Brustkrebs-Hirnmetastasen: Lebenserwartung, Symptome und Behandlungsansätze

Hirnmetastasen sind Tochtergeschwülste, die sich von einem bereits bestehenden Krebstumor (Primärtumor) in anderen Organen des Körpers ausbreiten und im Gehirn ansiedeln. Sie stellen die häufigsten Neubildungen im zentralen Nervensystem dar, wobei das Mammakarzinom (Brustkrebs) neben dem Lungenkarzinom eine der Hauptursachen für zerebrale Metastasen ist. Trotz Fortschritten in der systemischen Therapie entwickeln etwa 15-20 % der Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs (mBC) Hirnmetastasen.

Zunehmende Inzidenz und Risikofaktoren

In den letzten Jahren wurde ein Anstieg der Inzidenz von Hirnmetastasen beobachtet. Dies könnte auf eine verbesserte Kontrolle der extrakraniellen Metastasierung durch Therapien und/oder auf Fortschritte in der Bildgebung, insbesondere der Magnetresonanztomografie (MRT), zurückzuführen sein, die heute als Standardmethode gilt.

Als Risikofaktoren für das Auftreten von Hirnmetastasen gelten:

  • Junges Ersterkrankungsalter
  • HER2-positive oder tripelnegative Tumoren
  • Hohes Grading
  • Hoher Ki-67-Wert
  • Positiver Nodalstatus

Auswirkungen auf die Lebensqualität und Prognose

Hirnmetastasen verschlechtern nicht nur die Prognose der betroffenen Patientinnen, sondern können auch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Symptome wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen oder neurologische Ausfallserscheinungen (z. B. Lähmungen, Wortfindungsstörungen) können auftreten. Ein Anstieg des Hirndrucks kann Apathie, Müdigkeit und Bewusstseinstrübungen hervorrufen.

In etwa 5-8 % aller Mammakarzinome kommt es zu einer leptomeningealen Metastasierung (LMC), bei der sich Tumorzellen im Subarachnoidalraum ausbreiten. Die Prognose mit LMC war bisher sehr ungünstig, mit einer Lebenserwartung von ein bis vier Monaten. Klinisch reichen die Symptome von Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen über Übelkeit bis hin zu Visus-Einschränkungen, Sensibilitätsstörungen, Muskelschwäche oder Blasen- und Mastdarmstörungen.

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Herausforderungen bei der Behandlung

Eine besondere Herausforderung bei der Behandlung von Hirnmetastasen stellt die Blut-Hirn-Schranke (BHS) dar. Dabei handelt es sich um eine hochselektive physiologische Barriere zwischen dem Blutsystem und dem zentralen Nervensystem. Die BHS erschwert die systemische Therapie von Hirnmetastasen, da sie eine Diffusionsbarriere für viele Medikamente darstellt. Neuere Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass die BHS ab einer Hirnmetastasen-Größe von 1-2 Millimetern nicht mehr intakt ist.

Therapieansätze bei Hirnmetastasen

Für die Behandlung von Hirnmetastasen stehen verschiedene Therapieansätze zur Verfügung, darunter:

  • Chirurgische Eingriffe
  • Gezielte Lokaltherapien (stereotaktische Bestrahlung, Ganzhirnbestrahlung)
  • Systemische Therapien (Chemotherapie, zielgerichtete Therapien)

Ein wichtiger Faktor bei der Wahl der lokalen Therapie ist die Anzahl der Hirnmetastasen. Man unterscheidet singuläre Metastasen, Oligometastasen (bis zu vier) und multiple Metastasen. Weitere Entscheidungskriterien für eine Operation sind der Allgemeinzustand der Patientin, die Prognose und die operative Zugänglichkeit der Hirnmetastase. Bei reduziertem Karnofsky-Performance-Status und einem Metastasendurchmesser bis drei Zentimetern kann eine stereotaktische Radiochirurgie (SRS) oder fraktionierte stereotaktische Radiotherapie (FSRT) in Betracht gezogen werden.

Systemische Therapien

In den 1980er-Jahren zeigten Studien, dass konventionelle Chemotherapie bei neu diagnostizierten Hirnmetastasen zu einer Ansprechrate von rund 50 % führen kann.

HER2-positive Mammakarzinome: Patientinnen mit einem HER2-positiven Tumor haben im Vergleich zu HER2-negativen Patientinnen oft einen aggressiveren Krankheitsverlauf und ein schnelleres Wiederauftreten des Tumors. Eine zielgerichtete Therapie ist für sie daher besonders wichtig.

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Bis vor kurzem galt das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) als Goldstandard in der Zweitlinientherapie, basierend auf den Daten der EMILIA- und TH3RESA-Studien. Eine multizentrische Studie aus Italien zeigte jedoch, dass mit T-DM1 in der Gruppe mit Hirnmetastasen ähnlich gute Ansprechraten erzielt werden konnten wie in der Gruppe ohne Hirnmetastasen.

Neuere Substanzen und Therapieansätze haben die Behandlung von HER2-positivem metastasiertem Brustkrebs mit Hirnmetastasen weiter verbessert:

  • Neratinib: Dieser Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation bindet potent irreversibel EGFR, HER2 und HER4. Die Ergebnisse der NALA-Studie zeigten nach mindestens zwei anti-HER2-basierten Therapien ein verbessertes progressionsfreies Überleben (PFS) durch die Kombination Neratinib + Capecitabin.
  • Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd): Dieses Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) der neuesten Generation ist gegen das HER2-Protein gerichtet. Die Phase-III-Studie DESTINY-Breast03 verglich T-DXd mit dem langjährigen Standard Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) bei vorbehandelten Patientinnen mit metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs. Nach 12 Monaten lag das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) mit T-DXd bei 75,8 % versus 34,1 % im T-DM1-Arm. Die objektive Ansprechrate (ORR) betrug unter Trastuzumab-Deruxtecan 79,7 % gegenüber T-DM1 mit 34,2 %. Der PFS-Nutzen erstreckte sich über alle Subgruppen, einschließlich der Frauen mit ZNS-Metastasen. Als Nebenwirkung wurde bei 12 % eine interstitielle Pneumonitis beobachtet.
  • Tucatinib: Dieser Tyrosinkinasehemmer der dritten Generation bewirkt eine irreversible Hemmung der Tyrosinkinasedomäne von HER2. In der HER2CLIMB-Studie hatten 48 % der Frauen aktive oder stabile Hirnmetastasen. In dieser Kohorte zeigte sich eine Verlängerung des medianen PFS durch die zusätzliche Gabe von Tucatinib von 4,2 auf 9,9 Monate (HR: 0,32). Das Risiko für Progression oder Tod wurde halbiert (HR: 0,48). Im Tucatinib-Arm waren nach einem Jahr noch 25 % der Patient*innen mit Hirnmetastasen ohne Progress. Mittlerweile gibt es Hinweise auf eine intrakranielle Aktivität von ADC aus der einarmigen Phase-II-Studie TUXEDO-1 mit Patientinnen mit aktiven Hirnmetastasen.

Prognose und Lebenserwartung

Hirnmetastasen stellen oft den limitierenden Faktor der Erkrankung dar, da das Überleben nach Auftreten einer Hirnmetastasierung meist nur wenige Monate beträgt. Die Lebenserwartung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:

  • Art der Grunderkrankung und deren Behandelbarkeit
  • Zeitpunkt des Auftretens der Hirnmetastasen nach der Krebsdiagnose
  • Allgemeinzustand der Patientin
  • Anzahl der Hirnmetastasen (solitär vs. multipel)
  • Wirksamkeit der verfügbaren Therapien

Insgesamt beträgt die Lebenserwartung bei Patienten mit Hirnmetastasen nur drei bis sechs Monate. Etwa zehn Prozent der Betroffenen überleben die ersten zwölf Monate nach der Diagnose, nur einzelne Patienten leben noch mehrere Jahre mit ihrer Erkrankung. Bei einer Meningeosis carcinomatosa ist die Prognose noch schlechter. Selbst eine Therapie hebt das mittlere Überleben nur von wenigen Wochen auf einige Monate an.

Es ist wichtig zu beachten, dass etwa die Hälfte aller Betroffenen an ihrer primären Tumorerkrankung und nicht unbedingt an den Hirnmetastasen verstirbt.

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Symptome von Hirnmetastasen

Die Symptome von Hirnmetastasen können vielfältig sein, da sich verschleppte Tumorzellen oft an unterschiedlichen Stellen im Gehirn ansiedeln. Häufige Symptome sind:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Epileptische Anfälle
  • Neurologische Ausfälle (z. B. Gefühls- und Sprachstörungen, Lähmungen)
  • Persönlichkeitsveränderungen

Bei einer Meningeosis carcinomatosa kann es durch Verstopfung der Liquorwege zu einem erhöhten Hirndruck kommen.

Diagnose von Hirnmetastasen

Die Diagnose von Hirnmetastasen umfasst in der Regel folgende Untersuchungen:

  • Neurologische Untersuchung zur Abklärung neurologischer Fehlfunktionen
  • Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) zur Darstellung von Tumoren im Gehirn
  • Gewebeentnahme (Biopsie) zur Beurteilung des Tumors und Bestimmung von Tumormarkern
  • Blut- und Hirnwasseruntersuchungen zur Identifizierung von Tumormarkern
  • Molekularpathologische Untersuchungen zur detaillierten Analyse der Zellen

Vorbeugung von Hirnmetastasen

Da der Ursprung von Hirnmetastasen in anderen Krebserkrankungen im Körper liegt, ist eine direkte Vorbeugung kaum möglich. In einigen Fällen kann eine vorbeugende Bestrahlung des Kopfes in Betracht gezogen werden, um das Risiko für Hirnmetastasen zu reduzieren.

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