven: Eine Band zwischen Hoffnungskritik und Nihilismus

Die Nerven, gegründet 2010 in Esslingen, haben sich zu einer der prägendsten deutschsprachigen Post-Punk-Bands entwickelt. Bekannt für ihren energiegeladenen Sound und ihre kritischen Texte, die oft eine düstere Sicht auf die Welt widerspiegeln, hat die Band um Julian Knoth, Max Rieger und Kevin Kuhn eine treue Fangemeinde gewonnen, die von rebellischen Jugendlichen bis hin zu Feuilleton-Redakteuren reicht.

Von Stuttgart in die Musikwelt: Die Anfänge

Die Band formierte sich unter dem Motto, möglichst laut zu sein und ordentlich Krach zu machen. Ihre frühen Veröffentlichungen, darunter "Yes Sir, I Can Boogie!" (2010), "Gute-Nacht-Geschichten Für Kinder Zwischen 1-4" (2011) und "Asoziale Medien" (2012), wurden im Lo-Fi-Sound aufgenommen und zeugten von einer rohen, ungeschliffenen Energie. Der Beitritt von Schlagzeuger Kevin Kuhn machte Die Nerven zum Trio und markierte den Beginn einer neuen Phase.

Der Durchbruch mit "Fun" und "Out"

Mit "Fluidium" (2012) erfolgte die erste physische Veröffentlichung über This Charming Man Records. Das Album "FUN" (2014) wurde von Jan Wigger vom Spiegel Online als "eine der wichtigsten und besten deutschsprachigen Platten dieses Jahrzehnts" gefeiert. Die Nerven spielten sich durch Clubs und Festivals und veröffentlichten 2015 ihr drittes Album "Out" bei Glitterhouse Records.

"Fake": Eine musikalische Weiterentwicklung

Das Album "Fake" (2018) bedeutete für Die Nerven einen Bruch mit ihrer musikalischen Komfortzone und eine Steigerung ihrer Bekanntheit über Szenegrenzen hinaus. Die Musik wurde gedämpfter, die Aggression wich einem differenzierteren Sound, der Noise-Pop-Elemente mit kritischen Texten verband.

Das "schwarze Album": "Die Nerven" (2022)

Vier Jahre nach "Fake" erschien das selbstbetitelte "schwarze Album" (2022). Es setzte den mit "Fake" eingeschlagenen Weg fort, weg vom rohen Lärm, hin zu strukturierten Popsongs mit einem Sound zwischen Post-Punk und New Wave. Erstmals sangen Julian Knoth und Max Rieger gemeinsam auf mehreren Songs, was den Klangkosmos der Band bereicherte. Die Texte fingen die Verunsicherungen, wegbrechenden Zukunftsperspektiven und Beklemmungen der vergangenen Jahre ein.

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"Wir waren hier" (2024): Ein reifer Nihilismus

Das sechste Album "Wir waren hier" erschien im September 2024. Die Songs entstanden in einer vierwöchigen Session in einem ehemaligen Sterne-Restaurant am Stuttgarter Schlossgarten. Die Band beschreibt das Album als einen reiferen Nihilismus, der die Schönheit inmitten der Tristesse nicht ausblendet. Die Musik ist zornig, laut und dramatisch, aber auch von Klangtupfern durchzogen, die an die letzten Sonnenstrahlen vor einer ewigen Nacht erinnern.

Hoffnungskritik als Kontrapunkt

Die Nerven machen Musik, die bockig, zynisch und nihilistisch ist - hoffnungskritisch, könnte man sagen. Das Prinzip Hoffnungslos hat bei Die Nerven fast schon wieder aktivierendes Potenzial.

Texte zwischen Weltschmerz und Verweigerung

Die Texte von Die Nerven sind oft von Weltschmerz, Nicht-mehr-Funktionieren-Wollen und einer kritischen Auseinandersetzung mit der Realität geprägt. Sie erzählen keine kohärenten Geschichten, sondern schaffen mit Slogans und Schlaglichtern eine düstere Stimmung.

Die Live-Energie

Die Energie, die Die Nerven auf ihre Alben bannen, explodiert live hundert Mal so stark. Die Band ist bekannt für ihre intensiven und mitreißenden Konzerte, bei denen die musikalische Spontanität und die kollektive Entäußerung im Vordergrund stehen.

Max Rieger: Produzent und musikalischer Kopf

Gitarrist und Sänger Max Rieger ist auch als Produzent tätig und hat mit Musiker*innen wie Ilgen-Nur, Drangsal oder Casper zusammengearbeitet. Sein Einfluss als Produzent hat mutmaßlich zum cleaneren, gleichzeitig aber auch flächigeren Klang der neueren Alben geführt.

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Die Nerven als Teil einer Bewegung

Ob man Die Nerven nun als Teil einer Bewegung oder einfach als eindrucksvolle Punkband plus x betrachtet, hat auf den Hörgenuss keinen Einfluss. Fest steht aber, dass sich eine schwer zu übersehende Menge an jungen Bands in den Vordergrund spielt, die zumindest den Do-it-yourself-Hintergrund, die deutschsprachigen Texte und eine gewisse Düsternis gemeinsam haben.

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