Demenz stellt besondere Anforderungen an die Pflege und Betreuung von Betroffenen. Unterschiedliche Konzepte und Einrichtungen haben sich darauf spezialisiert, Menschen mit Demenz ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Ansätze und Einrichtungen in Deutschland, die sich der Betreuung von Menschen mit Demenz widmen.
Innovative Wohnkonzepte für Demenzkranke
Domizil Wohnfühlen GmbH: Familiäre Atmosphäre und individuelle Betreuung
Die Domizil Wohnfühlen GmbH, eine gemeinnützige Trägerin mit Standorten in Neviges, Velbert und Heiligenhaus, bietet stationäre, teilstationäre und ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere Menschen an. Ein besonderer Fokus liegt auf innovativen Pflege-, Betreuungs- und Wohnkonzepten. Die familiäre Atmosphäre in den Häusern unterscheidet sie von vielen anderen Einrichtungen in der Region.
Für demenziell erkrankte Menschen bietet das Domizil Wohnfühlen einen eigenen Wohnbereich, der eine behütete und sichere Umgebung schafft. Vertraute Möbel aus "alten Zeiten" verleihen dem Wohnbereich eine warme und geborgene Atmosphäre. Helle Tagesräume laden zu gemeinschaftlichen Aktivitäten ein, während individuell eingerichtete Zimmer Rückzugsmöglichkeiten bieten.
Der Anspruch des Domizils ist es, den Bewohnern täglich ein Stück Lebensfreude zu schenken und dafür zu sorgen, dass sie sich seelisch und körperlich wohlfühlen. Ein strukturierter Tagesablauf, der eng mit den Gewohnheiten der Bewohner verbunden ist, gibt ihnen Sicherheit und hilft ihnen, sich zurechtzufinden. Die Bewohner werden in alltäglichen Lebenssituationen begleitet, wie z.B. beim gemeinsamen Kochen, bei Hausarbeiten oder der Gartenpflege.
Das Betreuungsangebot umfasst vielfältige Therapien, wie Musik- oder tiergestützte Therapie, sowie die Möglichkeit, Hobbys auszuüben. Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts, um körperliche und innerliche Unruhe zu reduzieren. Gedächtnistraining, Aktivierungsspiele und kreative Beschäftigungen unterstützen und motivieren die Bewohner. Physiotherapie, Logopädie, Biografiearbeit, Validation, basale Stimulation und Ergotherapie ergänzen das Angebot.
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Besonderes Augenmerk wird auf die Ernährung gelegt. Ein einladend gedeckter Tisch sowie der Geschmack und Geruch von Speisen aus der Jugend wecken positive Erinnerungen. Fingerfood wird angeboten, um den speziellen Bedürfnissen der Bewohner entgegenzukommen. Es wird darauf geachtet, dass die Bewohner ausreichend trinken.
Domizil für Menschen mit Demenz in Wolfegg-Neutann: Geborgenheit und Autonomie
Das Domizil für Menschen mit Demenz in Neutann bei Wolfegg, eine Facheinrichtung der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, bietet 30 Menschen mit Demenz ein Zuhause in Geborgenheit, Sicherheit und größtmöglicher Autonomie. Die Einrichtung liegt inmitten der Natur und verfügt über eine weitläufige Anlage.
Die Wohngruppen umfassen jeweils nur zehn Plätze, es gibt viel Platz und große Küchenbereiche. Das Personal ist den ganzen Tag in Kontakt mit den Bewohnern, um ihre seelischen Bedürfnisse nach Trost, Bindung, Einbeziehung, Beschäftigung und Identität zu befriedigen. Es wird ein hohes Maß an Empathie, Wertschätzung und Authentizität gefordert, um sich auf den jeweiligen Menschen einzulassen, ihn wahrzunehmen und sein "Person-Sein" zu ermöglichen.
Ziel ist es, Ressourcen zu erhalten und zu wecken. Wenn ein Bewohner mittags noch im Schlafanzug sein möchte, darf er das. Wenn jemand gerne seinen Mittagsschlaf im Garten unter einem Baum macht, bekommt er noch eine Decke dazu. Dieses "Zulassen" ermöglicht Autonomie.
Weitere Aspekte erfolgreicher Domizilkonzepte
Neben den genannten Beispielen gibt es weitere wichtige Aspekte, die erfolgreiche Domizilkonzepte für Menschen mit Demenz auszeichnen:
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- Architektur und Gestaltung: Eine barrierefreie, übersichtliche und anregende Umgebung, die den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz entspricht.
- Beschützende Wohnbereiche: Speziell eingerichtete Bereiche, die Sicherheit und Orientierung bieten.
- Sinnesgärten: Gärten, die die Sinne anregen und Raum für Gartentherapie bieten.
- Qualifiziertes Personal: Mitarbeiter mit spezieller Ausbildung im Bereich Demenzpflege und -betreuung.
- Kooperationen: Zusammenarbeit mit Ärzten, Therapeuten, Seelsorgern und Angehörigen.
- Integrierte Qualitätsmanagementsysteme: Systeme zur kontinuierlichen Verbesserung der Pflege- und Betreuungsqualität.
- Biografiearbeit: Das Einbeziehen der persönlichen Geschichte und der Vorlieben der Bewohner in die Betreuung.
- Validation: Eine wertschätzende Kommunikationsmethode, die auf die Gefühle und Bedürfnisse der Bewohner eingeht.
- Milieutherapie: Die Gestaltung des Wohnumfelds, um positive Emotionen und Verhaltensweisen zu fördern.
- Förderung der Selbstbestimmung: Die Bewohner so weit wie möglich in Entscheidungen einzubeziehen und ihnen Autonomie zu ermöglichen.
- Vielfältige Aktivitäten: Angebote, die die körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten der Bewohner anregen.
- Enge Zusammenarbeit mit Angehörigen: Regelmäßiger Austausch und Einbeziehung der Angehörigen in die Betreuung.
- Regelmäßige Fortbildungen: Das Personal nimmt an regelmäßigen Fortbildungen teil, um ihr Wissen und ihre Fähigkeiten im Umgang mit Demenz zu erweitern.
Wohnkonzepte im Detail
Das Konzept der Wohngruppen
Viele Einrichtungen setzen auf das Konzept der Wohngruppen. Hier leben Menschen mit Demenz in kleinen, familiären Einheiten zusammen. Ziel ist es, eine wohnliche Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Bewohner sicher und geborgen fühlen. Die Betreuung erfolgt durch ein festes Team von Pflegekräften, die die Bewohner gut kennen und auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen können.
Beschützende Bereiche
In vielen Einrichtungen gibt es beschützende Bereiche, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind, die einen erhöhten Sicherheitsbedarf haben. Diese Bereiche sind oft mit einem Zaun oder einer anderen Barriere umgeben, um zu verhindern, dass die Bewohner weglaufen. Gleichzeitig bieten sie den Bewohnern aber auch die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und ihren Interessen nachzugehen.
Sinnesgärten
Sinnesgärten sind speziell gestaltete Gärten, die die Sinne der Bewohner anregen sollen. Sie enthalten oft Elemente wie duftende Pflanzen, beruhigende Wasserspiele, interessante Tastobjekte und farbenfrohe Blumen. Sinnesgärten können dazu beitragen, die Stimmung der Bewohner zu verbessern, ihre kognitiven Fähigkeiten zu fördern und ihre körperliche Aktivität anzuregen.
Methoden und Therapieansätze
Validation
Die Validation ist eine Kommunikationsmethode, die darauf abzielt, die Gefühle und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zu verstehen und anzuerkennen. Dabei geht es nicht darum, die Bewohner zu korrigieren oder zu belehren, sondern darum, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie gehört und verstanden werden. Die Validation kann dazu beitragen, die Beziehung zwischen den Bewohnern und den Pflegekräften zu stärken und Konflikte zu vermeiden.
Biografiearbeit
Die Biografiearbeit ist eine Methode, die darauf abzielt, die Lebensgeschichte der Bewohner zu erforschen und in die Betreuung einzubeziehen. Dabei werden oft Fotos, Erinnerungsstücke und Geschichten aus dem Leben der Bewohner verwendet, um ihre Identität zu stärken und ihre Erinnerungen zu wecken. Die Biografiearbeit kann dazu beitragen, die Bewohner besser zu verstehen und ihre individuellen Bedürfnisse zu erkennen.
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Basale Stimulation
Die basale Stimulation ist ein Therapieansatz, der darauf abzielt, die Sinne der Bewohner anzuregen und ihre Körperwahrnehmung zu verbessern. Dabei werden oft einfache Übungen und Materialien verwendet, um die Bewohner zu berühren, zu bewegen und zu stimulieren. Die basale Stimulation kann dazu beitragen, die Bewohner zu entspannen, ihre Aufmerksamkeit zu fördern und ihre kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern.
Ergotherapie
Die Ergotherapie ist eine Therapieform, die darauf abzielt, die Bewohner in ihren alltäglichen Aktivitäten zu unterstützen und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Dabei werden oft Übungen und Hilfsmittel eingesetzt, um die Bewohner in Bereichen wie Essen, Trinken, Anziehen, Waschen und Bewegen zu unterstützen. Die Ergotherapie kann dazu beitragen, die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Musiktherapie
Die Musiktherapie ist eine Therapieform, die darauf abzielt, die Bewohner durch Musik zu aktivieren und zu entspannen. Dabei werden oft Lieder aus der Kindheit oder Jugend der Bewohner verwendet, um ihre Erinnerungen zu wecken und ihre Emotionen anzusprechen. Die Musiktherapie kann dazu beitragen, die Stimmung der Bewohner zu verbessern, ihre kognitiven Fähigkeiten zu fördern und ihre sozialen Kontakte zu stärken.
Tiergestützte Therapie
Die tiergestützte Therapie ist eine Therapieform, bei der Tiere eingesetzt werden, um die Bewohner zu aktivieren und zu motivieren. Dabei werden oft Hunde, Katzen, Kaninchen oder andere Tiere verwendet, um die Bewohner zu berühren, zu streicheln und mit ihnen zu spielen. Die tiergestützte Therapie kann dazu beitragen, die Stimmung der Bewohner zu verbessern, ihre sozialen Kontakte zu stärken und ihre körperliche Aktivität anzuregen.
Ernährungskonzepte
Fingerfood
Viele Einrichtungen bieten Fingerfood an, um den speziellen Bedürfnissen von Menschen mit Demenz gerecht zu werden. Fingerfood sind kleine, mundgerechte Häppchen, die leicht zu greifen und zu essen sind. Sie können auch im Gehen gegessen werden, was besonders für unruhige Bewohner von Vorteil ist. Fingerfood kann dazu beitragen, die Selbstständigkeit der Bewohner zu fördern und ihre Nahrungsaufnahme zu verbessern.
Hochkalorische Ernährung
Menschen mit Demenz haben oft einen erhöhten Energiebedarf und Schwierigkeiten, ausreichend zu essen. Daher ist es wichtig, ihnen eine hochkalorische Ernährung anzubieten. Diese kann in Form von speziellen Trinknahrungen oder angereicherten Speisen erfolgen. Eine hochkalorische Ernährung kann dazu beitragen, den Gewichtsverlust der Bewohner zu verhindern und ihre körperliche Verfassung zu verbessern.
Berücksichtigung von Unverträglichkeiten und Diäten
Bei der Ernährung von Menschen mit Demenz ist es wichtig, Unverträglichkeiten und Diäten zu berücksichtigen. Viele Bewohner haben Allergien, Laktoseintoleranz oder andere gesundheitliche Probleme, die eine spezielle Ernährung erfordern. Die Einrichtungen sollten daher in der Lage sein, individuelle Ernährungspläne zu erstellen und die Mahlzeiten entsprechend anzupassen.
Bedeutung der Angehörigenarbeit
Die Angehörigenarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Betreuung von Menschen mit Demenz. Die Angehörigen sind oft die wichtigsten Bezugspersonen der Bewohner und können wertvolle Informationen über ihre Lebensgeschichte, ihre Vorlieben und ihre Bedürfnisse liefern. Die Einrichtungen sollten daher eine enge Zusammenarbeit mit den Angehörigen pflegen und sie in die Betreuung einbeziehen.
Qualitätssicherung und -management
Um eine hohe Qualität der Betreuung zu gewährleisten, setzen viele Einrichtungen auf Qualitätssicherung und -management. Dabei werden regelmäßig die Pflegeprozesse überprüft, die Mitarbeiter geschult und die Bewohner und Angehörigen befragt. Die Ergebnisse werden genutzt, um die Betreuung kontinuierlich zu verbessern.
Dementia Care Mapping (DCM)
Eine Methode zur Qualitätssicherung ist das Dementia Care Mapping (DCM). Dabei beobachten speziell ausgebildete Mitarbeiter den Alltag in den Gruppen und bewerten, wie wohl sich die einzelnen Bewohner bei unterschiedlichen Aktivitäten oder Interaktionen fühlen. Die Ergebnisse des Mappings werden mit dem Pflege- und Betreuungsteam besprochen und genutzt, um Wohnumgebung und Betreuungsqualität kontinuierlich zu verbessern.